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Eingetragenes Sondernutzungsrecht im Grundbuch – Gutglaubensschutz nach § 892 BGB

Ein Streit um die Gartennutzung beschäftigt die sächsische Justiz. Trotz fehlerhafter Begründung durch einen Notar hat ein Wohnungseigentümer ein erweitertes Sondernutzungsrecht an einer Gartenfläche gutgläubig erworben. Das Landgericht Dresden stärkt damit den Gutglaubensschutz bei Grundbucheintragungen.

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✔ Der Fall: Kurz und knapp

  • Es geht um ein eingetragenes Sondernutzungsrecht im Grundbuch und den Gutglaubensschutz nach § 892 BGB.
  • Der Fall betrifft die Änderung eines Urteils des Amtsgerichts Dresden durch das Landgericht Dresden.
  • Schwierigkeit liegt in der Beurteilung, ob der Käufer einem bestehendem Sondernutzungsrecht gutgläubig vertrauen kann.
  • Das Landgericht Dresden hat die Klage und die Widerklage abgewiesen.
  • Das Gericht entschied auf Basis des Gutglaubensschutzes, dass die bisherigen Eintragungen als korrekt zu akzeptieren sind.
  • Die Klagekosten werden zu 92% der Klägerin und zu 8% den Beklagten auferlegt.
  • Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar unter bestimmten Sicherheitsleistungen.
  • Wegen der Widerklage wurde Revision zugelassen.
  • Das Urteil betont die Bedeutung der korrekten Eintragung und der Verlässlichkeit des Grundbuchs.
  • Für Grundstückserwerber ist entscheidend, dass sie sich auf eingetragene Sondernutzungsrechte verlassen können.

Wohnungseigentümer erwarb Gartenfläche trotz fehlerhafter Begründung

Die Eintragung im Grundbuch ist von entscheidender Bedeutung für die Rechte und Pflichten von Grundstückseigentümern und -nutzern. Insbesondere das sogenannte Sondernutzungsrecht spielt dabei eine wichtige Rolle. Dieses gibt bestimmten Personen, beispielsweise Wohnungseigentümern, das Recht zur exklusiven Nutzung von Teilen eines Grundstücks, wie etwa einer Garage oder eines Balkons.

Der Gutglaubensschutz nach § 892 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ist ein zentraler Aspekt, der bei der Beurteilung von Sondernutzungsrechten zu berücksichtigen ist. Er regelt, unter welchen Voraussetzungen sich ein Erwerber auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Grundbucheintragungen verlassen kann. Dies kann insbesondere dann relevant werden, wenn ein Grundstück den Besitzer wechselt und die neuen Eigentümer mit den bestehenden Sondernutzungsrechten konfrontiert sind.

✔ Der Fall vor dem Landgericht Dresden


Urteil zur Wirksamkeit eines erweiterten Sondernutzungsrechts trotz unwirksamer Begründung

Das Landgericht Dresden hatte sich mit der Frage zu befassen, ob ein im Grundbuch eingetragenes Sondernutzungsrecht Bestand hat, obwohl es ursprünglich nicht wirksam begründet wurde. Dabei ging es um folgenden Fall:

Der Sondereigentumseinheit Nr. 9 eines Wohnungseigentumsobjekts war in der Teilungserklärung von 1994 zunächst nur ein Sondernutzungsrecht an der Terrasse SN 9 zugewiesen. Mit notarieller Urkunde vom 07.08.1998 sollte dieses Sondernutzungsrecht auf eine angrenzende Gartenfläche erweitert werden.

Die jetzigen Beklagten erwarben das Sondereigentum Nr. 9 im Jahr 2017. In der Eigentümerversammlung vom 15.07.2022 fasste die Wohnungseigentümergemeinschaft mehrheitlich den Beschluss, die Beklagten auf Unterlassung der Nutzung der Gartenfläche und Löschung des erweiterten Sondernutzungsrechts zu verklagen.

Das Amtsgericht Dresden gab der Klage statt. Es sah das erweiterte Sondernutzungsrecht wegen inhaltlicher Unbestimmtheit als nicht wirksam entstanden an. Auch ein gutgläubiger Erwerb scheide aus.

Landgericht: Erweitertes Sondernutzungsrecht gutgläubig erworben

Das Landgericht Dresden hob auf die Berufung der Beklagten das amtsgerichtliche Urteil auf. Zwar sei das erweiterte Sondernutzungsrecht mit der Urkunde vom 07.08.1998 nicht wirksam entstanden. Der beurkundende Notar habe gegen das Verbot des § 7 BeurkG verstoßen, sich selbst einen rechtlichen Vorteil zu verschaffen. Er war damals als Miteigentümer Sondernutzungsberechtigter der Einheit Nr. 9.

Jedoch hätten die Beklagten das unwirksam begründete, aber gleichwohl im Grundbuch eingetragene Sondernutzungsrecht nach §§ 873, 892 BGB gutgläubig erworben. Der Gutglaubensschutz erfasse grundsätzlich auch ein auf eine unwirksame Willenserklärung zurückgehendes, aber eingetragenes Sondernutzungsrecht.

Sondernutzungsrecht trotz zwei Eintragungen hinreichend bestimmt

Das Landgericht sah auch keinen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot, der den gutgläubigen Erwerb ausschließen würde. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts und der Kläger habe durch die Erweiterung kein zweites, vom ursprünglichen Sondernutzungsrecht unabhängiges Recht entstehen sollen.

Vielmehr sei nach Auslegung der Grundbucheintragung und der Eintragungsbewilligung von 1998 das bereits für die Terrasse bestehende Sondernutzungsrecht auf die im beigefügten Lageplan grün umrandete Gartenfläche erweitert worden. Die Fläche sei damit eindeutig bestimmt.

Keine Bösgläubigkeit der Beklagten

Zudem seien die Beklagten auch nicht bösgläubig gewesen. Zwar hätten sie bei Einsicht in sämtliche Eintragungsunterlagen wohl erkennen können, dass das Sondernutzungsrecht wegen Verstoßes gegen § 7 BeurkG unwirksam war. Es gebe aber keine Anhaltspunkte, dass ihnen diese Unwirksamkeit tatsächlich bekannt war. Für den Ausschluss des Gutglaubensschutzes wäre eine positive Kenntnis erforderlich gewesen.

