OLG Düsseldorf -ä Az.: 3 Wx 59/22 – Beschluss vom 25.05.2022
Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des Grundbuchamts vom 7. Februar 2022 aufgehoben.
Die Sache wird an das Grundbuchamt zur erneuten Entscheidung über den Eintragungsantrag der Beteiligten vom 11. Januar 2022 unter Berücksichtigung der Gründe dieses Beschlusses zurückverwiesen.
Gründe:
I.
Die Beteiligte ist die im Grundbuch eingetragene Eigentümerin des verfahrensgegenständlichen, mit einem Wohngebäude bebauten Grundbesitzes. Mit notarieller Urkunde vom 15. September 2021 erklärte sie die Aufteilung des Grundstücks in Wohnungs- und Teileigentum. In Absatz (2) a) der Urkunde bestimmte sie, welche Räume und Bestandteile zum Sondereigentum gehören. Der Absatz schließt mit folgender Erklärung:
„Sollten die zu Sondereigentum erklärten Gebäudeteile nicht sondereigentumsfähig sein, so sind sie den jeweils zugehörigen Sondereigentumseinheiten zur Sondernutzung zugewiesen und hinsichtlich der Instandhaltungspflichten und etwaiger Betriebskosten wie Sondereigentum zu behandeln.“
Mit Zwischenverfügung vom 7. Februar 2022 wies das Grundbuchamt die Beteiligte darauf hin, dass die vorstehend wiedergegebene Vereinbarung nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz entspreche und nicht eintragungsfähig sei. Bei Eintragung müsse feststehen, was zum Gemeinschaftseigentum und was zum Sondereigentum gehöre.
Hiergegen wendet sich die Beteiligte mit ihrer Eingabe vom 24. Februar 2022 sowie mit ihrer als Erinnerung bezeichneten Schrift vom 15. März 2022. In der Teilungserklärung sei genau definiert, was zum Sondereigentum gehöre. Wäre aber die Zuweisung (i.d.R. aufgrund von Rechtsprechung) nicht möglich, sei aus Gründen der Rechtssicherheit hilfsweise geregelt, dass es sich dann wegen der Kostentragung insoweit um ein Sondernutzungsrecht handele. Für die Zulässigkeit der Regelung spreche, dass eine unzulässige Begründung von Sondereigentum auch in eine Ausweisung von Sondernutzungsrechten umgedeutet werden könne.
Das Grundbuchamt hat unter dem 6. April 2022 einen Nichtabhilfe- und Vorlagebeschluss erlassen. Der beanstandete Passus stelle es in das Ermessen des Grundbuchamtes, was tatsächlich zum Sondereigentum gehöre und was „nur“ Sondernutzungsrecht werden solle. Es ergebe sich gerade nicht aus dem Gesetz, ob die Gegenstände im Sondereigentum stünden; je nachdem welcher Meinung sich das Grundbuchamt anschließe, würde es durch sein Ermessen Gegenstände zum Sondereigentum deklarieren oder Sondernutzungsrechte daran begründen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Grundakten verwiesen.
II.
Das als unbefristete Beschwerde zulässige Rechtsmittel der Beteiligten gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes vom 7. Februar 2022, §§ 18 Abs. 1 Satz 1, 71 Abs. 1 GBO, ist begründet.
Das vom Grundbuchamt gesehene Eintragungshindernis besteht nicht. Die Erklärungen in Abschnitt (2) a) der Teilungserklärung vom 15. September 2021 genügen dem im Grundbuchrecht geltenden Bestimmtheitsgrundsatz.
Ganz allgemein formuliert besagt der Bestimmtheitsgrundsatz, dass das Grundstück, über das durch Rechtsgeschäft verfügt werden soll, sowie Berechtigter und Inhalt eines an einem Grundstück eintragungsfähigen Rechts klar und eindeutig feststehen müssen (vgl. statt aller: Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rn. 18).
Für den hier in Rede stehenden Sachverhalt der Begründung von Wohnungseigentum gilt, dass die Miteigentumsanteile an dem gesamten Grundstück sowie die jeweils verbundenen Sondereigentumsrechte im Grundbuch eingetragen werden, § 7 Abs. 1 Satz 2 WEG. Die Eintragung sowohl des Gegenstandes als auch des Inhaltes des Sondereigentums erfolgt regelmäßig durch Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung (Hügel/Elzer, Wohnungseigentumsgesetz, 3. Aufl. 2021, § 7 Rn. 8). Darüber hinaus können auch Sondernutzungsrechte, bei denen es sich zwar nicht um ein dingliches Recht, sondern um eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer (§ 10 WEG) bzw. eine einseitige Erklärung des teilenden Alleineigentümers (§ 8 WEG) handelt, im Grundbuch eingetragen werden, § 5 Abs. 4 Satz 1 WEG; die Eintragung erfolgt als ausdrückliche Eintragung des Sondernutzungsrechts oder durch Bezugnahme auf die zugrundeliegende Vereinbarung der Wohnungseigentümer bzw. die Teilungserklärung (vgl. Hügel/Elzer, a.a.O., § 7 Rn. 17 ff.).
Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 WEG kann Sondereigentum nicht unter einer Bedingung oder einer Befristung eingeräumt werden. Das entspricht der Rechtslage bei Übertragung des Eigentums an einem Grundstück, § 925 Abs. 2 BGB. Ausgeschlossen sind deshalb sowohl aufschiebende als auch auflösende Bedingungen (§ 158 BGB) (Hügel/Elzer, a.a.O., § 4 Rn. 20; vgl. für § 925 BGB: MüKoBGB/Ruhwinkel, 8. Aufl. 2020, § 925 Rn. 30). Sinn und Zweck der gesetzlich angeordneten Bedingungsfeindlichkeit der Einräumung von Sondereigentum bzw. der Übertragung von Grundeigentum ist der Ausschluss möglicher Zweifel über die Wirksamkeit des dinglichen Rechtsaktes im Interesse der Sicherheit des Grundstückverkehrs. Zulässig sind hingegen Rechtsbedingungen, sog. condicio iuris (MüKoBGB/Ruhwinkel, a.a.O., § 925 Rn. 31; BeckOGK/Reymann, BGB, Stand: 1. März 2022, § 158 Rn. 39.3). Eine Rechtsbedingung ist eine unechte Bedingung und liegt vor, wenn die Parteien eines Rechtsgeschäfts die Wirksamkeit ihrer Erklärungen davon abhängig machen, dass eine bestimmte gesetzliche Voraussetzung für das Zustandekommen oder die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts erfüllt ist. Dass die Erklärung bzw. das Geschäft (ggfs. zunächst) keine Wirkungen entfaltet, beruht also nicht auf dem Willen des oder der Erklärenden, sondern auf dem Willen des Gesetzes. Der bei einer Rechtsbedingung entstehende Schwebezustand entspricht somit genau der Lage, die besteht, wenn der Erklärende bzw. die Parteien gar keine Kenntnis von dem gesetzlichen Wirksamkeitserfordernis haben und keine Rechtsbedingung vereinbaren (vgl. MüKoBGB/Westermann, 9. Aufl. 2021, § 158 Rn. 54, BeckOGK/Reymann, a.a.O., § 158 Rn. 38 ff.).
Das vorausgeschickt erweisen sich die in Abschnitt (2) a) der Teilungserklärung getroffenen Bestimmungen als wirksam; die im letzten Satz des Abschnitts erklärte Zuweisung zur Sondernutzung für den Fall der fehlenden Sondereigentumsfähigkeit der zuvor bezeichneten Gebäudeteile führt nicht zur mangelnden Bestimmtheit der Teilungserklärung.
Die im letzten Satz des Abschnitts (2) a) der Teilungserklärung enthaltene Regelung ist eine Rechtsbedingung im vorstehend definierten Sinne. Zunächst ist in Abschnitt (2) a) bestimmt, welche Gebäudeteile zum Sondereigentum gehören sollen. Im letzten Satz ist sodann geregelt, was gelten soll, wenn die genannten Gebäudeteile nicht sondereigentumsfähig sein sollten; dann nämlich sollen sie – wenigstens – zur Sondernutzung zugewiesen sein. Das zeigt, dass die Zuweisung von Sondereigentum davon abhängig sein soll, dass die Sondereigentumsfähigkeit der ausdrücklich genannten Gebäudeteile verneint wird. Die also nach dem Inhalt der Teilungserklärung maßgebliche Frage der Sondereigentumsfähigkeit der ausdrücklich genannten Gebäudeteile ist eine Rechtsfrage.
Sie stellt sich nicht nur im hier zu entscheidenden Einzelfall, sondern immer, wenn der Eigentümer eines Grundstücks dessen Teilung erklärt und die Eintragung von Wohnungseigentum beantragt. Die Sondereigentumsfähigkeit von Gebäudeteilen richtet sich nach § 5 WEG, der die Abgrenzung von Gemeinschaft- und Sondereigentum regelt. Die Norm definiert den Begriff Sondereigentum, wobei Abs. 1 der Vorschrift positiv umschreibt, was Sondereigentum sein kann, und Abs. 2 negativ festlegt, welche Gebäudeteile auf keinen Fall sondereigentumsfähig sind. Die Regelungen sind zwingend (BeckOK WEG/Leidner. 48. Edition, Stand: 1. März 2022, § 5 Rn. 1).
