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Dienstbarkeit – Begleitschuldverhältnis – Ausschluss von Unterhaltungspflichten

OLG München – Az.: 34 Wx 177/20 – Beschluss vom 09.06.2020

I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Lindau (Bodensee) – Grundbuchamt – vom 9. April 2020 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 100 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1 und 2 sind Eigentümer des Fl.St. XX/24, die Beteiligte zu 3 des Fl.St. XX/25.

Im notariellen Vertrag vom 12.6.2019 einigten sie sich auf den Tausch ihrer Grundstücke. Zugleich vereinbarten sie die Bestellung von Grunddienstbarkeiten zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Fl.St. XX/8 auf dem Fl.St. XX/24 und zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Fl.St. XX/9 auf dem Fl.St. XX/25. Die Dienstbarkeiten sollten gemäß Abschnitt IV.2. des Vertrags folgenden Inhalt haben:

a) Der jeweilige Eigentümer des herrschenden Grundstücks ist befugt, das dienende Grundstück dauernd und umfassend ohne jede zeitliche Beschränkung zu begehen, sowie durch Dritte zur Aufsuchung des berechtigten Grundstücks begehen zu lassen.

b) Der Eigentümer des dienenden Grundstücks hat dem Berechtigten gegenüber keine Verkehrssicherungspflichten oder Unterhaltspflichten und umgekehrt.

Mit Schreiben vom 4.2.2020 hat der Urkundsnotar den Vollzug beantragt.

Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 9.4.2020 eine notarielle Nachtragserklärung des Inhalts gefordert, dass die vertragliche Regelung unter IV.2.b) nur als schuldrechtlich vereinbart geltend soll. Es bezieht sich dabei auf Rechtsprechung und Kommentarliteratur. Danach sei der Dienstbarkeitsberechtigte in dem durch § 1020 Satz 2 BGB beschriebenen Rahmen zur Unterhaltung und Instandsetzung verpflichtet. Bei gemeinsamer Benutzung könne die Unterhaltspflicht gemäß § 1021 BGB festgelegt werden. Ein gegenseitiger Ausschluss sei nicht vorgesehen und damit dinglich nicht sicherbar.

Gegen die Zwischenverfügung hat der Urkundsnotar mit Schreiben vom 20.4.2020 Beschwerde eingelegt. Der Wortlaut der gesetzlichen Regelung stehe einem wechselseitigen Ausschluss ebensowenig entgegen wie der sachenrechtliche Typenzwang, da die Unterhaltsverpflichtung nur eine Nebenpflicht sein könne.

Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht vorgelegt.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Insbesondere ist sie gemäß § 71 Abs. 1 GBO statthaft. Zu den Entscheidungen des Grundbuchamts im Sinne dieser Bestimmung zählen auch Zwischenverfügungen nach § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO (OLG Hamm FGPrax 2010, 177; Demharter GBO 31. Aufl. § 71 Rn. 1; Hügel/Kramer GBO 4. Aufl. § 71 Rn. 68).

2. Die Beschwerde bleibt aber in der Sache ohne Erfolg, weil die angegriffene Zwischenverfügung zu Recht ergangen ist.

a) Die begehrte Eintragung kann in der vorliegenden Fassung nicht erfolgen, weil der Ausschluss von Unterhalts- und Verkehrssicherungspflichten gemäß Abschnitt IV.2.b) des Vertrags vom 12.6.2019 nicht eintragungsfähig ist.

Der Rechtsinhalt des Begleitschuldverhältnisses zu einer Dienstbarkeit, der sich bereits aus §§ 1020 Satz 2, 1021 Abs. 1 BGB ergibt, kann nicht im Grundbuch eingetragen werden. Eine bloße Wiederholung gesetzlicher Regelungen würde das Grundbuch belasten; zudem besteht an unnötigen Einträgen kein schutzwürdiges Interesse (BayObLGZ 2000, 224/225; Senat vom 22.11.2016, 34 Wx 319/16 = NJOZ 2018, 138/139; OLG Düsseldorf OLGZ 1978, 19/20; BeckOGK/Kazele § 1018 BGB Rn. 287; Demharter Anhang zu § 13 Rn. 22; MüKoBGB/Mohr § 1018 Rn. 58).

