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Bestimmtheit eines Wohnungsrechts in als Wohn- und Gewerberaum genutztem Gebäude

OLG Bamberg – Az.: 6 W 46/12 – Beschluss vom 03.12.2012

1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) und zu 2) wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Beteiligten zu 1) und zu 2) zu tragen.

3. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 27.000,00 € festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Mit notarieller Urkunde des Notars H. in A. vom 13.01.1999, URNr. xxx, räumten die beiden Beschwerdeführer sowie ihr Vater R. der Beschwerdegegnerin an dem Grundstück FlNr. xxx/10 der Gemarkung A. (xxx-Straße ; Wohnhaus, Nebengebäude, Hofraum, Garten zu 538 qm), vorgetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Coburg von A. Band zzz Blatt xxx, aufschiebend bedingt ein Wohnungsrecht ein. Laut Urkunde ist die Beschwerdegegnerin befugt, sämtliche Wohnräume des Anwesens unter Ausschluss des Eigentümers zu Wohnzwecken zu benutzen. Außerdem umfasst das Wohnungsrecht die Befugnis zur Mitbenutzung aller sonstigen, dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienenden Räume, Anlagen und Einrichtungen, einschließlich des Hausgartens, insbesondere des Kellers und der Garagen. Als aufschiebende Bedingung der Einräumung war vereinbart, dass R. vor der Antragsgegnerin, seiner nichtehelichen Lebensgefährtin, verstirbt.

Am xx.xx.2012 ist R. verstorben und wurde von den beiden Beschwerdeführern beerbt. Diese sind nunmehr jeweils hälftige Miteigentümer des verfahrensgegenständlichen Anwesens. Am 22.08.2012 hat das Grundbuchamt Coburg auf Antrag der Beschwerdegegnerin das Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht in Abteilung II/3 des Grundbuchs eingetragen.

Hiergegen wenden sich die beiden Beschwerdeführer mit ihrem Rechtsmittel, mit dem sie in erster Linie die Löschung der Eintragung erstreben, hilfsweise die Eintragung eines Amtswiderspruchs. Sie sind der Auffassung, die Eintragung sei in unzulässiger Weise erfolgt. Das Wohnungsrecht sei sachenrechtlich nicht hinreichend bestimmt, weil sich sein Umfang auch aus der in der notariellen Urkunde enthaltenen Eintragungsbewilligung nicht ergebe. Die Bezeichnung „Wohnräume“ sei unzureichend, was schon daraus folge, dass sich die Nutzung der Räume zwischen notarieller Beurkundung und Eintragung erheblich geändert habe. Um die Räume zu bestimmen, habe es bei der Beurkundung der Beifügung von Plänen bedurft, die aber nicht erfolgt sei. Auf die Schriftsätze der Beschwerdeführer wird ergänzend Bezug genommen.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat vorgelegt. Auf die Nichtabhilfeverfügung vom 07.11.2012 wird verwiesen. Die Beteiligten haben hierzu Stellung genommen.

II.

Es kann dahinstehen, ob die Beschwerde zulässig ist. Denn das Rechtsmittel ist jedenfalls unbegründet. Die vom Grundbuchamt vorgenommene Eintragung ist nicht zu beanstanden. Insbesondere ist das der Beschwerdegegnerin eingeräumte Wohnungsrecht als beschränkte persönliche Dienstbarkeit im Sinn des § 1093 BGB entgegen der von den Beschwerdeführern vertretenen Auffassung hinreichend bestimmt.

1. Der Inhalt einer Dienstbarkeit muss dem grundbuchrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz genügen. Er muss daher so genau bezeichnet werden, dass der Umfang der Belastung erkennbar und aufgrund objektiver Umstände, sei es auch erst in einem Rechtsstreit, bestimmbar ist (vgl. Demharter, GBO, 28. Aufl. 2012, Anhang zu § 44 Rn. 15). Aufgrund des Zwecks des Grundbuchs, auf sicherer Grundlage bestimmte und sichere Rechtsverhältnisse für unbewegliche Sachen zu schaffen und zu erhalten, ist es für die Eintragung einer Grundstücksbelastung grundsätzlich erforderlich, dass der Umfang der Belastung aus der Eintragung selbst oder in Verbindung mit der Eintragungsbewilligung ohne weiteres ersichtlich ist. Andererseits ist ausreichend, dass die höchstmögliche Belastung für jeden Dritten erkennbar ist. Die hierfür heranzuziehenden objektivierbaren Umstände können auch außerhalb des Grundbuchs liegen, sofern sie nachvollziehbar und mindestens in der Eintragungsbewilligung angedeutet sind (vgl. Demharter, a.a.O., Anhang zu § 13 Rn. 5 m.w.N.).