Entscheidend für die von der Beteiligten beantragte Eintragung im Grundbuch ist also die Rechtsfrage, ob die in der Teilungserklärung in erster Linie gewollte Zuweisung der genannten Gebäudeteile zum Sondereigentum wirksam ist. Die Beantwortung dieser Frage hängt nicht vom Willen der Beteiligten ab, sondern davon, ob die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 WEG gegeben sind.
Diese – im Einzelfall möglicherweise schwierige und streitige – rechtliche Frage hat das Grundbuchamt vor der Eintragung zu prüfen; ein Ermessen steht ihm – entgegen der Argumentation im Nichtabhilfebeschluss – insofern nicht zu.
Der im letzten Satz des Abschnitts (2) a) der Teilungserklärung getroffenen Bestimmung, nämlich der Zuweisung der rechtlich nicht als sondereigentumsfähig zu bewertenden Gebäudeteile zur Sondernutzung, kommt also allein die Bedeutung zu, vorsorglich und hilfsweise bereits in der Teilungserklärung den Willen des teilenden Eigentümers dahin festzuhalten, dass an den fraglichen Gebäudeteilen wenigstens in rechtlicher Hinsicht ein Sondernutzungsrecht bestehen soll. Bedenken gegen die Zulässigkeit der Regelung ergeben sich auch deshalb nicht, da in der Rechtsprechung und in der überwiegenden Literatur anerkannt ist, dass die unwirksame Begründung von Sondereigentum in die Bestellung eines Sondernutzungsrechts umgedeutet werden kann, § 140 BGB (Senat, NJW-RR 1998, 515; OLG Karlsruhe ZMR 2010, 873 ff.; BeckOK WEG/Leidner, a.a.O., § 5 Rn. 63; BeckOKG/Monreal, Stand: 1. Dezember 2021, § 5 WEG Rn. 63).
Auch die Umdeutung hat den Zweck, den von den Parteien erstrebten wirtschaftlichen Erfolg auch dann zu verwirklichen, wenn das rechtliche Mittel, das sie dafür gewählt haben, unzulässig ist, jedoch ein anderer, rechtlich gangbarer Weg zur Verfügung steht, der zum annähernd gleichen wirtschaftlichen Ergebnis führt (BGHZ 68, 204, 206). Die im Kommentar von Schöner/Stöber (a.a.O., Rn. 2917) angeführte Erwägung, der Eintragungsantrag und die Eintragungsbewilligung müssten klar und bestimmt sein, weshalb im Eintragungsverfahren eine Umdeutung nicht hinnehmbar sei, verfängt im hier zu beurteilenden Fall nicht.
Wie ausgeführt, ist die hiesige Teilungserklärung klar und bestimmt: gewollt ist die Begründung von Sondereigentum an allen im Abschnitt (2) a) genannten Gebäudeteilen. Die Teilungserklärung wird nicht dadurch unklar, dass zugleich erklärt ist, welche Folgen nach dem Willen des teilenden Eigentümers daran geknüpft sein sollen, sollte die Begründung von Sondereigentum rechtlich unzulässig sein; das Gegenteil ist der Fall, denn nach dem eindeutigen Inhalt der Teilungserklärung soll dann ein Sondernutzungsrecht bestehen. Demzufolge entsteht auch für das Grundbuchamt keine Unklarheit, welche Eintragungen beantragt sind: beantragt ist, die Eintragung der in Abschnitt (2) a) genannten Gebäudeteile als Sondereigentum, hilfsweise sollen Sondernutzungsrechte eingetragen werden. Ein Fall der Umdeutung einer Erklärung ist das nicht.
Ist demnach die im letzten Satz von Abschnitt (2) a) der Teilungserklärung hilfsweise erklärte Begründung von Sondernutzungsrechten rechtlich nicht zu beanstanden (eine entsprechende Regelung in einer Teilungserklärung wird auch von Leidner in BeckOK WEG, a.a.O., § 5 Rn. 63.1 vorgeschlagen), ist die angefochtene Zwischenverfügung aufzuheben und die Sache dem Grundbuchamt zur erneuten Bescheidung des Eintragungsantrages zurückzugeben.
III.
Mit Blick auf den Erfolg des Rechtsmittels ist weder eine Kostenentscheidung des Senats, noch eine Wertfestsetzung veranlasst.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde erübrigt sich ebenfalls.