Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Urteil AG Würzburg: WEG darf Teileigentum für 1 Euro kaufen – Mehrheitsbeschluss zur Verwaltungskompetenz bestätigt
- Ausgangssituation: Die umstrittene Eigentümerversammlung und der Kaufbeschluss der WEG
- Streitpunkte: Warum eine Eigentümerin gegen den Kauf der Gewerbeeinheit klagte
- Entscheidung des Amtsgerichts Würzburg: Klage abgewiesen, Kaufbeschluss ist gültig
- Begründung des Gerichts: Reichweite der Verwaltungskompetenz einer WEG (§ 19 WEG)
- Finanzierung und Kostenverteilung: Entnahme aus Erhaltungsrücklage zulässig (§ 16 WEG)
- Keine unbillige Benachteiligung und kein Anspruch auf Protokollberichtigung
- Fazit des Urteils: Wann darf eine WEG eine Eigentumseinheit erwerben?
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Darf eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) überhaupt Eigentum erwerben?
- Welche Mehrheit ist erforderlich, damit eine WEG einen solchen Kauf beschließen kann?
- Wie werden die Kosten für den Kauf und die Instandhaltung der erworbenen Einheit auf die einzelnen Eigentümer verteilt?
- Welche Rechte haben einzelne Eigentümer, wenn sie mit dem Beschluss nicht einverstanden sind?
- Kann die WEG beschließen, dass einzelne Eigentümer von den Kosten des Kaufs oder der Instandhaltung ausgeschlossen werden?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Hinweise und Tipps
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 30 C 771/24 WEG | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht Würzburg
- Datum: 17.10.2024
- Verfahrensart: Klage (Beschlussanfechtung)
- Rechtsbereiche: Wohnungseigentumsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eigentümerin einer Sondereigentumseinheit, die den Erwerbsbeschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft anfechtet und eine Protokollberichtigung begehrt, durch die sie von Kosten und Kauf ausgeschlossen wird
- Beklagte: Wohnungseigentümergemeinschaft vertreten durch Hausverwaltung, die den Mehrheitsbeschluss zum Erwerb der Teileigentumseinheit und die damit verbundenen Maßnahmen als rechtmäßig ansieht und die Abweisung der Klage verlangt
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Die Wohnungseigentümergemeinschaft beschloss den Erwerb einer stark feuchten Gewerbe-Teileigentumseinheit mit Gewölbekeller zum symbolischen Kaufpreis von 1 Euro. Die Finanzierung sollte aus der Erhaltungsrücklage erfolgen, einschließlich Notarkosten und Grunderwerbsteuer. Die Hausverwaltung wurde ermächtigt, den Kaufvertrag zu unterschreiben. Die Einheit soll umgebaut, vermietet und die laufenden Hausgeldkosten von den übrigen Eigentümern getragen werden. Die Klägerin war in der Versammlung nicht anwesend, beruft sich auf ein Gutachten, das die Einheit als „nicht veräußerlich“ bewertet, und lehnt eine Kostenbeteiligung ab.
- Kern des Rechtsstreits: Es geht um die Frage, ob der Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft, die Teileigentumseinheit zu erwerben und finanzielle Maßnahmen hierfür zu treffen, mit dem Wohnungseigentumsrecht vereinbar und damit rechtsgültig ist
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht wies die Klage ab und bestätigte die Gültigkeit des Mehrheitsbeschlusses zum Erwerb der Teileigentumseinheit. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Anträge auf Protokollberichtigung wurden ebenfalls abgelehnt. Der Streitwert wurde auf 4.698 Euro festgesetzt.
- Begründung: Der Beschluss entspricht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Verwaltung nach §§ 18 Abs. 2, 19 WEG. Der Erwerb dient dem gemeinschaftlichen Interesse, indem er die Eigentümergemeinschaft vor hohen Einzelkosten schützt und die Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums sichert. Die Ermächtigung der Hausverwaltung und die Finanzierung aus der Erhaltungsrücklage sind rechtlich zulässig. Ein wirtschaftlicher Vorteil für alle Eigentümer ist nicht Voraussetzung zur Wirksamkeit des Beschlusses. Eine Protokollberichtigung, die die Klägerin von Kosten oder Kauf ausschließt, ist nicht möglich, da dies eine nachträgliche inhaltliche Änderung des Beschlusses darstellen würde.
- Folgen: Der Erwerbsbeschluss ist verbindlich und durchsetzbar; einzelne Eigentümer können sich nicht nachträglich durch Protokollberichtigung von Kosten oder Beteiligung ausnehmen lassen.
Der Fall vor Gericht
Urteil AG Würzburg: WEG darf Teileigentum für 1 Euro kaufen – Mehrheitsbeschluss zur Verwaltungskompetenz bestätigt
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) stand vor Gericht, weil sie per Mehrheitsbeschluss entschieden hatte, eine problematische Gewerbeeinheit mit einem feuchten Gewölbekeller für den symbolischen Preis von einem Euro zu erwerben.

Eine Miteigentümerin focht diesen Beschluss an, da sie die Sinnhaftigkeit des Kaufs bezweifelte und eine Kostenbeteiligung ablehnte. Das Amtsgericht Würzburg wies die Klage jedoch ab und bestätigte die Gültigkeit des Beschlusses. Das Urteil verdeutlicht die Reichweite der Verwaltungskompetenz einer WEG und die Voraussetzungen für den Erwerb von Sondereigentum durch die Gemeinschaft.
Ausgangssituation: Die umstrittene Eigentümerversammlung und der Kaufbeschluss der WEG
In einer kleinen Wohnungseigentümergemeinschaft mit nur sechs Einheiten fand am 16. April 2024 eine Eigentümerversammlung statt. Auf dieser Versammlung wurde mit Stimmenmehrheit der Beschluss Nr. 4/2024 gefasst. Dieser Beschluss sah vor, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft als solche eine bestimmte Teileigentumseinheit – eine Gewerbeeinheit im Erdgeschoss mit dazugehörigem Kellergeschoss – erwirbt. Verkäuferin war die bisherige Eigentümerin, eine Firma. Als Kaufpreis wurde ein symbolischer Betrag von 1 Euro festgelegt.
