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Beurkundungspflicht Notar – Ablehnung wegen Nichtvorlage gültiger amtlicher Ausweis

LG Dessau-Roßlau – Az.: 6 T 37/20 – Beschluss vom 09.04.2020

Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Bescheid des Notars …, …, vom 06.02.2020 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Geschäftswert: 6.000,00 €.

Gründe

I.

Der Beteiligte strebt als Handelnder für die Stiftung die Beurkundung eines Grundstückserwerbes an.

Der Notar hat die Eröffnung eines solchen Beurkundungsverfahrens unter dem 06.02.2020 mit der Begründung abgelehnt, eine notwendige Identitätsfeststellung könne nicht erfolgen. Diese knüpfe an die Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 1 GwG an, und zur Feststellung der Person des wirtschaftlich Berechtigten sei zudem die Vorlage einer Eigentümer- und Kontrollstruktur der Erwerberkonstellation notwendig, die einen Abgleich mit einer Anmeldung im öffentlichen Transparenzregister ermögliche. Auch müsse die Mittelherkunft schlüssig belegt werden. Hinsichtlich der weitergehenden Begründung wird auf Bl. 4 d.A. inhaltlich Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich der Beteiligte mit seiner Beschwerde vom 26.02.2020, die bei dem Landgericht Dessau-Roßlau am 28.02.2020 eingegangen ist, mit der Begründung, dass eine Identitätsprüfung nicht erfolgen könne, sei ebenso konstruiert wie die fehlende Nachvollziehbarkeit der Erwerberkonstellation. Erwerber des Grundstückes sei die nicht rechtsfähige Stiftung …, deren Bestehen mit den – jederzeit öffentlich zugänglichen und einsehbaren – Urkunden Nr. 585/2013 und 669/2013 des Notars …, …, bestätigt werde. Nach Auffassung des Beteiligten sei die Feststellung seiner Identität weder fraglich noch problematisch, weil er amtsbekannt, gerichtsbekannt, dem Notar seit Jahren persönlich bekannt und in den lokalen und auch überregionalen Medien präsent sei. Nach Sinn und Zweck des Geldwäschebekämpfungsgesetzes sei es reine Förmelei, von dem Beteiligten einen gültigen amtlichen Lichtbildausweis zu verlangen, weil es amtsbekannt sei, dass er einen solchen der Bundesrepublik Deutschland seit Jahren nicht mehr besitze. Dies sei auch nicht erforderlich, weil seine Identität in geeigneter Weise über andere Nachweise festzustellen sei, wie es in § 11 Abs. 3 und Abs. 5 GwG vorgesehen sei, und er bietet an, alle Angaben gemäß § 11 Abs. 4 GwG zu machen und auch in geeigneter Weise belegen zu können. Überdies sei er als Staatsoberhaupt eine „exponierte Person“ gemäß § 1 Abs. 12 Nr. 1 a) GwG, weil amtsbekannt sei, „(…) dass Wir, …, Menschensohn des … und der …, aus dem Hause …, zugleich Oberster Souverän des … sind.“ Mit der Auffassung, sie erfüllten die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Nr. 1 GwG, legt er seinen „Diplomatenpass“ und seinen internationalen Pressepass in Mehrfertigung vor. Insoweit wird auf die Anlagen 3 und 4, Bl. 18f. d.A., inhaltlich Bezug genommen. Da er der einzig für die Stiftung Handelnde sei, erübrigten sich auch die Vermutungen zu „Strohmännern“ und „Umgehungskonstellation“, und er könne die Mittelherkunft für den Erwerb belegen. Hierzu überreicht er die Mehrfertigung eines Sparbucheintrages vom 17.03.2019 bis 16.04.2019 mit einem Kontostand in Höhe von 67.515,20 €. Dieser Betrag, so der Beteiligte, decke alle Kosten des Grundstückserwerbs.

Der Notar hat dem Rechtsmittel unter dem 11.03.2020 nicht abgeholfen. Auf Bl. 34 d.A. wird inhaltlich Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Beteiligten ist zulässig.

Sie ist nach § 15 Abs. 2 BNotO statthaft, und die Beschwerdeschrift ist form- und fristgerecht gemäß § 63 Abs. 3 S. 2 FamFG eingegangen.

Die Beschwerde hat aber in der Sache keinen Erfolg. Denn der Notar hat mit Bescheid vom 06.02.2020 zu Recht die Einleitung eines Beurkundungsverfahrens abgelehnt.

Grundsätzlich besteht für den Notar eine Amtspflicht zur Identitätsfeststellung. Diese ist in § 10 Abs. 2 BeurkG vorausgesetzt, und nach § 26 Abs. 1 S. 1 DONot hat der Notar die Feststellung „mit besonderer Sorgfalt“ zu treffen. Der Bundesgerichtshof hat bereits in seiner Entscheidung vom 20.03.1956 (III ZR 11/55) ausgeführt: „(…) Nach ständiger Rechtsprechung des Reichsgerichts, der sich der Senat anschließt, hat ein Notar mit Rücksicht auf die außerordentliche Bedeutung seiner Amtshandlungen für das Rechtsleben, den öffentlichen Glauben notarieller Urkunden und die Sicherheit des Rechtsverkehrs auf die zweifelsfreie Feststellung der vor ihm erschienenen Personen die äußerste Sorgfalt zu verwenden. Deshalb muß sich der Notar in der Regel einen amtlichen, mit Lichtbild versehenen Ausweis vorlegen lassen, wenn der Erschienene ihm nicht persönlich bekannt ist oder von zuverlässigen Personen vorgestellt wird (RGZ 81, 125; 124, 62; 156, 82; JW 1936, 1956). Die Dienstordnung für Notare vom 5. Juni 1937 (DJ S 874) wiederholt diese Grundsätze in §§ 31, 36 ausdrücklich. (…)“ (zitiert nach juris). Dabei ist die Gültigkeit des Ausweises nicht zwingend.

