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Einräumung eines Altenteilrechts – Entfall des Rechts bei Umzug in betreute Wohnung

Altenteilrecht – Kein Anspruch auf Zahlungen nach Umzug in betreute Wohnung

Im vorliegenden Fall beim Oberlandesgericht Brandenburg, Az.: 5 U 32/11, ging es um die Frage des Fortbestands eines Altenteilrechts nach einem Umzug des Berechtigten in eine betreute Wohnung. Das Gericht entschied, dass das Altenteilrecht nicht mehr fortbesteht, nachdem der Berechtigte, ursprünglich Inhaber eines notariell vereinbarten Wohnrechts, in eine Mietwohnung umgezogen ist und ambulant betreut wurde.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 5 U 32/11 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  1. Das Oberlandesgericht Brandenburg hat in der Sache Az.: 5 U 32/11 entschieden, dass das eingeräumte Altenteilrecht eines Erblassers erlischt, sobald dieser in eine betreute Wohnform umzieht.
  2. Der ursprüngliche Anspruch des Erblassers auf eine umfassende Altersversorgung durch das Wohnrecht wird hinfällig, wenn er nicht mehr in der Immobilie wohnt, auf der das Recht lastet.
  3. Der Erblasser hatte keinen Erfolg mit dem Anspruch auf Zahlung von Warmmiete und Wert ersparter Pflegeleistungen nach seinem Umzug.
  4. Die Kläger konnten für einen bestimmten Zeitraum Zahlungen für Warmmiete gerichtlich durchsetzen, bevor das Wohnrecht mit dem Tod des Erblassers erlosch.
  5. Die rechtlichen Auseinandersetzungen fokussierten sich auch auf die Interpretation des Vertrags hinsichtlich der Wohn- und Pflegevereinbarungen.
  6. Der Vertrag enthielt keine Regelung für den Fall eines dauerhaften Umzugs in ein Pflegeheim oder eine betreute Wohnform, was eine Lücke in der Vertragsgestaltung darstellte.
  7. Eine ergänzende Vertragsauslegung führte dazu, dass der Anspruch auf Nutzung des Wohnrechts durch den Erblasser aufgrund seiner neuen Wohnsituation nicht mehr gerechtfertigt war.
  8. Die finanziellen Forderungen des Klägers wurden nur teilweise anerkannt, und die Gerichtskosten wurden zwischen den Parteien aufgeteilt.

Altenteilsrechte und betreute Wohnformen

Das Altenteilsrecht stellt eine spezielle Form der Wohnrechtsbegründung dar, bei der ein Grundstück unter Vorbehalt bestimmter Nutzungsrechte übertragen wird. Typischerweise umfassen solche Vereinbarungen neben dem Wohnrecht auch Ansprüche auf Versorgung, Pflege und Unterhalt des Altenteilsberechtigten.

Eine betreute Wohnform hingegen bietet älteren Menschen die Möglichkeit, in einer eigenen Wohnung beziehungsweise Appartement selbstständig zu leben und dennoch Unterstützung im Alltag durch ambulante Pflegedienste zu erhalten. Diese modernen Wohnkonzepte gewinnen zunehmend an Bedeutung für ein selbstbestimmtes Älterwerden.

➜ Der Fall im Detail


Kern des Rechtsstreits: Altenteilrecht und Umzug in betreute Wohnung

Der Fall dreht sich um den Erblasser, der im Rahmen eines notariell beurkundeten Grundstücksübertragungs- und Ausgedingevertrags ein Wohnungsrecht innehatte. Nach dem Umzug in eine betreute Wohnform im Mai 2009 forderte er von der Beklagten Ersatz für die Warmmiete und ersparte Pflegeleistungen, da er nicht mehr in der Immobilie wohnte, auf der sein Wohnrecht lastete. Die juristische Auseinandersetzung entstand, als die Beklagte die Forderungen ablehnte, was zu einer Klage führte. Der Kern des Rechtsstreits liegt darin, ob das Altenteilrecht trotz des Umzugs weiterhin Bestand hat und ob entsprechende Zahlungen zu leisten sind.

Urteil des Landgerichts und Berufung

Das Landgericht Frankfurt (Oder) hatte dem Kläger zunächst einen Anspruch auf Ersatz der Warmmiete zugesprochen, jedoch keinen Ersatz für ersparte Pflegeleistungen anerkannt. Die Beklagte legte gegen dieses Urteil Berufung ein, da sie die Ansicht vertrat, dass der Vertrag keine Zahlungspflicht für die Nutzung der Räume vorsieht, die nun sie selbst nutzte. Die Beklagte argumentierte zudem, dass keine vollständige Altersversorgung durch den Vertrag beabsichtigt gewesen sei und der Wert des Wohnrechts sowie der Pflegeleistungen deutlich geringer sei als die geforderten Zahlungen.

Entscheidung des Oberlandesgerichts Brandenburg

Das Oberlandesgericht Brandenburg änderte das Urteil des Landgerichts teilweise ab und wies weitere Forderungen der Kläger zurück. Es stellte fest, dass der Erblasser nach seinem Umzug und den geänderten Lebensumständen keinen Anspruch mehr auf die vollen Leistungen aus dem Wohnrecht hat. Das Gericht berücksichtigte die ergänzende Vertragsauslegung und die Tatsache, dass der Erblasser nicht rechtswirksam auf seine Ansprüche verzichtet hatte, wie von der Beklagten behauptet wurde.

Bedeutung des Wohnungsrechts und Vertragsauslegung

Die rechtliche Bewertung des Wohnungsrechts nach dem Umzug des Erblassers in eine betreute Wohnung war zentral für das Urteil. Die Richter mussten abwägen, inwieweit die vertraglichen Vereinbarungen unter veränderten Umständen noch Gültigkeit besitzen. Dies umfasste auch die Frage, ob und in welcher Form Ansprüche auf Wohnraumnutzung anpassbar oder erlöschend sind, wenn der Wohnberechtigte nicht mehr in der Lage ist, die Räumlichkeiten selbst zu nutzen.

