Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Beurkundungsmangel im Insolvenzverfahren: Risiken und rechtliche Folgen
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche Formvorschriften muss ein Tabellenauszug aus der Insolvenztabelle erfüllen?
- Was passiert, wenn der Tabellenauszug Formfehler aufweist?
- Wie kann ein fehlerhafter Tabellenauszug korrigiert werden?
- Ab wann gilt ein Tabellenauszug als vollstreckbarer Titel?
- Welche Besonderheiten gelten bei der Pfändung aus einem Tabellenauszug?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Würzburg
- Datum: 29.10.2019
- Aktenzeichen: 52 T 1823/19
- Verfahrensart: Beschwerdeverfahren
- Rechtsbereiche: Zwangsvollstreckungsrecht, Insolvenzrecht
Beteiligte Parteien:
- Gläubiger: Der Gläubiger legte eine Sofortige Beschwerde gegen einen Beschluss des Amtsgerichts ein, weil dessen Antrag auf Pfändungs- und Überweisungsbeschluss abgelehnt wurde. Seine zentrale Argumentation bezog sich auf die Vollstreckbarkeit eines Auszugs der Insolvenztabelle, der jedoch formal nicht korrekt war.
- Erstgericht (Amtsgericht): Dieses wies den Antrag des Gläubigers aufgrund eines fehlenden ordnungsgemäßen Dienstsiegels auf dem vorgelegten Dokument zurück, was für die Vollstreckung erforderlich gewesen wäre.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Der Gläubiger versuchte, die Vollstreckung eines Anspruchs aus einer Insolvenztabelle zu erwirken. Das Amtsgericht hatte zuvor einen Antrag des Gläubigers abgelehnt, da die vorgelegte Dokumentation formell nicht ordnungsgemäß war.
- Kern des Rechtsstreits: Die Frage, ob ein Auszug aus der Insolvenztabelle mit einem drucktechnischen Dienstsiegel zur Vollstreckung ausreicht, oder ob unbedingt ein eigenhändiges Dienstsiegel des Urkundsbeamten erforderlich ist, um dem Erfordernis des § 725 ZPO zu genügen.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Landgericht Würzburg wies die sofortige Beschwerde des Gläubigers zurück.
- Begründung: Die Entscheidung wurde damit begründet, dass für die Vollstreckbarkeit eines Titels gemäß § 725 ZPO ein eigenhändiges Dienstsiegel erforderlich ist. Das vorgelegte drucktechnische Dienstsiegel erfüllte diese Voraussetzungen nicht. Die vorgelegte Beschwerde setzte sich nicht ausreichend mit dieser Thematik auseinander und brachte keine neuen entscheidungsrelevanten Argumente oder Beweise vor.
- Folgen: Der Gläubiger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Eine Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen, da keine grundsätzlichen neuen Rechtsfragen aufgeworfen wurden und die bestehende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Sachlage klärt.
Beurkundungsmangel im Insolvenzverfahren: Risiken und rechtliche Folgen
Ein Beurkundungsmangel kann erhebliche rechtliche Auswirkungen auf die Durchsetzung von Ansprüchen im Insolvenzverfahren haben. Insbesondere bei der vollstreckbaren Ausfertigung des Auszugs einer Insolvenztabelle ist es entscheidend, dass die Beurkundung fehlerfrei erfolgt, um einen wirksamen Vollstreckungstitel zu erhalten. Mängel bei der Beurkundung können dazu führen, dass Forderungsanmeldungen nicht anerkannt werden, was wiederum den Gläubigerschutz und die Rechtssicherheit gefährdet.
In der Folge wird ein konkreter Fall betrachtet, der die Problematik des Beurkundungsmangels bei einer vollstreckbaren Ausfertigung näher beleuchtet und die entsprechenden rechtlichen Konsequenzen sowie mögliche Rechtsmittel aufzeigt.
Der Fall vor Gericht
Formfehler bei Insolvenztabelle führt zur Ablehnung von Pfändungsanträgen
Die mängelbehaftete Beurkundung eines Tabellenauszugs aus einem Insolvenzverfahren verhindert die Zwangsvollstreckung einer titulierten Forderung. Das Landgericht Würzburg bestätigte mit Beschluss vom 29. Oktober 2019 die Entscheidung des Amtsgerichts, einen Antrag auf Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zurückzuweisen.
