Übersicht

Das Wichtigste in Kürze
- Ein Ehepaar schloss vor der Eheschließung einen notariellen Ehevertrag, der unter anderem Gütertrennung und die Modifikation des nachehelichen Unterhalts vereinbarte.
- Nach der Scheidung forderte die Ehefrau Zugewinnausgleich, da sie den Ehevertrag, insbesondere den Ausschluss desselben, wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 BGB) für unwirksam hielt.
- Der Bundesgerichtshof wies die Rechtsbeschwerde der Ehefrau zurück und bestätigte die Wirksamkeit des Ehevertrags.
- Das Gericht begründete, dass der Zugewinnausgleich nicht zum Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts gehört und ehevertraglicher Gestaltung am weitesten zugänglich ist.
- Zudem wurde das legitime Interesse des Ehemanns am Schutz seines Betriebsvermögens als Unternehmer anerkannt und eine subjektive Imparität oder Zwangslage der Ehefrau wurde verneint.
Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.05.2025, Az.: XII ZB 395/24
Ehevertrag vor dem Aus? Warum der BGH diesen Pakt über Gütertrennung und Unterhalt für wirksam erklärte
Ein Mann und eine Frau, beide erfolgreich und gebildet, beschließen zu heiraten. Er ist ein vermögender Unternehmer, sie eine aufstrebende Unternehmensberaterin. Um sein Lebenswerk – das Familienunternehmen – zu schützen, besteht der Mann auf einem Ehevertrag mit weitreichenden Folgen: vollständige Gütertrennung (§ 1414 BGB) und ein limitierter nachehelicher Unterhalt. Jahre später, nach vier Kindern und dem Ende der Ehe, steht die Frau vor dem Nichts, während das Vermögen des Mannes weitergewachsen ist. Sie klagt und stellt die alles entscheidende Frage, die bis vor den Bundesgerichtshof getragen wird: Kann ein Vertrag, der eine derart einseitige Lastenverteilung zementiert, vor dem Gesetz Bestand haben oder ist er sittenwidrig und damit nichtig?
Was war der Auslöser des Rechtsstreits?
Die Geschichte beginnt im Jahr 2010. Ein erfolgreicher Unternehmer und eine diplomierte Betriebswirtin, die als Unternehmensberaterin und Geschäftsführerin einer GmbH ein stattliches Einkommen erzielt, sind bereits seit einigen Jahren ein Paar und haben eine gemeinsame Tochter. Sie planen ihre Hochzeit, doch eine Woche vor dem Termin unterzeichnen sie einen entscheidenden notariell beurkundeten Ehevertrag. Dieser Vertrag sollte die finanziellen Verhältnisse für den Fall einer Scheidung grundlegend neu ordnen und von den gesetzlichen Standards abweichen.
Der Kern des Vertrages war die Vereinbarung der Gütertrennung. Damit wurde der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft, bei dem im Scheidungsfall der während der Ehe erwirtschaftete Vermögenszuwachs beider Partner hälftig geteilt wird, vollständig ausgeschlossen. Hintergrund war das erklärte Ziel des Mannes, sein erhebliches Betriebsvermögen vor einem möglichen existenzbedrohenden Zugriff im Scheidungsfall zu schützen. Dies wurde durch Klauseln in seinen Gesellschaftsverträgen untermauert, die von jedem Gesellschafter die Vereinbarung der Gütertrennung mit dem Ehepartner verlangten.
Neben der Gütertrennung modifizierte der Vertrag auch den nachehelichen Unterhalt. Der Unterhaltsanspruch der Frau wurde für einen bestimmten Zeitraum auf feste Beträge von 3.300 € und später 5.000 € monatlich begrenzt, allerdings mit einer Wertsicherungsklausel versehen. Zudem wurde auf das gesetzliche Erb- und Pflichtteilsrecht gegenseitig verzichtet. Nur eine Woche nach der Unterzeichnung, am 10. Dezember 2010, fand die Hochzeit statt. In den folgenden Jahren wurden drei weitere Kinder geboren, und die Ehefrau gab ihre vielversprechende Karriere auf, um sich ganz der Kinderbetreuung und dem Haushalt zu widmen.