Kosten und vollstreckbare Entscheidung

Das Gericht legte auch die Kostenverteilung für beide Rechtszüge fest und erklärte das Urteil für vorläufig vollstreckbar. Dabei trugen die Kläger und die Beklagte unterschiedliche Anteile der Kosten, abhängig von den jeweiligen Obsiegens- und Verlustanteilen in den einzelnen Instanzen. Die Festsetzung des Gegenstandswerts auf 28.000,00 € spielte eine weitere Rolle bei der Kostenentscheidung.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was ist ein Altenteilrecht und welche Bedeutung hat es für die Betroffenen?

Ein Altenteilsrecht ist ein dingliches Recht, das meist im Zusammenhang mit der Übergabe eines landwirtschaftlichen Betriebs oder Grundstücks an die nächste Generation vereinbart wird. Es sichert dem bisherigen Eigentümer, dem sogenannten „Altenteiler“, lebenslange Leistungen aus dem übergebenen Vermögen zu.

Das Altenteilsrecht setzt sich in der Regel aus zwei Komponenten zusammen: Einer Reallast, die den Übernehmer zu wiederkehrenden Leistungen wie der Versorgung mit Naturalien (z.B. Lebensmitteln vom Hof) oder Dienstleistungen (z.B. Pflege im Alter) verpflichtet, und einem lebenslangen dinglichen Wohnrecht, das dem Altenteiler die weitere Nutzung von Wohnraum auf dem Anwesen garantiert.

Für den Altenteiler bedeutet das Altenteilsrecht eine abgesicherte Altersvorsorge. Er kann auf dem vertrauten Hof wohnen bleiben und wird durch die Reallast mit dem Lebensnotwendigen versorgt, ohne sich aktiv um die Bewirtschaftung kümmern zu müssen. Für den Übernehmer stellt das Altenteilsrecht eine Gegenleistung und Belastung dar, die er mit Übernahme des Hofes akzeptiert.

Das Altenteilsrecht wird durch Eintragung im Grundbuch dinglich gesichert. Es ist ein höchstpersönliches Recht des Altenteilers und erlischt mit dessen Tod. Für den Übernehmer bedeutet dies, dass die Verpflichtungen nicht auf Dritte übergehen. Gleichzeitig kann das Altenteilsrecht aber den Beleihungswert und die Verkäuflichkeit des Grundstücks mindern.

Insgesamt schafft das Altenteilsrecht einen Interessenausgleich zwischen den Generationen bei der Übergabe von Familienvermögen. Es sichert die Versorgung der älteren Generation, während die jüngere Generation frühzeitig Verantwortung für den Betrieb übernehmen kann. Dabei sind sorgfältig ausgehandelte und klar formulierte Verträge wichtig, um Konflikte zu vermeiden.

Wie wirkt sich ein Umzug in eine betreute Wohnform auf bestehende Altenteilrechte aus?

Ein Altenteilsrecht, das einem älteren Menschen im Zuge der Übergabe eines landwirtschaftlichen Betriebs oder Grundstücks eingeräumt wurde, erlischt nicht automatisch, wenn der Berechtigte alters- oder krankheitsbedingt in eine betreute Wohnform wie ein Pflegeheim umzieht.

Das lebenslange Wohnrecht als Bestandteil des Altenteilsrechts bleibt grundsätzlich bis zum Tod des Berechtigten bestehen, auch wenn dieser es vorübergehend nicht ausüben kann. Denn ein rein persönliches Ausübungshindernis wie der Umzug ins Heim führt nicht zum Erlöschen des Rechts, solange eine Rückkehr des Berechtigten zumindest theoretisch noch möglich erscheint.

Etwas anderes gilt nur, wenn aufgrund besonderer Umstände – etwa einer dauerhaften Angewiesenheit auf apparative medizinische Versorgung – objektiv ausgeschlossen ist, dass der Berechtigte das Wohnrecht jemals wieder selbst ausüben kann. Ein typischer altersbedingter Heimaufenthalt genügt dafür in der Regel nicht.

Für den Eigentümer des belasteten Grundstücks bedeutet dies, dass er die Immobilie nicht ohne weiteres anderweitig nutzen oder vermieten kann. Will er das Wohnrecht löschen lassen, benötigt er die Zustimmung des Berechtigten. Ist dieser geschäftsunfähig, kann unter Umständen dessen Betreuer in die Löschung einwilligen, sofern dies dem Wohl des Betreuten dient.

Kompliziert wird die Situation, wenn der Berechtigte Sozialhilfe zur Deckung der Heimkosten in Anspruch nehmen muss. Hier kann der Sozialhilfeträger unter bestimmten Voraussetzungen verlangen, dass der Wert des Wohnrechts für die Heimunterbringung eingesetzt wird. Dies hängt aber von den Umständen des Einzelfalls ab.

