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Eintragung einer Vormerkung aufgrund einstweiliger Verfügung und Identitätsgebot

KG Berlin – Az.: 1 W 3/11 – Beschluss vom 01.02.2011

Grundbuchverfahren: Anspruch auf Eintragung einer Vormerkung gegen den nicht mit dem eingetragenen Eigentümer identischen Schuldner eines Rückauflassungsanspruchs

Die Beschwerde wird nach einem Wert von 27.500 EUR zurückgewiesen.

Gründe

A)

Herr M… A… (im Folgenden: Insolvenzschuldner) erwarb durch notariellen Vertrag vom 1. Dezember 2009 von dem eingetragenen Eigentümer eine noch zu vermessende Teilfläche des im Beschlusseingang bezeichneten Grundstücks. Zugunsten des Insolvenzschuldners wurde am 4. Januar 2010 eine Eigentumsübertragungsvormerkung bezüglich der Teilfläche eingetragen.

Mit notariellem Vertrag vom 28. Mai 2010 veräußerte der Insolvenzschuldner dieselbe Teilfläche weiter an die Beteiligte zu 2). Er trat ihr sein Anwartschaftsrecht und den Eigentumsverschaffungsanspruch gegen den eingetragenen Eigentümer aus dem Vertrag vom 1. Dezember 2009 ab, was am 24. Juni 2010 bei der Vormerkung im Grundbuch eingetragen wurde.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Insolvenzschuldners hat die Beteiligte zu 1) als Insolvenzverwalterin die Veräußerung an die Beteiligte zu 2) angefochten und vor dem Landgericht Berlin eine einstweilige Verfügung vom 2. Dezember 2010 – 28 O 378/10 – gegen die Beteiligte zu 2) erwirkt, nach der zugunsten der Beteiligten zu 1) eine Vormerkung zur Sicherung der Insolvenzanfechtungsansprüche gerichtet auf Rückauflassung der veräußerten Teilfläche einzutragen ist.

Das Grundbuchamt hat mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag der Beteiligten zu 1) auf Eintragung der Vormerkung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Schuldner des Rückauflassungsanspruchs sei nicht mit dem eingetragenen Eigentümer identisch.

Mit ihrer Beschwerde hat die Beteiligte zu 1) geltend gemacht, ein Identitätsgebot ergebe sich nicht aus dem Gesetz. Jedenfalls sei die Vormerkung auch an einem schuldnerfremden Grundstück eintragungsfähig, wenn der vom Rechtsinhaber verschiedene Schuldner Verfügungsmacht habe. Schließlich hat die Beteiligte zu 1) hilfsweise beantragt, die Eintragung der Vormerkung erst und zugleich mit der Eintragung der Beteiligten zu 2) vorzunehmen.

B)

Das Rechtsmittel ist gemäß §§ 71 ff GBO zulässig. Auch der Hilfsantrag ist dem Beschwerdegericht angefallen, nachdem das Grundbuchamt sich mit diesem im Nichtabhilfebeschluss vom 4. Januar 2011 bereits auseinandergesetzt hat.

Die Beschwerde bleibt allerdings in der Sache sowohl zum Haupt- als auch zum Hilfsantrag ohne Erfolg.

I.

Das Grundbuchamt hat zu Recht den Antrag vom 2. Dezember 2010 auf Eintragung einer Vormerkung nach dem Inhalt der einstweiligen Verfügung vom 2. Dezember 2010 zurückgewiesen.

Die Eintragung einer Vormerkung im Grundbuch aufgrund einer vom Anspruchsberechtigten erwirkten einstweiligen Verfügung (§ 885 Abs. 1 BGB) stellt deren Vollzug dar (BayObLG, Rpfleger 1981, 190). Neben den hierfür geltenden Erfordernissen der ZPO müssen dabei auch die Voraussetzungen des Grundbuchrechts gegeben sein (RGZ 85, 163, BayObLG a.a.O., OLG Düsseldorf, Rpfleger 1978, 216).

1. Hier fehlt es schon an den zivilprozessrechtlichen Erfordernissen gemäß § 750 Abs. 1 i.V.m. §§ 928, 936 ZPO. Die Eintragung einer Auflassungsvormerkung in Vollziehung der einstweiligen Verfügung greift in das Vermögen des Grundstückseigentümers ein und bedarf deshalb eines Titels, der sich gegen den Grundstückseigentümer als Vollziehungsschuldner richtet (BayObLG, NJW 1986, 2578). Die einstweilige Verfügung vom 2. Dezember 2010 richtet sich hingegen nur gegen die Beteiligte zu 2). Ein solcher Titel kann nicht Grundlage für eine Vollstreckungs- bzw. Vollziehungshandlung gegen den eingetragenen Eigentümer sein.

