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Eintragung einer Rangänderung im Grundbuch – Bewilligung der Strafvollstreckungsbehörde

LG München – Az.: 34 Wx 203/11 – Beschluss vom 01.09.2011

I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen die am 17. März 2011 vom Grundbuchamt Memmingen in der Dritten Abteilung des Grundbuchs von Babenhausen Bl. 4544 eingetragene Rangänderung von Grundpfandrechten wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 10.000 €.

Gründe

I.

Die Beteiligte ist Eigentümerin eines Grundstücks. Im Grundbuch befindet sich seit 29.9.2009 ein Zwangsversteigerungsvermerk. In der Dritten Abteilung sind mehrere Zwangshypotheken zugunsten verschiedener Gläubiger eingetragen. Am 17.3.2011 trug das Grundbuchamt eine Rangänderung ein, wonach die erstrangige Sicherungshypothek zum Höchstbetrag von 10.000 € zugunsten des Freistaats Bayern Rang nach den Sicherungshypotheken der laufenden Nrn. 2 bis 6 hat. Vorgelegt wurde insoweit die Rangänderungserklärung und Bewilligung der Staatsanwaltschaft vom 19.1.2011 gemäß § 111h Abs. 1 StPO, § 880 BGB, § 19 GBO sowie der Beschluss des Landgerichts in dem Strafverfahren gegen die Beteiligte vom 15.2.2011, wodurch die von der Staatsanwaltschaft erklärte Rangänderung zugelassen wurde.

Mit Schriftsatz vom 25.3.2011 hat die Beteiligte gegen die vorgenommene Eintragung Beschwerde eingelegt und zugleich begehrt, gegen den Rangrücktritt einen Widerspruch zu ihren Gunsten einzutragen bzw. Grundbuchberichtigung von Amts wegen vorzunehmen. Das Grundbuchamt hat mit Verfügung vom 20.4.2011 nicht abgeholfen. Auch gegen diese Entscheidung wendet sich die anwaltlich vertretene Beteiligte mit ihrer insoweit ausdrücklich eingelegten Beschwerde vom 4.5.2011.

Die Beteiligte bemängelt, dass der Rangrücktritt unzulässig zustande gekommen sei. Der Freistaat sei auch gar nicht mehr befugt, zurückzutreten, weil die der Sicherungshypothek zugrunde liegende Forderung nicht mehr bestehe. Im Übrigen sei gegen den Beschluss des Landgerichts Rechtsmittel eingelegt worden.

II.

Die Beschwerde gegen die Eintragung der Rangänderung als solche ist unzulässig (vgl. § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO). Soweit mit ihr verlangt wird, das Grundbuchamt anzuweisen, nach § 53 GBO einen Widerspruch einzutragen oder eine Löschung vorzunehmen, ist die Beschwerde statthaft (§ 71 Abs. 2 Satz 2 GBO). Ob die Beteiligte als Eigentümerin des Grundstücks beschwerdeberechtigt ist, wenn die Rangänderung zugunsten von Zwangshypotheken erfolgt, kann dahinstehen, weil das Rechtsmittel jedenfalls unbegründet ist.

