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Dienstbarkeit – Verknüpfung an Mietvertrag über Grundstück mit Mindestlaufzeit

LG München – Az.: 34 Wx 259/22 Kost – Beschluss vom 21.11.2022

Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts München – Grundbuchamt – vom 1.8.2022 i.V.m. dessen Beschluss vom 29.8.2022 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Beteiligte wendet sich gegen die Festsetzung des Geschäftswerts für die Bestellung einer Dienstbarkeit.

Mit Vertrag vom 9.9.2019 vermietete die G. W. GbR ein in ihrem Eigentum stehendes Grundstück an die Beteiligte zur Nutzung als Lebensmittelmarkt. Die Festlaufzeit beträgt 18 Jahre, beginnend am Übergabetag. Im Anschluss ist die Beteiligte berechtigt, das Mietverhältnis durch einseitige Erklärung gegenüber dem Vermieter einmal um fünf Jahre und unter bestimmten Voraussetzungen ein weiteres Mal um diesen Zeitraum zu verlängern. Nach Ablauf der Festmietzeit bzw. der letzten ausgeübten Option verlängert sich das Mietverhältnis um jeweils ein weiteres Jahr, sofern nicht eine der Parteien vorher widerspricht. Die monatliche Miete beträgt 60.000 € zzgl. USt.

Die Übergabe erfolgte am 31.5.2021.

Mit notariellen Urkunden vom 30.3.2021 sowie 12.1., 24.2. und 12.4.2022 bestellte die G. W. GbR zugunsten der Beteiligten eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit, die unter einzeln bezeichneten auflösenden Bedingungen, insbesondere bei Beendigung des Mietverhältnisses erlischt. Sie wurde am 29.4.2022 im Grundbuch eingetragen.

Den Geschäftswert setzte das Grundbuchamt nach Einholung einer Stellungnahme des Bezirksrevisors mit Beschluss vom 1.8.2022, berichtigt durch Beschluss vom 29.8.2022, gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 GNotKG auf 14.637.000 € fest. Hiergegen wendet sich die Beteiligte als Kostenschuldnerin mit ihrer durch Anwaltsschriftsatz vom 19.8.2022 eingelegten Beschwerde, mit der sie unter Berufung auf einen Beschluss des Senats vom 14.2.2019 eine Festsetzung auf 8.568.000 € gemäß § 52 Abs. 3 Satz 2 GNotKG begehrt. Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

1. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß § 83 Abs. 1 Satz 1 GNotKG statthaft. Der Senat entscheidet über sie gemäß § 83 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 81 Abs. 6 Satz 1 GNotKG durch den Einzelrichter.

2. In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg.

a) Der Wert einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit i.S.v. § 1090 BGB bestimmt sich gemäß § 52 Abs. 1 GNotKG nach deren objektivem Wert für den Berechtigten, der sich aus der Summe aller Leistungen oder Nutzungen während des Bestehens der Dienstbarkeit ergibt. Dieser Gesamtwert wird sodann durch die in den Abs. 2 bis 4 der Vorschrift genannten Höchstwerte begrenzt. Maßgeblich ist danach hier der Wert der Nutzungsgestattung, deren Absicherung die Dienstbarkeit dient (Senat FGPrax 2019, 90/91).

b) Zur betragsmäßigen Bestimmung dieses Werts ist es sachgerecht, auf die Höhe der Gegenleistung abzustellen, die der Berechtigte für die mietvertraglich eingeräumte Nutzungsmöglichkeit zu zahlen bereit ist. Haben die an der Vereinbarung beteiligten Parteien gegenläufige wirtschaftliche Interessen, so kann bei Fehlen besonderer Anhaltspunkte davon ausgegangen werden, dass die vereinbarte Vergütungshöhe dem objektiven Marktwert der Nutzungsberechtigung entspricht. Dabei ist der Bruttomietzins anzusetzen (Senat FGPrax 2019, 90/91; Korintenberg/Schwarz GNotKG, 22. Aufl. 2022, § 52 Rn. 58; NK-GK/Leiß, 3. Aufl. 2021, GNotKG § 52 Rn. 30).