2. Unabhängig davon sind aber auch die grundbuchrechtlichen Voraussetzungen für eine Eintragung der beantragten Vormerkung nicht gegeben. Zum einen ist die einstweilige Verfügung vom 2. Dezember 2010 nicht geeignet, die gemäß § 19 GBO erforderliche Bewilligung des Betroffenen zu ersetzen, zum anderen verstieße die Vormerkung zur Zeit noch gegen das Identitätsgebot.

a) Die Beteiligte zu 2) ist noch nicht Eigentümerin des Grundstücks, dessen (Rück-)Auflassung die beantragte Vormerkung sichern soll. Sie hätte deshalb eine Vormerkung zu Lasten des Grundstücks nicht gemäß § 19 GBO bewilligen können. Eine einstweilige Verfügung kann die Bewilligung gemäß § 885 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB nur ersetzen, wenn sie sich gegen den Bewilligungsberechtigten, also den von der Eintragung Betroffenen richtet (BayObLG, NJW 1986, 2578).

Die Beteiligte zu 2) ist auch nicht von dem Berechtigten zur Abgabe der Bewilligung ermächtigt worden. Eine ausdrückliche Ermächtigung haben hierzu weder der eingetragene Eigentümer noch der Insolvenzschuldner erteilt. Auch eine konkludente Ermächtigung zugunsten der Beteiligten zu 2) ist jedoch nicht zu erkennen.

In Literatur und Rechtsprechung ist schon für den Normalfall einer Kettenveräußerung umstritten, ob in der Auflassung des Erstveräußerers (eingetragenen Eigentümers) an den Zwischenerwerber eine Ermächtigung nicht nur zur Weiterveräußerung des Grundstücks nebst Auflassung (vgl. RGZ 135, 378 ; BayObLG, NJW-RR 1991, 465), sondern auch zur Bewilligung einer Vormerkung zugunsten des Zweiterwerbers zu sehen ist (so LG Mönchengladbach, DNotZ 1971, 669; Kohler in Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl., § 883 Rdn. 25; a.A. BayObLG, DNotZ 1973, 298; Monath, RNotZ 2004, 359, 364; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rdn. 1493). Dagegen spricht, dass für den eingetragenen Eigentümer die Bewilligung einer Auflassungsvormerkung gegenüber einer Weiterveräußerung kein Minus sondern ein aliud darstellt. Während im Falle einer Weiterauflassung von dem Zwischenerwerber an den Zweitkäufer die Rechtsstellung des eingetragenen Eigentümers nicht berührt wird, da dieser keinerlei schuldrechtliche Verpflichtungen gegenüber dem Zweitkäufer übernimmt und der Zweitkäufer im Verhältnis zu ihm kein eigenes grundbuchlich abgesichertes Recht erwirbt, wird der eingetragene Eigentümer im Falle einer Eintragung einer eigenen Auflassungsvormerkung für den Zweiterwerber in seiner Verfügungsfreiheit über das Grundstück beschränkt (Monath a.a.O.). Auch nach der von der Beteiligten zu 1) zitierten Literaturansicht ist es jedoch stets eine Frage des Einzelfalles, ob eine entsprechende Auslegung der Auflassungserklärung möglich und interessengerecht ist (Kohler in Bauer/ von Oefele, GBO, 2. Aufl., AT Rdn. III 25).

Hier ist deshalb schon fraglich, ob in der Auflassungserklärung in dem Vertrag vom 1. Dezember 2009, die zudem dem Grundbuchamt bisher nicht urkundlich nachgewiesen worden ist, eine Ermächtigung des Insolvenzschuldners zur Bewilligung einer Auflassungsvormerkung für die Beteiligte zu 2) gesehen werden könnte. Offenbar hat dies selbst der Insolvenzschuldner nicht so gesehen, da er nicht selbst eine solche Vormerkung bewilligt, sondern vielmehr durch Abtretung seiner Ansprüche aus dem Vertrag vom 1. Dezember 2009 für einen Übergang seiner Auflassungsvormerkung an die Beteiligte zu 2) gesorgt hat.

Erst recht lässt sich aber nicht feststellen, dass der eingetragene Eigentümer den Insolvenzschuldner auch noch ermächtigen wollte, seinerseits die Beteiligte zu 2), zu der der eingetragene Eigentümer keine eigenen Vertragsbeziehungen hat, zur Erteilung einer weiteren Auflassungsvormerkung zu ermächtigen. An einer Potenzierung von Auflassungsvormerkungen an seinem Grundstück, die die Verkehrsfähigkeit des Grundstücks beeinträchtigen, konnte der eingetragene Eigentümer kein erkennbares Interesse haben.

Der Insolvenzschuldner hätte eine ihm etwa erteilte Ermächtigung entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 1) auch nicht durch die Abtretung seiner Rechte auf die Beteiligte zu 2) übertragen können. Denn es handelte sich bei dieser nicht um eine Forderung gegen den eingetragenen Eigentümer, die nach § 398 BGB abgetreten werden könnte, sondern um die Einräumung einer Befugnis.