Nach über zehn Jahren zerbrach die Ehe. Der Ehemann reichte die Scheidung ein, und im Zuge des Verfahrens stand plötzlich der Ehevertrag im Mittelpunkt. Die Ehefrau, die ihre wirtschaftliche Eigenständigkeit für die Familie geopfert hatte, sah sich mit der vertraglichen Realität konfrontiert: kein Anteil am millionenschweren Unternehmensvermögen, das während der Ehe weiter angewachsen war. Sie entschied sich, die Wirksamkeit des gesamten Vertrages gerichtlich anzugreifen.
Mit welchen Forderungen zog die Ehefrau vor Gericht?
Die Ehefrau zog vor das Familiengericht und machte im Rahmen eines sogenannten Stufenantrags Ansprüche auf Zugewinnausgleich (§ 1363 BGB) geltend. Sie forderte also zunächst Auskunft über das genaue Vermögen ihres Mannes, um auf dieser Basis ihren Anteil am ehelichen Zugewinn beziffern und einklagen zu können. Dies war nur möglich, wenn der im Ehevertrag vereinbarte Ausschluss des Zugewinnausgleichs für unwirksam erklärt würde.
Ihr zentrales juristisches Argument war die Sittenwidrigkeit des Ehevertrags gemäß § 138 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Sie argumentierte, dass der Vertrag eine offenkundig einseitige und unzumutbare Lastenverteilung zu ihren Ungunsten schaffe. Der vollständige Verzicht auf den Zugewinnausgleich in Kombination mit den begrenzten Unterhaltsregelungen würde sie nach der Scheidung unangemessen benachteiligen, insbesondere da sie die eheliche Lebensplanung im Vertrauen auf die Ehe mitgetragen und ihre eigene Karriere für die Kinderbetreuung aufgegeben hatte.
Weiterhin machte sie eine Störung der subjektiven Vertragsparität geltend. Sie habe sich in einer Zwangslage befunden, da der Ehemann die Eheschließung von der Unterzeichnung des Vertrages abhängig gemacht habe. Die Angst vor der gesellschaftlichen Stigmatisierung durch eine kurzfristig abgesagte Hochzeit habe sie unter Druck gesetzt. Zudem sei sie durch die kurze Frist zwischen der Übermittlung der Vertrags-Eckpunkte und dem Notartermin regelrecht „überrumpelt“ worden. Sie war der festen Überzeugung, dass der Vertrag unter diesen Umständen keinen Bestand haben könne.
Was bedeutet „Sittenwidrigkeit“ bei einem Ehevertrag?
Die Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB ist ein grundlegendes Korrektiv des Zivilrechts, das Verträge für nichtig erklärt, wenn sie gegen das „Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“ verstoßen. Im Familienrecht dient dieser Paragraph als Schutzmechanismus gegen eine missbräuchliche Ausnutzung der Vertragsfreiheit. Ein Ehevertrag gilt dann als sittenwidrig, wenn er eine offenkundig einseitige und unzumutbare Lastenverteilung bewirkt und sich darin zusätzlich eine unterlegene Verhandlungsposition eines Partners widerspiegelt, die vom anderen gezielt ausgenutzt wurde. Die Gerichte prüfen dies in einer umfassenden Gesamtwürdigung, bei der sowohl der objektive Inhalt des Vertrags als auch die subjektiven Umstände bei seinem Abschluss, wie Druck oder Abhängigkeit, eine entscheidende Rolle spielen.

Wie verteidigte sich der Ehemann?
Der Ehemann trat den Vorwürfen entschieden entgegen und forderte die Abweisung der Klage. Er verteidigte die Wirksamkeit des Ehevertrags und insbesondere den Ausschluss des Zugewinnausgleichs als legitime und notwendige Maßnahme. Sein Hauptargument war das anerkannte Interesse eines Unternehmers, das Vermögen seines Betriebs vor einem möglicherweise existenzbedrohenden Zugriff im Scheidungsfall zu schützen. Dies diene nicht nur seinen eigenen Interessen, sondern sichere auch die Lebensgrundlage der gesamten Familie.