Das Rangverhältnis unter mehreren Rechten, mit denen ein Grundstück belastet ist, kann nachträglich geändert werden (vgl. § 880 Abs. 1 BGB). Zu der Rangänderung ist materiell – rechtlich grundsätzlich die Einigung des zurücktretenden mit dem vortretenden Berechtigten und die Eintragung der Änderung in das Grundbuch erforderlich (§ 880 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz BGB). Sodann schreibt § 880 Abs. 2 Satz 2 BGB grundsätzlich vor, dass beim Zurücktreten einer Hypothek außerdem die Zustimmung des Eigentümers erforderlich ist. Das Zustimmungserfordernis besteht jedoch überwiegender Ansicht zufolge nicht, wenn für eine Zwangshypothek der Vorrang eingeräumt werden soll (KG JFG 12, 304; siehe auch BGHZ 12, 238/244; Palandt/Bassenge BGB 70. Aufl. § 880 Rn. 4). Überdies bestimmt die in diesem Fall vorrangige Regelung des § 111h Abs. 1 Satz 3 StPO ausdrücklich, dass die Zustimmung des Eigentümers zur Rangänderung nicht erforderlich ist (vgl. zu allem Huber Rpfleger 2002, 285/292 f.). Grundbuchrechtlich bedarf es für die Eintragung deshalb neben eines Antrags (§ 13 Abs. 1 Satz 2 GBO), wozu der gewinnende Teil – der nachrangig eingetragene Gläubiger – berechtigt ist, (nur) der Bewilligung zum Rangrücktritt durch den Betroffenen (§ 19 Abs. 1 GBO). Dies ist die im Grundbuch als vorrangiger Gläubiger ausgewiesene Person. § 891 BGB gilt auch für das Grundbuchamt, so dass es nicht darauf ankommt, ob dem Zurücktretenden das materielle Recht auch (noch) zusteht. (Hügel/Holzer GBO 2. Aufl. § 19 Rn. 61 m.w.N.).

Das Grundbuchamt hat auf der Grundlage des Antrags der vortretenden Hypothekengläubiger und der zugleich vorgelegten Bewilligung (§ 19 Abs. 1, § 29 Abs. 1 und Abs. 3 GBO) der zuständigen Vollstreckungsbehörde die Eintragung vorgenommen. Ob für die Eintragung der Rangänderung auch die Vorlage der Ausfertigung eines rechtskräftigen Zulassungsbeschlusses nach § 111h Abs. 2 Satz 1 StPO erforderlich ist, könnte zweifelhaft sein. Die gesetzliche Fassung lässt die Auslegung zu, die gerichtliche Zulassungsentscheidung ausschließlich als dem materiellen Recht zugehörig einzuordnen. Das hätte zur Folge, dass das Grundbuchamt sich bei der Eintragung mit der materiellen Seite des Geschäfts, nämlich der Wirksamkeit der Einigung des zurücktretenden mit dem vortretenden Berechtigten (vgl. § 880 Abs. 2 Satz 1 BGB), nicht zu befassen hat. Dann ist es nur folgerichtig, dass es auch auf die Rechtskraft der (als solcher anfechtbaren; vgl. § 111h Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 111g Abs. 2 Satz 2 StPO) Zulassungsentscheidung für den Grundbuchvollzug nicht ankommen und der Eigentümer die Eintragung auch nicht durch die Einlegung von Rechtsmitteln hinauszögern kann. Im Übrigen könnte ein Widerspruch von Amts wegen nach § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO aber auch nur dann eingetragen werden, wenn – außer der Verletzung gesetzlicher Vorschriften bei der Eintragung selbst – das Grundbuch durch die Eintragung unrichtig geworden wäre. Eine Unrichtigkeit ist indessen nicht glaubhaft gemacht.

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus § 131 Abs. 4 i.V.m. § 30 Abs. 1, § 23 Abs. 3 KostO. Maßgeblich ist im gegebenen Fall der Wert des zurücktretenden Rechts.

III.

Gegen die Entscheidung des Grundbuchamts vom 20.4.2011, der Beschwerde nicht abzuhelfen (§ 75 GBO), ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (vgl. OLG Köln NJW-RR 2011, 21; BayObLG NJW-RR 2003, 1667; Hügel/Kramer GBO 2. Aufl. § 75 Rn. 22). Mit der Entscheidung über die Beschwerde gegen die Ausgangsentscheidung erledigt sich das Verfahren regelmäßig insgesamt, so dass es auch keiner gesonderten förmlichen Entscheidung mehr über das „Rechtsmittel“ gegen die von der ersten Instanz verfügte Nichtabhilfe bedarf (vgl. OLG Köln aaO.).

IV.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (vgl. § 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor.

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