Fehlende Formvorschriften bei Vollstreckungsunterlagen
Der Gläubiger hatte versucht, einen im Insolvenzverfahren des Amtsgerichts Schweinfurt titulierten Anspruch zu vollstrecken. Die vorgelegte Vollstreckbare Ausfertigung des Tabellenauszugs vom 5. Oktober 2015 wies jedoch einen gravierenden Formfehler auf: Das Dienstsiegel war lediglich drucktechnisch erzeugt und nicht, wie von § 725 ZPO gefordert, vom Urkundsbeamten eigenhändig angebracht worden. Diese Formvorschrift ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zwingend einzuhalten.
Gescheiterte Pfändung von Arbeitseinkommen
Der Gläubiger begehrte zusätzlich eine Herabsetzung des unpfändbaren Betrags des Schuldners auf 874,00 Euro. Auch dieser Antrag scheiterte, da der mangelhafte Tabellenauszug nicht als Nachweis für eine aus vorsätzlicher rechtswidriger Handlung entstandene Forderung dienen konnte. Nach aktueller BGH-Rechtsprechung kann zwar grundsätzlich eine in der Insolvenztabelle festgestellte deliktische Forderung für eine Pfändung nach § 850f Abs. 2 ZPO herangezogen werden – jedoch nur bei Vorliegen einer formgerecht beurkundeten vollstreckbaren Ausfertigung.
Fehlerhafte Beschwerdebegründung
Die vom Gläubiger eingelegte sofortige Beschwerde blieb erfolglos. In seiner Begründung stützte sich der Gläubiger hauptsächlich auf ältere Gerichtsentscheidungen aus dem Jahr 2013, die durch die neuere BGH-Rechtsprechung überholt waren. Das Landgericht Würzburg wies darauf hin, dass der Gläubiger die Mängel einfach durch die Beantragung einer neuen, formgerecht beurkundeten vollstreckbaren Ausfertigung hätte beheben können. Dies hatte das Amtsgericht dem Gläubiger bereits vor seiner Entscheidung unter Verweis auf die einschlägige BGH-Rechtsprechung nahegelegt.
Rechtliche Grundlagen der Vollstreckung aus Insolvenztabellen
Das Gericht stellte klar, dass ein vollstreckbarer Auszug aus der Insolvenztabelle nach § 201 Abs. 2 InsO grundsätzlich als Vollstreckungstitel dienen kann. Dabei werden frühere, vor der Insolvenzeröffnung erwirkte Titel durch die Feststellung in der Insolvenztabelle „aufgezehrt“, soweit sich die titulierten Forderungen mit den zur Tabelle festgestellten Forderungen decken. Im vorliegenden Fall war für eine abweichende Deckung der Forderungen aus dem ursprünglichen Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts nichts ersichtlich.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil stellt klar, dass ein Auszug aus einer Insolvenztabelle nur dann als Vollstreckungstitel geeignet ist, wenn er vom Urkundsbeamten mit einem eigenhändig angebrachten Dienstsiegel versehen wurde. Ein bloß drucktechnisch erzeugtes Siegel reicht nicht aus. Dies unterstreicht die hohen formalen Anforderungen an Vollstreckungstitel im deutschen Rechtssystem und die besondere Bedeutung der korrekten Beurkundung durch Gerichtsbeamte.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie eine Forderung aus einem Insolvenzverfahren vollstrecken möchten, müssen Sie unbedingt darauf achten, dass Ihr Auszug aus der Insolvenztabelle ein original aufgedrücktes Dienstsiegel trägt – ein einfacher Computerausdruck genügt nicht. Lassen Sie sich vom Insolvenzgericht eine korrekt beglaubigte Ausfertigung mit händisch angebrachtem Dienstsiegel aushändigen. Ohne diese formelle Voraussetzung wird Ihr Vollstreckungsantrag vom Gericht abgewiesen, was zusätzliche Kosten und Zeitverlust bedeutet. Prüfen Sie daher vor Einreichung eines Vollstreckungsantrags sorgfältig die Form Ihres Titels.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Formvorschriften muss ein Tabellenauszug aus der Insolvenztabelle erfüllen?