Gleichzeitig wurde die Hausverwaltung ermächtigt, den Kaufvertrag im Namen der Gemeinschaft abzuschließen. Die Finanzierung des Kaufpreises sowie der anfallenden Notarkosten und der Grunderwerbsteuer sollte durch eine Entnahme aus der Erhaltungsrücklage der Gemeinschaft erfolgen. Der Beschluss umfasste zudem Pläne für die Zukunft der Einheit: Der Gastraum und ein Nebenzimmer sollten zu einer Gewerbeeinheit umgebaut und anschließend vermietet werden, um Einnahmen für die Gemeinschaft zu generieren.
Ein weiterer wichtiger Punkt des Beschlusses betraf die laufenden Kosten: Das Hausgeld für die erworbene Einheit sollte ab dem Zeitpunkt der Eigentumsumschreibung anteilig von den übrigen Eigentümern getragen werden, basierend auf ihren Miteigentumsanteilen. Der Miteigentumsanteil der erworbenen Einheit selbst sollte dabei unberücksichtigt bleiben. Schließlich wurde beschlossen, einen Architekten mit der Ermittlung der Umbaukosten zu beauftragen. Hierfür wurde ein Budget von maximal 5.000 Euro bewilligt, das ebenfalls aus der Erhaltungsrücklage entnommen werden sollte.
Die betroffene Teileigentumseinheit wies erhebliche Mängel auf: Insbesondere der Gewölbekeller war stark feucht und praktisch nicht nutzbar. Die Kosten für eine mögliche Sanierung des Kellers wurden auf etwa 300.000 Euro geschätzt. Allerdings war das Gebäude baulich so konstruiert, dass die Feuchtigkeit im Keller die Substanz des Gesamtgebäudes nicht gefährdete. Die Gemeinschaft verfolgte mit dem Erwerb strategische Ziele: Sie wollte die Kontrolle über die Einheit erlangen, um selbst über eventuelle Sanierungsmaßnahmen oder alternative Nutzungen entscheiden zu können. Dadurch sollten hohe Sanierungskosten, die möglicherweise auf einzelne Eigentümer hätten umgelegt werden können, vermieden werden. Zudem hatte die Einheit eine besondere Bedeutung für die Gemeinschaft, da sie den einzigen Zugang zum Hinterhof darstellt, wo sich Garagen und der Heizraum befinden. Teile der Einheit sollten daher für diesen Zugang sowie potenziell für die Einrichtung eines Fahrradkellers genutzt werden. Die geplante Vermietung sollte dazu dienen, das laufende Hausgeld für diese Einheit zu decken.
Streitpunkte: Warum eine Eigentümerin gegen den Kauf der Gewerbeeinheit klagte
Eine Miteigentümerin, die an der besagten Eigentümerversammlung nicht teilgenommen hatte, war mit dem gefassten Beschluss nicht einverstanden und reichte eine Beschlussanfechtungsklage ein. Sie argumentierte, dass die zu erwerbende Einheit eine „Schrottimmobilie“ sei. Zur Stützung ihrer Ansicht verwies sie auf ein Gutachten, das die Gewerbeeinheit als „nicht veräußerlich“ einstufte. Sie war nicht davon überzeugt, dass der Erwerb dieser Einheit für die Gemeinschaft sinnvoll sei, und lehnte es entschieden ab, sich an den damit verbundenen Kosten zu beteiligen. Ihr primäres Ziel war es, den Erwerbsbeschluss für ungültig erklären zu lassen. Alternativ beantragte sie eine Protokollberichtigung dahingehend, dass sie ausdrücklich vom Kauf und den daraus resultierenden Kosten ausgenommen wird.
Die Wohnungseigentümergemeinschaft, vertreten durch die Verwaltung, verteidigte den Beschluss. Sie argumentierte, der Beschluss sei rechtlich zulässig und entspreche einer ordnungsgemäßen Verwaltung im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG). Sie verwies auf die weit gefasste Verwaltungskompetenz der Gemeinschaft nach § 18 Absatz 2 und § 19 WEG. Die Gemeinschaft bestritt zudem, dass der anfechtenden Eigentümerin durch den Beschluss unzumutbare Nachteile entstünden, und beantragte die Abweisung der Klage.
Entscheidung des Amtsgerichts Würzburg: Klage abgewiesen, Kaufbeschluss ist gültig
Das Amtsgericht Würzburg fällte am 17. Oktober 2024 sein Urteil und wies die Klage der Eigentümerin vollständig ab. Der angefochtene Beschluss Nr. 4/2024 wurde für gültig erklärt. Das Gericht entschied, dass die klagende Eigentümerin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Für die Wohnungseigentümergemeinschaft ist das Urteil gegen Leistung einer Sicherheit vorläufig vollstreckbar. Auch die hilfsweise gestellten Anträge auf Protokollberichtigung wurden zurückgewiesen. Der Streitwert des Verfahrens wurde auf 4.698 Euro festgesetzt.
Begründung des Gerichts: Reichweite der Verwaltungskompetenz einer WEG (§ 19 WEG)
Das Gericht begründete seine Entscheidung ausführlich. Zentral war die Prüfung, ob der gefasste Beschluss den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung gemäß § 18 Absatz 2 Nr. 1 und § 19 Absatz 1 WEG entspricht. Dies bejahte das Gericht.
Nach § 19 WEG umfasst die ordnungsgemäße Verwaltung alle Maßnahmen, die dazu dienen, das gemeinschaftliche Eigentum zu regeln oder die Geschäftsführung der Gemeinschaft betreffen. Dies schließt auch Maßnahmen ein, die den bisherigen Zustand ändern. Die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer erstreckt sich somit auch auf Handlungen, die nur mittelbar dem Gemeinschaftseigentum dienen, insbesondere wenn sie der Erhaltung, Sicherung oder Verbesserung der Immobilie förderlich sind.
Der Erwerb von Sondereigentum durch die Gemeinschaft stellt zwar keinen direkten Erwerb von Gemeinschaftseigentum dar. Das Gericht wertete den Erwerb der Teileigentumseinheit jedoch als Erwerb von Verwaltungsvermögen. Dieses Verwaltungsvermögen dient der WEG dazu, das gemeinsame Gebäude besser zu verwalten und zu nutzen. Im konkreten Fall verfolgte der Erwerb klare Ziele, die im Interesse der Gemeinschaft lagen: Die Stärkung der Position der Gemeinschaft durch die Kontrolle über die feuchte Einheit, die Vermeidung potenziell hoher Sanierungskosten für einzelne Eigentümer und die Sicherung des alleinigen Zugangs zum Hinterhof mit Garagen und Heizraum. Auch die geplante Vermietung zur Deckung der laufenden Kosten wurde als nachvollziehbares Ziel gewertet.
