Eine Mutter schenkte ihrem Sohn 2007 eine Villa und sicherte dies mit einer Auflassungsvormerkung. Neun Jahre später wurde der strittige Bewertungsstichtag für die Schenkungsteuer relevant. Das Finanzgericht musste klären, ob diese dingliche Sicherung bereits die Steuer auslöste oder die spätere Geldabfindung das entscheidende Element war.
Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Die Urteilslogik
- Experten Kommentar
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Zählt bei der Schenkungsteuer das notarielle Versprechen oder die tatsächliche Zuwendung?
- Muss ich eine Abfindung für den Verzicht auf eine zukünftige Schenkung versteuern?
- Was muss ich tun, damit eine Grundstücksschenkung steuerlich als sofort ausgeführt gilt?
- Gilt eine Vormerkung im Grundbuch oder ein Anwartschaftsrecht als steuerpflichtige Bereicherung?
- Wie bestimme ich den steuerlichen Stichtag bei einer bedingten oder aufgeschobenen Schenkung?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 14 K 14153/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
- Datum: 28.05.2025
- Aktenzeichen: 14 K 14153/24
- Verfahren: Klage
- Rechtsbereiche: Schenkungsteuer, Erbschaftsteuerrecht, Grundstücksrecht
- Das Problem: Eine Mutter machte ihrem Sohn ein notarielles Schenkungsangebot für ein Grundstück, das er vertraglich erst Jahre später annehmen durfte. Als die Mutter das Grundstück verkaufte, zahlte sie ihm stattdessen einen Teil des Kaufpreises aus. Sie stritten darüber, ob die Schenkungsteuer den niedrigeren Wert des ursprünglichen Angebots (2007) oder den höheren Wert der tatsächlichen Auszahlung (2016) zugrunde legen muss.
- Die Rechtsfrage: Muss die Schenkungsteuer auf Basis des Grundstückswerts im Jahr des ursprünglichen Angebots (2007) oder auf Basis der tatsächlichen Kaufpreiszahlung Jahre später (2016) berechnet werden?
- Die Antwort: Die Klage wurde abgewiesen. Die Schenkung wurde erst durch die Auszahlung des Kaufpreisanteils im Jahr 2016 vollzogen. Das Angebot von 2007 war nicht steuerlich relevant, weil der Sohn die Eintragung als Eigentümer vertraglich nicht sofort bewirken konnte.
- Die Bedeutung: Für die Entstehung der Schenkungsteuer zählt der Zeitpunkt, an dem der Beschenkte die Übertragung des Vermögensgegenstands tatsächlich jederzeit erzwingen kann. Eine vertraglich verzögerte Annahmemöglichkeit verschiebt die Steuerpflicht bis zur tatsächlichen, späteren Vermögensverschiebung zum dann geltenden Wert.
Der Fall vor Gericht
Wann genau ist ein Geschenk gemacht – beim Versprechen oder beim Auspacken?

Manchmal ist Geduld eine Tugend. Für einen Sohn schien sie sich auszuzahlen. Im Jahr 2007 machte ihm seine Mutter ein unwiderrufliches Schenkungsangebot für eine Villa, gesichert im Grundbuch, aber erst in 20 Jahren annehmbar. Als die Mutter die Immobilie neun Jahre später für einen Spitzenpreis verkaufte, stimmte der Sohn dem Deal zu. Im Gegenzug für die Löschung seines Anspruchs floss ein Drittel des Kaufpreises direkt auf sein Konto – ein cleverer Deal, so schien es. Jahre später meldete sich das Finanzamt. Es ging nicht darum, ob eine Schenkung stattgefunden hatte, sondern wann. Und dieser Unterschied im Timing sollte über 160.000 Euro an Steuern entscheiden.
Warum war der Sohn überzeugt, die Schenkung sei bereits 2007 erfolgt?
Der Sohn stützte seine gesamte Argumentation auf das notarielle Dokument aus dem Jahr 2007. Seine Logik war klar: Seine Mutter hatte ihm und seinem Bruder ein unwiderrufliches Angebot gemacht. Dieses Versprechen war keine leere Geste. Es wurde durch eine sogenannte Auflassungsvormerkung im Grundbuch abgesichert. Ein solcher Eintrag wirkt wie eine Reservierung. Er schützt den zukünftigen Käufer oder Beschenkten davor, dass der Eigentümer das Grundstück anderweitig verkauft oder belastet.
Für den Sohn war dieser Moment entscheidend. Er hatte eine rechtlich unentziehbare Position erlangt – ein Anwartschaftsrecht. Aus seiner Sicht war das Vermögen bereits 2007 auf ihn übergegangen, wenn auch mit einer langen Wartezeit. Folglich müsse die Schenkungsteuer auf Basis des damaligen Grundstückswerts von 1.180.000 Euro berechnet werden. Sein hälftiger Anteil betrug demnach 590.000 Euro. Die spätere Auszahlung im Jahr 2016 sah er nicht als neue Schenkung. Es war für ihn lediglich eine Abfindung, ein Austauschmittel für das Recht, das er bereits besaß.
Wie begründete das Finanzamt seine Forderung?
Das Finanzamt sah den Fall aus einem anderen Blickwinkel. Für die Entstehung der Schenkungsteuer ist laut Gesetz der Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung entscheidend (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, ErbStG). Ein reines Versprechen, selbst wenn es notariell beurkundet ist, reicht nicht aus. Die entscheidende Frage lautet: Wann ist der Beschenkte wirklich reicher geworden?
Die Beamten argumentierten, dass 2007 noch keine wirkliche Vermögensverschiebung stattgefunden hatte. Der Sohn konnte das Geschenk nicht annehmen. Der Vertrag verbot ihm die Annahme explizit bis zum Jahr 2027. Er hatte keine Möglichkeit, die Eigentumsumschreibung im Grundbuch zu erzwingen. Seine im Grundbuch eingetragene Vormerkung war eine Sicherung für die Zukunft, aber noch kein gegenwärtiger Reichtum.
Der Moment der tatsächlichen Bereicherung kam erst 2016. Mit dem Verkauf des Grundstücks leitete die Mutter einen Teil des Kaufpreises direkt an ihren Sohn weiter. Das war aus Sicht des Finanzamts eine Freigebige Zuwendung von Geld (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). An diesem Tag floss das Vermögen. Auf diesen Betrag musste die Steuer berechnet werden.
Welcher Logik folgte das Finanzgericht in seiner Entscheidung?
Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg wies die Klage des Sohnes ab und folgte der Argumentation des Finanzamts. Die Richter zerlegten den Fall in zwei zentrale Fragen.
Die erste Frage: Wurde die Schenkung bereits 2007 ausgeführt? Die Antwort des Gerichts war ein klares Nein. Eine Grundstücksschenkung gilt steuerrechtlich erst dann als ausgeführt, wenn der Beschenkte alles Nötige in der Hand hat, um die Eigentumsumschreibung im Grundbuch selbstständig zu bewirken. Er muss die Macht haben, den finalen Schritt jederzeit zu vollziehen. Genau diese Macht fehlte dem Sohn. Der Vertrag band ihm die Hände bis 2027. Das Anwartschaftsrecht und die Vormerkung änderten daran nichts, weil ihre Ausübung in eine ferne Zukunft verschoben war. Es gab 2007 also keine vollendete Schenkung.
Die zweite Frage: War die Zahlung von 2016 eine steuerpflichtige Schenkung? Auch hier war die Antwort des Gerichts ein klares Ja. Die Mutter war rechtlich nicht verpflichtet, ihrem Sohn einen Teil des Verkaufserlöses zu überlassen. Sie tat es freiwillig. Der Sohn wiederum erbrachte keine Gegenleistung, die diesen Geldfluss zu einem Tauschgeschäft gemacht hätte.
Hier lag der Denkfehler des Klägers. Er glaubte, sein Verzicht auf die zukünftige Schenkung sei eine wertvolle Gegenleistung. Das Gericht sah das anders. Der Verzicht auf einen Anspruch, der von einer aufschiebenden Bedingung abhängt – hier das Verstreichen der Zeit bis 2027 –, wird steuerlich nicht als Gegenleistung anerkannt. Im Klartext bedeutet das: Wer auf eine bloße Chance oder eine ferne, unsichere Erwerbsaussicht verzichtet, erbringt keine Leistung, die den Charakter einer Schenkung aufheben könnte. Die gezahlte Abfindung selbst wird steuerlich wie eine Schenkung behandelt. Die Richter sahen die Zahlung als das, was sie war: eine unentgeltliche Zuwendung von der Mutter an den Sohn im Jahr 2016. Die Höhe der Steuer wurde korrekt auf Basis des tatsächlich geflossenen Geldbetrages berechnet.