b) Schließlich verstieße eine Vormerkung, die einen Anspruch gegen die Beteiligte zu 2) durch Eintragung bei dem betroffenen Grundstück sicherte, zur Zeit auch gegen das Identitätsgebot. Nach diesem allgemein anerkannten Grundsatz (BGH, NJW 2007, 508; BGHZ 12, 115, 120; 134, 182; BayObLG, Rpfleger 1972, 442; 1974, 261; NJW 1983, 1567; NJW-RR 1999, 1689; OLG Brandenburg, BeckRS 2008, 15841; OLG Düsseldorf, MittBayNot 1976, 137; OLG Hamm, NJW 1965, 2303; DNotZ 1995, 315; KG, OLGE 15, 333; KGJ 48, 189; Amann, DNotZ 1995, 252; Gursky in Staudinger, BGB (2008) § 883 Rdn. 56; Kohler in MüKo, a.a.O. § 883 Rdn. 25; Monath a.a.O.; Schöner/ Stöber a.a.O. Rdn. 1493) muss der Schuldner des gesicherten Anspruchs bei Eintragung der Vormerkung grundsätzlich Eigentümer des von der Vormerkung betroffenen Grundstücks oder Inhaber des von der Vormerkung betroffenen Rechts sein. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass die Vormerkung den Gläubiger nur gegen nachträgliches, nicht auch gegen anfängliches Leistungsunvermögen des Schuldners sichern soll (BGHZ 134, 182). Es beugt zudem einer übermäßigen Vorverlegung des Vormerkungsschutzes vor und dient dadurch der Erhaltung der Verkehrsfähigkeit des betreffenden Grundstücks (BGH a.a.O.; Amann, DNotZ 95, 252).

Soweit die Ansicht vertreten wird, das Identitätsgebot könne auch dann gewahrt sein, wenn der vom Rechtsinhaber verschiedene Schuldner Verfügungsmacht habe (OLG Brandenburg, BeckRS 2008, 15841; Kohler in MüKo a.a.O. § 883 Rdn. 25 und in Bauer/ von Oefele, a.a.O., AT Rdn. III 23), würde auch dies hier entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 1) aus den zu a) genannten Gründen nicht zur Eintragungsfähigkeit führen.

3. Ob, wie die Beteiligte zu 1) andeutet, die Beteiligte zu 2) in der Lage und verpflichtet ist, ein Anwartschaftsrecht an die Beteiligte zu 1) zurück zu übertragen, kann dahingestellt bleiben. Denn zum einen ist die einstweilige Verfügung nicht auf einen solchen Anspruch gestützt, zum anderen könnte eine darauf gerichtete Vormerkung ebenfalls nicht eingetragen werden. Denn eine Vormerkung kann nur für Ansprüche auf Bestellung, Änderung, Übertragung oder Aufhebung solcher dinglichen Rechte oder Grundstücksbelastungen eingeräumt werden, die ihrerseits im Grundbuch eingetragen werden können (Erber-Faller in Kuntze/ Ertl/ Herrmann/ Eickmann, Grundbuchrecht, 6. Aufl., Rdn. G 12; Schöner/ Stöber a.a.O. Rdn. 1483). Das ist bei einem Anwartschaftsrecht nicht der Fall (Kössinger in Bauer/ von Oefele a.a.O. § 20 Rdn. 82).

II.

Auch dem Hilfsantrag, die Eintragung der Vormerkung erst und zugleich mit der Eintragung der Beteiligten zu 2) vorzunehmen, ist nicht zu entsprechen. Dieser Antrag ist unzulässig, weil er entgegen § 16 Abs. 1 GBO an eine aufschiebende Bedingung geknüpft ist. Anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Beteiligten zu 1) zitierten Entscheidung des Kammergerichts (KGR 95, 13). Diese Entscheidung befasst sich allein mit der Frage, ob und mit welchem Inhalt eine auf eine Vormerkung gerichtete einstweilige Verfügung vom Prozessgericht bereits vorsorgend für den Fall erlassen werden kann, dass der Antragsgegner der einstweiligen Verfügung als Berechtigter eingetragen wird. Eine solche einstweilige Verfügung hat die Antragstellerin bereits erhalten, wenn man die dem Antrag zugrunde liegende einstweilige Verfügung vom 2. Dezember 2010 dahin auslegt, dass ihrem Inhalt nach die Vormerkung erst mit der Eintragung der Beteiligten zu 2) als Eigentümerin eingetragen werden soll. Dazu, unter welchen grundbuchrechtlichen und zivilprozessrechtlichen Voraussetzungen die Vormerkung dann tatsächlich eingetragen werden kann, verhält sich die Entscheidung des Prozessgerichts naturgemäß nicht.

Der Senat legt den Hilfsantrag nicht dahin aus, dass die Beteiligte zu 1) selbst auch die Eintragung der Beteiligten zu 2) beantragen und beide Anträge im Sinne des § 16 Abs. 2 GBO verbinden wollte. Soweit dies doch beabsichtigt gewesen sein sollte, fehlte es, wie das Grundbuchamt zutreffend im Nichtabhilfebeschluss ausgeführt hat, sowohl an der Antragsberechtigung als auch an weiteren Eintragungsvoraussetzungen wie die Vermessung der Teilfläche, einer Identitätserklärung und einer Unbedenklichkeitsbescheinigung.

Die Wertfestsetzung folgt aus §§ 131 Abs. 4, 30 Abs. 1 KostO.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 2 S. 1 GBO nicht vorliegen.

 

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