Insgesamt zeigt sich, dass ein Umzug in eine betreute Wohnform die Ausübung eines Altenteilsrechts zwar faktisch einschränken, aber nicht ohne weiteres zum Erlöschen bringen kann. Um Konflikte zu vermeiden, sollten die Beteiligten frühzeitig klare vertragliche Regelungen für diesen Fall treffen.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 311 BGB (Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse): Dieser Paragraph ist relevant, da er die Grundlage für rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse durch Vertrag bildet und die ergänzende Vertragsauslegung bei unvorhergesehenen Ereignissen ermöglicht. Der Fall erforderte eine Interpretation des Vertrages hinsichtlich der Fortführung des Wohnrechts nach dem Umzug des Berechtigten in eine betreute Wohnform.
  • § 157 BGB (Auslegung von Verträgen): Besonders wichtig für die Bestimmung der Vertragsintentionen und die Ausfüllung offener Regelungslücken. Die ergänzende Auslegung des Vertrages, um die Fortsetzung der Wohnrechtszahlungen zu klären, erfolgte unter Anwendung dieses Paragraphen.
  • § 1922 BGB (Rechtsnachfolge von Todes wegen): Dieser Paragraph regelt die Rechtsnachfolge nach dem Tod einer Person, was für die Fortführung des Rechtsstreits entscheidend war, nachdem der ursprüngliche Berechtigte verstorben ist.
  • § 397 BGB (Erlass und negatives Schuldanerkenntnis): Relevanz für die Überprüfung, ob ein Verzicht oder Teilverzicht auf das Wohnrecht rechtswirksam erklärt wurde, was im vorliegenden Fall eine Rolle spielte.
  • § 49 GBO (Grundbuchordnung über Eintragungen): Das Wohnrecht war im Grundbuch eingetragen, was dessen rechtliche Verbindlichkeit unterstreicht und für den Fall wichtig war, insbesondere bei der Überprüfung der Rechtsansprüche.
  • § 1093 BGB (Wohnrecht): Dieser Paragraph ist spezifisch für die Regelung von Wohnrechten und war zentral für das Verständnis der Rechte des Erblassers, besonders nach seinem Umzug in eine betreute Einrichtung.


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 5 U 32/11 – Urteil vom 19.12.2013

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27. April 2011 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 5.122,35 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. August 2008 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger ab dem Monat August 2010 bis zum Monat Januar 2013 monatlich einen Betrag in Höhe von 341,49 €, zahlbar zum dritten Werktag eines jeden Monats, sowie zum 5. Februar 2013 einen Betrag von 304,90 € zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug tragen die Kläger zu 6/10 und die Beklagte zu 4/10. Von den Kosten des Rechtsstreits im zweiten Rechtszug tragen die Kläger 3/10 und die Beklagte 7/10.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 28.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Erblasser und die Beklagte waren über einen notariell beurkundeten Grundstücksübertragungs- und Ausgedingevertrag vom 15. September 1992 (UR-Nr. 1280/1992 des Notars … in F…) verbunden. Das Ausgedinge, das u. a. ein Wohnungsrecht des Erblassers beinhaltete, lastet auf dem an die Beklagten übertragenen Grundstück; es ist dort (Grundbuch von F… Blatt 8981) unter Bezugnahme auf die in dem Vertrag enthaltene Eintragungsbewilligung eingetragen worden (vgl. § 49 GBO). Wegen des Inhalts des Vertrages wird auf denselben Bezug genommen (Anlage K 1/10 ff. GA).

Der Erblasser ist Anfang Mai 2009 in eine Mietwohnung der ihn dort ambulant pflegenden AWO … gGmbH H… gezogen. Er hat von der Beklagten die Warmmiete für seine neue Unterkunft und den Wert der ersparten Pflegeleistungen ersetzt verlangt. Der Erblasser hat die Warmmiete mit 481,29 € mtl. und den Wert der ersparten Pflegeleistungen mit 463,51 € mtl. beziffert, die er von Mai 2009 bis Juli 2010 auf saldiert 14.172,00 € ([15 x 481,29 =] 7.219,35 € und [15 x 463,51 =] 6.952,65 €) und ab August 2010 als mtl. wiederkehrende Leistung von 944,80 € beansprucht hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Das Landgericht hat dem Kläger einen Anspruch auf Ersatz der Warmmiete in ergänzender Auslegung des Vertrages zugesprochen, da, wie es in dessen Nr. II. 2. f) wörtlich heißt, die „Pflegepflicht … ohne Ersatzleistungspflicht“ nur ruhe, „wenn und solange sich der Berechtigte auf Einweisung seines Hausarztes in einem Krankenhaus oder Pflegeheim aufhält“ (S. 6 ff. UG). Dagegen könne der Kläger keinen Ersatz für die ersparten Pflegeleistungen beanspruchen, da ihm insoweit keine Aufwendungen entstünden (Pflegeversicherung und unentgeltliche Pflege durch die Schwiegertochter, S. 10 UG).

Gegen das ihr am 2. Mai 2011 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer am 11. Mai 2011 eingelegten und am 4. Juli 2011, einem Montag, begründeten Berufung.

Die Beklagte rügt, dass sich ein Anspruch auf Ersatz der Warmmiete der von dem Wohnungsrecht umfassten Räume, die sie „nunmehr für sich selbst und ihren Sohn“ nutze, nicht vertraglich – auch nicht im Wege ergänzender Vertragsauslegung – begründen lasse. Ein derartiger Zahlungsanspruch sei in dem Vertrag nicht ausdrücklich geregelt. Er ginge darüber hinaus allenfalls auf Erstattung der Kosten, die die Beklagte durch Nichtwahrnehmung des Wohnungsrechts erspare. Angesichts der familiären Verbundenheit der Parteien sei aber im Zweifel nicht anzunehmen, dass sie deswegen eine Nutzungsentschädigung an die Kläger zahlen solle, weil sie die Räumlichkeiten, auf die sich das Wohnrecht erstrecke, selbst und mit ihrem Sohn nutze. Eine vollständige Altersversorgung des Erblassers sei mit dem Vertrag weder beabsichtigt noch überhaupt möglich gewesen, da das Grundstück nicht hinreichend werthaltig sei, um daraus dessen vollen Unterhalt zu bestreiten. Der Ersatz der Warmmiete stehe überdies in offensichtlichem Missverhältnis zum Wert des Wohnrechts und der Pflegeleistungen, die in dem Vertrag auf nicht mehr als 3.600,00 DM beziffert worden seien. Weiterhin habe der Kläger durch schriftliche Erklärung seines Sohnes vom 1. Mai 2009 (Anlage B 1, 41 GA) – wie die Beklagte meint – rechtswirksam auf seine Rechte aus dem Vertrag verzichtet. Zumindest sei bei der Bemessung der Höhe des Anspruchs die – als Teilverzicht zu wertende – Erklärung des Erblassers vom 10. Dezember 2008 (Anlage B 2, 108 GA) zu berücksichtigen. Schließlich seien mit Abschluss der ambulanten Pflegevereinbarung mit der AWO … gGmbH H… die Voraussetzungen für das Ruhen der Pflegepflicht nach Nr. II. 2. f) des Vertrages eingetreten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens und insbesondere der darin enthaltenen Rechtsausführungen wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 21. März 2012 (317 ff. GA), 7. Mai 2013 (437 ff. GA) und 11. Dezember 2013 (458 f. GA) verwiesen.