Die Berufung blieb lediglich in Bezug auf die Widerklage erfolglos. Mit dieser hatten die Beklagten für den Fall ihres Obsiegens die Erstattung des ihnen durch das Verfahren entstandenen Schadens begehrt. Das Landgericht entschied jedoch, dass die Kosten des Rechtsstreits als Kosten der Verwaltung von allen Wohnungseigentümern einschließlich der obsiegenden Beklagten zu tragen sind.

✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall


Die Entscheidung stärkt den öffentlichen Glauben des Grundbuchs. Sie zeigt, dass auch ursprünglich unwirksam begründete Sondernutzungsrechte vom gutgläubigen Erwerb erfasst sein können, sofern sie im Grundbuch eingetragen sind. Für den Ausschluss des Gutglaubensschutzes ist die positive Kenntnis des Erwerbers von der Unrichtigkeit erforderlich. Bloße fahrlässige Unkenntnis genügt nicht. Die Entscheidung schafft damit mehr Rechtssicherheit für Erwerber, die auf den Grundbuchinhalt vertrauen.


✔ FAQ – Häufige Fragen

Das Thema: Sondernutzungsrechte im Grundbuch wirft bei vielen Lesern Fragen auf. Unsere FAQ-Sektion bietet Ihnen wertvolle Insights und Hintergrundinformationen, um Ihr Verständnis für dieses Thema zu vertiefen. Weiterhin finden Sie in der Folge einige der Rechtsgrundlagen, die für dieses Urteil wichtig waren.


Was ist ein Sondernutzungsrecht und wie unterscheidet es sich von Eigentum?

Ein Sondernutzungsrecht ist eine Vereinbarung innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft, die einem einzelnen Eigentümer das ausschließliche Nutzungsrecht an bestimmten Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums einräumt. Typische Beispiele sind Sondernutzungsrechte an Gartenflächen, Terrassen, Kellerräumen oder Pkw-Stellplätzen. Der berechtigte Eigentümer darf die Fläche alleine nutzen, während die übrigen Eigentümer vom Mitgebrauch ausgeschlossen sind.

Im Gegensatz dazu bezeichnet Sondereigentum die Räume einer Immobilie, die einem Wohnungseigentümer alleine gehören, wie z.B. die Wohnung selbst. Hier hat der Eigentümer volle Verfügungsgewalt und darf bauliche Veränderungen vornehmen, solange er nicht in Rechte Dritter eingreift. Beim Sondernutzungsrecht hingegen verbleibt die Fläche im gemeinschaftlichen Eigentum. Der Berechtigte darf sie nur im Rahmen der Vereinbarung nutzen, aber nicht verändern.

Beispiel: In einer Wohnanlage wird dem Eigentümer von Wohnung 4 per Vereinbarung das Sondernutzungsrecht an einem Pkw-Stellplatz zugewiesen. Er darf den Stellplatz exklusiv nutzen, aber nicht überbauen. Die Wohnung 4 selbst steht dagegen in seinem Sondereigentum.

Wird ein Sondernutzungsrecht im Grundbuch eingetragen, genießt es den Gutglaubensschutz nach § 892 BGB. Das bedeutet: Erwirbt jemand eine Eigentumswohnung und vertraut dabei auf ein im Grundbuch eingetragenes Sondernutzungsrecht, kann er dieses auch dann erwerben, wenn es eigentlich fehlerhaft entstanden war. Der gute Glaube an die Richtigkeit des Grundbuchs wird geschützt.

Beispiel: A erwirbt Wohnung 4 und das eingetragene Sondernutzungsrecht am Stellplatz, obwohl Letzteres wegen eines Fehlers bei der Begründung eigentlich unwirksam war. Aufgrund des Gutglaubensschutzes erwirbt A das Sondernutzungsrecht trotzdem wirksam mit.


Wie entsteht ein Sondernutzungsrecht und welche formalen Anforderungen gelten?

Ein Sondernutzungsrecht entsteht in der Regel durch eine Vereinbarung in der Teilungserklärung oder der Gemeinschaftsordnung, welche zum Zeitpunkt der Begründung des Wohnungseigentums verfasst werden. Solche Vereinbarungen müssen notariell beurkundet und im Grundbuch eingetragen werden. In der Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung ist die Regelung des Sondernutzungsrechts an bestimmten Flächen oder Räumen festzuhalten.

Das Sondernutzungsrecht kann auch nachträglich durch eine Änderung der Gemeinschaftsordnung oder durch einen Beschluss der Wohnungseigentümer begründet werden. Für die Änderung der Gemeinschaftsordnung ist in der Regel eine notarielle Beurkundung und Zustimmung aller betroffenen Wohnungseigentümer erforderlich. Ein lediglich mit Stimmenmehrheit der Wohnungseigentümer beschlossenes Sondernutzungsrecht begründet keine Rechte und ist nichtig.

Einer bestimmten Form bedarf die Vereinbarung über die Einräumung eines Sondernutzungsrechtes grundsätzlich nicht. Es ist auch eine mündliche Vereinbarung über die Begründung eines Sondernutzungsrechtes wirksam. Eine konkludente oder stillschweigende Begründung eines Sondernutzungsrechtes kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht.

Beispielsweise könnte in der Teilungserklärung festgelegt werden, dass der Eigentümer der Wohnung im Erdgeschoss das alleinige Nutzungsrecht an der Gartenfläche erhält. Dieses Sondernutzungsrecht würde dann durch Eintragung im Grundbuch dinglich wirksam werden.

Die Frage, wer sich auf ein Sondernutzungsrecht berufen kann, richtet sich danach, ob die Vereinbarung über die Einräumung des Sondernutzungsrechtes in das Grundbuch eingetragen ist oder nicht. Wurde das Recht nicht im Grundbuch eingetragen, dann kann sich nur derjenige Eigentümer darauf berufen, zu dessen Gunsten das Recht vereinbart wurde. Ist das Recht hingegen im Grundbuch eingetragen, wirkt es „dinglich“ und auch ein neu hinzukommender Eigentümer kann sich darauf berufen.


Was bedeutet der Gutglaubensschutz nach §§ 873, 892 BGB?

