OLG Nürnberg – Az.: 15 W 2126/20 – Beschluss vom 30.07.2020
1. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Schwandorf vom 22.05.2020, Gz. BUL-xxxx-1, wird zurückgewiesen.
2. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 36.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführerin ist im Grundbuch des Amtsgerichts Schwandorf von Burglengenfeld als Eigentümerin des auf Blatt xxxx geführten Grundstücks eingetragen.
Mit notarieller Urkunde vom 18.12.2019 bestellte der Beteiligte zu 1 handelnd für die Beschwerdeführerin eine Buchgrundschuld zur Absicherung eines Darlehens, mit dem ungedeckte Heimkosten beglichen werden sollten. Er legte dabei eine von der Beschwerdeführerin ausgestellte privatschriftliche „Vorsorgevollmacht“ vom 20.10.2011 vor.
In der Folge bestellte das Amtsgericht – Betreuungsgericht – Schwandorf den Beteiligten zu 2 zum Betreuer der Beschwerdeführerin, wobei sein Aufgabenkreis unter anderem die Belastung des genannten Grundstücks umfasste.
Unter Vorlage des ihm erteilten Betreuerausweises vom 13.03.2020 genehmigte der Betreuer der Beschwerdeführerin mit notarieller Erklärung vom 06.04.2020 die Urkunde vom 18.12.2019 „ihrem ganzen Inhalt nach“ und bestätigte „[d]ie in der Urkunde genannte Vorsorgevollmacht vom 20.10.2011“.
Mit am 16.04.2020 eingegangenem Schreiben beantragte der Urkundsnotar den Vollzug der Grundschuldbestellungsurkunde vom 18.12.2019. Er vertritt die Auffassung, dass der Betreuer der Beschwerdeführerin die privatschriftliche Vollmacht – wie in öffentlich-beglaubigter Form nachgewiesen sei – wirksam bestätigt habe und dies keiner Genehmigung durch das Betreuungsgericht bedürfe. Würde man annehmen, die Bestätigung der Vollmacht sei nur durch den Vollmachtgeber höchstpersönlich möglich, würde das Grundbuchverfahrensrecht verhindern, dass ein materiell-rechtlich wirksam abgeschlossenes Rechtsgeschäft vollzogen werde. Der Zweck der betreuungsgerichtlichen Genehmigungsverfahrens, nämlich die Interessen der Beschwerdeführerin zu wahren, liefe angesichts der privatschriftlich erteilten Vollmacht mangels Ermessensspielraums leer. Die Beschwerdeführerin habe die Verantwortung dafür, dass für sie geschlossene Rechtsgeschäfte ihren Interessen entsprechen, in die Hände von ihrem Bevollmächtigten gelegt. Dies würde negiert werden, wenn man eine betreuungsgerichtliche Genehmigung der Vollmachtsbestätigung verlangen würde.
Mit Zwischenverfügung vom 22.05.2020 wies das Amtsgericht – Grundbuchamt – Schwandorf darauf hin, dass der beantragten Eintragung die betreuungsgerichtliche Genehmigung der Grundschuldbestellung entgegenstehe. Der Betreuer könne – so das Grundbuchamt – die Grundschuldbestellung wirksam genehmigen, nicht aber durch die Bestätigung der Vollmacht aus einer privatschriftlichen Vollmacht eine für das Grundbuchverfahren notwendige öffentlich beglaubigte Urkunde machen.
Dagegen wandte sich der Urkundsnotar „namens der Grundstückseigentümerin“ mit Beschwerde vom 09.06.2020 unter Aufrechterhaltung und Vertiefung seiner bisherigen Argumentation.
Am 23.06.2020 entschied das Grundbuchamt, der Beschwerde nicht abzuhelfen.
II.
Das gegen die Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO gerichtete Rechtsmittel ist als unbeschränkte Beschwerde (§ 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO) statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 73 GBO, § 15 Abs. 2 GBO, § 10 Abs. 2 Nr. 3 FamFG). Die Beschwerde hat in der Sache aber keinen Erfolg.
1. Die Rechtsauffassung des Grundbuchamts, dass der Betreuer der Beschwerdeführerin mit seiner notariell beglaubigten Erklärung vom 06.04.2020 die Grundschuldbestellung lediglich wirksam genehmigen, nicht aber die privatschriftliche Vollmacht in der gemäß § 29 GBO erforderlichen Form bestätigen konnte, trifft zu.
a. Die Form für den grundbuchmäßigen Nachweis einer zur Eintragung erforderlichen Erklärung verlangt das Gesetz auch dort, wo diese Erklärung ihr materiell-rechtlich nicht unterworfen ist. Diese Einschränkung der Möglichkeit formloser Verfügungen muss im Hinblick auf den Zweck des Grundbuchs, über Rechtsverhältnisse an Grundstücken und Grundstücksrechten zuverlässig Auskunft zu geben, hingenommen werden. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Möglichkeit, eine formgerechte Erklärung abzugeben, im Einzelfall erschwert oder unzumutbar ist oder sogar unmöglich sein sollte (BayObLG, Beschluss vom 17.05.1984 – BReg. 2 Z 31/84 -, abgedruckt in: MittBayNot 1985, 24, 25). Die Vorschrift des § 29 GBO dient gerade auch dem Schutz des (Buch-)Berechtigten.