Die Beklagte beantragt, die Klage in Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen,

nachdem sie ihren dem Urteilsausspruch zu 2 zugrunde liegenden Klageantrag im Hinblick auf den Zeitablauf und das Versterben des Erblassers dahingehend beschränkt haben, dass sie nunmehr beantragen, die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger ab dem Monat August 2010 bis zum Monat Januar 2013 monatlich einen Betrag in Höhe von 481,29 €, zahlbar zum dritten Werktag eines jeden Monats, sowie zum 5. Februar 2013 einen Betrag von 429,72 € zu zahlen.

Die Kläger verteidigen das angefochtene Urteil unter Bezugnahme auf es und ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie treten insbesondere der Auffassung entgegen, dass der Vertrag nicht dem vollständigen Unterhalt der Person des Erblassers gedient habe. Im Übrigen verweisen die Kläger unter Wiederaufruf ihrer erstinstanzlichen Beweisantritte (Schriftsatz vom 3. März 2011, 203 ff. GA) darauf, dass die Beklagte dem Erblasser den Bezug der Räumlichkeiten nach seinem Krankenhausaufenthalt im Frühjahr 2009 verweigert habe.

Der Senat hat gemäß Beschluss vom 22. März 2012 (321 f. GA), den er mit Beschluss vom 9. Oktober 2012 (412 ff. GA) konkretisiert hat, Beweis erhoben zu der Frage, „welchen Wert die Nutzung des im notariellen Vertrag vom 15. September 1992 (UR-Nr. 1280/1992 des Notars … in F…) unter Ziff. 2 a) – c) bezeichneten Wohnrechts (Bl. 12 GA) monatlich objektiv ab Mai 2009 und derzeit hat“, durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen M… vom 22. Februar 2013, gegen das die Beklagte die aus dem Schriftsatz vom 7. Mai 2013 (437 ff. GA) ersichtlichen Einwendungen erhoben hat, sowie dessen mündliche Erläuterung durch den Sachverständigen im Termin vom 5. Dezember 2013 verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg. Die Klage ist nur im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

1. a) Berufungsgegenständlich ist ein Zahlungsanspruch wegen der Nichtwahrnehmung des Wohnungsrechts. Das Landgericht hat die Klage – trotz teilweise missverständlicher Formulierungen in den Urteilsgründen („Kosten der ambulanten Pflegeleistungen“ usw.) – abgewiesen, soweit der Erblasser mit ihr Zahlung des Werts der ersparten Pflegeleistungen verlangt hat. Denn die zugesprochenen Beträge erschöpfen sich in den von den Klägern geltend gemachten Aufwendungen für Warmmiete.

b) Der unstreitigen und darüber hinaus durch Erbschein nachgewiesenen Rechtsnachfolge ist durch Rubrumsberichtigung auf die Kläger Rechnung zu tragen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 246 Rn. 2b), da der Rechtsstreit durch den Tod des Erblassers nicht unterbrochen worden ist (§ 246 Abs. 1 Halbsatz 1 ZPO).

c) Die dem Zeitablauf und dem Versterben des Erblassers, dessen Wohnungsrecht mit dessen Tod erloschen ist (Palandt/Bassenge, BGB, 73. Auflage 2014, § 1093 Rn. 19, § 1090 Rn. 8), geschuldete Beschränkung des ursprünglichen Klageantrages zu 2ist nach § 525 Satz 1, § 264 Nr. 2 und 3 ZPO nicht als Klageänderung anzusehen. § 533 ZPO findet deshalb keine Anwendung (BGHZ 158, 295, juris Rn. 25). Davon abgesehen wird die Klagebeschränkung, vom Tod des Erblassers abgesehen, mit dem bisherigen Tatsachenvorbringen erster Instanz begründet und wäre auch als sachdienlich zulassen.

2. a) Die Kläger haben gegen die Beklagte dem Grunde nach Anspruch auf Ersatz des Werts der Nutzungen, die der Erblasser infolge der Nichtausübung des Wohnungsrechts ab Mai 2009 bis zu seinem Versterben am 25. Februar 2013 nicht ziehen konnte. Ein solcher Anspruch folgt aus ergänzender Auslegung des der Bestellung des Wohnungsrechts zugrunde liegenden Vertrages vom 15. November 1992 (§ 311 Abs. 1, § 241 Abs. 1 Satz 1, §§ 133, 157, 1922 Abs. 1 BGB).