Das Gericht stellte fest, dass die Verwaltung der gemeinschaftlichen Immobilie und deren Anpassung an die Bedürfnisse der Eigentümer hier ein sachliches Interesse und damit die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft begründet. Ein Mehrheitsbeschluss war hierfür ausreichend; eine Einstimmigkeit ist nach dem Gesetz für solche Verwaltungsmaßnahmen nicht erforderlich.
Die Ermächtigung der Hausverwaltung zum Abschluss des Kaufvertrages und die Beauftragung des Architekten wurden als notwendige Umsetzungshandlungen des rechtmäßig gefassten Erwerbsbeschlusses angesehen und fielen ebenfalls unter die ordnungsgemäße Verwaltung.
Finanzierung und Kostenverteilung: Entnahme aus Erhaltungsrücklage zulässig (§ 16 WEG)
Auch die Finanzierung des Kaufs und die Verteilung der laufenden Kosten hielten der gerichtlichen Prüfung stand. Die Entnahme aus der Erhaltungsrücklage zur Deckung des symbolischen Kaufpreises, der Notar- und Grunderwerbsteuerkosten sowie der Architektenkosten wurde als rechtlich nicht zu beanstanden bewertet.
Ebenso entsprach die beschlossene Verteilung der laufenden Hausgeldkosten für die erworbene Einheit den gesetzlichen Vorgaben. Gemäß § 16 Absatz 2 WEG sind die Kosten grundsätzlich nach Miteigentumsanteilen zu verteilen. Der Beschluss, die Kosten auf die übrigen Eigentümer umzulegen (unter Ausschluss des Miteigentumsanteils der erworbenen Einheit selbst), wurde vom Gericht als zulässige Abweichung im Rahmen der Beschlusskompetenz angesehen und stelle keine unzulässige Belastung für die übrigen Eigentümer dar.
Keine unbillige Benachteiligung und kein Anspruch auf Protokollberichtigung
Das Gericht setzte sich auch mit den Argumenten der klagenden Eigentümerin auseinander. Das von ihr angeführte Gutachten, welches die Einheit als „nicht veräußerlich“ einstufte oder einen Wert über dem symbolischen Kaufpreis suggerierte, war für die Wirksamkeit des Beschlusses nicht maßgeblich. Entscheidend sei nicht, ob der Erwerb für jeden einzelnen Eigentümer wirtschaftlich vorteilhaft ist. Vielmehr reicht ein Mehrheitsbeschluss aus, solange er den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Eine unbillige Benachteiligung der klagenden Eigentümerin konnte das Gericht nicht erkennen bzw. wurde von ihr nicht ausreichend dargelegt.
Der Antrag auf Protokollberichtigung, mit dem die Eigentümerin erreichen wollte, von den Kosten und dem Kauf ausgenommen zu werden, wurde ebenfalls abgewiesen. Das Gericht stellte klar, dass eine solche Ausnahme im Protokoll eine nachträgliche inhaltliche Änderung des gefassten Beschlusses darstellen würde. Eine Protokollberichtigung diene jedoch nur der Korrektur von Formfehlern oder der Sicherstellung, dass das Protokoll den tatsächlichen Ablauf und Inhalt der Versammlung korrekt wiedergibt. Inhaltliche Änderungen eines Beschlusses könnten nur über andere rechtliche Wege, wie beispielsweise eine Beschlussersetzungsklage, erreicht werden, die hier aber nicht Gegenstand des Verfahrens war. Die formale Richtigkeit des Protokolls wurde nicht beanstandet.
Fazit des Urteils: Wann darf eine WEG eine Eigentumseinheit erwerben?
Das Urteil des Amtsgerichts Würzburg verdeutlicht, dass der Erwerb von Sondereigentum durch die Wohnungseigentümergemeinschaft per Mehrheitsbeschluss im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung (gemäß §§ 18, 19 WEG) zulässig sein kann. Voraussetzung ist, dass die Maßnahme im Interesse der Gemeinschaft liegt und der besseren Verwaltung, Erhaltung oder Nutzung des Gesamtobjekts dient. Dies kann etwa der Fall sein, um Kontrolle über problematische Einheiten zu erlangen, wichtige Zugänge zu sichern oder Kostenrisiken für die Gemeinschaft zu steuern. Eine Einstimmigkeit ist hierfür nicht zwingend erforderlich. Einzelne Eigentümer können nicht über eine Protokollberichtigung von den Wirkungen eines solchen wirksam gefassten Beschlusses ausgenommen werden. Der Beschluss zum Kauf der Teileigentumseinheit für 1 Euro ist somit gültig und kann von der Gemeinschaft umgesetzt werden.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht, dass eine Wohnungseigentümergemeinschaft durch einen einfachen Mehrheitsbeschluss Sondereigentum (hier eine Gewerbeeinheit mit feuchtem Keller) für einen symbolischen Preis erwerben darf, solange dies der besseren Verwaltung des Gesamtobjekts dient. Die Entnahme der Kaufkosten aus der Rücklage und die Verteilung der laufenden Kosten auf die übrigen Eigentümer sind dabei zulässig. Die Gemeinschaft kann so strategische Ziele verfolgen (Zugangssicherung, Kostenkontrolle), ohne dass einzelne widersprechende Eigentümer dies verhindern können, was die weitreichende Verwaltungskompetenz einer WEG nach den §§ 18, 19 WEG unterstreicht.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Darf eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) überhaupt Eigentum erwerben?
Ja, eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) darf eigenes Eigentum erwerben.
Seit einer wichtigen Gesetzesänderung Ende 2020 (dem Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz, WEMoG) ist die Rechtslage hierzu eindeutig geklärt. Das Gesetz (§ 9a Wohnungseigentumsgesetz – WEG) legt fest, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer selbst Rechte erwerben und Pflichten eingehen kann. Man spricht hier von der Rechtsfähigkeit der WEG.
Was bedeutet das für Sie als Eigentümer?
Das bedeutet, dass die WEG als Gemeinschaft handlungsfähig ist – ähnlich wie eine Firma oder ein Verein. Sie kann Verträge abschließen, vor Gericht klagen oder verklagt werden und eben auch Eigentümerin von Sachen werden.