Der Gutglaubensschutz nach §§ 873, 892 BGB ermöglicht unter bestimmten Voraussetzungen den Erwerb von Rechten an Grundstücken, selbst wenn der Veräußerer nicht der wahre Berechtigte ist. Entscheidend ist dabei der gute Glaube des Erwerbers an die Richtigkeit des Grundbuchs. Ist der Veräußerer im Grundbuch als Berechtigter eingetragen, darf der Erwerber grundsätzlich auf diese Eintragung vertrauen.

Voraussetzung für den gutgläubigen Erwerb ist zunächst, dass der Erwerb durch ein Rechtsgeschäft erfolgt, bei dem Veräußerer und Erwerber nicht identisch sind. Weiterhin muss der Veräußerer durch das Grundbuch legitimiert sein, d.h. er muss als Berechtigter eingetragen sein, auch wenn er es in Wahrheit nicht ist. Der Erwerber muss gutgläubig sein, darf also keine positive Kenntnis von der fehlenden Berechtigung des Veräußerers haben. Grobe Fahrlässigkeit schadet anders als beim Erwerb beweglicher Sachen nicht.

Beispiel: A ist als Eigentümer eines Grundstücks im Grundbuch eingetragen, obwohl in Wahrheit B Eigentümer ist. Verkauft A das Grundstück an den gutgläubigen C, wird C durch Auflassung und Eintragung Eigentümer, obwohl A nicht verfügungsbefugt war.

Der Gutglaubensschutz wird jedoch zerstört, wenn ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs eingetragen ist. Auch bestimmte Vermerke wie Zwangsvollstreckungs- oder Insolvenzvermerke hindern den gutgläubigen Erwerb. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Gutgläubigkeit ist grundsätzlich die Eintragung, nach § 892 Abs. 2 BGB aber schon die Stellung des Eintragungsantrags.

Der weitreichende Gutglaubensschutz trägt der besonderen Richtigkeitsgewähr des Grundbuchs Rechnung. Er schützt den Rechtsverkehr, da sich Erwerber auf den Grundbuchinhalt verlassen können. Andererseits besteht für wahre Berechtigte die Möglichkeit, sich durch Widersprüche gegen einen Rechtsverlust abzusichern.


Welche Auswirkungen hat die Nichtigkeit einer Vereinbarung auf ein bereits eingetragenes Recht im Grundbuch?

Wenn eine Vereinbarung, die zur Eintragung eines Rechts im Grundbuch geführt hat, sich nachträglich als nichtig herausstellt, hat dies nicht automatisch die Löschung des Rechts zur Folge. Vielmehr kann der Erwerber des Rechts unter bestimmten Voraussetzungen durch den sogenannten Gutglaubensschutz nach § 892 BGB in seinem Recht geschützt sein.

Der Gutglaubensschutz greift, wenn der Erwerber im Vertrauen auf die Richtigkeit des Grundbuchs das Recht von jemandem erworben hat, der zwar als Berechtigter im Grundbuch eingetragen war, es aber tatsächlich nicht war. Voraussetzung ist, dass der Erwerber das Recht in gutem Glauben erworben hat, also keine positive Kenntnis von der Unrichtigkeit des Grundbuchs hatte. Grob fahrlässige Unkenntnis schadet hier nicht.

Beispiel: A verkauft ein Grundstück an B unter Einräumung eines Nießbrauchrechts. Das Nießbrauchrecht wird zugunsten des B im Grundbuch eingetragen. Später stellt sich heraus, dass der Kaufvertrag wegen Geschäftsunfähigkeit des A nichtig war. C erwirbt das Grundstück von B im Vertrauen auf das Grundbuch, ohne von der Nichtigkeit zu wissen. Hier ist C durch den Gutglaubensschutz in seinem Nießbrauchrecht geschützt.

Die Rechtsfolge des Gutglaubensschutzes ist, dass der Erwerber das Recht so erlangt, wie es im Grundbuch eingetragen ist, auch wenn die zugrundeliegende Vereinbarung unwirksam war. Der ursprünglich materiell Berechtigte verliert sein Recht. Er kann lediglich vom Veräußerer Schadensersatz oder Herausgabe des Erlangten (z.B. des Kaufpreises) verlangen, nicht aber vom gutgläubigen Erwerber die Rückübertragung des Rechts.

Der Gutglaubensschutz soll den Rechtsverkehr sichern und das Vertrauen in die Richtigkeit des Grundbuchs schützen. Wer ein Recht gutgläubig vom Buchberechtigten erwirbt, soll sich darauf verlassen können, das Recht auch tatsächlich zu erhalten. Damit trägt der Gutglaubensschutz zur Rechtssicherheit bei Grundstücksgeschäften bei.

Können Wohnungseigentümer Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft anfechten und unter welchen Bedingungen?

Wohnungseigentümer können Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft unter bestimmten Voraussetzungen anfechten. Grundsätzlich hat jeder Wohnungseigentümer das Recht, einen Beschluss innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung gerichtlich anzufechten, wenn er den Beschluss für rechtswidrig hält. Die Anfechtungsklage muss beim zuständigen Amtsgericht eingereicht werden.

Gründe für die Anfechtung können formelle oder materielle Fehler des Beschlusses sein. Ein formeller Fehler liegt beispielsweise vor, wenn die Eigentümerversammlung nicht ordnungsgemäß einberufen wurde oder das Verfahren bei der Beschlussfassung fehlerhaft war. Materielle Fehler betreffen den Inhalt des Beschlusses, etwa wenn er gegen das Gesetz oder die Gemeinschaftsordnung verstößt.

Ein Beispiel für einen materiell fehlerhaften Beschluss wäre, wenn die Eigentümerversammlung mehrheitlich beschließt, dass ein bisher gemeinschaftlich genutzter Garten künftig nur noch von einem Teil der Eigentümer genutzt werden darf. Ein solcher Beschluss greift unzulässig in die Rechte der ausgeschlossenen Eigentümer ein.

Wird ein Beschluss nicht fristgerecht angefochten, wird er trotz etwaiger Rechtswidrigkeit wirksam. Die Anfechtungsklage hat also keine aufschiebende Wirkung. Bis zur gerichtlichen Entscheidung gilt der Beschluss und muss auch vom Verwalter umgesetzt werden.