aa) Der Erblasser hat auf seine Ansprüche aus diesem Vertrag nicht rechtswirksam verzichtet. Die Voraussetzungen eines Erlassvertrages gemäß § 397 Abs. 1 BGB sind nicht gegeben. Die im Namen des Erblassers abgegebene Erklärung seines Sohnes, des Klägers zu 1, vom 1. Mai 2009, das Wohnrecht aufgeben zu wollen, vermochte den Erblasser nicht zu binden. Diesbezügliche Vertretungsmacht seines Sohnes (§ 164 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder eine nachträgliche Genehmigung von dessen Erklärung (§ 177 Abs. 1 BGB) sind nicht ersichtlich. Die Voraussetzungen einer Duldungs- oder Anscheinsvollmacht sind nicht hinreichend dargetan. In der Erklärung des Erblassers vom 10. Dezember 2008 hat dieser lediglich bekundet, sich nach seiner Rückkehr aus dem Ausland bereit erklärt zu haben, sich mit weniger Räumen zu begnügen, als ihm nach dem Vertrag zustehen. Dieser Erklärung lässt sich bei der gebotenen engen Auslegung (Palandt/Grüneberg a. a. O., § 397 Rn. 6 mit Rechtsprechungsnachweisen) schon nicht entnehmen, dass der Erblasser mit ihr einen dauerhaften, unwiderruflichen Teilverzicht auf die ihm vertraglich zustehenden Räumlichkeiten leisten wollte. Der Wortlaut der Erklärung, insbesondere die Bezugnahme auf die ihm nach dem Notarvertrag „an sich“ zustehenden Räume, spricht eher dafür, dass der Erblasser damit lediglich ein gefälligkeitsähnliches, frei widerrufliches (vgl. § 604 Abs. 3 BGB) Entgegenkommen bezeugen wollte. Jedenfalls lässt sich diese Möglichkeit nicht zur Gewissheit des Senats ausschließen.

bb) Bei einer persönlichen Ausübungshinderung des Berechtigten ist eine ergänzende Auslegung des der Bestellung des Wohnungsrechts zugrunde liegenden Vertrags geboten, wenn diese Möglichkeit von den Vertragsparteien nicht bedacht worden ist (BGH NJW 2009, 1348, juris Rn. 12).

(1) Eine diese Auslegung begründende Regelungslücke hat der Bundesgerichtshof (NJW-RR 2003, 577, juris Rn. 6) zum einen bejaht, wenn lediglich das Entfallen der Pflegeverpflichtung bei einem Krankenhausaufenthalt vertraglich geregelt war, da ein dauernder Aufenthalt in einem Pflegeheim nicht mit einem Krankenhausaufenthalt gleichzusetzen sei. Diese Regelungslücke könne – wie der Bundesgerichtshof weiter ausgeführt hat (a. a. O., juris Rn. 7) – nach dem Gebot einer interessengerechten Vertragsauslegung nicht dahin geschlossen werden, dass eine Zahlungspflicht nicht gewollt gewesen sei, soweit Pflegeleistungen objektiv unmöglich geworden seien. Eine solche Auslegung würde den in der vertraglichen Regelung insgesamt zum Ausdruck gekommenen Willen der Parteien verfehlen, dem Berechtigten durch die Altenteilsrechte eine umfassende Altersversorgung zu gewähren. Dort waren Wohnung, Beköstigung, häusliche Dienste, Pflege und Taschengeld (Leibrente) geschuldet, was dem streitgegenständlichen Ausgedinge im Wesentlichen entspricht, das sich von jenem lediglich dadurch unterscheidet, dass es einen Anspruch auf Taschengeld (Leibrente) nicht enthält. Allerdings sollte der Erblasser vorliegend auch dann seines Anspruchs auf Pflege verlustig gehen, wenn er sich in einem Pflegeheim aufhält. Denn nach II. 2. lit. f) des Vertrages sollte die „Pflegepflicht … ohne Ersatzleistungspflicht (ruhen), wenn und solange sich der Berechtigte auf Einweisung seines Hausarztes in einem Krankenhaus oder Pflegeheim aufhält“. Der Aufenthalt in einem Pflegeheim ist – im Unterschied zu dem in einem Krankenhaus – typischerweise auf unbestimmte Dauer angelegt. Bei der gebotenen wertenden Betrachtung (§ 157 BGB) besteht kein relevanter Unterschied zum Bezug einer Mietwohnung unter Regelung der ambulanten Pflege daselbst. Haben die Vertragsparteien aber die Möglichkeit einer dauerhaften anderweitigen Unterbringung des Erblassers zu Pflegezwecken mitbedacht, lässt sich insoweit eine planwidrige Regelungslücke nicht feststellen.

(2) Davon ist allerdings die Frage zu unterscheiden, wer die Räume in einem solchen Fall nutzen können sollte. Hierüber verhält sich der Vertrag, da der Umzug des Erblassers nicht zu einem Erlöschen des Wohnungsrechts führte (vgl. BGH NJW 2009, 1348, juris Rn. 8; Palandt/Bassenge a. a. O., § 1093 Rn. 19), weder ausdrücklich noch stillschweigend. Die Suspension lediglich der Pflegeverpflichtung bei tatsächlicher Ausübungsverhinderung spricht im Umkehrschluss dagegen, dass die Parteien auch das Wohnungsrecht für diesen Fall ruhend stellen wollten. Bei dieser Sachlage wäre die Beklagte nicht befugt gewesen, die Räume ohne Zustimmung des Erblassers für sich und ihren Sohn zu nutzen. Dass dies bei Vertragsschluss nicht beabsichtigt gewesen sein kann, weil damit keiner der Parteien gedient gewesen wäre, zeigt sich letztlich auch daran, dass die Beklagte sich spätestens mit Auszug des Erblassers Anfang Mai 2009 für berechtigt hielt, die Räume selbst zu nutzen (vgl. BGH a. a. O., juris Rn. 13).