Hier werden mit der im Vertrag vom 12.6.2019 gewählten Formulierung jegliche Unterhalts- und Verkehrssicherungspflichten wechselseitig ausgeschlossen. Soweit damit die Pflicht zur Unterhaltung einer eventuellen Anlage auf dem dienenden Grundstück aus § 1021 Abs. 1 BGB – die auch die Verkehrssicherungspflicht umfasst (OLG Hamm FGPrax 2015, 55) – gemeint sein sollte, ist die Eintragung unnötig und damit gemäß dem oben dargestellten Grundsatz unzulässig; denn diese Pflicht besteht ohnehin nur, wenn sie gemäß der genannten Vorschrift positiv vereinbart wird (OLG Hamm FGPrax 2015, 55/56). Die Erhaltungspflicht aus § 1020 Satz 2 BGB sodann, die ebenfalls im Sinne einer Unterhaltungspflicht zu verstehen ist (BGHZ 161, 115/121; OLG Hamm FGPrax 2015, 55/56; BeckOGK/Kazele § 1020 BGB Rn. 73; MüKoBGB/Mohr § 1020 Rn. 12), trifft nur den Dienstbarkeitsberechtigten, für den Eigentümer hingegen besteht in diesem Zusammenhang selbst dann keine primäre Unterhaltungspflicht gegenüber dem Berechtigten, wenn er das Recht zur Mitbenutzung der Anlage hat (OLG Hamm FGPrax 2015, 55; vgl. auch BGHZ 161, 115). Insoweit geht also der vereinbarte Ausschluss ebenfalls ins Leere, weshalb die begehrte Eintragung auch unter diesem Aspekt unnötig und somit unzulässig ist. Eine Eintragung schließlich nur des Ausschlusses der den Dienstbarkeitsberechtigten treffenden Unterhaltungspflicht aus § 1020 Satz 2 BGB scheidet hier jedenfalls deshalb aus, weil dieser Ausschluss aufgrund der Wechselseitigkeit in einem inneren Zusammenhang mit dem Ausschluss aller anderen Unterhaltungspflichten steht und nicht ersichtlich ist, dass eine nur teilweise Eintragung des Vereinbarten dem Willen der Parteien entspräche. Ob ein Ausschluss dieser Pflicht ungeachtet des sachenrechtlichen Typenzwangs grundsätzlich möglich wäre, kann somit dahingestellt bleiben.

b) Auch unter verfahrensrechtlichen Aspekten bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die angegriffene Zwischenverfügung.

Das Grundbuchamt ist gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO berechtigt, eine solche zu erlassen, wenn das Eintragungshindernis rückwirkend behoben werden kann. Im vorliegenden Fall lässt sich das Fehlen der Eintragungsfähigkeit durch die genannte notarielle Nachtragserklärung beseitigen. In der Sache würde damit der Eintragungsantrag nur bezüglich einer Nebenbestimmung beschränkt und behielte folglich im Übrigen seine rangwahrende Wirkung (vgl. BayObLG Rpfleger 1976, 181; Hügel/Zeiser § 18 Rn. 18; Demharter § 18 Rn. 27).

III.

1. Eine Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens konnte unterbleiben, weil die Beteiligten diese gemäß § 22 Abs. 1 GNotKG schon kraft Gesetzes zu tragen haben.

2. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf §§ 79 Abs. 1 Satz 1, 61 Abs. 1 Satz 1, 36 Abs. 1 GNotKG. Im Falle einer Zwischenverfügung bemisst er sich nach dem Aufwand für die Beseitigung des Hindernisses (BayObLG NJW-RR 2002, 432), den der Senat hier auf 100 € schätzt.

3. Grund zur Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 78 Abs. 2 Satz 1 GBO bestand nicht.

 

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