OLG Celle – Az.: 18 W 3/18 – Beschluss vom 05.02.2018
Auf die Beschwerde des Eigentümers wird der Beschluss des Amtsgerichts – Grundbuchamt – D. vom 8. Dezember 2017 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 29. Dezember 2017 abgeändert.
Der Geschäftswert für das Verfahren wird auf 100.416,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Eigentümer wendet sich gegen die Festsetzung eines seiner Ansicht nach zu hohen Geschäftswertes für die Übertragung des Eigentums.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 28. Juli 2017 erhielt der Eigentümer u.a. landwirtschaftliche Flächen sowie eine Hof- und Gebäudefläche im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Mitübertragen wurde das lebende und tote Inventar des landwirtschaftlichen Betriebes. Der Einheitswert des Hofes einschließlich eines weiteren Grundstücks ist im Vertrag mit 25.104,00 € angegeben. Auf Nachfrage des Grundbuchamts hat der Notar mitgeteilt, der Grundstückswert des übertragenen Grundbesitzes betrage 700.000,00 €. Gestützt hierauf hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 8. Dezember 2017 den Geschäftswert für die Übertragung mit 700.000 € nach § 79 GNotKG festgesetzt. Zur Begründung hat das Amtsgericht angegeben, der Hofvermerk sei am 16. April 1980 gelöscht worden, weswegen die Kostenprivilegierung des § 48 Abs. 1 GNotKG nicht in Betracht komme. Diese sei eng auszulegen und nur für leistungsfähige land- und forstwirtschaftliche Betriebe in Familienhand anzuwenden. Dies treffe jedoch dann nicht mehr zu, wenn die Hofeigenschaft entfallen sei. Hiergegen hat der Eigentümer Beschwerde eingelegt und vorgetragen, dass die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 GNotKG erfüllt seien. Insbesondere liege ein Wirtschaftswert von über 10.000,00 € vor. Mit dem Nichtabhilfebeschluss weist das Grundbuchamt darauf hin, dass die bloße theoretische Möglichkeit der Eintragung eines Hofvermerks, die im Übrigen weitere rechtliche Konsequenzen für den Eigentümer habe, nicht ausreiche.
II.
Die gem. § 83 Abs. 1 Satz 1 GNotKG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist begründet. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 GNotKG sind erfüllt. Dies führt dazu, dass der Geschäftswert für die Eintragung des Eigentümers auf den im Tenor angegebenen Wert zu reduzieren ist.
1. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 GNotKG beträgt der Wert des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens im Sinne des Bewertungsgesetzes im Zusammenhang mit der Übergabe oder Zuwendung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs mit Hofstelle an eine oder mehrere natürliche Personen einschließlich der Abfindung weichender Erben höchstens das Vierfache des letzten Einheitswertes, wenn die unmittelbare Fortführung des Betriebs durch den Erwerber selbst beabsichtigt ist und der Betrieb unmittelbar nach Vollzug der Übergabe oder Zuwendung einen nicht nur unwesentlichen Teil der Existenzgrundlage des zukünftigen Inhabers bildet. Gem. § 48 Abs. 3 Nr. 1 GNotKG sind die Absätze 1 und 2 entsprechend für die Bewertung eines Hofs im Sinne der Höfeordnung anzuwenden.
Begünstigtes Geschäft nach § 48 GNotKG ist unter anderen eine lebzeitige Hofübergabe (vgl. Tiedtke in Korintenberg, GNotKG, 20. Aufl., § 48 Rn. 14). Zu beachten ist ferner, dass § 48 GNotKG auf die Leistungsfähigkeit des Betriebes als solchen abstellt und dessen Fortbestand sichern will. Insoweit ist ein objektiver Maßstab anzulegen (vgl. Tiedtke in Korintenberg, a. a. O., § 48 Rn. 26).
2. Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 48 Abs. 1 GNotKG sind entgegen der Ansicht des Amtsgerichts vorliegend gegeben.
a) Mit dem Vertrag vom 28. Juli 2017 ist ein landwirtschaftlicher Betrieb mit Hofstelle an eine natürliche Person – den jetzigen Eigentümer – übertragen worden. Diese Übertragung hat innerhalb der Familie vom Vater auf den Sohn stattgefunden. Der Eigentümer hat vorgetragen, den Betrieb unmittelbar selbst fortführen zu wollen; der Betrieb bilde für ihn einen nicht nur unwesentlichen Teil seiner Existenzgrundlage. Der Wirtschaftswert liege über 10.000 €. Hieran zu zweifeln besteht keine Veranlassung.
b) Nicht entscheidend ist, ob der übertragene landwirtschaftliche Betrieb als Hof im Grundbuch eingetragen ist. Diese Voraussetzung lässt sich dem Wortlaut des § 48 GNotKG nicht entnehmen. Auch die Gesetzgebungsmaterialien lassen nicht den Schluss zu, dass eine Kostenberechnung nach § 48 GNotKG in den Ländern, in denen die Höfeordnung gilt, nur bei einer Eintragung des Hofvermerks in Betracht kommt. Vielmehr sollte § 48 Abs. 3 Nr. 1 GNotKG nur bewirken, dass das Bewertungsprivileg des Absatzes 1 auch künftig für Höfe im Sinne der Höfeordnung gelten soll (BT-Drs. 17/11471, S. 169).
Überdies lässt sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Hofes nicht zwingend aus einem Hofvermerk ableiten. Zwar begründet der Hofvermerk gem. § 5 HöfeVfO die Vermutung, dass die Besitzung die durch den Vermerk ausgewiesene Eigenschaft hat. Diese Vermutung ist jedoch widerlegbar (vgl. von Jeinsen in Lüdtke-Handjery/von Jeinsen, HöfeO, 11.Aufl., § 5 HöfeVfO Rn 11 ff.). Ein Hofvermerk kann zudem gem. § 1 Abs. 1 Satz 3 HöfeO auch bei einem Wirtschaftswert eingetragen werden, der weniger als 10.000 €, aber mindestens 5.000 € beträgt. Eine Besitzung mit einem Wirtschaftswert von über 10.000 € unterfällt aber bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 HöfeO auch dann dem Höferecht, wenn sie nicht als Hof im Grundbuch eingetragen ist. In diesem Fall handelt es sich um einen sogenannten geborenen Hof (vgl. Brinkmann in Lüdtke-Handjery/von Jeinsen, a.a.O., § 1 HöfeO Rn 70).
c) Für die zu treffende Entscheidung kommt es ferner nicht darauf an, dass bereits ein Hofvermerk eingetragen war, der im Jahr 1980 gelöscht wurde. Zwar ist die Löschung gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 2 HöfeVfO auf Ersuchen des Landwirtschaftsgerichts von Amts wegen erfolgt. Abgesehen davon, dass die konkreten, das Ersuchen tragenden Gründe nicht ersichtlich sind, hindert die – nunmehr knapp 38 Jahre zurückliegende – Löschung nicht die Annahme, dass nunmehr die Besitzung wiederum die Hofeigenschaft (vgl. zur mehrfachen Begründung und Aufhebung der Hofeigenschaft Brinkmann in Lüdtke-Handjery/von Jeinsen, a.a.O., § 1 HöfeO Rn 88) – und die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 GNotKG – erfüllt.
3. Der Senat hat den vom Amtsgericht festgesetzten Geschäftswert abgeändert und gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 GNotKG auf den maximalen Wert, nämlich das Vierfache des letzten Einheitswertes, festgesetzt. Der Geschäftswert beträgt mithin 4 × 25.104,00 €, also 100.416,00 €. Dies entspricht auch dem Betrag, den der Eigentümer als den maximal zulässigen ansieht.
III.
Gem. § 83 Abs. 3 GNotKG ist das Verfahren gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.