Bei der hiernach gebotenen Ergänzung des Vertragsinhalts ist darauf abzustellen, was redliche und verständige Parteien in Kenntnis der Regelungslücke nach dem Vertragszweck und bei sachgemäßer Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben vereinbart hätten (BGH a. a. O., juris Rn. 16). Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass das Wohnungsrecht einen wesentlichen Teil der Altersvorsorge des Erblassers darstellte, und dass ein Grund, weshalb sein Umzug zu einer wirtschaftlichen Besserstellung der Beklagten führen soll, nicht erkennbar ist (vgl. BGH a. a. O., juris Rn. 17). Dieser Gesichtspunkt konnte die Beklagte angesichts der höchstpersönlichen Natur des Wohnungsrechts zwar nicht dazu verpflichten, die Räume für Rechnung des Erblassers zu vermieten (vgl. BGH a. a. O., juris Rn. 18, 20). Auf der anderen Seite ist nicht ersichtlich, dass sich die Vertragsparteien so nahe standen, dass der Erblasser im Fall seiner Ausübungshinderung die Nutzung der Beklagten und ihrer Familie unentgeltlich überlassen wollte (vgl. BGH a. a. O., juris Rn. 19). Daher muss davon ausgegangen werden, dass die Parteien für diesen Fall die Regelung getroffen hätten, dass die Beklagte dem Erblasser den Wert erstattet, den die Nutzung der Räume durch sie und ihren Sohn hat (Gebrauchsvorteile, § 100 BGB).

Diese Auslegung des Vertrages entspricht dem Klagevorbringen, da die Kläger sinngemäß auch den Ausgleich des Werts der Nutzung verlangt und dazu unter Sachverständigenbeweisantritt vorgetragen haben, dass die Miete der Wohnung in H… dem Wert der Nutzung der streitbefangenen Räumlichkeiten entspreche (Seite 2 des Schriftsatzes vom 3. März 2011, 204 GA: „Die jetzige Wohnung entspricht den räumlichen Verhältnissen, die der Kläger im der Beklagten übertragenen Haus hatte. Die Mietkosten sind in H… nicht anders als in F…. …“).

Die gegen diese (ergänzende) Vertragsauslegung vorgebrachten Einwände der Beklagten greifen im Ergebnis nicht durch.

Zwar trifft durchaus zu, dass dem Erblasser kein Nießbrauch an den dem Wohnungsrecht unterliegenden Räumen bestellt worden ist. Auch die Qualifizierung des eingetragenen Rechts als Altenteil impliziert nicht die Bestellung eines Nießbrauchs (vgl. MünchKommBGB/Habersack, 5. Aufl. 2010, Art. 96 EGBGB Rn. 21 ff.). Dies steht der auf Ersatz der Gebrauchsvorteile der Räumlichkeiten gerichteten Auslegung des Grundgeschäfts indes nicht entgegen. Das Wohnungsrecht kann als höchstpersönliches Recht zwar keine Auslegung des Vertrages rechtfertigen, die auf eine Pflicht zur Vermietung oder Zustimmung zu einer solchen Vermietung der Räume hinausliefe (BGH, NJW 2009, 1348, juris Rn. 20). Ein solcher Fall, bei dem das Wohnungsrecht um Nießbrauchselemente angereichert würde (§ 1059 Satz 2 BGB), steht hier jedoch nicht in Rede. Die Beklagte soll nicht diejenigen Nutzungen erstatten, die sie durch Vermietung hätte erzielen können. Sie soll vielmehr den Gebrauchsvorteil erstatten, der ihr dadurch zugeflossen ist, dass sie die dem Wohnungsrecht unterliegenden Räumlichkeiten, wie es in der „Verzichtserklärung“ vom 1. Mai 2009 heißt, seit diesem Zeitpunkt „zum Eigenbedarf“ beanspruchte. Denn bei der gebotenen normativen Betrachtungsweise macht es keinen entscheidungserheblichen Unterschied, ob der Verpflichtete die Vorteile, die der Gebrauch der von dem Wohnungsrecht umfassten Räume gewährt, selbst oder vermittels eines Rechtsverhältnisses mit einem Dritten erlangt (mittelbare Sachfrüchte, § 99 Abs. 3 BGB). Ebenso wenig kann der daraus resultierende Ausgleichsanspruch davon abhängen, seit wann und wie der Eigentümer, der sich aufgrund eines vermeintlichen Verzichts des Berechtigten eines eigenen Gebrauchsrechts an der Wohnung berühmt, die Räume konkret nutzt, da bereits die auf ein solches (Putativ-)Recht gegründete objektive Gebrauchsmöglichkeit den auszugleichenden Wertzuwachs begründet (Palandt/Ellenberger a. a. O., § 100 Rn. 2 mit Rechtsprechungsnachweis).

Der Zahlungsanspruch ist auch nicht auf die „ersparten Aufwendungen“ der Beklagten beschränkt, wie diese unter Berufung auf zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (vom 21. September 2001 – V ZR 14/01 und vom 23. Januar 2003 – V ZB 48/02, beide juris) meint. Die diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalte sind dem Streitfall nicht vergleichbar. Dort ging es jeweils um den Anspruch auf Beteiligung an den Kosten der Unterbringung des Berechtigten in einem Pflegeheim, den der Bundesgerichtshof auf die Höhe der ersparten Aufwendungen des Verpflichteten an den Pflegekosten begrenzt hat. Ein solcher Anspruch steht hier nicht (mehr, oben 1. a) im Streit. Den den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Feststellungen lässt sich hingegen nicht entnehmen, dass die dort Verklagten zudem die dem Wohnungsrecht unterliegenden Räume selbst genutzt oder an einen Dritten vermietet hätten. Davon wiederum abgesehen hätte die Beklagte aufgrund der Eigennutzung der Räume die Aufwendungen erspart, die sie für eine gleichwertige Anmietung hätte tätigen müssen.