Wenn die WEG etwas erwirbt, wird die Gemeinschaft als solche die Eigentümerin, nicht die einzelnen Wohnungseigentümer gemeinsam. Stellen Sie es sich so vor: Nicht jeder einzelne Miteigentümer bekommt einen Anteil an dem neuen Gegenstand (wie z.B. einem Rasenmäher oder einem Grundstück), sondern die WEG als Ganzes ist die Besitzerin.
Welche Art von Eigentum kann eine WEG erwerben?
Grundsätzlich kann die WEG sowohl bewegliche Sachen als auch unbewegliche Sachen (Grundstücke, Immobilien) erwerben. Typische Beispiele sind:
- Werkzeuge oder Geräte für den Hausmeister (z.B. Rasenmäher, Reinigungsmaschinen).
- Gartenmöbel für gemeinschaftlich genutzte Flächen.
- Eine zusätzliche Wohnung im selben Haus, die z.B. als Hausmeisterwohnung genutzt oder vermietet werden kann, um Einnahmen für die Gemeinschaft zu erzielen.
- Ein angrenzendes Grundstück, um beispielsweise zusätzliche Parkplätze zu schaffen.
Wie wird über den Erwerb entschieden?
Ob die WEG Eigentum erwirbt, entscheiden die Wohnungseigentümer gemeinsam durch einen Beschluss in der Eigentümerversammlung. Für den Erwerb von bedeutendem Eigentum, insbesondere Immobilien, sind in der Regel bestimmte Mehrheiten oder sogar Einstimmigkeit erforderlich, je nachdem, was die Teilungserklärung oder die Gemeinschaftsordnung vorsieht und wie wesentlich die Anschaffung ist.
Es ist also klar geregelt: Ihre WEG ist eine rechtsfähige Gemeinschaft, die im Rahmen ihrer Verwaltungstätigkeit auch eigenes Eigentum erwerben kann, wenn die Eigentümer dies beschließen.
Welche Mehrheit ist erforderlich, damit eine WEG einen solchen Kauf beschließen kann?
Für den Beschluss einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG), eine Teileigentumseinheit (wie eine Wohnung, einen Keller oder einen Stellplatz im selben Gebäude) zu kaufen, ist grundsätzlich die einfache Mehrheit der in der Eigentümerversammlung abgegebenen Stimmen ausreichend.
Was bedeutet einfache Mehrheit?
Einfache Mehrheit bedeutet, dass mehr Ja-Stimmen als Nein-Stimmen für den Beschluss abgegeben werden müssen. Stimmenthaltungen werden bei der Berechnung nicht berücksichtigt.
Beispiel: Nehmen wir an, in Ihrer Eigentümerversammlung sind Eigentümer anwesend, die zusammen 30 Stimmen haben. 25 Stimmen werden abgegeben. Wenn 13 Stimmen für den Kauf (Ja) und 12 Stimmen dagegen (Nein) sind, ist der Beschluss mit einfacher Mehrheit angenommen.
Wie werden die Stimmen gezählt – pro Kopf oder nach Anteil?
Im Wohnungseigentumsgesetz ist als Grundregel das Kopfprinzip vorgesehen. Das heißt: Jeder Wohnungseigentümer hat eine Stimme, unabhängig davon, wie viele Wohnungen ihm gehören oder wie groß sein Miteigentumsanteil ist.
Allerdings kann Ihre Gemeinschaftsordnung (das ist die grundlegende Vereinbarung aller Eigentümer, oft Teil der Teilungserklärung) eine abweichende Regelung enthalten. Dort kann festgelegt sein, dass die Stimmen nach dem Wertprinzip (also entsprechend der Größe der Miteigentumsanteile) oder nach der Anzahl der Einheiten gezählt werden. Ein Blick in Ihre Gemeinschaftsordnung verrät Ihnen, welches Stimmprinzip für Ihre WEG gilt.
Warum reicht die einfache Mehrheit für einen Kaufentschluss?
Seit einer umfassenden Gesetzesänderung im Jahr 2020 (Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz, WEMoG) ist die Handlungsfähigkeit der WEG gestärkt worden. Die Gemeinschaft kann nun selbst Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, wozu auch der Kauf einer Sondereigentumseinheit zählt (§ 9a Abs. 1 WEG).
Für die meisten Beschlüsse der Wohnungseigentümer, einschließlich Maßnahmen der Verwaltung und eben auch des Erwerbs von Eigentum durch die Gemeinschaft, sieht das Gesetz keine besondere, höhere Mehrheit (wie eine qualifizierte Mehrheit oder gar Einstimmigkeit) mehr vor. Wenn das Gesetz oder die Gemeinschaftsordnung keine spezielle Regelung treffen, gilt die einfache Mehrheit als Standard (§ 25 Abs. 1 WEG).
Auch wenn der Kauf einer Einheit eine weitreichende finanzielle Entscheidung darstellt, genügt dafür nach aktueller Rechtslage die einfache Mehrheit, um die Entscheidungsfindung innerhalb der Gemeinschaft zu erleichtern.
Wichtiger Punkt: Überprüfen Sie stets Ihre Gemeinschaftsordnung. Sie ist maßgeblich und kann für bestimmte Beschlüsse, wie den Ankauf einer Einheit, ausnahmsweise eine andere Mehrheit (z.B. eine qualifizierte Mehrheit von drei Vierteln aller Stimmen) vorschreiben.
Wie werden die Kosten für den Kauf und die Instandhaltung der erworbenen Einheit auf die einzelnen Eigentümer verteilt?
Die Verteilung der Kosten in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) hängt davon ab, um welche Art von Kosten es sich handelt. Man muss hier klar unterscheiden:
Kosten des Kaufs Ihrer Einheit
Die Kosten, die direkt mit dem Kauf Ihrer Eigentumswohnung verbunden sind, tragen Sie als Käufer allein. Dazu gehören:
- Der Kaufpreis für die Wohnung selbst.
- Die Notarkosten für die Beurkundung des Kaufvertrags und die Grundbucheintragungen.
- Die Grunderwerbsteuer, die an das Finanzamt zu zahlen ist.
Diese Kosten werden nicht auf die anderen Eigentümer der Gemeinschaft umgelegt. Sie sind Ihre individuelle Investition.