Der Tabellenauszug wird vom Urkundsbeamten des Insolvenzgerichts als vollstreckbare Ausfertigung erteilt. Die Insolvenztabelle muss dabei stets in Papierform vorliegen, da eine rein elektronische Version nicht den Vorschriften der Insolvenzordnung entspricht.
Inhaltliche Anforderungen
Der Tabellenauszug muss präzise Angaben zu folgenden Punkten enthalten:
- Genaue Bezeichnung des Gläubigers und dessen Forderung
- Exakte Bezifferung des Betrages sowohl für die Haupt- als auch für Nebenforderungen
- Detaillierte Angabe des Forderungsgrundes
Formelle Voraussetzungen
Die Insolvenztabelle wird beim Insolvenzgericht niedergelegt und verbleibt dort dauerhaft. Der Urkundsbeamte des Insolvenzgerichts erstellt daraus beglaubigte Auszüge für die Gläubiger.
Rechtliche Wirkung
Ein ordnungsgemäß erstellter Tabellenauszug wirkt wie ein rechtskräftiges Urteil. Die Eintragung in die Tabelle entfaltet ihre Wirkung für die festgestellten Forderungen sowohl hinsichtlich des Betrags als auch des Rangs gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern.
Besondere Bedeutung bei vorsätzlichen Handlungen
Bei Forderungen aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen hat der Tabellenauszug eine besondere Bedeutung: Er dient als Nachweis für das Vollstreckungsprivileg, wenn die Forderung zur Tabelle festgestellt und vom Schuldner nicht bestritten wurde.
Was passiert, wenn der Tabellenauszug Formfehler aufweist?
Ein Tabellenauszug mit Formfehlern kann die Zwangsvollstreckung erheblich erschweren oder sogar unmöglich machen. Wenn Sie als Gläubiger einen fehlerhaften Auszug erhalten, müssen Sie schnell handeln, um Ihre Ansprüche zu sichern.
Arten von Formfehlern
Der häufigste Formfehler bei Tabellenauszügen ist das Fehlen des Dienstsiegels. Ohne dieses Siegel ist der Auszug zur Vollstreckung ungeeignet. Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Tabellenauszug ohne Dienstsiegel in der Hand – dieser hat dann nicht die Wirkung eines vollstreckbaren Titels.
Konsequenzen für die Vollstreckung
Weist Ihr Tabellenauszug Formfehler auf, können Sie daraus nicht vollstrecken. Das Vollstreckungsgericht oder der Gerichtsvollzieher wird Ihren Vollstreckungsantrag zurückweisen. In einem solchen Fall stehen Sie als Gläubiger mit leeren Händen da, obwohl Ihre Forderung möglicherweise berechtigt ist.
Lösungswege bei Formfehlern
Wenn Sie einen fehlerhaften Tabellenauszug erhalten, sollten Sie umgehend handeln:
- Beantragen Sie einen korrigierten Auszug: Wenden Sie sich an das Insolvenzgericht und beantragen Sie die Ausstellung eines formell korrekten Tabellenauszugs.
- Prüfen Sie die Frist: Achten Sie darauf, dass die Frist zur Beantragung eines vollstreckbaren Auszugs nicht abläuft. Diese beginnt mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens.
- Dokumentieren Sie den Fehler: Halten Sie den Formfehler schriftlich fest, falls Sie später nachweisen müssen, dass Sie rechtzeitig gehandelt haben.
Rechtliche Grundlagen
Die Anforderungen an einen vollstreckbaren Tabellenauszug ergeben sich aus § 201 InsO in Verbindung mit § 725 ZPO. Das Dienstsiegel ist gemäß § 725 ZPO ein wesentlicher Bestandteil der Vollstreckungsklausel. Ohne dieses Siegel fehlt dem Auszug die Eigenschaft als vollstreckbarer Titel.
Beachten Sie: Ein formell mangelhafter Tabellenauszug hindert nicht nur die Zwangsvollstreckung, sondern kann auch Probleme bei der Anwendung des Vollstreckungsprivilegs nach § 850f Abs. 2 ZPO verursachen. Wenn Sie beispielsweise eine Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung haben, könnten Sie dieses Privileg ohne gültigen Tabellenauszug nicht nutzen.
Wie kann ein fehlerhafter Tabellenauszug korrigiert werden?
Ein fehlerhafter Tabellenauszug kann durch einen Antrag auf Berichtigung der Insolvenztabelle korrigiert werden. Wenn Sie als Gläubiger einen mangelhaften Auszug erhalten haben, stehen Ihnen folgende Handlungsoptionen zur Verfügung:
Antrag auf Berichtigung
Stellen Sie einen schriftlichen Antrag auf Berichtigung beim zuständigen Insolvenzgericht. Beschreiben Sie darin genau, welche Angaben im Tabellenauszug fehlerhaft sind und wie diese korrigiert werden sollten. Fügen Sie Belege bei, die Ihre Forderung unterstützen.
Unterstützung durch den Insolvenzverwalter
Der Insolvenzverwalter ist verpflichtet, auf die Berichtigung der Insolvenztabelle hinzuwirken, wenn er einen zuvor erhobenen Widerspruch zurücknimmt. In diesem Fall kann er entweder die Rücknahme des Widerspruchs gegenüber Ihnen als Gläubiger oder gegenüber dem Insolvenzgericht erklären.
Frist beachten
Handeln Sie zügig, sobald Sie den Fehler bemerken. Es gibt zwar keine gesetzliche Frist für Berichtigungsanträge, aber je früher Sie den Antrag stellen, desto besser sind Ihre Chancen auf Korrektur.
Rechtsmittel bei Ablehnung
Sollte Ihr Antrag auf Berichtigung abgelehnt werden, können Sie Erinnerung nach § 11 Abs. 2 Satz 1 RPflG einlegen. Diese wird zunächst vom Rechtspfleger geprüft und bei Nichtabhilfe dem Insolvenzrichter zur Entscheidung vorgelegt.
Bedeutung der korrekten Eintragung
Eine korrekte Eintragung in der Insolvenztabelle ist entscheidend für Ihre Rechte als Gläubiger. Sie wirkt wie ein rechtskräftiges Urteil und ist Grundlage für mögliche spätere Vollstreckungsmaßnahmen. Achten Sie daher besonders auf die richtige Qualifizierung Ihrer Forderung, etwa als Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung, da dies Auswirkungen auf die Vollstreckbarkeit nach einer möglichen Restschuldbefreiung haben kann.
Wenn Sie einen fehlerhaften Tabellenauszug erhalten haben, sollten Sie umgehend handeln. Eine korrekte Eintragung sichert Ihre Rechte im Insolvenzverfahren und kann entscheidend für die spätere Durchsetzung Ihrer Forderungen sein.
Ab wann gilt ein Tabellenauszug als vollstreckbarer Titel?
Ein Tabellenauszug gilt als vollstreckbarer Titel, sobald das Insolvenzverfahren aufgehoben wurde und die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle
Wenn Sie als Gläubiger Ihre Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet haben, muss diese zunächst festgestellt werden. Die Feststellung erfolgt, wenn weder der Insolvenzverwalter noch andere Insolvenzgläubiger der Forderung widersprechen. In diesem Fall wirkt die Eintragung in die Tabelle gemäß § 178 Abs. 3 InsO gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern wie ein rechtskräftiges Urteil.
Kein Widerspruch des Schuldners
Für die Vollstreckbarkeit des Tabellenauszugs ist es wichtig, dass der Schuldner der Forderung nicht widersprochen hat. Hat der Schuldner Widerspruch eingelegt, können Sie als Gläubiger nicht ohne Weiteres aus dem Tabellenauszug vollstrecken. In diesem Fall müssen Sie zunächst den Widerspruch des Schuldners durch eine Feststellungsklage beseitigen.
Aufhebung des Insolvenzverfahrens
Der entscheidende Zeitpunkt für die Vollstreckbarkeit des Tabellenauszugs ist die Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Erst nach der Aufhebung des Verfahrens können Sie als Gläubiger einen Antrag auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Tabellenauszugs stellen. Dies ergibt sich aus § 201 Abs. 2 Satz 3 InsO.
Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung
Um tatsächlich aus dem Tabellenauszug vollstrecken zu können, benötigen Sie eine vollstreckbare Ausfertigung. Diese müssen Sie beim zuständigen Insolvenzgericht beantragen. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle erteilt dann die Vollstreckungsklausel auf dem Tabellenauszug. Erst mit dieser Klausel wird der Tabellenauszug zu einem vollstreckbaren Titel, aus dem Sie die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben können.
Beachten Sie, dass die Vollstreckbarkeit des Tabellenauszugs auch dann gegeben ist, wenn sich der Schuldner in der Wohlverhaltensperiode befindet. In diesem Fall dürfen Sie zwar während der Laufzeit der Abtretungserklärung nicht vollstrecken, aber Sie können sich den vollstreckbaren Titel bereits sichern, um nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode sofort handlungsfähig zu sein.
Welche Besonderheiten gelten bei der Pfändung aus einem Tabellenauszug?
Bei der Pfändung aus einem Tabellenauszug gelten besondere Regelungen für die Zwangsvollstreckung. Der vollstreckbare Tabellenauszug wirkt wie ein rechtskräftiges Urteil und ermöglicht die Vollstreckung gegen den Schuldner.
Voraussetzungen für die Vollstreckung
Die Vollstreckung aus dem Tabellenauszug ist nur möglich, wenn die Forderung nicht vom Schuldner bestritten wurde. Widerspricht der Schuldner lediglich dem Rechtsgrund einer Forderung, etwa als vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung, kann dennoch eine vollstreckbare Ausfertigung erteilt werden.
Besonderheiten bei der Lohnpfändung
Bei einer Lohnpfändung aus dem Tabellenauszug gilt grundsätzlich die Pfändungstabelle nach § 850c ZPO. Der monatliche unpfändbare Grundbetrag beträgt seit dem 1. Juli 2023 1.402,28 EUR.
Privilegierte Pfändung
Bei Forderungen aus vorsätzlich unerlaubter Handlung bestehen erweiterte Pfändungsmöglichkeiten:
- Die Pfändung kann ohne Rücksicht auf die regulären Pfändungsfreigrenzen erfolgen.
- Der Gläubiger kann in den Vorrechtsbereich vollstrecken.
- Dem Schuldner muss nur der notwendige Unterhalt belassen werden.
Praktische Durchführung
Der Tabellenauszug muss dem Schuldner zugestellt werden. Die Zustellung kann bereits nach dem Schlusstermin erfolgen, auch wenn zu diesem Zeitpunkt noch ein Vollstreckungsverbot besteht. Ein Vollstreckungsverbot gilt während des Insolvenzverfahrens und während der Wohlverhaltensperiode.
Für die privilegierte Pfändung nach § 850f ZPO muss der Tabellenauszug die Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung ausdrücklich ausweisen. Der Schuldner kann sich gegen die Vollstreckung mit einer Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO wehren.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Vollstreckbare Ausfertigung
Eine von Gericht oder Notar erstellte beglaubigte Kopie eines Urteils oder anderen Rechtstitels, die zur Zwangsvollstreckung berechtigt. Sie muss bestimmte Formvorschriften erfüllen, insbesondere ein eigenhändig angebrachtes Siegel des Urkundsbeamten tragen. Die Ausfertigung ist die „vollstreckbare Version“ des Original-Dokuments. Grundlage ist § 725 ZPO. Beispiel: Ein Gläubiger benötigt für die Zwangsvollstreckung einer Geldforderung die vollstreckbare Ausfertigung des Gerichtsurteils.
Insolvenztabelle
Ein offizielles Verzeichnis aller angemeldeten und geprüften Forderungen in einem Insolvenzverfahren. Die Tabelle wird vom Insolvenzgericht geführt und dokumentiert, welche Gläubiger welche Forderungen gegen den Schuldner haben. Nach § 201 InsO gilt die Eintragung in die Tabelle wie ein rechtskräftiges Urteil. Beispiel: Ein Gläubiger meldet seine Forderung von 10.000 € im Insolvenzverfahren an, diese wird geprüft und in die Insolvenztabelle eingetragen.
Beurkundungsmangel
Ein formaler Fehler bei der amtlichen Dokumentation oder Beglaubigung, der die Rechtswirksamkeit des Dokuments beeinträchtigt oder aufhebt. Gemäß §§ 415 ff. ZPO müssen öffentliche Urkunden bestimmte Formvorschriften erfüllen. Beispiel: Ein nur aufgedrucktes statt eigenhändig angebrachtes Siegel auf einer Urkunde stellt einen Beurkundungsmangel dar.