Soweit sich die Beklagte zudem gegen die Annahme eines Altenteilsvertrages wendet, kann der Senat auf sich beruhen lassen, ob dieser mit dem Grundstück eine die Existenz zumindest teilweise begründende und die Gewinnung der dem Berechtigten geschuldeten Leistungen ermöglichende Wirtschaftseinheit übertragen wurde (vgl. BGH, NJW 2003, 1126, juris Rn. 10 mit weiteren Nachweisen). Zwar muss eine gemäß § 49 GBO als „Altenteil“ (bzw. „Ausgedinge“) eingetragene Belastung nicht allein deshalb als Altenteilsrecht anerkannt werden (Habersack a. a. O., Rn. 24 mit Rechtsprechungsnachweisen). Doch kann eine ergänzende Vertragsauslegung bereits bei Einräumung lediglich eines Wohnungsrechts in Betracht kommen und gerechtfertigt sein. Dies ist hier – wie gezeigt – der Fall. Auf das Vorliegen eines Altenteilsvertrages käme es darüber hinaus – bei Fehlen einer (auch: ergänzten) vertraglichen Vereinbarung – nur an, wenn das Landesrecht ergänzende schuldrechtliche Bestimmungen enthielte, die nach Art. 96 EGBGB unberührt blieben. Landesgesetzliche Vorschriften über Altenteilsverträge i. S. v. Art. 96 EGBGB gibt es in Brandenburg (wie allen neuen Bundesländern) indessen nicht. Art. 15 § 9 Abs. 2 und 3 PrAGBGB, der dem Berechtigten in den Fällen einer persönlichen Ausübungshinderung einen Anspruch auf Geldrente zubilligt, gilt zwar in Berlin, nicht aber in Brandenburg.

Zu Unrecht rügt die Beklagte schließlich ein vermeintliches Missverhältnis zwischen dem Wert des Wohnungsrechts und dem klagegegenständlichen Zahlungsanspruch. Ein solches Missverhältnis ist schon deshalb denknotwendig ausgeschlossen, weil der Ausgleichsanspruch nach der ergänzenden Auslegung des Vertrages durch den Senat nur in Höhe des objektiven Werts des Gebrauchsvorteils entstanden ist, der der Beklagten durch die eigenmächtige Inanspruchnahme des Wohnungsrechts zugeflossen ist.

cc) Da der Zahlungsanspruch auf Vertrag gestützt werden kann, kommt es nicht mehr darauf an, dass die Beklagte für den Fall, dass der Vertrag der ergänzenden Auslegung nicht zugänglich gewesen wäre, durch die unautorisierte Nutzung der Räume rechtsgrundlos in das Wohnungsrecht des Erblassers eingegriffen und das dadurch Erlangte, d. h. den Wert der Nutzungen deshalb gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, § 818 Abs. 1 und 2 BGB an die Kläger herauszugeben hätte (vgl. Palandt/Bassenge a. a. O., § 1093 Rn. 19; Brückner, NJW 2008, 1111, 1114).

b) Der Wert der Nutzung der dem Wohnungsrecht unterliegenden Räume beläuft sich auf monatlich 341,49 €. Dies steht zur Überzeugung des Gerichts im Ergebnis der Beweisaufnahme fest. Der Sachverständige hat die Anknüpfungstatsachen für die Wertermittlung vollständig und zutreffend festgestellt. Er ist auf dieser Datenbasis zu einer weitgehend überzeugungskräftigen Ermittlung des monatlichen Werts des Wohnungsrechts gelangt. Soweit die nachfolgend ausgeführten Zweifel an der Überzeugungskraft der sachverständigen Einschätzung verbleiben, gehen diese Bedenken allerdings zu Lasten der Kläger, da diese für die Höhe des Werts der Nutzung der Räume beweisbelastet sind.

Im Einzelnen gilt unter Berücksichtigung der Einwendungen der Beklagten folgendes:

aa) Soweit die Beklagte schriftsätzlich geltend gemacht hat, dass der sogenannte Korridor/Windfang mit 7,33 m² nicht zur anrechenbaren Wohnfläche gehöre, weil es sich hierbei zum Zeitpunkt der Bestellung des Wohnungsrechts lediglich um ein Glasvordach über der Eingangstür gehandelt habe, hat sie diese Einwendung im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung vor dem Senat nicht aufrechterhalten. Sie hat vielmehr bekundet, dass der sogenannte Korridor/Windfang bereits Anfang der 90iger Jahre zu einem geschlossenen Raum ausgebaut gewesen sei. Infolgedessen hat der Sachverständige die anrechenbare Wohnfläche zutreffend unter Einbeziehung dieses Raumes bestimmt (vgl. § 2 Abs. 2 Nummer 1 Wohnflächenverordnung), und zwar in der Größe, die er bei Bestellung des Wohnungsrechts hatte. Damit verbleibt es bei der sachverständig ermittelten Größe der wohnungsrechtsgegenständlichen Räume von 73,66 m².

bb) Ferner hat der Sachverständige in seiner mündlichen Erläuterung klargestellt, dass die auf Seite 10 des Gutachtens genannten Gebäude- und Freiflächen nur solche seien, die sich auf dem belasteten Grundstück befänden. Nur diese seien weisungsgemäß (Senatsbeschluss vom 9. Oktober 2012 zu 7) in die Bewertung eingeflossen. Der Senat hat keinen Anlass, an der Richtigkeit dieser Aussage zu zweifeln. Der schriftsätzliche Einwand der Beklagten, dass sich auf der (belasteten) Katasterparzelle 85/2 keine solchen Freiflächen befänden, trifft ausweislich des dem Gutachten beigefügten Flurkartenauszugs offensichtlich nicht zu. Ein Bewertungsabschlag ist insofern nicht gerechtfertigt.

cc) Nicht gänzlich überzeugend erscheint demgegenüber die Ermittlung der Miethöhe Seite 12 des Gutachtens. Zwar führt der Sachverständige nachvollziehbar aus, weshalb er nicht das Baujahr des Hauses zu Grunde gelegt, sondern einen Mittelwert aus unterschiedlichen Entrichtungszeiträumen gebildet hat (Verschmelzung von alten und neuen Bauleistungen). Es bleibt jedoch erklärungsbedürftig, weshalb der Sachverständige die späteren Modernisierungen dem Errichtungszeitpunkt gleich gewichtet hat. Dem ersten Anschein nach liegt näher, dass der Errichtungszeitpunkt den Standard des Hauses und damit den Mietwert stärker geprägt hat als die späteren Modernisierungen.