Laufende Kosten und Instandhaltung (Gemeinschaftseigentum)
Die Kosten für die Verwaltung, den Betrieb und die Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums werden auf alle Eigentümer verteilt. Gemeinschaftseigentum ist alles, was nicht zu Ihrer Sondereigentumseinheit (also Ihrer Wohnung) gehört, z.B. das Treppenhaus, das Dach, die Fassade, die Heizungsanlage (sofern zentral), das Grundstück etc.
Der gesetzliche Regelfall für die Verteilung dieser Gemeinschaftskosten ist der Miteigentumsanteil (MEA).
- Was ist der Miteigentumsanteil? Ihr Miteigentumsanteil steht in der Teilungserklärung und meist auch im Grundbuch. Er gibt an, welchen Bruchteil Sie am gesamten Gemeinschaftseigentum besitzen. Oft richtet sich dieser Anteil nach der Größe Ihrer Wohnung im Verhältnis zur Gesamtfläche aller Wohnungen im Haus.
- Beispiel: Beträgt Ihr MEA 100/1000, tragen Sie grundsätzlich 10% der Gemeinschaftskosten.
Zu den typischen Gemeinschaftskosten, die nach dem MEA (oder einem anderen vereinbarten Schlüssel) verteilt werden, gehört das laufende Hausgeld. Dieses Hausgeld ist eine monatliche Vorauszahlung auf Kosten wie:
- Verwaltungskosten
- Versicherungen (z.B. Gebäudeversicherung)
- Heizungs- und Wasserkosten (für Gemeinschaftsflächen oder bei zentralen Anlagen oft auch für die Wohnungen, wenn keine Einzelzähler vorhanden sind)
- Müllabfuhr
- Hausmeisterdienste, Gartenpflege, Treppenhausreinigung
- Instandhaltungsrücklage: Ein Anspartopf für zukünftige Reparaturen am Gemeinschaftseigentum (z.B. Dachreparatur, Fassadenanstrich).
Abweichende Kostenverteilungsschlüssel
Obwohl der Miteigentumsanteil der gesetzliche Standard ist, kann die Eigentümergemeinschaft davon abweichen. Solche abweichenden Regelungen finden sich oft in der Teilungserklärung oder der Gemeinschaftsordnung. Diese Dokumente sind quasi die „Verfassung“ der WEG.
Mögliche abweichende Schlüssel sind zum Beispiel:
- Verteilung nach Einheiten: Jede Wohnung zahlt den gleichen Betrag, unabhängig von der Größe.
- Verteilung nach Personenzahl: Kosten werden danach verteilt, wie viele Personen in einer Wohnung leben (relevant z.B. bei Müllgebühren, wenn diese pro Kopf anfallen).
- Verteilung nach Verbrauch: Kosten für Wasser oder Heizung werden nach dem tatsächlichen Verbrauch verteilt, wenn entsprechende Messgeräte (Wasseruhren, Heizkostenverteiler) vorhanden sind. Dies ist bei Heiz- und Warmwasserkosten sogar gesetzlich vorgeschrieben (Heizkostenverordnung).
Die Eigentümergemeinschaft kann auch durch Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit für bestimmte Kostenarten oder einzelne Maßnahmen einen anderen Verteilungsschlüssel festlegen, als in der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung steht oder gesetzlich vorgesehen ist. Voraussetzung ist meist, dass der neue Schlüssel den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht und niemanden unangemessen benachteiligt.
Kosten für Umbau und Modernisierung
- Umbauten in Ihrem Sondereigentum (Ihrer Wohnung): Diese Kosten tragen Sie allein.
- Umbauten oder Modernisierungen am Gemeinschaftseigentum: Diese Kosten werden grundsätzlich nach dem geltenden Verteilungsschlüssel (MEA oder abweichende Regelung) auf alle Eigentümer verteilt. Es gibt jedoch Sonderfälle, insbesondere bei sogenannten „baulichen Veränderungen“. Hier kann die Kostenverteilung davon abhängen, wer der Maßnahme zugestimmt hat oder wer davon einen besonderen Nutzen hat. Die Regelungen hierzu sind komplex und wurden durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) angepasst.
Es ist also entscheidend, die Regelungen in Ihrer Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung sowie die Beschlüsse der Eigentümerversammlungen zu kennen, um zu verstehen, wie die Kosten in Ihrer spezifischen WEG verteilt werden. Die jährliche Hausgeldabrechnung (auch Jahresabrechnung genannt) listet die angefallenen Kosten und deren Verteilung detailliert auf.
Welche Rechte haben einzelne Eigentümer, wenn sie mit dem Beschluss nicht einverstanden sind?
Wenn Sie als Wohnungseigentümer mit einem Beschluss der Eigentümerversammlung nicht einverstanden sind, haben Sie bestimmte Rechte, um dagegen vorzugehen. Ein Beschluss ist nicht automatisch endgültig, nur weil die Mehrheit dafür gestimmt hat.
Die Beschlussanfechtungsklage: Das wichtigste Instrument
Das zentrale Mittel, um einen Beschluss überprüfen zu lassen, ist die Beschlussanfechtungsklage beim zuständigen Amtsgericht. Mit dieser Klage können Sie beantragen, dass das Gericht den Beschluss für ungültig erklärt.
- Wer kann klagen? Grundsätzlich kann jeder Wohnungseigentümer Klage erheben, unabhängig davon, ob er an der Versammlung teilgenommen, dagegen gestimmt oder sich enthalten hat. Auch ein Eigentümer, der (möglicherweise irrtümlich) zugestimmt hat, kann unter Umständen klagen.
- Gegen wen richtet sich die Klage? Die Klage wird nicht gegen einzelne andere Eigentümer oder den Verwalter gerichtet, sondern gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). Diese wird vor Gericht durch den Verwalter vertreten.
Wichtige Fristen: Anfechtungs- und Begründungsfrist nicht verpassen!
Um einen Beschluss erfolgreich anfechten zu können, müssen Sie zwingend zwei sehr kurze Fristen beachten:
- Anfechtungsfrist: Die Klage muss innerhalb von einem Monat nach der Beschlussfassung beim zuständigen Amtsgericht eingereicht werden. Diese Frist beginnt am Tag nach der Verkündung des Beschlusses in der Eigentümerversammlung oder bei einem schriftlichen Beschluss am Tag nach der Mitteilung des Ergebnisses an die Eigentümer.