c) Bei der Berechnung differenziert das Gesetz des weiteren, abgesehen von den hier offensichtlich nicht vorliegenden Nutzungs- und Leistungsrechten von unbeschränkter Dauer i.S.v. § 52 Abs. 3 Satz 1 GNotKG, zwischen Rechten, die auf bestimmte Zeit beschränkt sind – § 52 Abs. 2 Satz 1 GNotKG – und solchen von unbestimmter Dauer – § 52 Abs. 3 Satz 2 GNotKG. Bei ersteren entspricht der Wert dem auf die Dauer des Rechts entfallenden Wert, bei letzteren dem auf die ersten zehn Jahre entfallenden Wert. Vorliegend kommt nach der Ausgestaltung des dinglichen Rechts aufgrund der gebotenen Gesamtschau (Senat FGPrax 2019, 90/91) § 52 Abs. 2 Satz 1 GNotKG zur Anwendung. Anzusetzen ist folglich nicht der auf die ersten 10 Jahre, sondern der auf die Dauer des Rechts entfallende Wert.

Ein Recht ist auf eine bestimmte Zeit beschränkt i.S.v. § 52 Abs. 2 Satz 1 GNotKG, wenn seine Dauer feststeht (Senat FGPrax 2019, 90/91; Korintenberg/Schwarz § 52 Rn. 59). Ein Recht von unbestimmter Dauer i.S.v. § 52 Abs. 3 Satz 2 GNotKG hingegen ist dadurch gekennzeichnet, dass seine Dauer ungewiss ist, sein Wegfall zu einem ungewissen Zeitpunkt aber feststeht (Senat FGPrax 2019, 90/91; Korintenberg/Schwarz § 52 Rn. 63; NK-GK/Leiß GNotKG § 52 Rn. 50). Vorliegend handelt es sich um eine Mischform dieser beiden Tatbestände, da für das Mietverhältnis, an dessen Bestand die Dienstbarkeit geknüpft ist, zunächst eine feste Laufzeit von 18 Jahren gilt, innerhalb der eine reguläre Beendigung nicht möglich ist, und sich das Mietverhältnis im Anschluss hieran auf letztlich unbestimmte Zeit verlängert, solange keine der Parteien widerspricht. Für eine solche Mischform gilt grundsätzlich § 52 Abs. 3 Satz 2 GNotKG, allerdings mit der Maßgabe, dass mindestens der gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 GNotKG auf die feste Laufzeit entfallende Wert anzusetzen ist (BayObLGZ 1990, 32/34; OLG Stuttgart JurBüro1990, 1494 jeweils zu § 24 KostO a.F.; Korintenberg/Schwarz § 52 Rn. 64; NK-GK/Leiß GNotKG § 52 Rn. 43). Denn der Wert eines Rechts von unbestimmter Dauer ist nur deshalb auf den auf die ersten zehn Jahre entfallenden Wert beschränkt, weil ein solches Recht auch schon nach kurzer Zeit aufgehoben werden kann. Im Falle einer bestimmten Mindestlaufzeit besteht diese Möglichkeit jedoch nicht. Es wäre überdies widersprüchlich, ein Recht, das auf 18 Jahre eingeräumt wird, höher zu bewerten als ein solches, das eine Mindestlaufzeit in derselben Höhe aufweist und darüber hinaus sogar noch verlängert werden kann. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt von der Konstellation, die dem Beschluss des Senats vom 14.2.2019 zugrunde lag, auf den sich die Beteiligte beruft. Denn dort lag die Mindestdauer mit drei Jahren unter der Zehnjahresgrenze des § 52 Abs. 3 Satz 2 GNotKG, weshalb das betreffende Recht als ein solches von unbestimmter Dauer einzustufen war (Senat FGPrax 2019, 90/91). Hier überschreitet die Mindestdauer mit 18 Jahren dagegen diese Grenze, was aus den oben genannten Gründen zur Anwendung des § 52 Abs. 2 Satz 1 GNotKG führt.

III.

1. Ein Kostenausspruch ist nicht erforderlich, weil das Beschwerdeverfahren gemäß § 83 Abs. 3 Satz 1 GNotKG gerichtsgebührenfrei ist.

2. Ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung ist gemäß § 83 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 81 Abs. 4 Satz 1 GNotKG nicht statthaft.

 

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