Erkennt das Gericht die Rechtswidrigkeit des Beschlusses, erklärt es diesen für ungültig. Die Folge ist, dass bereits ausgeführte Maßnahmen rückgängig gemacht werden müssen, soweit dies möglich und verhältnismäßig ist. Unrechtmäßig gezahlte Gelder können zurückgefordert werden.

Ausnahmsweise ist eine Anfechtung nicht erforderlich, wenn der Beschluss nichtig ist. Dies ist der Fall, wenn er gegen zwingendes Recht verstößt, auf das die Wohnungseigentümer nicht verzichten können. Die Nichtigkeit tritt dann kraft Gesetzes ein. In Zweifelsfällen sollte zur Sicherheit trotzdem Anfechtungsklage erhoben werden.

Wichtig: Ein im Grundbuch eingetragenes Sondernutzungsrecht, das auf einer unwirksamen Vereinbarung beruht, wird vom Gutglaubensschutz des § 892 BGB erfasst. Der Erwerber des Sondernutzungsrechts kann dieses also gutgläubig erwerben, wenn er keine positive Kenntnis von der Unwirksamkeit der zugrundeliegenden Vereinbarung hatte. Die Anfechtung eines Beschlusses über die Einräumung eines solchen Sondernutzungsrechts ändert daran nichts.


§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils


  • § 873 BGB (Erwerb durch Einigung und Eintragung): Beschreibt, dass Rechte an Grundstücken durch Einigung und Eintragung ins Grundbuch erworben werden. Relevant für die Begründung des Sondernutzungsrechts und das Grundbuchverfahren.
  • § 892 BGB (Gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten): Gewährt Schutz für gutgläubige Erwerber, die auf die Richtigkeit des Grundbuchs vertrauen. Wesentlich, wenn ein bestehendes Sondernutzungsrecht im Grundbuch eingetragen ist und der Erwerber davon ausgeht, dass es rechtmäßig besteht.
  • § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG (Gebrauch des Sondereigentums und des Gemeinschaftseigentums): Regelt die Pflichten der Wohnungseigentümer im Umgang mit ihrem Sondereigentum und dem Gemeinschaftseigentum. Von Bedeutung für den Beschluss der Eigentümerversammlung über den Unterlassungsanspruch gegen die Sondereigentümer der Wohnung Nr. 9.
  • § 1004 BGB (Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch): Ermöglicht die Geltendmachung von Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen bei Störungen des Eigentums. Im Kontext wichtig für das Vorgehen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegen störende Handlungen im Bereich des Sondereigentums.
  • § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO (Inhalt des Berufungsurteils): Verweist auf die tatsächlichen Feststellungen in vorhergehenden Urteilen bei Berufungsverfahren. Relevant, da das Urteil des Amtsgerichts Dresden als Grundlage für die Berufung dienen und Ergänzungen nötig wurden.
  • Teilungserklärung: Ein zentrales Dokument bei der Aufteilung des Eigentums an einer Immobilie nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG), in dem unter anderem Sondernutzungsrechte festgelegt werden. Im vorliegenden Fall beschreibt die Teilungserklärung das streitgegenständliche Sondernutzungsrecht für die Wohnung Nr. 9.
  • Wohnungseigentumsgesetz (WEG): Gesetz, das die Rechtsverhältnisse der Eigentümer von Wohnungen in einem Gebäude regelt, einschließlich der Sondernutzungsrechte und Beschlussfassung der Eigentümerversammlung. Wesentlich für die rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen den Wohnungseigentümern.
  • Beschluss der Eigentümerversammlung: Beschlüsse, die bei Eigentümerversammlungen gefasst werden, sind verbindlich für alle Eigentümer. Hier spezifisch, dass ein Beschluss einen Unterlassungsanspruch wegen einer Störung betrifft.


⇓ Das vorliegende Urteil vom Landgericht Dresden

LG Dresden – Az.: 2 S 130/23 – Urteil vom 03.11.2023

I. Aufgrund der Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Dresden vom 30.03.2023 (Az.: 152 C 3883/22) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Widerklage wird abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen die Klägerin zu 92 Prozent und die Beklagten zu 8 Prozent.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Hinsichtlich der Widerklage wird die Revision zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 24.500,00 EUR festgesetzt.

Der Beschluss des Amtsgerichts Dresden vom 30.03.2023, mit dem es den Streitwert auf 11.000,00 EUR festgesetzt hat, wird abgeändert und der Streitwert für die erst Instanz auf 24.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

A.

Die Parteien streiten klagend über das Bestehen eines dem Sondereigentum der Beklagten zugewiesenes Sondernutzungsrecht und widerklagend über Schadensersatzansprüche der Beklagten bei Obsiegen im vorliegenden Rechtsstreit.

Wegen des Sachverhalts wird nach § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im amtsgerichtlichen Urteil verwiesen. Diese werden wie folgt ergänzt.

In der beurkundeten Änderung der Teilungserklärung vom 18.01.2008, URNr. … ist unter „§ 1 Grundbuchangaben, Bezugnahme“ bei der Sondernutzungseinheit Nr. 9 das streitgegenständliche Sondernutzungsrecht widergegeben.

In der Eigentümerversammlung am 15.07.2022 nahm die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer unter TOP 7 mehrheitlich den folgenden Beschlussantrag an:

„Die Wohnungseigentümer beschließen, gegen die Sondereigentümer der Wohnung Nr. 9, …, einen Unterlassungsanspruch, insbesondere nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG, § 1004 Abs. 1 BGB sowie einen Grundbuchberichtigungsanspruch nach § 894 BGB bezüglich der Nutzung der im Grundbuch als Sondernutzungsrecht eingetragenen und von ihnen als Sondernutzungsrecht beanspruchten Gartenfläche, die sich vor der Wohnung Nr. 9 befindet und in jede Richtung bis zur Grundstücksgrenze erstreckt, durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gemäß § 9 a Abs. 2 WEG wie folgt geltend zu machen:

Die Verwalterin wird beauftragt und bevollmächtigt, namens und auf Rechnung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Rechtsanwältin…, Dr., mit der gerichtlichen Durchsetzung der genannten Unterlassungs- und Grundbuchberichtigungsansprüche zu beauftragen.