- Klagebegründungsfrist: Sie müssen die Klage innerhalb von zwei Monaten nach der Beschlussfassung begründen. Das bedeutet, Sie müssen dem Gericht schriftlich genau erklären, warum Sie den Beschluss für fehlerhaft und ungültig halten.
Wichtig: Werden diese Fristen versäumt, wird der Beschluss bestandskräftig. Das heißt, er ist dann gültig und bindend für alle Eigentümer, selbst wenn er ursprünglich fehlerhaft war. Eine spätere Anfechtung ist dann nicht mehr möglich (Ausnahme: Nichtigkeit, siehe unten).
Wann kann eine Klage erfolgreich sein?
Eine Anfechtungsklage hat Erfolg, wenn der Beschluss fehlerhaft ist. Fehler können unterschiedlichster Art sein:
- Formelle Fehler: Hier geht es um Fehler im Verfahren, wie zum Beispiel:
- Fehler bei der Einladung zur Eigentümerversammlung (z. B. Frist nicht eingehalten, Tagesordnungspunkte fehlen oder sind unklar formuliert).
- Fehler bei der Durchführung der Versammlung (z. B. Versammlungsleiter nicht korrekt bestimmt, Rede- oder Antragsrechte verletzt).
- Fehler bei der Feststellung des Abstimmungsergebnisses.
- Materielle Fehler: Hier geht es um den Inhalt des Beschlusses. Ein Beschluss ist inhaltlich fehlerhaft, wenn er:
- Gegen gesetzliche Vorschriften (z. B. Wohnungseigentumsgesetz, BGB) verstößt.
- Gegen Bestimmungen der Teilungserklärung oder der Gemeinschaftsordnung verstößt.
- Den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung widerspricht. Das ist ein wichtiger Punkt, der oft geprüft wird. Ein Beschluss entspricht dann nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn er unvernünftig, ungerecht oder willkürlich ist und den Interessen der Gemeinschaft oder einzelner Eigentümer ohne sachlichen Grund schadet. Beispiel: Eine völlig überteuerte und unnötige Luxussanierung könnte gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung verstoßen.
Erfolgsaussichten: Ob eine Klage Erfolg hat, hängt immer vom konkreten Einzelfall und den spezifischen Fehlern des Beschlusses ab. Das Gericht prüft die vorgebrachten Gründe genau.
Besonderheit Nichtigkeit: In seltenen Fällen kann ein Beschluss auch nichtig sein. Das bedeutet, er ist von Anfang an unwirksam, als hätte es ihn nie gegeben. Dies ist nur bei besonders schwerwiegenden Fehlern der Fall, z.B. wenn die Eigentümer etwas beschließen, wofür sie gar keine Beschlusskompetenz haben (z.B. Eingriff in das Sondereigentum ohne Zustimmung des Betroffenen) oder wenn der Beschluss gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstößt. Die Nichtigkeit muss nicht innerhalb der Monatsfrist geltend gemacht werden, sondern kann jederzeit festgestellt werden. Die Hürden für die Annahme einer Nichtigkeit sind jedoch sehr hoch.
Wenn Sie mit einem Beschluss unzufrieden sind, ist es entscheidend, die kurzen Fristen für eine Anfechtungsklage im Auge zu behalten.
Kann die WEG beschließen, dass einzelne Eigentümer von den Kosten des Kaufs oder der Instandhaltung ausgeschlossen werden?
Grundsätzlich ja, eine Eigentümergemeinschaft (WEG) kann unter bestimmten Voraussetzungen beschließen, dass einzelne Eigentümer von bestimmten Kosten ganz oder teilweise ausgenommen werden. Dies ist jedoch eine Ausnahme vom Regelfall.
Grundsatz: Kostenverteilung nach Miteigentumsanteilen
Normalerweise gilt im Wohnungseigentumsrecht: Alle Kosten für das gemeinschaftliche Eigentum – sei es für den Kauf zusätzlicher Flächen oder für die Instandhaltung (z.B. Reparaturen am Dach, Streichen des Treppenhauses) – werden auf alle Eigentümer verteilt. Der Verteilerschlüssel richtet sich dabei in der Regel nach den Miteigentumsanteilen, die im Grundbuch für jede Wohnung oder Teileigentumseinheit eingetragen sind. Wer einen größeren Anteil am Haus besitzt, zahlt also auch einen größeren Anteil der Kosten.
Abweichender Beschluss der Eigentümergemeinschaft
Die Eigentümergemeinschaft kann jedoch durch einen Mehrheitsbeschluss von diesem Grundsatz abweichen. Das Gesetz erlaubt es den Eigentümern, für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine andere Verteilung festzulegen (§ 16 Abs. 2 Satz 2 Wohnungseigentumsgesetz – WEG).
Wann ist ein Ausschluss von Kosten zulässig?
Ein solcher Beschluss, der einzelne Eigentümer von Kosten befreit, ist aber nicht beliebig möglich. Er muss wichtigen Regeln folgen:
- Sachlicher Grund: Die wichtigste Voraussetzung ist, dass es einen nachvollziehbaren und fairen Grund (sachlichen Grund) für die abweichende Verteilung gibt. Eine willkürliche Ungleichbehandlung ist nicht erlaubt.
- Nutzen oder Nutzungsmöglichkeit: Ein häufiger sachlicher Grund liegt darin, wie stark einzelne Eigentümer von einer Maßnahme profitieren oder ob sie die Möglichkeit haben, diese überhaupt zu nutzen.
- Beispiel: Beschließt die WEG den Einbau eines Aufzugs, kann sie festlegen, dass nur die Eigentümer der oberen Etagen die Kosten tragen, da die Erdgeschossbewohner keinen direkten Nutzen davon haben.
- Beispiel: Werden nur die Balkone an bestimmten Wohnungen saniert, kann beschlossen werden, dass nur die Eigentümer dieser Wohnungen die Kosten dafür tragen.
- Keine unbillige Benachteiligung: Die Regelung darf keinen Eigentümer unangemessen benachteiligen. Sie muss den „Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung“ entsprechen, also fair und vernünftig sein.
- Vollständiger Ausschluss: Ein kompletter Ausschluss eines Eigentümers von bestimmten Kosten ist eine besonders starke Abweichung. Dafür ist ein besonders triftiger sachlicher Grund erforderlich. Dies könnte zum Beispiel der Fall sein, wenn ein Eigentümer von einer Maßnahme objektiv überhaupt keinen Vorteil hat und die betreffende Einrichtung oder den gekauften Gegenstand auch in keiner Weise nutzen kann.