Näherer Begründung hätte es auch bedurft, weshalb der Sachverständige eine Ausstattung „umfassend modernisiert“ angenommen hat. Zu Recht hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass mit Rücksicht auf die Eigennutzung erfolgte Modernisierungen außer Betracht bleiben müssen. Auch liegt nach der Lebenserfahrung nahe, dass mit einer Modernisierung zur Eigennutzung vielfach ein höherer Standard angestrebt wird, als mit der hier geschuldeten „gewöhnlichen Unterhaltung“ verbunden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Oktober 2012 zu 8 und 9).

Der Sachverständige hat insoweit in seiner Anhörung Bewertungsspielräume und -unsicherheiten eingeräumt. Er hat nachvollziehbar ausgeführt, dass diesen Gesichtspunkten (Errichtungszeitpunkt und Modernisierungsstandard) dadurch Rechnung getragen werden könne, dass die höheren Mietwerte für die Baujahre 1991 bis 2002 aus der Mittelwertermittlung herausgenommen werden. Bei der gegebenen Beweislast der Kläger ergeben sich daher folgende Nettokaltmietwerte:

Per 1. Mai 2009, €/m² = (3,41 + 3,23 + 4,56 + 4,07) : 4 = 3,82

Per 1. August 2012, €/m² = (3,48 + 3,30 + 4,65 + 4,15) : 4 = 3,90

Gemittelt (3,82 + 3,90) : 2 = 3,86 €/m²

dd) Einen Zuschlag von 10 % zur Nettokaltmiete hat der Sachverständige überzeugend damit begründet und erläutert, dass der Wohnungsberechtigte im Unterschied zu einem Mieter vor Kündigungen und Mieterhöhungen geschützt ist. Gegen diesen Zuschlag erinnert die Beklagte auch nichts.

ee) Dagegen hat sich der Senat trotz ergänzender Erläuterung durch den Sachverständigen nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon zu überzeugen vermocht, dass gegenüber Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern vorliegend ein Zuschlag von 1,2 zur Nettokaltmiete wegen der Nutzung in einem Ein- und Zweifamilienhaus marktgerecht ist. Angesichts der geringen Wohnungsgröße von rund 70 m² liegt eine Vergleichbarkeit mit Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern näher. Dementsprechend sind, worauf der Sachverständige auch im Rahmen seiner mündlichen Anhörung hingewiesen hat, Ein- und Zweifamilienhäuser mit einer derartigen Größe lediglich im Mietspiegel von E…/Z… gesondert ausgewiesen (Seite 13 des Gutachtens). Die Zweifel an der Übertragung des „Ein- und Zweifamilienhauszuschlags“ auf atypisch kleine Wohneinheiten werden zudem dadurch bestärkt, dass der Zuschlag ausschließlich aus Datenmaterial abgeleitet wird, dass in berlinnahen Landkreisen erhoben worden ist. Wie der Sachverständige Seite 14 seines Gutachtens selbst ausführt, ist der Wohnmarkt in F… demgegenüber durch einen ganz erheblichen Bevölkerungsrückgang geprägt.

ff) Zwar rügt die Beklagte zu Unrecht, dass sich der Sachverständige bei der den Wohnwert erhöhenden Berücksichtigung der Nichtbelastung mit Betriebskosten (Seite 16 Gutachtens) in Widerspruch zum Senatsbeschluss vom 9. Oktober 2012 (dort zu 5) gesetzt habe. Denn die vom Sachverständigen berücksichtigte Betriebskostenersparnis betrifft gerade nicht die verbrauchsabhängigen Betriebskosten. Allerdings ist nicht ersichtlich, dass Betriebskosten für Gebäudereinigung und Hauswart in der hier vorliegenden peripheren Eigenheimstruktur anfallen. Die tabellarische Aufstellung der nicht verbrauchsabhängigen Betriebskosten ist daher um diese Ansätze zu bereinigen, woraus sich Werte von 0,37 €/m² für den 1. Mai 2009 und 0,40 €/m² für den 1. August 2012 ergeben, gemittelt mithin ein betriebskostenbedingter Zuschlag zur Nettokaltmiete von 0,39 €/m².

gg) Nach allem beläuft sich der monatliche Mietwert der vom Wohnungsrecht erfassten Räume auf zumindest 73,66 m² x 3,86 €/m² x (1,00 + 0,10) + 73,66 m² x 0,39 €/m² = 341,49 €, für die Monate Mai 2009 bis Juli 2010 mithin auf 5.122,35 € und für den Monat Februar 2013 auf (25/28 x 341,49 =) 304,90 €.

c) Der Zinsausspruch rechtfertigt sich aus § 291 ZPO.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 92 Abs. 1 Satz 1, § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen für ihre Zulassung nicht vorliegen (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Rechtssache hat als (ergänzende) Vertragsauslegung in einem Einzelfall keine grundsätzliche Bedeutung. Soweit der Senat dazu auf allgemeine Auslegungsgrundsätze zurückgreift, folgt er der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Der Gegenstandswert für den Berufungsrechtszug wird gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, §§ 3, 9 ZPO auf 28.000,00 € festgesetzt.

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