Die Finanzierung der Rechtsanwalts- und Gerichtskosten erfolgt aus dem laufenden Wirtschaftsplan verteilt nach Miteigentumsanteilen.“

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und die Beklagten verurteilt, die Nutzung der vom streitgegenständlichen Sondernutzungsrecht umfassten Fläche unter Ausschluss der übrigen Wohnungseigentümer zu unterlassen, festgestellt, dass den Beklagten das streitgegenständliche Sondernutzungsrecht nicht zusteht und die Beklagtem verurteilt, die Löschung des streitgegenständlichen Sondernutzungsrecht beim Grundbuchamt formgerecht zu beantragen und zu bewilligen. Die Widerklage hat das Amtsgericht abgewiesen. Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, das streitgegenständliche Sondernutzungsrecht sei mangels hinreichender inhaltlicher Bestimmtheit nicht wirksam entstanden und auch nicht gutgläubig erworben worden.

Hiergegen haben die Beklagten form- und fristgerecht Berufung eingelegt und verfolgen nunmehr ihre in erster Instanz gestellten Anträge mit der Berufung weiter. Sie meinen, das ursprünglich bestehende Sondernutzungsrecht an der Terrasse SN 9 entsprechend der Teilungserklärung vom 28.11.1994 URNr. … sei mit der notariellen Urkunde vom 07.08.1998 URNr… auf die gesamte grün umrandete Fläche erweitert worden, so dass ein einheitliches Sondernutzungsrecht für Sondereigentumseinheit Nr. 9, die der Beklagten, bestehe.

Eine Unbestimmtheit des Sondernutzungsrechts aufgrund von zwei gesonderten nicht hinreichend voneinander abgrenzbarer Sondernutzungsrechte, nämlich einem Sondernutzungsrecht an der Terrasse und einem Sondernutzungsrecht an der grün umrandeten Fläche bestehe nicht. Hinsichtlich der Widerklage sind die Beklagten der Ansicht, dass ihnen ein Schaden jedenfalls in Höhe der Prozesskosten, die sie für die von Anfang an aussichtslose Klage anteilig mitzutragen haben, entstehe.

Die Beklagten beantragen, das Urteil des Amtsgerichts Dresden, Az. 152 C 3883/22, vom 30.03.2023 wird aufgehoben, die Klage wird abgewiesen und der Widerklage stattgegeben.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und wiederholt und vertieft den erstinstanzlichen Vortrag. Sie ist der Ansicht es bestünden zwei gesonderte nicht voneinander abgrenzbare Sondernutzungsrechte für den gleichen Berechtigten. Es habe an einer ausreichenden Ermächtigung zur nachträglichen Änderung der Teilungserklärung gefehlt. Ein gutgläubiger Erwerb des Sondernutzungsrechts scheide aus, weil die Eintragungsbewilligung vom 07.08.1998 wegen Verstoßes gegen § 7 BeurkG nichtig sei, so dass eine inhaltlich unzulässige Eintragung im Grundbuch vorliege, die keine Grundlage für einen gutgläubigen Erwerb sein könne. Zudem seinen die Beklagten bei Erwerb des Sondereigentums bösgläubig gewesen. Im Übrigen scheide ein gutgläubiger Erwerb gegenüber den Miteigentümern … und .. und… aus, da diese als Ersterwerber seit 1996 im Grundbuch als Sondereigentümer eingetragen seien.

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung am 23.08.2023 das schriftliche Verfahren angeordnet, in dem die Parteien Schriftsätze bis zum 19.10.2023 einreichen konnten.

Wegen des weiteren Berufungsvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.08.2023 Bezug genommen.

B.

Die Berufung ist zulässig aber nur in Bezug auf die Klage begründet. Hinsichtlich der Widerklage ist die Berufung unbegründet.

I. Die Berufung hat hinsichtlich der Klage Erfolg. Die Klage ist abzuweisen, weil die Klägerin gegen die Beklagten keinen Anspruch nach § 1004 BGB auf Unterlassung der Nutzung des Gartens vor der Terrasse (grün umrandete Fläche ohne Terrasse SN 9) unter Ausschluss der übrigen Wohnungseigentümer hat. Ebenfalls besteht kein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagten auf Grundbuchberichtigung nach § 894 BGB und Feststellung, dass das Sondernutzungsrecht den Beklagten nicht zusteht. Dem steht entgegen, dass die Beklagten das Sondernutzungsrecht an der streitgegenständlichen Fläche nach §§ 873, 892 BGB gutgläubig erworben haben.

1. Zwar ist mit der notariellen Urkunde vom 07.08.1998, URNr… das Sondernutzungsrecht nicht wirksam entstanden, weil ein Verstoß gegen § 7 BeurkG vorliegt. Nach § 7 Nr. 1 BeurkG ist die Beurkundung einer Willenserklärung unwirksam, wenn diese darauf gerichtet ist dem Notar einen rechtlichen Vorteil zu verschaffen. Das ist vorliegend der Fall, da der beurkundende Notarvertreter Herr Rechtsanwalt … als Rechtsvorgänger der Beklagten, mithin Miteigentümer der Sondereigentumseinheit Nr. 9, das der Sondereigentumseinheit Nr. 9 zugeordnete Sondernutzungsrecht erweiterte (dazu unter B. I. 3. b.), wodurch er sich einen rechtlichen Vorteil verschaffte. Bei formbedürftigen Rechtsgeschäften, wie vorliegend, führt dieser Verstoß gegen das BeurkG nach § 125 BGB zur Nichtigkeit.

Vor diesem Hintergrund kommt es nicht auf die klägerseits aufgeworfene Frage an, ob eine ausreichende Ermächtigung zur nachträglichen Änderung der Teilungserklärung vorlag bzw. diese dem sachen- und grundbuchrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz genügte.

