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Beurkundungsauftrag – Kostenschuldner bei Beantragung beim Notar

OLG München, Az.: 32 Wx 391/19 Kost, Beschluss vom 31.10.2019

Leitsätze:

1. Es besteht eine Vermutung, dass derjenige, der im eigenen Interesse beim Notar ein Beurkundungsverfahren beantragt, den Notar zu dieser Amtshandlung im Sinne des § 29 Nr. 1 GNotKG jedenfalls auch in eigenem Namen beauftragt; ein Beteiligter, der beim Notar nicht ausdrücklich erklärt, er wolle den Notar nur in fremdem Namen zu einer Beurkundung beauftragen, ist damit auf Grund der Vermutung Kostenschuldner im Sinne des § 29 Nr. 1 GNotKG, wenn er ein eigenes Interesse an der Beurkundung hat oder seine Erklärungen beurkundet werden sollen.

2. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist im Verfahren nach § 127 GNotKG entsprechend anzuwenden (Palandt/Ellenberger BGB 78. Aufl. § 204 Rn. 54; vgl. zur Vorgängervorschrift BayObLG Beschluss vom 02.04.1992 – 1 Z 197/91 = BayObLGZ 1992, 72/75 ff.; OLG Düsseldorf Beschluss vom 22.01.2004 – 10 W 107/03 = NJW-RR 2005, 509/511; Kammergericht Beschluss vom 18.10.1994 – 1 W 1771/94 = DNotZ 1995, 788).

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Landgerichts Augsburg vom 24.05.2017, Az. 042 T 4463/15, aufgehoben.

2. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Kostenrechnung des Notars vom 04.08.2015 (Kostenreg. Nr. …) in der Fassung vom 12.03.2018 wird zurückgewiesen. Die Kostenrechnung bleibt daher aufrechterhalten.

3. Die Antragstellerin trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Kostenrechnung des Antragsgegners vom 04.08.2015 (Kostenreg. Nr. …) in der Fassung vom 12.03.2018 in Höhe von 1.049,88 €, die dieser für ein vorzeitig beendetes Beurkundungsverfahren hinsichtlich eines Ehevertrags mit Scheidungsvereinbarung und Pflichtteilsverzicht stellte, mit der Begründung, sie habe den Notar nicht in eigenem Namen, sondern Namens des Ehemanns beauftragt. Ferner erhebt sie die Einrede der Verjährung und beanstandet die Gebührenhöhe. Der Notar erstellte in diesem Verfahren einen Entwurf, den er der Antragstellerin am 26.02.2014 übersandte.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die oben genannte Kostenrechnung und den Beschluss des Landgerichts vom 24.05.2017 Bezug genommen.

Auf den Antrag vom 22.12.2015 hat das Landgericht mit Beschluss vom 24.05.2017 die Kostenrechnung aufgehoben. Gegen diesen am 13.06.2017 zugestellten Beschluss legte der Antragsgegner am 12.07.2017 formgerecht Beschwerde ein, mit der er die Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses begehrt. Wegen der Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf den Beschwerdeschriftsatz vom 11.07.2017 und die Stellungnahmen vom 14.03.2018, 25.09.2019 und 24.10.2019 verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Aufrechterhaltung der Notarkostenrechnung.

1. Die Antragstellerin ist als Mitauftraggeberin des Beurkundungsverfahrens auch Kostenschuldnerin des Notars (§ 29 Nr. 1 GNotKG). Mehrere Kostenschuldner haften als Gesamtschuldner (§ 32 Abs. 1 GNotKG).

Zwar ist bei einem Beurkundungsverfahren noch nicht Kostenschuldner nach § 29 Nr. 1 GNotKG, wer dem Notar zu erkennen gibt, dass (auch) in seinem Interesse eine Beurkundung vorgenommen werden soll. Es besteht jedoch eine Vermutung, dass derjenige, der im eigenen Interesse beim Notar ein Beurkundungsverfahren beantragt, den Notar zu dieser Amtshandlung im Sinne des § 29 Nr. 1 GNotKG jedenfalls auch in eigenem Namen beauftragt. Ein Beteiligter, der beim Notar nicht ausdrücklich erklärt, er wolle den Notar nur in fremdem Namen zu einer Beurkundung beauftragen, ist damit auf Grund der Vermutung Kostenschuldner im Sinne des § 29 Nr. 1 GNotKG, wenn er ein eigenes Interesse an der Beurkundung hat oder seine Erklärungen beurkundet werden sollen, denn der Notar kann vom objektiven Empfängerhorizont davon ausgehen, dass auch dieser Beteiligte den Beurkundungsauftrag erteilen wolle. In der Antragsschrift vom 22.12.2015 wird zwar behauptet, die Antragstellerin habe die Zeugin … ausdrücklich darauf hingewiesen, „dass eine Trennungsvereinbarung ausschließlich im Auftrag von Herrn … entworfen und beurkundet werden sollte“, doch hat gerade dies das Landgericht nach Anhörung der Antragstellerin und Vernehmung der Zeugin … nicht festgestellt. Wenngleich das Landgericht leider die Erklärungen und Aussagen der Antragstellerin nicht wörtlich protokolliert hat, ergibt sich aus den Gründen der Entscheidung (S. 3 u. 4), dass die Antragstellerin zwar gesagt habe, sie handle im Auftrag ihres Mannes und dieser werde auch die Kosten tragen, sie sei sich aber nicht sicher, ob auch ausdrücklich gesagt worden sei, ihr Ehemann sei alleiniger Auftraggeber. Auch aus der Aussage der Zeugin … kann nichts anderes entnommen werden. Da das Landgericht jedenfalls die eigene Erklärung der Antragstellerin im Beschluss genau referierte, war es nicht erforderlich, die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren erneut zu hören.

2. Der Anspruch des Antragsgegners ist nicht nach § 6 Abs. 1 Satz 3 GNotKG verjährt. Die Verjährung tritt nach dieser Vorschrift in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs ein, in dem der Anspruch fällig geworden ist. Notargebühren werden nach § 10 GNotKG mit Beendigung des notariellen Geschäfts fällig. Das ist bei einer beantragten Beurkundung diese und nicht schon die Übersendung eines Entwurfs. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Beurkundungsauftrag erst mit Schreiben der Antragstellerin vom 30.03.2015 beendet wurde – was zur Verjährung erst am 31.12.2019 führen würde – oder mit Ablauf der 6 Monatsfrist nach Vorbemerkung 2.1.3.(1) Satz 2 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG am 26.08.2014 -, was in Verbindung mit § 6 Abs. 3 Satz 2 GNotKG und § 9 Abs. 5 GNotKG zur Verjährung am 04.08.2019 geführt hätte -, da der Ablauf der Verjährung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 GNotKG i.V.m. § 205 BGB mit Zugang des Schreibens des Notars im gerichtlichen Verfahren vom 30.12.2015 und darüber hinaus nach § 6 Abs. 3 Satz 1 GNotKG i.V.m. der entsprechenden Anwendung des § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt wurde.

a) Der Antragsgegner hat, nachdem die Antragstellerin die Einstellung der Zwangsvollstreckung beantragt hat, mit Schreiben vom 30.12.2015 zugesagt, die Zwangsvollstreckung bis zur Hauptsacheentscheidung nicht zu betreiben. Da die Antragstellerin auf alle Fälle die Zwangsvollstreckung verhindern wollte, liegt in dem Antrag an das Gericht zugleich ein Vertragsangebot an den Beklagten, ein Leistungsverweigerungsrecht im Sinne des § 205 BGB zu begründen. Dieses hat der Antragsgegner mit dem genannten Schreiben angenommen.

b) Ferner ist § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB im Verfahren nach § 127 GNotKG entsprechend anzuwenden (Palandt/Ellenberger BGB 78. Aufl. § 204 Rn. 54; vgl. zur Vorgängervorschrift BayObLG Beschluss vom 02.04.1992 – 1 Z 197/91 = BayObLGZ 1992, 72/75 ff.; OLG Düsseldorf Beschluss vom 22.01.2004 – 10 W 107/03 = NJW-RR 2005, 509/511; Kammergericht Beschluss vom 18.10.1994 – 1 W 1771/94 = DNotZ 1995, 788). Daher ist der Lauf der Verjährung mit Eingang des Antrags nach 127 GNotKG bei Gericht am 22.12.2015 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gehemmt.

3. Bezüglich der Rahmengebühr schließt sich der Senat hierbei dem bisherigen Hinweis der Notarkasse an. Die geringfügigen Ergänzungen und Abänderungswünsche sprechen nicht gegen das Vorliegen eines vollständigen Entwurfs. Eine weitere Stellungnahme der Notarkasse ist nicht erforderlich.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 130 Abs. 3 GNotKG, §§ 80, 81 FamFG. Die Auferlegung der außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners auf die Antragstellerin war nach billigem Ermessen nicht veranlasst § 130 Abs. 3 GNotKG, § 81 Abs. 1 FamFG).

5. Die trotz § 129 Abs. 2 GNotKG nach § 70 Abs. 1 FamFG zulassungsbedürftige Rechtsbeschwerde (Hartmann Kostengesetze 49. Aufl. § 129 GNotKG Rn. 10; Korintenberg/Sikora GNotKG 20. Aufl § 129 Rn. 17; Fackelmann/Heinemann GNotKG § 129 Rn. 33; Bormann/Dien/Sommerfeld/Neie GNotKG § 129 Rn. 34; Rohs/Wedewer GNotKG Stand August 2019 § 129 Rn. 64, 68) war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 FamFG nicht vorliegen. Die Zulassungsbedürftigkeit der Rechtsbeschwerde folgt aus § 129 Abs. 2 KostO, § 70 Abs. 1 FamFG. Zwar bestimmt § 129 Abs. 2 GNotKG, dass die Rechtsbeschwerde stattfindet, doch wird dadurch nur bestimmt, dass die Vorschriften über die Rechtsbeschwerde Anwendung finden; anders als § 70 Abs. 3 FamFG enthält § 129 Abs. 2 GNotKG nicht den Zusatz „ohne Zulassung“.

6. Eine Geschäftswertfestsetzung war nicht veranlasst, da die Gebühr nach VV-Nr. 19110 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG eine Festgebühr ist und nach § 33 Abs. 1 RVG der sich vorliegend nach § 23 Abs. 1 RVG, § 61 GNotKG bemessende Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit nur auf Antrag festzusetzen ist.

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