Die Urteilslogik
Das Recht bewertet eine Schenkung nicht nach dem Zeitpunkt des Versprechens, sondern nach dem Moment der tatsächlichen Vermögensverschiebung.
- Steuerrechtliche Vollziehung der Schenkung: Eine Grundstücksschenkung gilt steuerrechtlich erst dann als ausgeführt, wenn der Empfänger die uneingeschränkte Rechtsmacht besitzt, die Eigentumsumschreibung im Grundbuch jederzeit selbst zu bewirken. Ein notarielles Versprechen oder eine Auflassungsvormerkung, deren Annahme vertraglich in eine ferne Zukunft verschoben wird, löst die Steuerpflicht noch nicht aus.
- Abfindung gilt als freigebige Zuwendung: Wer auf eine künftige oder bedingte Erwerbsaussicht verzichtet, erbringt hierfür steuerrechtlich keine entgeltliche Gegenleistung. Gleicht der Schenker diesen Verzicht durch eine direkte Geldzahlung aus, behandelt das Gesetz diese Abfindung als eine neue, unentgeltliche Zuwendung und besteuert sie zum Zeitpunkt ihres tatsächlichen Zuflusses.
Für die Bemessung der Schenkungsteuer entscheidet allein der Tag, an dem der Empfänger über den Vermögenswert frei verfügen kann.
Experten Kommentar
Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass eine notarielle Absicherung im Grundbuch dasselbe ist wie eine vollzogene Schenkung. Dieses Urteil zieht eine klare rote Linie: Der Bewertungsstichtag für die Schenkungsteuer richtet sich nicht nach dem Versprechen, sondern nach dem Moment, in dem der Beschenkte die tatsächliche Macht zur Eintragung im Grundbuch hat. Solange die vertragliche Annahme gesperrt ist, bleibt die Auflassungsvormerkung nur eine Sicherung und löst die Steuer nicht aus. Für die Praxis bedeutet das: Wird ein solcher gesicherter, aber noch nicht ausführbarer Anspruch später abgefunden, wird dieser Geldfluss als eigenständige, freigebige Zuwendung zum aktuellen Wert besteuert.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Zählt bei der Schenkungsteuer das notarielle Versprechen oder die tatsächliche Zuwendung?
Für die Entstehung der Schenkungsteuer ist nicht das Datum der notariellen Urkunde entscheidend, sondern der Zeitpunkt der tatsächlichen Ausführung der Zuwendung. Steuerrechtlich zählt gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ausschließlich der Moment, in dem Sie als Beschenkter wirklich über das Vermögen verfügen können. Wenn ein reines Versprechen Jahre später durch einen deutlich wertvolleren Vermögenszufluss ersetzt wird, bemisst sich die Steuer nach dem späteren, höheren Wert.
Ein bloßes, notariell beurkundetes Versprechen begründet keine Steuerschuld, solange keine wirkliche Vermögensverschiebung stattgefunden hat. Die Finanzbehörden prüfen stets, wann der Beschenkte tatsächlich reicher geworden ist. Bei Immobilien ist eine Schenkung erst ausgeführt, wenn der Beschenkte die alleinige, bedingungslose Macht zur Erzwingung der Eigentumsumschreibung im Grundbuch besitzt. Fehlt diese Verfügungsmacht, weil die Annahme durch vertragliche Fristen aufgeschoben wird, findet keine steuerliche Verschiebung statt.
Dieser Unterschied im Timing ist kritisch, weil er das Bewertungsrisiko verschiebt. Wenn ein Vertrag die Annahme für viele Jahre blockiert, fixiert er nicht den niedrigeren Wert der Immobilie zum Zeitpunkt des Versprechens. Stattdessen setzt das Finanzamt bei der tatsächlichen Ausführung den aktuellen, möglicherweise wesentlich höheren Verkehrswert an. Wer eine vermeintlich gesicherte Schenkung in der Hand hält, riskiert Jahre später sechsstellige Steuernachforderungen.