2. Mit der Beurkundung der Änderung der Teilungserklärung am 18.01.2008 (URNr. …) durch die Miteigentümer wurde das streitgegenständliche Sondernutzungsrecht ebenfalls nicht wirksam begründet, obwohl es dort unter „§ 1 Grundbuchangaben, Bezugnahme“ angegeben ist. Es werden unter § 1 der Urkunde vom 18.01.2008 lediglich die Angaben des Grundbuchs dargestellt. Der Urkunde lässt sich nicht der rechtsgeschäftliche Wille der Miteigentümer entnehmen, dass sie mit dieser Beurkundung die nichtige Bestellung eines Sondernutzungsrechts bestätigen wollten. Vielmehr war der rechtsgeschäftliche Wille der Vertragsparteien darauf gerichtet, durch die Änderung der Teilungserklärung mit den §§ 3 ff der Urkunde den rechtlichen Rahmen für die nach § 2 der Urkunde vorgesehenen Änderungen (u.a. bauliche Veränderungen, Umwandlung von Teileigentum in Wohneigentum, Unterteilung von Sondereigentum und Neuzuordnung) zu schaffen.

3. Allerdings haben die Beklagten, dass nicht wirksam entstandene aber dennoch am 18.06.1999 ins Grundbuch eingetragene erweiterte Sondernutzungsrecht gutgläubig erworben.

a. Das auf die unwirksame Willenserklärung zurückgehende, aber gleichwohl ins Grundbuch eingetragene Sondernutzungsrecht wird vom Gutglaubensschutz des § 892 BGB erfasst und kann grundsätzlich gutgläubig erworben werden (Bärmann/Schneider, 15. Aufl. 2023, WEG § 16 Rn. 267, 268; Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG § 10 Rn. 162 m.w.N.). Ein gutgläubiger Erwerb kommt insbesondere dann in Frage, wenn das Sondernutzungsrecht materiell nicht entstanden, z.B. wegen Geschäftsunfähigkeit oder fehlender Zugehörigkeit zur Wohnungseigentümergemeinschaft des Bestellenden, oder sein Inhalt unzutreffend wiedergegeben ist (Bärmann/Schneider, 15. Aufl. 2023, WEG § 16 Rn. 268). Dies gilt aber nicht, wenn die Eintragung des Sondernutzungsrechts ins Grundbuch nicht nur unrichtig – sondern z.B. wegen Unbestimmtheit – inhaltlich unzulässig ist oder wenn die Eintragung des Sondernutzungsrechts widersprüchlich und deshalb inhaltlich unzulässig ist (Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG § 10 Rn. 162).

Hierauf, insbesondere die Unzulässigkeit der Grundbucheintragung mangels Bestimmtheit des Sondernutzungsrechts stellen auch die von der Klägerin in der Klageschrift zitierten Entscheidungen ab (z.B. BGH, Urteil vom 30.06.1995, Az. V ZR 118/94; OLG München, Beschluss vom 27.03.2017, Az. 34 Wx 114/14; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.06.2010, Az. 3 Wx 54/10).

b. Entgegen der angegriffenen Entscheidung und der Ansicht der Klägerin genügt das im Grundbuch eingetragene „Sondernutzungsrecht an der Terrasse SN 9 und an der grün umrandeten Fläche“ nach Auffassung der Kammer dem Bestimmtheitserfordernis des Sachen- und Grundbuchrechts.

aa. Die dem Sondernutzungsrecht unterliegenden Räume oder Flächen müssen hinreichend bestimmt sein.

Dabei sind Inhalt und Umfang der Regelung durch Auslegung nach den für die Auslegung von Grundbucheintragungen geltenden Grundsätzen zu ermitteln. Ausgangspunkt für die Auslegung ist zunächst der Wortlaut der Grundbucheintragung. Dabei ist nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, sondern der mit der Regelung verfolgte Sinn und Zweck zu berücksichtigen, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung der Eintragung samt der in Bezug genommenen Urkunden ergibt, unter Berücksichtigung der Eintragungszeit; Umstände außerhalb dieser Urkunden dürfen nur insoweit mit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (Bärmann/Suilmann, 15. Aufl. 2023, WEG § 10 Rn. 76; BGH NJW-RR 2020, 77).

bb. Aus Sicht der Kammer ergibt die Auslegung der Grundbucheintragung in Zusammenschau mit der Eintragungsbewilligung vom 07.08.1998, URNr. … samt beigefügten Lageplan, dass der Sondereigentumseinheit Nr. 9 der Beklagten ein Sondernutzungsrecht an der im Lageplan grün umrandeten Fläche, zugeordnet ist.

Durch die grüne Markierung im Lageplan ist die Fläche eindeutig bestimmt. Dieses Sondernutzungsrecht ist durch die Erweiterung des ursprünglich an der Terrasse SN 9 bestehenden Sondernutzungsrechts auf die angrenzenden Gartenflächen entstanden.

Für diese Auslegung, dass das bereits bestehende Sondernutzungsrecht erweitert – so die Beklagten – und nicht ein zweites unabhängiges Sondernutzungsrecht geschaffen werden sollte – so die Klägerin -, spricht bereits der Wortlaut der Grundbucheintragung. Dieser bezeichnet das „Sondernutzungsrecht“ (Einzahl) an der Terrasse und der grün umrandeten Fläche. Deshalb ergibt sich aus dem verwandten „und“ in der Formulierung nicht zwingend, dass zwei gesonderte Sondernutzungsrechte bestehen bzw. der Sondereigentumseinheit Nr. 9 zugeordnet werden sollten. Diese Formulierung spiegelt eher die historische Entwicklung des Sondernutzungsrechts wider.

Auch der Sinn und Zweck der getroffenen Regelung in der Eintragungsbewilligung vom 07.08.1998 sprechen bei lebensnaher Betrachtung dafür, dass das bereits an der Terrasse SN 9 bestehende Sondernutzungsrecht auf die in dem der Urkunde beigefügten Lageplan grün umrandete Fläche, die angrenzende Gartenfläche erweitert worden ist. Denn der Berechtigte des ursprünglich bestehenden Sondernutzungsrechts sollte nunmehr Sondernutzungsberechtigter der grün umrandeten Fläche sein, die die gesamte Fläche des bereits zuvor bestehenden Sondernutzungsrechts einschließt. Anhaltspunkte dafür, dass beabsichtigt war ein zweites vom ursprünglich bestehenden Sondernutzungsrecht unabhängiges Sondernutzungsrecht zu schaffen und nicht das bestehende Sondernutzungsrecht zu erweitern, bestehen nicht. Eine solche Intention ergibt sich nicht aus der Ergänzung zur Teilungserklärung (Urkunde vom 07.08.1998). Zwar spricht diese davon, dass die Teilungserklärung in der Weise abgeändert wird, dass ein „weiteres“ Sondernutzungsrecht bestellt wird.