Strengere Identifizierungspflichten stellt hingegen das Geldwäschegesetz für § 2 Abs. 1 Nr. 10 a) aa) GwG unterliegende und wie im vorliegenden Fall beabsichtigte Beurkundungen auf; denn nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 GwG ist eine Identifizierung bei natürlichen Personen nur aufgrund eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses möglich. Bei einer juristischen Person ist der Notar nunmehr sogar verpflichtet, deren Eigentums- und Kontrollstruktur mit angemessenen Mitteln in Erfahrung zu bringen, § 3 Abs. 2 GwG. Schließlich hat sich auch bei Stiftungen und Rechtsgestaltungen, mit denen treuhänderisch Vermögen verwaltet oder verteilt oder die Verwaltung oder Verteilung durch Dritte beauftragt wird, oder bei diesen vergleichbaren Rechtsformen, die natürliche Person, die als Treugeber, Verwalter von Trusts oder Protektor, sofern vorhanden, handelt, oder die Mitglied des Vorstands der Stiftung ist, als wirtschaftlich Berechtigte i.S.v. § 3 Abs. 1 GwG gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1 GwG mittels eines gültigen amtlichen Ausweises, der ein Lichtbild des Inhabers enthält und mit dem die Pass- und Ausweispflicht im Inland erfüllt wird, insbesondere anhand eines inländischen oder nach ausländerrechtlichen Bestimmungen anerkannten oder zugelassenen Passes, Personalausweises oder Pass- oder Ausweisersatzes, § 12 Abs. 1 Nr. 1 GwG, auszuweisen.

Nach diesen Grundsätzen ist auf den Beschwerdeführer als i.S.v. § 3 GwG durch den beabsichtigten und der notariellen Beurkundung bedürfenden Grundstückserwerb wirtschaftlich Berechtigten abzustellen. Jener hat sich gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1 GwG mittels eines gültigen amtlichen Ausweises, der ein Lichtbild des Inhabers enthält und mit dem die Pass- und Ausweispflicht im Inland erfüllt wird, zur Identitätsüberprüfung auszuweisen. Dem wird der Ausweis des Beschwerdeführers nicht gerecht. Denn es handelt sich nicht um einen amtlichen Ausweis, mit dem die Pass- und Ausweispflicht in der Bundesrepublik Deutschland erfüllt wird. Ein im Ausweis als ausstellende Behörde genanntes „… zu …“, mithin ein …, ist völkerrechtlich nicht anerkannt, so dass der von dem Beschwerdeführer in Mehrfertigung vorgelegte „Diplomatenpass“ weder den Anforderungen des § 10 Abs. 2 BeurkG i.V.m. § 26 Abs. 1 DONot, noch des § 11 Abs. 1 Nr. 1 GwG genügt. Mangels völkerrechtlicher Anerkennung handelt es sich bei dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Ausweis auch um keinen nach ausländerrechtlichen Bestimmungen anerkannten oder zugelassenen Pass.

Daher hat der Notar nicht gegen seine Beurkundungspflicht aus § 15 BeurkG verstoßen. Vielmehr ist er seiner Identifizierungspflicht nach dem Geldwäschegesetz nachgekommen, indem er eine Identifizierung an Hand des von dem Beschwerdeführer vorgelegten Ausweises als nicht gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1 GwG erfolgt angesehen hat. Denn Sinn der Identitätsprüfung ist es zu vermeiden, dass ein Unbefugter Erklärungen abgibt. Da es aber nicht Aufgabe der Urkundsperson ist zu ermitteln, ob der Erschienene die in einem amtlichen Dokument enthaltenen Personalien zu Recht führt (Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 16.11.2004, 1Z BR 087/04; zitiert nach juris), kann dahinstehen, ob der Beschwerdeführer amtsbekannt ist. Es stellt jedenfalls keine reine Förmelei dar, wenn der Notar die Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten auf Recht und Gesetz stützt.

Des weiteren ist die Identität auch nicht durch andere Nachweise festzustellen, wie z.B. durch den internationalen Presseausweis des Beschwerdeführers. Denn weder § 11 Abs. 3, noch § 11 Abs. 5 GwG sehen eine solche Möglichkeit vor, und der Presseausweis fällt nicht unter § 12 Abs. 1 Nr. 2 – 5 GwG.

Ebenso kann dahinstehen, ob der Beschwerdeführer eine „exponierte Person“ gemäß § 1 Abs. 12 Nr. 1 a) GwG ist. Denn jedenfalls enthebt das Geldwäschegesetz den Notar nicht von seiner ihm obliegenden Pflicht, auch Personen nach § 1 Abs. 12 Nr. 1 a) GwG zu identifizieren.

Letztlich hat der Notar auch nicht von der Identifizierung gemäß § 11 Abs. 3 GwG absehen können. Denn er hat den Beschwerdeführer nicht bereits bei früherer Gelegenheit im Rahmen der Erfüllung seiner Sorgfaltspflichten identifiziert und die dabei erhobenen Angaben aufgezeichnet.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG.

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf §§ 61 Abs. 1, 47 S. 1 GNotKG und bemisst sich an dem Interesse des Beteiligten an der Beurkundung eines Grundstückskaufvertrages, welches die Beschwerdekammer mit 10 % des auf 60.000,00 € geschätzten Kaufpreises bemessen hat.

IV.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen; denn die Voraussetzungen aus § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor.

 

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