Er betonte, dass die Ehefrau zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses keineswegs in einer unterlegenen Position gewesen sei. Als diplomierte Betriebswirtin und Geschäftsführerin mit einem hohen eigenen Einkommen sei sie wirtschaftlich unabhängig und intellektuell vollkommen in der Lage gewesen, die Tragweite der vertraglichen Regelungen zu verstehen. Es habe keine intellektuelle oder wirtschaftliche Unterlegenheit gegeben, die er hätte ausnutzen können.
Das entscheidende Argument gegen eine angebliche Zwangslage war für ihn jedoch ein anderer Umstand: Die Ehefrau war bei den Vertragsverhandlungen durch ihren eigenen Vater, einen erfahrenen Rechtsanwalt und Notar, beraten und vertreten worden. Dieser Fakt, so der Ehemann, spreche Bände gegen eine behauptete „Überrumpelung“ oder eine einseitige Dominanz seinerseits. Die Behauptung, sie sei zum Vertragsschluss gedrängt worden, sei angesichts dieser professionellen und familiären Unterstützung nicht haltbar.
Was ist das Besondere an einer „Unternehmerehe“?
Eine „Unternehmerehe“ liegt vor, wenn mindestens ein Ehepartner ein Unternehmen besitzt oder maßgeblich daran beteiligt ist. In solchen Konstellationen erkennt die Rechtsprechung ein besonderes und legitimes Interesse daran, das Betriebsvermögen durch ehevertragliche Regelungen zu schützen. Der gesetzliche Zugewinnausgleich könnte im Scheidungsfall dazu führen, dass erhebliche Teile des Unternehmenswertes ausgezahlt werden müssten, was die Liquidität und im schlimmsten Fall die Existenz des Unternehmens gefährden könnte. Aus diesem Grund ist der Ausschluss des Zugewinnausgleichs durch die Vereinbarung von Gütertrennung in Unternehmerehen ein gängiges und von den Gerichten grundsätzlich gebilligtes Instrument, um die Fortführung des Unternehmens und die damit verbundenen Arbeitsplätze zu sichern.
Wie hat der Bundesgerichtshof den Fall entschieden?
Nachdem bereits das Amtsgericht und das Oberlandesgericht die Klage der Ehefrau abgewiesen hatten, landete der Fall zur endgültigen Klärung vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Die Richter des höchsten deutschen Zivilgerichts bestätigten die Entscheidungen der Vorinstanzen und wiesen die Rechtsbeschwerde der Ehefrau zurück. Der Ehevertrag, inklusive des vollständigen Ausschlusses des Zugewinnausgleichs, wurde als wirksam erachtet.
Die Entscheidung des BGH ist ein Lehrstück über die Grenzen und die Reichweite der Vertragsfreiheit im Familienrecht. Die Richter zeichneten ein klares Bild davon, unter welchen Umständen ein Ehevertrag auch bei einer objektiv ungleichen Vermögensverteilung im Scheidungsfall Bestand hat. Die Begründung folgte einer präzisen juristischen Logik, die zwischen dem Inhalt des Vertrags und den Umständen seines Zustandekommens unterschied.
Der BGH stellte klar, dass die Wirksamkeit eines Ehevertrags einer zweistufigen Inhaltskontrolle unterliegt. Zuerst wird der objektive Gehalt der Regelungen geprüft: Führt der Vertrag zu einer evident einseitigen Lastenverteilung, die einen der Partner unbillig benachteiligt? Sollte dies der Fall sein, wird auf einer zweiten Stufe geprüft, ob diese Benachteiligung auf einer ungleichen Verhandlungsposition und einer verwerflichen Gesinnung des begünstigten Partners beruht. Nur wenn beide Stufen erfüllt sind, liegt Sittenwidrigkeit vor.
Warum sah das Gericht keine Sittenwidrigkeit? Die entscheidende Rolle der Verhandlungsparität
Der BGH konnte es in seiner Urteilsbegründung sogar offenlassen, ob der Vertrag zu einer objektiv einseitigen Lastenverteilung führt. Selbst wenn man dies annehmen würde, fehle es hier eindeutig an der zweiten, entscheidenden Voraussetzung für die Sittenwidrigkeit: der subjektiven Imparität oder der Ausnutzung einer Zwangslage. Die Richter fanden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Ehefrau bei Vertragsschluss unterlegen oder in ihrer Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt war.