Was bedeutet das für Sie?
Für Sie bedeutet das: Die Eigentümergemeinschaft hat die Möglichkeit, die Kostenverteilung zu ändern und einzelne Eigentümer aus bestimmten Kosten herauszunehmen. Ob ein solcher Beschluss im Einzelfall gültig ist, hängt aber immer davon ab, ob gute, sachliche Gründe dafür vorliegen – insbesondere das Nutzenprinzip – und ob die Regelung fair für alle ist. Jeder Beschluss muss sich an den gesetzlichen Vorgaben und den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung messen lassen.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren,
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG)
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ist die Gesamtheit aller Eigentümer eines Mehrfamilienhauses oder einer Wohnanlage, die gemeinsam über gemeinschaftliches Eigentum verfügen. Sie ist eine rechtsfähige Gemeinschaft und kann als solche Rechte erwerben, Verträge abschließen und Verpflichtungen eingehen (gemäß § 9a WEG). Die WEG trifft Entscheidungen in Eigentümerversammlungen, beispielsweise über Verwaltung, Instandhaltung oder den Erwerb von Sondereigentum. Beispiel: Wenn alle Eigentümer eines Hauses zusammen über Reparaturen am Dach oder den Kauf einer Gewerbeeinheit entscheiden, handeln sie als WEG.
Verwaltungskompetenz der WEG (§ 18 und § 19 WEG)
Die Verwaltungskompetenz beschreibt die Befugnis der Wohnungseigentümer oder der Hausverwaltung, Maßnahmen zu treffen, die der ordnungsgemäßen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums dienen. Nach §§ 18, 19 WEG umfasst dies neben der Instandhaltung auch Entscheidungen, die den Zustand der Immobilie beeinflussen, wie den Erwerb von Sondereigentum als Verwaltungsvermögen. Die Verwaltungskompetenz kann durch einfache Mehrheitsbeschlüsse ausgeübt werden, solange sie den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Beispiel: Die WEG beschließt mit Mehrheit, eine Gewerbeeinheit zu kaufen, um sie besser verwalten zu können; dies ist eine Ausübung der Verwaltungskompetenz.
Teileigentum
Teileigentum ist eine Form des Wohnungseigentums, bei der der Eigentümer eine nicht zu Wohnzwecken dienende Einheit in einem Mehrfamilienhaus besitzt, zum Beispiel eine Gewerbeeinheit, einen Keller oder eine Garage (§ 1 WEG). Im Gegensatz zum Sondereigentum an Wohnungen sind Teileigentumseinheiten auf gewerbliche Nutzung oder andere Zweckbestimmungen ausgerichtet. Die WEG kann Sondereigentum oder Teileigentum erwerben und dieses als Verwaltungsvermögen nutzen. Beispiel: Eine Gewerbeeinheit im Erdgeschoss eines Wohnhauses, die von der WEG erworben und anschließend vermietet wird, ist Teileigentum.
Beschlussanfechtungsklage
Die Beschlussanfechtungsklage ist das gerichtliche Mittel eines Wohnungseigentümers, um gegen einen Beschluss der Eigentümerversammlung vorzugehen und dessen Ungültigkeit zu erreichen (§ 44 WEG). Sie muss innerhalb von einem Monat nach Beschlussfassung eingereicht werden und prüft, ob der Beschluss rechtswidrig oder gegen die Gemeinschaftsordnung oder Gesetze verstößt oder nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Ist die Klage erfolgreich, wird der Beschluss aufgehoben. Beispiel: Ein Eigentümer hält einen Kaufbeschluss für unvernünftig und klagt daraufhin auf dessen Anfechtung beim Amtsgericht.
Erhaltungsrücklage
Die Erhaltungsrücklage ist eine von der Wohnungseigentümergemeinschaft angesparte finanzielle Reserve, die für Instandhaltungs- und Reparaturmaßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum verwendet wird (§ 16 Abs. 2 WEG). Sie dient dazu, größere Ausgaben planbar zu finanzieren und wird durch Beiträge der Eigentümer gebildet. Die Gemeinschaft kann durch Mehrheitsbeschluss Mittel aus dieser Rücklage entnehmen, um beispielsweise einen Erwerb zu finanzieren oder Sanierungen durchzuführen. Beispiel: Die WEG nutzt Erhaltungsrücklage, um den Kaufpreis und Notarkosten für die neue Gewerbeeinheit zu bezahlen.
Miteigentumsanteil (MEA)
Der Miteigentumsanteil ist der im Grundbuch festgehaltene Bruchteil am gemeinschaftlichen Eigentum, der jedem Eigentümer einer Wohnung oder Teileigentumseinheit gehört (§ 10 WEG). Er bestimmt nicht nur das Stimmrecht (sofern nicht anders geregelt) sondern auch die Verteilung der gemeinschaftlichen Kosten, wie Hausgeld und Instandhaltungskosten. Die Aufteilung erfolgt meist proportional zur Größe oder dem Wert der jeweiligen Einheit. Beispiel: Hat ein Eigentümer einen Miteigentumsanteil von 100/1000, trägt er grundsätzlich 10% der gemeinschaftlichen Kosten.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 19 WEG (Wohnungseigentumsgesetz) – Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums: Dieser Paragraf definiert die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, die alle Maßnahmen umfasst, die rechtlich oder tatsächlich das gemeinschaftliche Eigentum betreffen und der Gesamtheit der Eigentümer dienen. Er bildet die Grundlage dafür, welche Beschlüsse von der Eigentümergemeinschaft gefasst werden können. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Eigentümerversammlung beschloss den Erwerb einer Teileigentumseinheit als Maßnahme der Verwaltung; die gerichtliche Prüfung bestätigte, dass dies unter dem weiten Verwaltungsbegriff des § 19 WEG fällt und durch Mehrheitsbeschluss legitim ist.
- § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG – Ordnungsgemäße Verwaltung: Hiernach können Entscheidungen, die zur ordnungsgemäßen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gehören und keine Zuständigkeit einzelner Eigentümer voraussetzen, durch Mehrheitsbeschluss getroffen werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Beschluss zum Kauf einer Gewerbeeinheit samt Finanzierung und Nutzung fällt unter die ordnungsgemäße Verwaltung und bedarf daher keiner Einstimmigkeit, sondern genügt dem Mehrheitsprinzip.
- § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG – Kostenverteilung: Die Kosten der Gemeinschaft, insbesondere für Verwaltung und gemeinschaftlichen Gebrauch, sind nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile zu tragen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Regelung im Beschluss, dass die übrigen Eigentümer das laufende Hausgeld für die erworbene Einheit anteilig tragen, entspricht dieser gesetzlichen Kostenverteilung und ist daher rechtskonform.
- § 44 Abs. 1 WEG – Beschlussanfechtung: Wohnungseigentümer können Beschlüsse der Eigentümerversammlung anfechten, wenn sie geltend machen, dass diese unwirksam oder rechtswidrig sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin hat wirksam und zulässig über diesen Paragrafen die Anfechtung des Eigentumswerbsbeschlusses erhoben, welcher jedoch vom Gericht als rechtmäßig bestätigt wurde.
- § 416 ZPO – Urkundenbegriff und Protokollberichtigung: Protokolle von Eigentümerversammlungen sind als Privaturkunden zu behandeln, und eine Protokollberichtigung kann nur bei inhaltlicher Unrichtigkeit erfolgen, die tatsächliche Abläufe falsch wiedergibt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht entschied, dass eine Änderung des Protokolls zur Ausgrenzung einzelner Eigentümer von Kosten und Verpflichtungen einer inhaltlichen Änderung des Beschlusses gleichkäme und daher nicht zulässig ist.
- § 91 Abs. 1 ZPO und § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO – Kostenentscheidung und vorläufige Vollstreckbarkeit: Diese Vorschriften regeln die Verteilung der Kosten im Prozess sowie die vorläufige Vollstreckbarkeit von Urteilen, um eine schnelle Rechtsdurchsetzung zu ermöglichen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht ordnete die Kostenlast der Klägerin an und setzte die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils gegen Sicherheitsleistung fest, was für die Prozessführung und Wirkung des Urteils maßgeblich ist.
Hinweise und Tipps
Praxistipps für Wohnungseigentümer bei Gemeinschaftsbeschlüssen zum Erwerb von Teilenigentum
Viele Eigentümergemeinschaften stehen vor der Frage, ob sie problematische oder strategisch wichtige Einheiten kaufen sollen – etwa Gewerbeeinheiten mit Mängeln oder besonderen Nutzungsrechten. Solche Entscheidungen betreffen alle Eigentümer und können mit erheblichen Kosten und Nutzen verbunden sein.
Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.
Tipp 1: Entscheidungen der Eigentümergemeinschaft mit Mehrheitsbeschluss beachten
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft kann auch ohne Einstimmigkeit per Mehrheitsbeschluss wichtige Verwaltungsmaßnahmen treffen, darunter den Kauf von Teileigentum (z. B. Gewerbeeinheiten). Solche Beschlüsse sind rechtlich wirksam, wenn sie der ordnungsgemäßen Verwaltung und den Interessen der Gemeinschaft dienen.
Beispiel: Ihre WEG beschließt mit vier von sechs Stimmen den Kauf eines Ladenlokals, das wichtig für den Zugang zu Garagen ist – auch wenn Sie dagegen sind, ist der Beschluss gültig.
⚠️ ACHTUNG: Einzelne Eigentümer können nicht durch bloße Protokolländerungen vom Beschluss ausgeschlossen werden.
Tipp 2: Prüfen Sie, ob der geplante Kauf tatsächlich dem Gemeinschaftsinteresse dient
Der Erwerb von Teileigentum durch die WEG muss einen erkennbaren Vorteil für die Gemeinschaft bringen, etwa durch bessere Kontrolle, Kosteneinsparungen oder Sicherung wichtiger Zugänge. Ohne solchen Zweck ist der Beschluss angreifbar.
Beispiel: Wenn die Einheit zugunsten eines Fahrradkellers oder zur Vermeidung teurer Sanierungen genutzt werden soll, kann dies als sinnvolles Gemeinschaftsinteresse gelten.
Tipp 3: Beachten Sie Kostenregelungen und Finanzierungsmöglichkeiten
Die WEG darf Kosten für Erwerb, Notar und Steuer aus der Erhaltungsrücklage finanzieren. Die laufenden Hausgeldkosten werden üblicherweise nach Miteigentumsanteilen verteilt, wobei auch zulässige Abweichungen möglich sind, zum Beispiel dass die erworbene Einheit selbst keine Kosten verursacht.
Beispiel: Die Kosten für den symbolischen Kaufpreis und Sanierungsplanung können aus der gemeinschaftlichen Rücklage entnommen werden.
Tipp 4: Nutzen Sie Eigentümerversammlungen aktiv und informieren Sie sich rechtzeitig
Als Eigentümer sollten Sie an den Versammlungen teilnehmen oder sich vertreten lassen, um bei wichtigen Entscheidungen mitwirken zu können. Sie können hier Fragen stellen, Pläne hinterfragen und eigene Anliegen einbringen.
⚠️ ACHTUNG: Fehlende Teilnahme verringert Ihre Möglichkeiten, einen Beschluss anzufechten.
Tipp 5: Verstehen Sie die Grenzen von Anfechtung und Protokollberichtigung
Eine Anfechtung ist nur unter engen Voraussetzungen möglich, etwa bei groben Fehlern oder unzulässiger Benachteiligung. Eine spätere Änderung des Protokolls, um sich von einem gültigen Beschluss auszunehmen, ist nicht einfach möglich.
✅ #### Checkliste: Umgang mit WEG-Beschlüssen zum Teileigentumserwerb
- Teilnahme an mindestens den wichtigen Eigentümerversammlungen sicherstellen oder vertreten lassen
- Prüfen, ob der Beschluss einen erkennbaren Vorteil für die Gemeinschaft bringt
- Informieren, wie Finanzierung (Rücklage, Hausgeld) geregelt ist
- Rechtzeitig Fragen stellen oder Einwände formulieren, möglichst vor Beschlussfassung
- Bei Zweifeln frühzeitig rechtliche Beratung einholen, bevor Klageabsichten entstehen
Das vorliegende Urteil
AG Würzburg – Az.: 30 C 771/24 WEG – Urteil vom 17.10.2024
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