Ein Wohnungsrecht im Sinn des § 1093 BGB kann auf eines von mehreren Gebäuden oder auf einige Räume des Gebäudes beschränkt werden. In diesem Falle müssen das Gebäude oder die Räume, anders als bei einem Mitbenutzungsrecht als einfacher beschränkter persönlicher Dienstbarkeit, in der Eintragung oder der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung hinreichend bestimmt bezeichnet sein. Anzugeben ist also die Lage der Räume, bei mehreren Stockwerken auch das Geschoss. Fehlt in der Eintragung jede Angabe über eine Beschränkung, ist von einem unbeschränkten Wohnungsrecht auszugehen. Die Auswahl der Räume kann nicht einer späteren Bestimmung des Berechtigten oder des Eigentümers überlassen bleiben (vgl. Staudinger/Mayer, BGB, 2009, § 1093 Rn. 50 m.w.N.; MünchKomm- BGB/Joost, 5. Aufl. 2009, § 1093 Rn. 19; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rn. 1258; Demharter, a.a.O., Anhang zu § 44 Rn. 29). Ein Wohnungsrecht, das ersichtlich nur Teile des Gebäudes umfasst, bei dem sich die ihm unterliegenden Räume aus der Eintragungsbewilligung jedoch nicht sicher feststellen lassen, ist als inhaltlich unzulässig nach § 53 GBO von Amts wegen zu löschen (vgl. Schöner/Stöber, a.a.O.).

2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Umfang des der Beschwerdegegnerin eingeräumten Wohnungsrechts als hinreichend bestimmt anzusehen.

a) Die in der Urkunde gewählte Bezeichnung „sämtliche Wohnräume“ hat ersichtlich den Hintergrund, dass sich in dem Anwesen auch Gewerberäume befinden, auf die sich das den/die jeweiligen Eigentümer ausschließende alleinige Benutzungsrecht der Beschwerdegegnerin nicht beziehen sollte. Die Unterscheidung nach Wohnräumen einerseits und Gewerberäumen andererseits ist anhand objektivierbarer Kriterien vornehmbar und lässt damit für jeden Dritten erkennen, an welchen Räumen das Wohnungsrecht (nicht) bestehen soll.

Dies wird bereits aus der Beschwerdebegründung deutlich. In dieser legen die Beschwerdeführer dar, dass zum Zeitpunkt der notariellen Beurkundung die im Erdgeschoss gelegenen „Laden mit Toilette, die G. und das Büro mit Musterzimmer“ gewerblich genutzt gewesen seien. Soweit sie weiter ausführen, die im Erdgeschoss gelegene Küche sei gemischt genutzt worden, weil darin auch für die Arbeitnehmer des Gewerbebetriebs gekocht worden sei, ändert dies nichts daran, dass es sich bei der Küche um einen Wohnraum handelte. Auch nach der von den Beschwerdeführern behaupteten teilweise vorgenommenen Nutzungsänderung und Erweiterung der Erdgeschossräume in den Jahren 2003/2004 sind die Wohnzwecken dienenden Räumlichkeiten eindeutig in der Weise abgrenzbar, als zu ihnen lediglich der Laden nicht zu rechnen ist.

b) Die an der Beurkundung Beteiligten wussten, dass die Einräumung des Wohnungsrechts unter der Bedingung eines Vorversterbens des R. stand, bis zu deren Eintritt damit gegebenenfalls eine geraume Zeit verstreichen konnte. Es war offenkundig, dass binnen dieses Zeitraums Änderungen der baulichen Nutzung oder gar eine Erweiterung der Räumlichkeiten, wie sie durch die heutige Nutzung des ehemaligen überdachten Hofraums als Wohnraum erfolgt ist, möglich waren. Der Wille der Vertragsparteien ging mithin eindeutig dahin, der Beschwerdegegnerin das den/die jeweiligen Eigentümer ausschließende alleinige Nutzungsrecht an den Wohnräumen zu verschaffen, die im Zeitpunkt des Eintritts der aufschiebenden Bedingung (Vorversterben von R.) vorhanden waren. Dass deren Bestand aktuell ohne Probleme feststellbar ist, steht unter Zugrundelegung des Beschwerdevorbringens unzweifelhaft fest und scheitert gerade nicht daran, dass es hierzu einer Besichtigung des Anwesens bedürfte.

Der Senat kann sich der von Seiten der Beschwerdeführer vertretenen Auffassung, eine Beschreibung der einem Wohnungsrecht im Sinn des § 1093 BGB unterliegenden Räume nach dem Zweck ihrer Nutzung sei mit Blick auf das Erfordernis der sachenrechtlichen Bestimmtheit nicht ausreichend, nicht anschließen. Zwar ist zutreffend, dass sich die Nutzung von Räumen im Lauf der Zeit verändern kann. Eine nach dem Zeitpunkt der – hier für den Zeitpunkt des Versterbens von R. erfolgten – Einräumung vorgenommene Änderung des Nutzungszwecks würde den Umfang des dinglichen Wohnungsrechts jedoch grundsätzlich nicht berühren, sondern könnte allenfalls schuldrechtliche Ansprüche der Berechtigten nach sich ziehen.

c) Soweit in der Urkunde weiterhin eine Mitbenutzung von Garagen angesprochen ist und die Beschwerdeführer geltend machen, auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück gebe es keine Garagen, tut dies der Bestimmtheit des Wohnungsrechts keinen Abbruch. Es führt nämlich allenfalls dazu, dass die entsprechende Vertragspassage ins Leere geht, ohne jedoch der Bestellung des Wohnungs- und Mitbenutzungsrechts im Übrigen die Wirksamkeit zu nehmen.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.

2. Den Geschäftswert schätzt der Senat nach freiem Ermessen gemäß § 131 Abs. 4, § 30 Abs. 1 KostO – der Geschäftswertbestimmung des Grundbuchamts folgend – auf 27.000,00 €. Das Grundbuchamt hat sich hierbei zutreffend an dem Wert des Wohnungsrechts unter Berücksichtigung seiner voraussichtlichen Restlaufzeit orientiert.

3. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor.

 

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