Das Gericht führte dazu mehrere Gründe an, die zusammengenommen ein klares Bild ergaben. Zum Zeitpunkt der Unterzeichnung war die Antragsgegnerin eine wirtschaftlich unabhängige und hochqualifizierte Frau. Mit ihrem Studium, ihrer Berufserfahrung und ihrem Einkommen als Geschäftsführerin war sie nicht auf die Eheschließung angewiesen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Ihre Behauptung, sie habe sich in einer Zwangslage befunden, wurde vom Gericht als nicht überzeugend eingestuft.
Der vielleicht wichtigste Punkt war die anwaltliche Vertretung durch ihren eigenen Vater. Die Tatsache, dass sie von einem Rechtsanwalt und Notar beraten wurde, der ihr zudem familiär nahestand, sprach laut BGH erheblich gegen die Annahme einer einseitigen Dominanz des Ehemannes oder einer Überrumpelung. Das Gericht ging davon aus, dass sie umfassend über die rechtlichen Konsequenzen aufgeklärt wurde und die Bedeutung jeder Klausel verstand. Der Vorwurf der „Überrumpelung“ wurde auch durch den zeitlichen Ablauf entkräftet: Zwischen der Übersendung der Eckpunkte und der Beurkundung lag fast ein Monat, was als ausreichende Bedenkzeit gewertet wurde.
Warum der Schutz des Unternehmensvermögens überwiegt
Ein weiterer zentraler Pfeiler der BGH-Entscheidung war die Anerkennung des legitimen Interesses am Schutz des Betriebsvermögens. Die Richter bekräftigten ihre ständige Rechtsprechung, dass der Ausschluss des Zugewinnausgleichs in einer Unternehmerehe ein anerkannter und gerechtfertigter Weg ist, um die wirtschaftliche Grundlage der Familie zu sichern. Das Güterrecht, so der BGH, gehört im Gegensatz zum Kernbereich des Unterhaltsrechts nicht zu den unverzichtbaren Scheidungsfolgen und ist der vertraglichen Gestaltung am weitesten zugänglich.
Das Gericht ging sogar noch einen Schritt weiter: Die Tatsache, dass die Gesellschaftsverträge des Mannes die Gütertrennung vorschrieben, wurde nicht als Druckmittel gegen die Frau gewertet. Im Gegenteil, es untermauerte das legitime Bestreben des Mannes, diesen vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen, und sprach somit eher gegen eine verwerfliche Gesinnung seinerseits. Er handelte im Einklang mit den Anforderungen, die an ihn als Gesellschafter gestellt wurden.
Schließlich verwarf der BGH auch das Argument der drohenden gesellschaftlichen Stigmatisierung bei einer abgesagten Hochzeit. Angesichts der Tatsache, dass das Paar bereits seit zwei Jahren mit einem gemeinsamen Kind zusammenlebte und beide Partner in gefestigten sozialen Verhältnissen standen, sah das Gericht hier keine unzumutbare Drucksituation. Die Entscheidung, unter diesen Umständen zu heiraten und den Vertrag zu unterschreiben, war aus Sicht des Gerichts eine freie und selbstbestimmte Entscheidung der Ehefrau.
Was bedeutet dieses Urteil für die Praxis?
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist von erheblicher praktischer Bedeutung für alle Paare, die den Abschluss eines Ehevertrags in Erwägung ziehen. Sie sendet ein klares Signal: Die im Grundgesetz verankerte Vertragsfreiheit gilt auch im Familienrecht mit großer Kraft. Ein einmal geschlossener Ehevertrag ist nur in engen Ausnahmefällen anfechtbar, selbst wenn er zu Ergebnissen führt, die als hart oder ungerecht empfunden werden.