b. Die sogenannte „Vollmachtsbestätigung“, die auch „Vollmachtsanerkenntnis“ oder „Vollmachtsgeständnis“ genannt wird, ist letztlich ein Ausfluss der unterschiedlichen materiell-rechtlichen und formellen Formerfordernisse. Die Rechtsprechung lässt es ausreichen, wenn der Vollmachtgeber in der Form des § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO erklärt, er habe dem Vertreter bereits Vollmacht erteilt (RG, Urteil vom 23.05.1922 – VII 492/21 -, abgedruckt in: RGZ 104, 358, 361; BGH, Beschluss vom 06.03.1959 – V ZB 3/59 -, abgedruckt in: NJW 1959, 883; BayObLG, Beschluss vom 28.06.1984 – BReg. 2 Z 43/84 -, abgedruckt in: MittBayNot 1984, 186, 187). Eine solche bestätigende Erklärung ist Mittel zum Nachweis einer in der Vergangenheit erteilten Vollmacht (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 07.06.2017 – 4 U 90/16 -, juris Rn. 25). Eine in der Form des § 29 GBO abgegebene Vollmachtsbestätigung beweist zwar nur, dass die Erklärung abgegeben wurde. Das Grundbuchamt darf dennoch auch von der inhaltlichen Richtigkeit der Erklärung ausgehen, wenn und soweit der Erklärende den erstrebten Erfolg auch durch eine Genehmigung des von dem Vertreter vorgenommenen Rechtsgeschäfts erreichen könnte (BGH a.a.O.).
c. Gemessen daran kann eine den Anforderungen des § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO genügende Vollmachtsbestätigung nicht durch einen (weiteren) Vertreter desjenigen erklärt werden, der die ursprüngliche Vollmacht erteilt hat. Denn trotz Vertretungsmacht kann er – wie für eine Vollmachtsbestätigung aber wesentlich ist (Hertel in: Meikel, GBO, 11. Aufl., § 29 GBO; auch: Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rn. 3536) – gerade nicht erklären, dass er dem (ursprünglichen) Bevollmächtigten zeitlich bereits vor Abgabe der rechtsgeschäftlichen Erklärung Vollmacht erteilt hat. Dies scheitert schon daran, dass ein Vertreter immer eine eigene Willenserklärung abgibt (Ellenberger in: Palandt, BGB, 79. Aufl., Einf. v. § 164 Rn. 11); er selbst ist der rechtsgeschäftlich Handelnde. Es ist dem (weiteren) Vertreter demgemäß rechtlich auch nicht möglich, die ursprüngliche Vollmachtserteilung des Vertretenen zu wiederholen. Und genehmigt er ein vollmachtloses Handeln, mag dies für und wider dem Vertretenen wirken, beruht aber dennoch auf seiner eigenen Willenserklärung.
Ist ein Vertretener zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nicht mehr in der Lage, mag es sein, dass sein gesetzlicher Vertreter, insbesondere sein Betreuer, die Erklärung trotz ihres höchstpersönlichen Charakters abgeben kann. Dies jedoch ebenfalls nur als eigene Erklärung und nicht für den Vertretenen (OLG Celle, Beschluss vom 20.06.2018 – 6 W 78/18 -, juris Rn. 7).
Bei einer Vollmachtsbestätigung ist es die Personenidentität, die es rechtfertigt, von der inhaltlichen Richtigkeit einer (öffentlich beglaubigten) Vollmachtsbestätigung auszugehen. So ist der Vollmachtgeber selbst derjenige, der es am besten Wissen muss, wann er wen bevollmächtigt hat. Und ihn treffen auch die Folgen der Vollmacht. Ein (weiterer) Vertreter ist als Dritter hingegen bestenfalls Zeuge. Seine Bestätigung ist – wenn überhaupt – der Bericht über eine tatsächliche Wahrnehmung in der Vergangenheit. Eine Beweisaufnahme findet im Grundbuchverfahren grundsätzlich aber nicht statt (BayObLG, Beschluss vom 05.04.1989 – BReg. 2 Z 33/89 -, juris Rn. 11).
2. Dass die Bestellung der Buchgrundschuld möglicherweise materiell-rechtlich wirksam ist, steht einer Genehmigung nach § 177 Abs. 1 BGB nicht entgegen.