Vollstreckungstitel
Ein offizielles Dokument, das die Zwangsvollstreckung ermöglicht und den Anspruch des Gläubigers rechtlich durchsetzbar macht. Geregelt in §§ 704 ff. ZPO. Typische Vollstreckungstitel sind Urteile, notarielle Urkunden oder Vollstreckungsbescheide. Beispiel: Ein rechtskräftiges Urteil, das den Schuldner zur Zahlung von 5.000 € verpflichtet, ist ein Vollstreckungstitel.
Pfändungs- und Überweisungsbeschluss
Eine gerichtliche Entscheidung, die dem Gläubiger erlaubt, Vermögenswerte des Schuldners (z.B. Gehalt oder Bankguthaben) zu pfänden und sich überweisen zu lassen. Geregelt in §§ 829 ff. ZPO. Der Beschluss ist das wichtigste Instrument der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen. Beispiel: Ein Gläubiger lässt das Arbeitseinkommen des Schuldners pfänden, um seine Forderung zu befriedigen.
Sofortige Beschwerde
Ein Rechtsmittel gegen bestimmte gerichtliche Entscheidungen, das innerhalb einer zweiwöchigen Frist eingelegt werden muss. Geregelt in §§ 567 ff. ZPO. Es ermöglicht die Überprüfung der Entscheidung durch das nächsthöhere Gericht. Beispiel: Ein Gläubiger legt sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung seines Pfändungsantrags ein.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 725 ZPO (Zivilprozessordnung): Dieser Paragraph regelt die notwendigen Voraussetzungen für eine vollstreckbare Ausfertigung eines gerichtlichen Titels. Dazu gehört unter anderem, dass die Ausfertigung von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle mit einem Dienstsiegel versehen wird. Dieses Siegel muss gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eigenhändig angebracht werden und darf nicht nur aufgedruckt sein. Im vorliegenden Fall fehlte dieses eigenhändig angebrachte Siegel auf dem Tabellenauszug, was dazu führte, dass das Gericht die Zwangsvollstreckung ablehnte.
- § 201 InsO (Insolvenzordnung): Dieser Paragraph besagt, dass ein Gläubiger eine Forderung, die im Insolvenzverfahren festgestellt wurde, durch einen vollstreckbaren Auszug aus der Insolvenztabelle geltend machen kann. Die Insolvenztabelle dient dabei als Nachweis der festgestellten Forderung und ersetzt den ursprünglichen Vollstreckungstitel. Im vorliegenden Fall hätte der Gläubiger seinen Anspruch grundsätzlich auf Basis des Tabellenauszugs geltend machen können, wenn dieser formal korrekt gewesen wäre.
- § 850f Abs. 2 ZPO: Dieser Paragraph regelt die Möglichkeit der Herabsetzung des unpfändbaren Betrags bei Forderungen, die auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung beruhen. Normalerweise ist ein bestimmter Teil des Arbeitseinkommens vor Pfändungen geschützt. Liegt jedoch eine vorsätzliche unerlaubte Handlung vor, kann dieser Schutz eingeschränkt werden. Im vorliegenden Fall scheiterte der Antrag auf Herabsetzung des unpfändbaren Betrags, da der Gläubiger die Forderung wegen des Formfehlers nicht nachweisen konnte.
- § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO: Dieser Paragraph regelt die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde gegen Entscheidungen des Amtsgerichts im Vollstreckungsverfahren. Die sofortige Beschwerde ist ein Rechtsmittel, mit dem man eine Entscheidung des Amtsgerichts durch das Landgericht überprüfen lassen kann. Im vorliegenden Fall legte der Gläubiger sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsgerichts ein, die jedoch vom Landgericht zurückgewiesen wurde.
- § 793 ZPO: Dieser Paragraph stellt klar, dass die Vorschriften über die sofortige Beschwerde auch im Vollstreckungsverfahren Anwendung finden. Das bedeutet, dass die allgemeinen Regeln für die sofortige Beschwerde, wie z.B. die Fristen und Formvorschriften, auch für Entscheidungen im Vollstreckungsverfahren gelten. Im vorliegenden Fall war die sofortige Beschwerde des Gläubigers zulässig, da sie den allgemeinen Anforderungen entsprach.
Das vorliegende Urteil
LG Würzburg – Az.: 52 T 1823/19 – Beschluss vom 29.10.2019
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