Das Urteil unterstreicht, dass die Gerichte den Fokus primär auf die Situation beim Vertragsschluss legen. Spätere Lebensentscheidungen, wie die Aufgabe einer Karriere für die Familie, können einen ursprünglich wirksamen Vertrag nicht im Nachhinein unwirksam machen. Die Sittenwidrigkeitsprüfung blickt auf den Moment der Unterzeichnung zurück und fragt: Waren beide Partner auf Augenhöhe? Bestand eine echte Wahlfreiheit?
Was ist die wichtigste Lehre aus diesem Urteil für Ehepartner?
Die wichtigste Lehre ist unmissverständlich: Wer einen Ehevertrag unterzeichnet, muss sich der Tragweite seiner Entscheidung voll bewusst sein. Die Hoffnung, dass ein Gericht einen unliebsam gewordenen Vertrag später schon korrigieren wird, ist trügerisch. Insbesondere wenn bei Vertragsschluss keine wirtschaftliche Abhängigkeit oder intellektuelle Unterlegenheit vorliegt und eine qualifizierte Rechtsberatung stattgefunden hat, ist ein solcher Vertrag in der Regel unumstößlich.
Für den Partner, der potenziell Nachteile aus dem Vertrag erleidet, bedeutet dies, dass er die langfristigen Konsequenzen realistisch einschätzen muss. Die Aufgabe der eigenen beruflichen Laufbahn im Vertrauen auf den Fortbestand der Ehe ist eine Lebensentscheidung, deren finanzielle Risiken durch einen solchen Vertrag nicht abgefedert, sondern zementiert werden. Die Verantwortung für die eigene Absicherung kann nicht nachträglich auf die Gerichte abgewälzt werden.
Worauf sollten Unternehmen und Paare nach diesem Urteil achten?
Für Unternehmen und Unternehmerfamilien bestätigt das Urteil die Möglichkeit, das Betriebsvermögen wirksam durch Gütertrennung zu schützen. Dies bleibt ein zentrales und legitimes Instrument der Nachfolge- und Vermögensplanung. Der Abschluss eines Ehevertrags ist für Gesellschafter oft nicht nur eine persönliche, sondern auch eine unternehmerische Notwendigkeit.
Für Paare, die vor der Entscheidung stehen, lassen sich konkrete Handlungsempfehlungen ableiten. Unabhängige Rechtsberatung für beide Seiten ist unerlässlich. Jeder Partner sollte einen eigenen Anwalt konsultieren, um sicherzustellen, dass seine Interessen gewahrt und alle Klauseln verstanden werden. Zudem ist eine ausreichende Bedenkzeit zwischen dem Erhalt des Vertragsentwurfs und dem Notartermin entscheidend, um jeglichen Anschein von Druck oder Überrumpelung zu vermeiden. Letztlich zeigt der Fall, dass die beste Absicherung in der eigenen Mündigkeit und einer informierten, freien Entscheidung liegt.
Die wichtigsten Erkenntnisse
Das Urteil des Bundesgerichtshofs bestätigt, dass auch weitreichende Eheverträge in Unternehmerehen wirksam sein können, wenn sie unter fairen Bedingungen geschlossen wurden und legitime Schutzinteressen verfolgen.
- Unternehmerinteressen rechtfertigen Zugewinnausschluss: Das Gericht erkennt an, dass der Schutz von Betriebsvermögen durch Gütertrennung ein legitimes Interesse darstellt, selbst wenn dadurch der gesetzliche Zugewinnausgleich vollständig entfällt. Dies gilt besonders, wenn das Unternehmen die Lebensgrundlage der Familie sichert und ein hälftiger Vermögensausgleich die Existenz gefährden könnte.
- Faire Verhandlungsbedingungen verhindern Sittenwidrigkeit: Das Urteil verdeutlicht, dass selbst einseitige Vertragsgestaltungen rechtlich zulässig bleiben, wenn beide Partner gleichberechtigt verhandeln konnten. Entscheidende Faktoren sind dabei die wirtschaftliche Eigenständigkeit beider Partner, anwaltliche Beratung, ausreichende Bedenkzeit und das Fehlen von Drucksituationen zum Vertragsschluss.
- Güterrecht bleibt gestaltbar: Daraus folgt, dass Ehepartner bei der Wahl ihres Güterstands weitgehende Freiheit haben, da dieser Bereich nicht zum unantastbaren Kernbereich des Familienrechts gehört. Im Gegensatz zu Regelungen über Kindesunterhalt oder Versorgungsausgleich können Zugewinnausgleichsansprüche auch ohne besonderen Ausgleich wirksam ausgeschlossen werden.
Die Entscheidung stärkt die Vertragsfreiheit im Familienrecht und zeigt, dass faire Verhandlungsbedingungen wichtiger sind als eine ausgeglichene Lastenverteilung im Vertragsergebnis.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist der Zugewinnausgleich und wie wird er berechnet?
Der Zugewinnausgleich ist ein gesetzliches Verfahren, das bei einer Scheidung regelt, wie das während der Ehe erwirtschaftete Vermögen gerecht zwischen den Ehepartnern aufgeteilt wird. Er kommt zur Anwendung, wenn Sie keinen Ehevertrag mit Gütertrennung geschlossen haben. Es geht dabei nicht um eine hälftige Teilung des gesamten Vermögens, sondern um den Ausgleich des Vermögenszuwachses, den jeder Partner während der Ehe erzielt hat.
Um den Zugewinnausgleich zu berechnen, wird für jeden Ehepartner zunächst der persönliche Zugewinn ermittelt:
- Anfangsvermögen: Dies ist das Vermögen, das ein Ehepartner am Tag der Heirat besaß. Auch Erbschaften oder Schenkungen, die ein Partner während der Ehe erhält, werden diesem Anfangsvermögen hinzugerechnet, da sie nicht durch gemeinsame Anstrengung erworben wurden.
- Endvermögen: Dies ist das Vermögen des Ehepartners am Tag, an dem das Scheidungsverfahren beim Gericht eingeleitet wird.
- Persönlicher Zugewinn = Endvermögen – Anfangsvermögen.
Anschließend werden die persönlichen Zugewinne der beiden Ehepartner verglichen. Der Partner, der einen größeren Zugewinn erzielt hat, muss die Hälfte der Differenz an den Partner zahlen, dessen Zugewinn geringer war. Die Ausgleichszahlung = (Zugewinn des einen Partners – Zugewinn des anderen Partners) ÷ 2. Für Sie bedeutet das, dass am Ende der Ehe beide Partner den gleichen Vermögenszuwachs aus der Ehe behalten sollen.
Was ist der Unterschied zwischen Gütertrennung und Ausschluss des Zugewinnausgleichs?
Gütertrennung ist ein eigenständiger, durch Notarvertrag zu vereinbarender Güterstand der Ehe. Bei der Gütertrennung bleiben die Vermögen der Ehepartner während der Ehe und auch im Falle einer Scheidung oder des Todes des Partners vollständig voneinander getrennt. Das bedeutet, jeder Ehepartner ist alleiniger Eigentümer seines gesamten Vermögens, unabhängig davon, wann oder wie es erworben wurde. Ein Zugewinnausgleich findet hier von vornherein nicht statt, da keine gemeinsamen Vermögenszuwächse („Zugewinn“) ausgeglichen werden müssen.
Der Ausschluss des Zugewinnausgleichs ist hingegen eine spezifische Vereinbarung, die auch innerhalb des gesetzlichen Güterstands der Zugewinngemeinschaft getroffen werden kann. Dabei wird lediglich die Pflicht zum Ausgleich des Zugewinns im Scheidungsfall vertraglich aufgehoben. Die Vermögen bleiben zwar während der Ehe faktisch getrennt, aber rechtlich betrachtet befinden Sie sich weiterhin in der Zugewinngemeinschaft, nur eben ohne den Ausgleich bei Beendigung. Dies hat wichtige Konsequenzen: Während die Gütertrennung zum Beispiel auch weitreichende Folgen im Erbrecht oder bei der Schenkungssteuer haben kann, betrifft der reine Ausschluss des Zugewinnausgleichs nur diesen einen Aspekt der Vermögensauseinandersetzung im Scheidungsfall.
Welche Nachteile hat ein Ehevertrag mit Gütertrennung?
Ein Ehevertrag mit Gütertrennung bedeutet, dass jeder Ehepartner sein eigenes Vermögen behält und selbst verwaltet, sowohl das, was er vor der Ehe hatte, als auch das, was er während der Ehe erwirbt. Im Gegensatz zur gesetzlichen Regelung, der Zugewinngemeinschaft, findet bei einer Scheidung kein finanzieller Ausgleich der während der Ehe entstandenen Vermögenszuwächse statt.
Für den finanziell schwächeren Ehepartner kann dies ein erheblicher Nachteil sein, da er im Falle einer Trennung keinen Anspruch auf einen Teil des Vermögens des anderen hat, das dieser während der Ehe aufgebaut hat. Dies kann die finanzielle Absicherung des Partners gefährden, der zum Beispiel wegen Kindererziehung oder geringerem Einkommen weniger eigenes Vermögen ansammeln konnte.
Auch im Erbrecht ergeben sich Nachteile: Stirbt ein Partner, ist der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehepartners bei Gütertrennung geringer. Es entfällt der pauschale Zugewinnausgleich, der in der Zugewinngemeinschaft das Erbe des überlebenden Partners erhöht hätte. Zudem können steuerliche Nachteile bei der Erbschaft- und Schenkungssteuer entstehen, da bestimmte steuerliche Vergünstigungen, die in der Zugewinngemeinschaft gelten, bei Gütertrennung nicht genutzt werden können.
Ist Gütertrennung im Erbfall nachteilig?
Ja, Gütertrennung kann im Erbfall für den überlebenden Ehepartner nachteilig sein, insbesondere im Vergleich zur gesetzlichen Zugewinngemeinschaft.
Der Hauptgrund liegt darin, dass bei Gütertrennung der sogenannte pauschale erbrechtliche Zugewinnausgleich entfällt. In einer Zugewinngemeinschaft erhöht sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehepartners automatisch um ein Viertel der Erbschaft. Dies geschieht unabhängig davon, ob tatsächlich ein Zugewinn während der Ehe erzielt wurde. Bei Gütertrennung gibt es diese automatische Erhöhung des Erbteils nicht, wodurch Ihr gesetzlicher Erbteil in der Regel geringer ausfällt.
Für Sie bedeutet das konkret, dass der überlebende Ehepartner einen kleineren Anteil am Vermögen des Verstorbenen erhält, als es in einer Zugewinngemeinschaft der Fall wäre. Zudem kann dies steuerliche Nachteile haben. Während ein realer Zugewinnausgleich, den Sie bei Gütertrennung zusätzlich zum Erbe fordern könnten, nicht der Erbschaftsteuer unterliegt und so den steuerfreien Betrag effektiv erhöht, fällt die automatische Erhöhung des Erbteils weg. Dies kann dazu führen, dass der überlebende Ehepartner insgesamt weniger steuerfreie Werte erhält.
Ist ein kompletter Unterhaltsverzicht im Ehevertrag möglich?
Grundsätzlich ist ein kompletter Verzicht auf nachehelichen Unterhalt in einem Ehevertrag möglich. Das bedeutet, dass Ehepartner vereinbaren können, dass keiner von beiden im Falle einer Scheidung Unterhalt vom anderen verlangen wird.
Allerdings unterliegt ein solcher Unterhaltsverzicht einer sehr strengen gerichtlichen Prüfung. Das Gesetz schützt den schwächeren Partner und die Familie. Ein kompletter Unterhaltsverzicht kann unwirksam sein, wenn er zum Zeitpunkt der Scheidung für einen Ehepartner zu einer unzumutbaren Belastung führt oder die Person dadurch auf Sozialhilfe angewiesen wäre. Dies gilt besonders, wenn Kinder aus der Ehe hervorgegangen sind oder wenn während der Ehe eine klare Rollenverteilung gelebt wurde, bei der ein Partner (oft für Kinderbetreuung) auf eigene Karrierechancen verzichtet hat. Das Gericht prüft hier sehr genau die individuellen Umstände beider Partner und die Situation der Familie. Die Anforderungen an die Gültigkeit sind im Unterhaltsrecht deutlich strenger als bei Vereinbarungen zum Vermögensausgleich (Zugewinnausgleich).
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.