Diese Formulierung „weiteres“ Sondernutzungsrecht bezieht sich aber nicht auf die Sondereigentumseinheit Nr. 9, sondern auf das gesamte Objekt … Straße in Dr. und macht letztlich deutlich, dass an einer weiteren Fläche des Gemeinschaftseigentums ein Sondernutzungsrecht bestellt wird. Die Zuweisung des Sondernutzungsrechts zur Sondereigentumseinheit Nr. 9 erfolgt erst im folgenden Absatz der Urkunde, so dass sich aus dem Wortlaut der Urkunde vom 07.08.1998 nicht ergibt, dass ein weiteres, vom bereits bestehenden unabhängiges Sondernutzungsrecht für die Sondereigentumseinheit Nr. 9 bestellt werden sollte.

Insofern liegt auch kein Widerspruch zwischen dem Text der Urkunde vom 07.08.1998 und dem beigefügten Lageplan vor.

Die Fläche des (erweiterten) Sondernutzungsrechts ist durch den der Urkunde vom 07.08.1998 beigefügten Lageplan eindeutig bestimmt. Damit ist das zwar ursprünglich nicht wirksam entstandene aber dennoch eingetragene Sondernutzungsrecht inhaltlich zulässig und führte zur Unrichtigkeit des Grundbuchs. Die vom Grundbuch wiedergegeben Rechtslage weicht von der tatsächlichen Rechtslage ab.

c. Die Beklagten haben das mit der Sondereigentumseinheit Nr. 9 verbundene Sondernutzungsrecht durch ein Rechtsgeschäft im Sinne eines Verkehrsgeschäfts erworben. Sie haben mit notariellem Kaufvertrag vom 06.12.2017 ihren Miteigentumsanteil verbunden mit der Sondereigentumseinheit Nr. 9 von der ursprünglichen E. GbR… erworben.

Es kommt hingegen für den gutgläubigen Erwerb nicht darauf, ob es sich bei dem Rechtsgeschäft, bei dem das Sondernutzungsrecht (nicht wirksam) begründet wurde, um ein Rechtsgeschäft im Sinne eines Verkehrsgeschäfts handelt. Insoweit unterscheidet sich auch die von der Klägerin zitierte Entscheidung des OLG Köln (Beschluss vom 07.01.2019, Az. 2 Wx 379/18). In der dortigen Entscheidung, bei der es um die Frage der Eintragung eines Amtswiderspruchs ging, erfolgte nach der Eintragung des nicht wirksam entstanden Sondernutzungsrechts kein weiteres Rechtsgeschäft mit dem dieses Sondernutzungsrecht übertragen bzw. gutgläubig erworben worden wäre.

d. Ein den gutgläubigen Erwerb ausschließender Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs nach § 899 BGB oder § 53 GOB ist nicht im Grundbuch eingetragen.

e. Die Beklagten waren bei Erwerb des Sondernutzungsrechts bzw. des Miteigentums nicht bösgläubig, da nicht ersichtlich ist, dass sie die Unrichtigkeit des Grundbuchs kannten. Zwar hätten die Beklagten bei Einsicht in das Grundbuch und die benannten Eintragungsbewilligungen grundsätzlich erkennen können, dass das Sondernutzungsrecht wegen Verstoßes gegen § 7 BeurkG nicht wirksam entstanden ist. Es gibt aber keine Anhaltspunkte dafür, dass bei den Beklagten eine solche positive Kenntnis bestand, sie sämtliche Bewilligungen eingesehen und die entsprechenden rechtlichen Schlüsse gezogen haben. Auch im vorliegenden Verfahren ist auf diesen Umstand erstmals im Berufungsverfahren hingewiesen worden.

Bösgläubigkeit, die eine Berufung auf den öffentlichen Glauben des Grundbuchs ausschließt, liegt aber nur bei positiver Kenntnis des Erwerbers von der Unrichtigkeit des Grundbuchs vor, grob fahrlässige Unkenntnis, Zweifel, für Möglichhalten oder billigende Inkaufnahme schaden einem gutgläubigen Erwerb nicht (Grüneberg/Herrler, BGB, 82. Aufl. 2023, § 892 Rn. 24).

f. Der gutgläubige Erwerb des Sondernutzungsrechts durch die Beklagten wirkt gegenüber jedermann, mithin auch die Ersterwerber R. und M., da der Gutglaubensschutz daraus resultiert, dass sich die Beklagten auf die Richtigkeit des Grundbuchs verlassen durften.

II. In Bezug auf die Widerklage bleibt die Berufung der Beklagten ohne Erfolg. Mit der Widerklage verfolgen die Beklagten die Feststellung, dass ihnen bei einem Obsiegen im vorliegenden Rechtsstreit, der dadurch entstehende Schaden zu ersetzen ist. Ein solcher Schaden entsteht nach Ansicht der Beklagten zumindest in Höhe der anteilig zu tragenden Prozesskosten für die nach ihrer Ansicht von Beginn an aussichtslose Klage.

Dem folgt die Kammer nicht.

Die Frage, ob die Kosten eines Rechtsstreits, den die Wohnungseigentümergemeinschaft gegen einen einzelnen Wohnungseigentümer führt und unterliegt, als Kosten der Verwaltung auf alle Wohnungseigentümer umzulegen sind oder ob der beklagte Wohnungseigentümer hiervon auszunehmen ist, ist umstritten. Dabei geht es zum einen um die Aufbringung der Mittel zur Erfüllung eines Kostenerstattungsanspruchs des obsiegenden Wohnungseigentümers. Zum anderen ist auch die Heranziehung des beklagten Wohnungseigentümers in Hinblick auf die dem Verband selbst entstehenden Prozesskosten umstritten.

1. Hinsichtlich der Prozesskosten, die der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer selbst entstehen, hatte der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 04.04.2014 zur alten Rechtslage für Klagen der Gemeinschaft zur Geltendmachung eigener Beitrags- und Schadensersatzansprüche entschieden, dass diese als Kosten der Verwaltung gemäß § 16 Abs. 2 WEG anteilig von allen Wohnungseigentümer, also auch dem beklagten aber obsiegenden Wohnungseigentümer zu tragen seien. Dieses Ergebnis wird damit begründet, dass der beklagte Wohnungseigentümer selbst Mitglied der klagenden Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sei und sich deshalb auch an den Finanzierungskosten der Gemeinschaft für den Prozess beteiligen müsse. Die Frage, ob die Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer allgemein zur Folge habe, dass deren Prozesskosten von den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich aufgebracht werden müssen, hatte der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung ausdrücklich offengelassen.

Nach Ansicht der Kammer muss gleiches für die gerichtliche Geltendmachung von gemeinschaftsbezogenen und sonstigen Ansprüchen gelten (so z.B. Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG § 16 Rn. 32), wie vorliegend der Geltendmachung des Unterlassungs- und Grundbuchberichtigungsanspruchs. Auch in diesem Fall bindet der mehrheitliche Beschluss der Wohnungseigentümer, entsprechende Ansprüche gegen einen Wohnungseigentümer gerichtlich geltend zu machen, sämtliche Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft, so dass alle an der Finanzierung der Prozesskosten zu beteiligen sind (Becker, ZWE 2014, 264, 264).

2. Zur umstrittenen Frage, ob sich der obsiegende Wohnungseigentümer an der Finanzierung seines eigenen Kostenerstattungsanspruchs beteiligen muss, hat sich der Bundesgerichtshof bisher nicht positioniert.

a. Insofern wird zum einen vertreten, dass hinsichtlich der Finanzierung des Kostenerstattungsanspruchs des obsiegenden Wohnungseigentümers nichts anderes gilt, als bei der Finanzierung der eigenen Prozesskosten der Gemeinschaft. Es handele sich um Kosten der Verwaltung nach § 16 Abs. 2 WEG, die auf sämtliche Wohnungseigentümer einschließlich dem Obsiegenden umzulegen sind (Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG § 16 Rn. 32; Bärmann/Pick/Emmerich, 20. Aufl. 2020, WEG § 16 Rn. 62R; MHdB WEG-R/ Breiholdt § 20 Rn. 230; Jennißen/Jennißen, 8. Aufl. 2024, § 16 Rn. 132, 136). Zur Begründung wird unter anderem ausgeführt, dass der Kostenerstattungsanspruch des Verbandes auch nicht zu einer Änderung des Verteilungsschlüssels führe (Bärmann/Pick/Emmerich, 20. Aufl. 2020, WEG § 16 Rn. 62R). Sonderregelungen für die Verteilung von Rechtsverfolgungskosten wie in § 16 Abs. 8 WEG a.F. bestünden nicht mehr (MHdB WEG-R/ Breiholdt § 20 Rn. 226; Jennißen/Jennißen, 8. Aufl. 2024, § 16 Rn. 132).

b. Andererseits wird vertreten, dass es nicht richtig sein könne, dass sich der obsiegende Eigentümer an der Finanzierung seines eigenen Kostenerstattungsanspruchs beteiligen müsse, obwohl sein Kostenerstattungsanspruch im Kostenfestsetzungsverfahren durch Kostenfestsetzungsbeschluss rechtskräftig festgestellt ist. Der Erstattungsanspruch solle dem obsiegenden Wohnungseigentümer erhalten bleiben, weshalb er von der anteiligen Kostentragung freizustellen ist (Bärmann/Becker, 15. Aufl. 2023, WEG § 16 Rn. 102).

c. Die Kammer schließt sich der zuerst genannten Meinung an, dass die Kosten für den Kostenerstattungsanspruch des obsiegenden Wohnungseigentümers als Kosten der Verwaltung auf sämtliche Wohnungseigentümer umzulegen sind. Dabei ist ausschlaggebend, dass der obsiegende Wohnungseigentümer eben auch Mitglied der im Prozess unterlegenen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist. Die der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer entstehenden Kosten werden grundsätzlich auf alle Wohnungseigentümer entsprechend im Grundbuch eingetragenen Miteigentumsanteile umgelegt, unabhängig davon, ob der einzelne Wohnungseigentümer an der Kostenentstehung beteiligt war und die Kosten für ihn mit Nutzungen verbunden sind. Es sind keine zwingenden Argumente dafür ersichtlich, von dieser Verteilung abzuweichen, um dem obsiegenden Wohnungseigentümer den vollen Erstattungsanspruch zu erhalten bzw. von dessen Finanzierung freizustellen.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 i.V.m. § 711 ZPO.

In Bezug auf die Widerklage war die Revision zuzulassen, weil die Frage, ob der in einer gerichtlichen Streitigkeit der Gemeinschaft gegen einen Wohnungseigentümer obsiegende Wohnungseigentümer an der Finanzierung der der Gemeinschaft selbst entstehenden Rechtsverfolgungskosten und der Finanzierung ihres eigenen Kostenerstattungsanspruchs zu beteiligen ist, grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Der Streitwert für beide Instanzen wird auf gemäß § 3 ZPO auf 24.500,00 EUR festgesetzt. Hinsichtlich der Klageanträge, die auf die Feststellung des Nichtbestehens des Sondernutzungsrechts der Beklagten an der Gartenfläche, die Unterlassung der Nutzung der Gartenfläche durch die Beklagtem unter Ausschluss der übrigen Wohnungseigentümer und die Grundbuchberichtigung in Bezug auf das streitgegenständliche Sondernutzungsrecht gerichtet sind, bemisst sich der Streitwert nach der Wertminderung, die die Wohneinheit der Beklagten erfahren würde, wenn die Klage erfolgreich wäre. Diese Wertminderung ist vorliegend auf 22.500,00 EUR zu schätzen. Dabei legt das Gericht einen Wert 60,00 EUR/m² für die alleinige Nutzung der insgesamt 375 m² großen Gartenfläche, die sich in bester Lage mit Blick auf die Elbe befindet, zugrunde. Hinsichtlich der mit der Widerklage begehrten Feststellung geht das von einem Streitwert von 2.000,00 EUR aus für die anteilige Beteiligung an den Prozesskosten der Gemeinschaft und dem Kostenerstattungsanspruch.

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