Überprüfen Sie daher alle Schenkungsurkunden auf explizite Klauseln, die die Annahme oder die tatsächliche Übertragung des Eigentums zeitlich aufschieben.
Muss ich eine Abfindung für den Verzicht auf eine zukünftige Schenkung versteuern?
Ja, die Abfindung müssen Sie versteuern. Der Verzicht auf einen künftigen, bedingten Schenkungsanspruch wird steuerrechtlich nicht als relevante Gegenleistung anerkannt, welche die Steuerpflicht aufheben könnte. Die erhaltene Barzahlung gilt stattdessen als neue, freigebige Zuwendung und unterliegt der Schenkungsteuer. Man dachte, man hätte ein steuerneutrales Tauschgeschäft vollzogen, doch das Finanzamt betrachtet den Geldfluss als eine eigenständige Schenkung.
Der zentrale Punkt liegt in der Bedingung, an die der ursprüngliche Anspruch geknüpft war, beispielsweise eine lange Wartezeit bis zum Jahr 2027. Da der Anspruch noch in der fernen Zukunft lag und zeitlich aufgeschoben war, galt er steuerlich als eine bloße Chance oder eine unsichere Erwerbsaussicht. Wer auf solch eine unsichere Position verzichtet, erbringt nach Ansicht der Gerichte keine Leistung von aktuellem Wert. Der Verzicht ist somit keine adäquate Gegenleistung, welche den Schenkungscharakter der Abfindung aufheben könnte.
Die an den Beschenkten geflossene Abfindung betrachtet das Finanzamt deshalb als eine unentgeltliche Zuwendung von Vermögen im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Da der Schenker die Zahlung freiwillig leistete und nicht rechtlich dazu verpflichtet war, liegt eine neue Barschenkung vor. Die Steuerbemessung erfolgt auf Basis des tatsächlich gezahlten Geldbetrages im Zeitpunkt des Zuflusses. Der ursprüngliche, möglicherweise niedrigere Wert der versprochenen Sache spielt keine Rolle mehr.
Prüfen Sie unbedingt, ob Ihr ursprünglicher Anspruch bereits vollzogen war, sonst müssen Sie die Abfindungssumme vollständig versteuern.
Was muss ich tun, damit eine Grundstücksschenkung steuerlich als sofort ausgeführt gilt?
Um den steuerlichen Bewertungszeitpunkt einer Immobilienschenkung in die Gegenwart zu ziehen, müssen Sie dem Beschenkten die vollständige und sofortige Verfügungsmacht über das Grundstück übertragen. Die Schenkung gilt erst als ausgeführt, wenn der Beschenkte die Umschreibung im Grundbuch jederzeit selbstständig und ohne Ihre weitere Mitwirkung bewirken kann. Es ist strategisch notwendig, jede aufschiebende Bedingung im Schenkungsvertrag zu eliminieren.
Der Gesetzgeber knüpft die Entstehung der Schenkungsteuer an den Zeitpunkt der tatsächlichen Ausführung der Zuwendung. Ein reines notarielles Versprechen oder eine Reservierung im Grundbuch reicht nicht aus, wenn die Vollziehung zeitlich begrenzt ist. Gerichte stellen fest: Wenn dem Beschenkten die Macht zur sofortigen Eintragung fehlt, weil der Vertrag ihm die Annahme erst in zehn Jahren erlaubt, liegt keine gegenwärtige Bereicherung vor. Das bedeutet, das Schenkungsversprechen hat noch nicht zu einer steuerrelevanten Verschiebung von Vermögen geführt.
Damit die Ausführung als sofort gilt, müssen Sie die notarielle Auflassung (die dingliche Einigung über den Eigentumsübergang) unwiderruflich erklären. Gleichzeitig müssen Sie sicherstellen, dass dem Beschenkten die Macht zur Beantragung der Grundbucheintragung nicht entzogen wird. Liegt die Vollzugsmacht – alle notwendigen Dokumente für die Eigentumsübertragung – bedingungslos in seiner Verfügungsgewalt, gilt die Schenkung steuerlich als vollzogen, selbst wenn die tatsächliche Eintragung formal noch einige Tage dauert.
Bitten Sie Ihren Notar, die Schenkung so zu formulieren, dass alle Hindernisse für eine sofortige und unwiderrufliche Eigentumsumschreibung beseitigt sind.
Gilt eine Vormerkung im Grundbuch oder ein Anwartschaftsrecht als steuerpflichtige Bereicherung?
Nein, eine im Grundbuch eingetragene Auflassungsvormerkung führt allein noch nicht zur Entstehung der Schenkungsteuer. Die Vormerkung dient primär als zivilrechtliches Sicherungsmittel, um den späteren Anspruch gegen Dritte zu schützen. Steuerrechtlich fehlt in diesem Stadium die notwendige gegenwärtige Bereicherung des Beschenkten, solange die Schenkung an eine Bedingung geknüpft ist.
Das deutsche Steuerrecht stellt für die Schenkungsteuer nicht auf das notarielle Versprechen ab, sondern auf die tatsächliche Ausführung der Zuwendung (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). Ein Anwartschaftsrecht stellt zwar eine rechtlich unentziehbare Position dar. Es sichert jedoch lediglich einen künftigen Anspruch, solange der Beschenkte die Übertragung nicht sofort und bedingungslos erzwingen kann. Solange die Ausübung dieses Rechts zeitlich verschoben wird, liegt steuerlich noch keine vollständige Vermögensverschiebung vor.
Im Kontext einer Immobilienschenkung muss der Beschenkte die unbedingte Verfügungsmacht über das Eigentum erlangen. Die Auflassungsvormerkung blockiert zwar einen anderweitigen Verkauf durch den Schenker, gibt dem Begünstigten aber nicht automatisch die Macht, die Umschreibung im Grundbuch zu erwirken. Fehlt die Möglichkeit der sofortigen Annahme, setzt der Steuervollzug erst in dem Moment ein, in dem der Beschenkte das Vermögen tatsächlich erhält oder dessen Ersatz annimmt.
Planen Sie eine Schenkung mit Vormerkung, stellen Sie sicher, dass der Vertrag alle Hürden für eine sofortige Annahme ausräumt, um den steuerlichen Stichtag in die Gegenwart zu legen.
Wie bestimme ich den steuerlichen Stichtag bei einer bedingten oder aufgeschobenen Schenkung?
Bei Schenkungen zählt steuerrechtlich nicht das notarielle Versprechen, sondern der Zeitpunkt der tatsächlichen Ausführung der Zuwendung. Der steuerliche Stichtag fällt auf den Tag, an dem die Bereicherung beim Empfänger eintritt. Das ist entweder der Zeitpunkt, an dem die vereinbarte Aufschiebende Bedingung wegfällt, oder der Beschenkte die volle, uneingeschränkte Verfügungsmacht über das Vermögen erlangt.
Der Grund für diese strenge Auslegung ist, dass das Erbschaftsteuergesetz die Besteuerung konsequent an den tatsächlichen Vermögenszuwachs knüpft. Solange der Schenker die Kontrolle über das Gut behält oder die Zuwendung an eine lange Wartezeit gebunden ist, liegt nur ein unverbindliches Anwartschaftsrecht vor. Der Wertansatz für die Schenkungsteuer richtet sich nach dem Verkehrswert des Vermögens exakt an diesem Ausführungs-Stichtag. Steigt der Wert der Immobilie bis dahin stark an, verschiebt sich auch die Steuerlast in die Höhe, was große finanzielle Auswirkungen haben kann.
Wird eine ursprünglich bedingte Grundstücksschenkung später durch einen Ersatzwert abgelöst, entsteht die Steuerpflicht erst durch diesen Ersatz. Konkret: Eine Barabfindung für den Verzicht auf den ursprünglichen Anspruch wird als eine neue, freigebige Geldschenkung gewertet. Der steuerliche Stichtag ist dann der Tag des Geldeingangs. Die gesamte Abfindungssumme ist zu diesem Zeitpunkt neu zu bewerten und zu versteuern, unabhängig vom niedrigeren Wert des ursprünglichen Versprechens.
Notieren Sie bei jedem tatsächlichen Vermögenszufluss das genaue Datum, da dieses der maßgebliche steuerliche Stichtag für die Wertermittlung und die Meldepflicht beim Finanzamt ist.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Anwartschaftsrecht
Juristen sprechen von einem Anwartschaftsrecht, wenn jemand eine rechtlich unentziehbare Position erlangt hat, aus der heraus er den späteren Eigentumserwerb jederzeit selbstständig vollziehen kann. Obwohl es zivilrechtlich bereits als Vermögenswert gilt, muss für die Schenkungsteuer geprüft werden, ob die notwendige Verfügungsmacht bereits vorliegt, damit der steuerliche Stichtag ausgelöst wird.
Beispiel: Der Sohn glaubte, das 2007 durch die Vormerkung entstandene Anwartschaftsrecht fixiere bereits den niedrigeren Verkehrswert der Villa für die Schenkungsteuer.
Auflassungsvormerkung
Eine Auflassungsvormerkung ist ein im Grundbuch eingetragener Vermerk, der den Anspruch auf die künftige Übertragung des Eigentums an einem Grundstück gegen Dritte absichert. Das Gesetz schützt damit den Begünstigten davor, dass der aktuelle Eigentümer die Immobilie in der Zwischenzeit an jemand anderen verkauft oder sie unerlaubt belastet.
Beispiel: Im vorliegenden Fall diente die Auflassungsvormerkung lediglich der Sicherung des Anspruchs des Sohnes, stellte aber noch keine steuerrechtlich relevante Bereicherung im Jahr 2007 dar.
Aufschiebende Bedingung
Die aufschiebende Bedingung hält die Rechtswirkung eines Vertrages oder eines Versprechens solange in der Schwebe, bis ein bestimmtes, künftiges und ungewisses Ereignis eintritt. Sie erlaubt den Vertragsparteien, die Vollziehung einer Rechtshandlung – hier die Annahme der Schenkung – bewusst in die Zukunft zu verschieben, ohne den Vertrag ungültig zu machen.
Beispiel: Da der Schenkungsvertrag die Annahme der Villa bis 2027 verbot, war die lange Wartezeit für das Finanzgericht eine entscheidende aufschiebende Bedingung, welche die steuerliche Ausführung der Schenkung verhinderte.
Ausführung der Zuwendung
Die Ausführung der Zuwendung ist im Schenkungsteuerrecht der maßgebliche Zeitpunkt, an dem die tatsächliche Vermögensverschiebung vom Schenker auf den Beschenkten vollzogen wird. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG knüpft der Gesetzgeber die Entstehung der Schenkungsteuer konsequent an diesen Moment der tatsächlichen Bereicherung, nicht an das Datum des bloßen Versprechens.
Beispiel: Das Finanzamt argumentierte, die Ausführung der Zuwendung sei nicht 2007 mit dem notariellen Versprechen, sondern erst 2016 mit dem Zufluss des Bargeldes erfolgt.
Freigebige Zuwendung
Eine freigebige Zuwendung liegt immer dann vor, wenn jemand einen anderen ohne rechtliche Verpflichtung und ohne eine entsprechende Gegenleistung aus seinem Vermögen bereichert. Juristisch beschreibt dieser Begriff den Akt der Schenkung im weitesten Sinne, welcher steuerpflichtig nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist, sofern er nicht durch eine gleichwertige Leistung des Empfängers ausgeglichen wird.
Beispiel: Die Auszahlung eines Teils des Verkaufserlöses an den Sohn im Jahr 2016 wertete das Gericht als eine neue freigebige Zuwendung, da der Sohn keine steuerlich anerkannte Gegenleistung für den Geldfluss erbrachte.
Verfügungsmacht
Verfügungsmacht bezeichnet die rechtliche Befugnis des Beschenkten, unmittelbar und ohne weitere Mitwirkung des Schenkers über das Vermögen zu entscheiden und die Umschreibung notfalls gerichtlich zu erzwingen. Nur wenn der Empfänger die unbedingte Verfügungsmacht besitzt, gilt eine Schenkung steuerrechtlich als ausgeführt, da erst dann die gegenwärtige Bereicherung unwiderruflich eingetreten ist.
Beispiel: Dem Sohn fehlte die notwendige Verfügungsmacht über die Villa im Jahr 2007, weil der Schenkungsvertrag ihm die Annahme des Eigentums bis zum Ablauf der 20-Jahres-Frist untersagte.
Das vorliegende Urteil
Finanzgericht Berlin-Brandenburg – Az.: 14 K 14153/24 – Urteil vom 28.05.2025
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