Die zur Eintragung erforderlichen Erklärungen und sonstigen Eintragungsvoraussetzungen sind dem Grundbuchamt vom Antragsteller nachzuweisen (Otto in: BeckOK, GBO, 39. Edition, § 29 Rn. 4; Hertel in: Meikel, GBO, 11. Aufl., § 29 Rn. 17; Demharter, GBO, 31. Aufl., § 13 Rn. 5; Volmer in: Keller/Munzig, Grundbuchrecht, 8. Aufl., § 29 Rn. 11). Dabei gilt die Beweismittelbeschränkung des § 29 GBO. Gelingt dem Antragsteller die Beschaffung ausreichender Nachweise hinsichtlich der Eintragungsvoraussetzungen nicht, unterbleibt die Eintragung. Daraus folgt: Solange die Vertretungsmacht eines handelnden Vertreters nicht nachgewiesen ist, hängt die Wirksamkeit der Erklärung für und gegen den Vertretenen aus Sicht des Grundbuchamts von dessen Genehmigung ab, § 177 Abs. 1 BGB.
3. Gemäß § 1821 Abs. 1 Nr. 1, § 1908i Abs. 1 BGB ist die Belastung des Grundstücks eines Betreuten mit einer Grundschuld grundsätzlich genehmigungspflichtig. Nichts anderes gilt für die Genehmigung eines entsprechenden Handelns eines Vertreters ohne Vertretungsmacht durch einen Betreuer gemäß § 177 Abs. 1 BGB.
Jedenfalls die Genehmigung des Berechtigten einer Verfügung, die ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand getroffen hat (§ 185 BGB), ist als Verfügung anzusehen (RG, Urteil vom 07.07.1917 – V 66/17 -, abgedruckt in: RGZ 90, 395, 399 f.; Zimmermann in: Soergel, BGB, 13. Aufl., Vor § 1821 Rn. 7). Daraus folgt das Erfordernis der betreuungsrechtlichen Genehmigung für den Fall, dass ein Betreuer seine Zustimmung zu einer Verfügung erteilt, die ein anderer über ein dem Vermögen des Betreuten zuzurechnendes Grundstück oder Recht an einem Grundstück getroffen hat, obwohl er hierzu nicht berechtigt war (Veit in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2020, § 1821 Rn. 32 zur familienrechtlichen Genehmigung; ebenso bereits: BayObLG, Urteil vom 06.05.1912 – Reg. I 7/1912 -, abgedruckt in: BayObLGZ 13, 287).
Zwar mag es sein, dass – abweichend davon – die Genehmigung eines ohne Vertretungsmacht abgeschlossenen Rechtsgeschäfts betreffend ein Grundstück oder Grundstücksrecht keine Verfügung ist. Einer (betreuungsgerichtlichen) Genehmigung bedarf aber dennoch zumindest das vom vollmachtslosen Vertreter vorgenommene Geschäft an sich. Insofern gilt nichts anderes, wie in Bezug auf die Vollmachtserteilung durch einen Betreuer (oder Vormund) anerkannt ist (dazu: Veit in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2020, § 1821 Rn. 35; Bettin in: BeckOK, BGB, 54. Edition, § 1821 Rn. 5; Fuchs in: BeckOGK, Stand: 7/2020, § 1821 Rn. 37; Kroll-Ludwigs in: Münchener Kommentar, BGB, 8. Aufl., § 1821 Rn. 15; Schulte-Bunert in: Erman, BGB, 15. Aufl., § 1821 Rn. 4a; von Crailsheim in: Jürgens, Betreuungsrecht, 6. Aufl., § 1821 BGB Rn. 5). Denn der Betreuer (oder Vormund) kann den bei Abschluss des Vertretergeschäfts bestehenden Mangel der Vertretungsmacht nur im Rahmen der ihm übertragenen Rechtsmacht heilen. Diese ist aber durch den Vorbehalt der (betreuungsgerichtlichen) Genehmigung gerade eingeschränkt (Kroll-Ludwigs in: Münchener Kommentar, BGB, 8. Aufl., § 1821 Rn. 1; Götz in: Palandt, BGB, 79. Aufl., § 1821 Rn. 4; Fuchs in: BeckOGK, BGB, Stand 7/2020, § 1821 Rn. 4).
Durch den Umstand, dass gegebenenfalls eine rechtlich erzwingbare Verpflichtung zur Vornahme eines genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfts besteht, wird das Erfordernis der Genehmigung des Betreuungsgerichts nicht hinfällig (BayObLG, Beschluss vom 17.05.1976 – BReg. 1 Z 37/76 -, juris Rn. 43; ebenso: Veit in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2020, Vorb. §§ 1821, 1822 Rn. 31).
III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil sich die Kostenfolge angesichts der Beschwerdezurückweisung aus dem Gesetz ergibt (§ 22 Abs. 1, § 25 Abs. 1, § 3 GNotKG, KV Nr. 14510 GNotKG – vgl. auch: OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.09.2018 – 12 Wx 40/17 -, juris 6).
Der Geschäftswert richtet sich nach § 53 GNotKG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor.