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Besteuerung privates Veräußerungsgeschäft – unentgeltliche Wohnungsüberlassung an Mutter

FG Düsseldorf – Az.: 14 K 1525/19 – Urteil vom 02.03.2023

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Frage der Steuerbarkeit eines privaten Veräußerungsgeschäfts.

Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Sie erwarben mit notariell beurkundetem Vertrag vom 07. Mai 2009 zum Kaufpreis von … € eine noch zu errichtende Eigentumswohnung in Z-Stadt, Straße 01, zu je ½. Diese Eigentumswohnung überließen sie nach Fertigstellung der Mutter der Klägerin, M, bis zu ihrem Tod am 24. Dezember 2016 unentgeltlich zur Nutzung. Danach verkauften die Kläger die Wohnung in Z-Stadt mit notariell beurkundetem Vertrag vom 09. November 2017 zum Verkaufspreis von … €.

Die Kläger machten in ihren Einkommensteuererklärungen bis einschließlich 2016 keine Unterhaltsleistungen an die Mutter der Klägerin gemäß § 33a EStG geltend.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2017 gaben die Kläger die Veräußerung der Eigentumswohnung in Z-Stadt an und ermittelten unter Berücksichtigung von Veräußerungs- und Anschaffungsnebenkosten sonstige Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i.H.v. … € für den Kläger und i.H.v. … € für die Klägerin.

Mit Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 vom 12. Februar 2019 erfasste der Beklagte neben Einkünften der Kläger aus nichtselbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung erklärungsgemäß die sonstigen Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften beim Kläger i.H.v. von … € und bei der Klägerin i.H.v. … €. Hiervon zog der Beklagte Verlustvorträge aus privaten Veräußerungsgeschäften beim Kläger i.H.v. … € und bei der Klägerin i.H.v. … € ab und ermittelte danach verbleibende sonstige Einkünfte für den Kläger i.H.v. … € und für die Klägerin i.H.v. … €.

Mit Bescheid, ebenfalls vom 12. Februar 2019, über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2017 ermittelte der Beklagte unter Berücksichtigung der vorgenannten Verlustabzüge einen verbleibenden Verlustvortrag zum 31. Dezember 2017 von jeweils 0 € und stellte den verbleibenden Verlustvortrag für die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften mit jeweils 0 € fest.

Die Kläger legten gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 sowie gegen den Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2017 jeweils Einspruch ein. Zur Begründung führten sie aus:

Der Ansatz eines steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns für das Objekt in Z-Stadt, Straße 01, komme nicht in Betracht, da die Klägerin durch die unentgeltliche Überlassung an ihre zwischenzeitlich verstorbene Mutter eine Unterhaltsleistung erbracht habe. Die Überlassung stelle eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Sinne des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) dar. Dementsprechend sei auch eine Verrechnung von Verlustvorträgen nicht vorzunehmen.

Auf Anforderung des Beklagten legten die Kläger im Einspruchsverfahren die Ermittlung des Veräußerungsgewinns von insgesamt … € vor.

Der Beklagte wies die Einsprüche nach Anhörung mit Entscheidung vom 08. Mai 2019 als unbegründet zurück und führte ergänzend aus:

Die unentgeltliche Überlassung der Eigentumswohnung in Z-Stadt an die Mutter der Klägerin erfülle nicht die Voraussetzungen, die zu einer Begünstigung i.S.d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG führten. Folglich sei auch die Verrechnung der Verlustvorträge rechtmäßig.

Unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung (u.a. Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 26. Januar 1994 X R 94/91) liege keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Sinne des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG vor. Das Tatbestandsmerkmal der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken sei so zu verstehen wie in § 10e EStG und § 4 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG). Danach sei die Nutzung durch den Steuerpflichtigen selbst erfasst, auch wenn dieser mit anderen Familienangehörigen, wie seiner Ehefrau oder unterhaltsberechtigten Kindern, zusammenlebe. Darüber hinaus stelle die unentgeltliche Überlassung zur selbständigen Nutzung durch Kinder, für die ein Anspruch auf Kindergeld oder auf einen Kinderfreibetrag bestehe, eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken dar. Anders sei dies bei einer unentgeltlichen Überlassung an andere Personen, auch an andere unterhaltsberechtigte Angehörige. Insbesondere sei die Regelung des § 4 S. 2 EigZulG nach der Verwaltungsauffassung (Bundesministerium der Finanzen – BMF – im Schreiben vom 05. Oktober 2000) nicht entsprechend anzuwenden.

Mit ihrer Klage tragen die Kläger vor, die unentgeltliche Überlassung der Wohnung an die verstorbene Mutter der Klägerin stelle eine „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ im Sinne des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG dar.

Die Differenzierung des Beklagten zwischen unterhaltsberechtigten Kindern und ihrer vorliegend unterhaltsberechtigten Mutter unter Bezugnahme auf das Urteil des BFH vom 26. Januar 1994 sowie auf das BMF-Schreiben vom 05. Oktober 2000 sei widersprüchlich. Die Differenzierung sei weder zivilrechtlich erklärbar noch ertragsteuerliche Realität. Die Entscheidung des BFH vom 26. Januar 1994 sei aus diesem Grund mittlerweile nicht mehr anwendbar.

Zivilrechtlich sei die Unterhaltspflicht in beiden Fällen in derselben Vorschrift, nämlich in § 1601 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), geregelt. Sonderregelungen für minderjährige Kinder oder Kinder in Ausbildung lägen in der Natur der Sache. Zum Elternunterhalt gehöre auch die Unterbringung der unterhaltsberechtigten Eltern.

Darüber hinaus werde zwischen Kindes- und Elternunterhalt ertragsteuerlich nicht differenziert. Die Berücksichtigung von Elternunterhalt nach § 33a Abs. 1 S. 1 EStG und die Berücksichtigung von Kindern im Rahmen des Kindergeldes oder Kinderfreibetrags wirkten sich steuerlich ähnlich aus. Hierin sei der gesetzgeberische Wille erkennbar, im Kern keine Unterscheidung mehr vornehmen zu wollen.

Auch der Gesetzesbegründung zu § 23 EStG (Bundestagsdrucksache – BT-Drucks. -14/265, S. 181) sei nichts Gegenteiliges zu entnehmen.

Zudem habe der Gesetzgeber den Begriff der „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ in § 4 EigZulG umfassender definiert und hierin auch die unentgeltliche Überlassung an Angehörige im Sinne des § 15 der Abgabenordnung (AO) erfasst. Anders als Teile der Literatur sowie der Beklagte meinten, sei es widersprüchlich, zunächst auf § 4 EigZulG zu verweisen und dann dessen deklaratorischen Satz 2 nicht anzuwenden. Das BFH-Urteil vom 18. Januar 2011 (Az. X R 13/10) zu § 10f EStG sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, da es hier um eine Ausnahme von der Besteuerung privater Vorgänge gehe und gerade nicht um die Förderung selbstgenutzten Wohnungseigentums.

Im Übrigen habe der BFH in seinem Urteil vom 26. Januar 1994 festgestellt, dass eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken auch die unentgeltliche Überlassung ohne gesicherte Rechtsposition umfasse.

Auf den Hinweis des Gerichts auf das während des vorliegenden Verfahrens ergangene Urteil des BFH vom 24. Mai 2022 (Az. IX R 28/21) tragen die Kläger ergänzend vor, dass die Sachverhalte nicht vergleichbar seien. Maßgeblich sei lediglich, dass es sich um zivilrechtlich dem Grunde nach unterhaltsberechtigte Angehörige handele. Es entspreche der Steuergerechtigkeit und dem Wohnungsbauförderungsgedanken, nicht nur eine Zulage gemäß § 4 S. 2 EigZulG zu gewähren, sondern erst Recht private Veräußerungsgeschäfte von der Besteuerung auszunehmen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Gesetzesbegründung zu § 23 EStG. Unerheblich sei deshalb, dass sie, die Kläger, Aufwendungen der Nutzungsüberlassung in den Vorjahren nicht gemäß § 33a EStG geltend gemacht hätten, weil die einkommensteuerlichen Voraussetzungen dafür nicht erfüllt gewesen seien. Im Übrigen seien die zahlreichen Besuche bei der Mutter der Klägerin als eine Nutzung des Objekts zu eigenen Wohnzwecken anzusehen.

Die Kläger beantragen, den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 vom 12. Februar 2019 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08. Mai 2019 dahin zu ändern, dass keine sonstigen Einkünfte aus der Veräußerung der Eigentumswohnung in Z-Stadt, Straße 01, angesetzt werden,

den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2017 vom 12. Februar 2019 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08. Mai 2019 dahingehend zu ändern, das der verbleibende Verlustvortrag aus privaten Veräußerungsgeschäften des Klägers i. H. von … € und der Klägerin i. H. von … € festgestellt wird,

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er ist der Klage mit der Begründung entgegengetreten, dass eine Differenzierung zwischen nach § 32 EStG berücksichtigungsfähigen Kindern und anderen Angehörigen damit zu begründen sei, dass die anderen Angehörigen nicht gleichermaßen unterhaltsberechtigt seien. Insbesondere bestehe eine Verpflichtung, für die Unterbringung des Kindes, gegebenenfalls auch außerhalb des Familienhaushalts, zu sorgen.

Der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei nicht zu entnehmen, dass – ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 32 EStG – allein das tatsächliche Bestehen einer zivilrechtlichen Unterhaltspflicht für die Annahme der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken ausreiche. Das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg führte in seinem Urteil vom 04. April 2016 (8 K 2166/14) unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil zum Az. X R 13/10 zutreffend aus, dass § 32 EStG typisierend eine zivilrechtliche Unterhaltspflicht unterstelle; das tatsächliche Bestehen einer Unterhaltspflicht sei aus Praktikabilitätsgründen gerade nicht zu prüfen.

§ 4 EigZulG und § 23 EStG verfolgten im Übrigen unterschiedliche Zwecke. So habe das Finanzgericht Hessen (Az. 1 K 1644/14) die Überlassung an andere, auch unterhaltsberechtigte Angehörige als nicht begünstigten Vorgang erachtet. Die Regelung des § 4 S. 2 EigZulG sei hiernach nicht übertragbar.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat insgesamt keinen Erfolg.

1. Hinsichtlich der Klage gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 ist sie zulässig, aber unbegründet.

Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 vom 12. Februar 2019 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08. Mai 2019 ist – im angefochtenen Umfang – rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1, 1. HS der Finanzgerichtsordnung – FGO -).

Anders als die Kläger meinen, hat der Beklagte aufgrund der Veräußerung der Eigentumswohnung in Z-Stadt, Straße 01, im Streitjahr zu Recht sonstige Einkünfte aus einem privaten Veräußerungsgeschäft gemäß § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG berücksichtigt. Insbesondere ist die Steuerbarkeit des Vorgangs nicht nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG ausgenommen, weil die Eigentumswohnung in der Zeit zwischen Fertigstellung und Veräußerung an die Mutter der Klägerin unentgeltlich überlassen war.

Nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG werden Wirtschaftsgüter von der Besteuerung als private Veräußerungsgeschäfte ausgenommen, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden.

Der Begriff der „Nutzung zu Wohnzwecken“ umschreibt einen durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, die Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises gekennzeichneten Lebenssachverhalt (BFH, Urteil vom 1. März 2021 IX R 27/19, Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE – 272, 393, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2021, 680). Den Begriff der „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ hat der BFH entsprechend dem Zweck der Ausnahmeregelung, die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns bei Aufgabe eines Wohnsitzes (z.B. wegen eines Arbeitsplatzwechsels) zu vermeiden (BT-Drucks. 14/265, S. 181), weit ausgelegt. Danach setzt das Merkmal der „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ voraus, dass eine Immobilie zum Bewohnen dauerhaft geeignet ist und vom Steuerpflichtigen auch bewohnt wird (BFH, Beschluss vom 28. Mai 2002 IX B 208/01, Sammlung der nicht amtlich veröffentlichten Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2002, 1284; BFH, Urteil vom 18. Januar 2006 IX R 18/03, BFH/NV 2006, 936). Der Steuerpflichtige muss das Gebäude zumindest auch selbst nutzen. Unschädlich ist, wenn er es gemeinsam mit seinen Familienangehörigen oder einem Dritten bewohnt (BFH, Urteil vom 24. Mai 2022 IX R 28/21, BFH/NV 2023, 20 m.w.N.; so auch die Verwaltungsauffassung, siehe BMF, Schreiben vom 05. Oktober 2000, BStBl I 2000, 1383, Rz. 22).

Keine Nutzung „zu eigenen Wohnzwecken“ liegt vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich an einen Dritten überlässt, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen (BFH, Urteil vom 27. Juni 2017 IX R 37/16, BFHE 258, 490, BStBl II 2017, 1192 Rn. 12; BFH, Urteil vom 1. März 2021 IX R 27/19, BFHE 272, 393, BStBl II 2021, 680 Rn. 14).

Hingegen ist eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken – wie im Anwendungsbereich des § 10e EStG und des § 4 EigZulG – zu bejahen, wenn der Steuerpflichtige Teile einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung oder die Wohnung insgesamt einem einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kind unentgeltlich zur teilweisen oder alleinigen Nutzung überlässt. Die Nutzung der Wohnung durch das Kind ist dem Eigentümer in diesem Fall als eigene zuzurechnen, weil es ihm im Rahmen seiner unterhaltsrechtlichen Verpflichtung obliegt, für die Unterbringung des Kindes zu sorgen (BFH, Urteil vom 18. Januar 2011 X R 13/10, BFH/NV 2011, 974, Rn 14, zu § 10f Abs. 1 EStG; BFH, Urteil vom 21. Mai 2019 IX R 6/18, BFH/NV 2019, 1227, Rn. 18; BFH, Urteil vom 24. Mai 2022 IX R 28/21, BFH/NV 2023, 20 Rn. 17).

Überlässt der Steuerpflichtige die Wohnung nicht ausschließlich einem einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kind (oder mehreren einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kindern) unentgeltlich zur Nutzung, sondern zugleich einem Dritten, liegt nach der aktuellen Rechtsprechung des BFH keine begünstigte Nutzung des Steuerpflichtigen zu eigenen Wohnzwecken vor (BFH, Urteil vom 24. Mai 2022 IX R 28/21, BFH/NV 2023, 20; dazu auch schon Hessisches FG, Urteil vom 30. September 2015, 1 K 1654/14, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2016, 201; FG München, Urteil vom 11. März 2021, 11 K 2405/19, EFG 2021, 1625; FG Münster, Urteil vom 19. Mai 2022, 8 K 19/20 E, EFG 2022, 1207).

Die Differenzierung zwischen einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kindern und dritten, ggf. auch unterhaltsberechtigten Personen begründet der BFH mit dem Vereinfachungsgedanken des § 32 EStG sowie dem Zweck der Ausnahmevorschrift des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG.

Soweit die höchstrichterliche Rechtsprechung im Zusammenhang mit dem Begriff der „eigenen Wohnzwecke“ tatbestandlich auf die Vorschrift des § 32 EStG abstellt, geschieht dies vor dem Hintergrund der Annahme, dass der Gesetzgeber – aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung – bei den nach dieser Vorschrift zu berücksichtigenden Kindern typisierend eine Unterhaltspflicht und das Entstehen von Aufwendungen annimmt. Eine Ermittlung im Einzelfall, ob dem Kind Unterhalt zu gewähren ist oder gegebenenfalls wegen eigener Einkünfte des Kindes keine Unterhaltspflicht besteht, soll – auch wegen des damit für die Finanzbehörden und -gerichte verbundenen, nicht unerheblichen Ermittlungsaufwands – durch diese typisierende Wertung vermieden werden (BFH, Urteil vom 26. Januar 1994 X R 94/91, BFHE 173, 345, BStBl II 1994, 544 zu § 10e EStG; BFH, Urteil vom 24. Mai 2022 IX R 28/21, BFH/NV 2023, 20).

Bei seiner Auslegung des Gesetzes berücksichtigt der BFH die unterschiedliche Zweckrichtung der Tatbestände des EStG und des EigZulG. Zwar ist das Merkmal der „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ in § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG im Ausgangspunkt so zu verstehen wie in § 10e EStG und § 4 EigZulG (BFH, Urteil vom 18. Januar 2006 IX R 18/03, BFH/NV 2006, 936; BFH, Urteil vom 26. Oktober 2021 IX R 5/21, BFHE 275, 36, BStBl II 2022, 403). Zweck der gesetzlichen Freistellungsregelung des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG ist aber nicht die Förderung des Erwerbs von Wohnungseigentum durch möglichst viele Bürger und damit die Förderung der Vermögensbildung (BFH, Urteil vom 28. März 1990 X R 160/88, BFHE 160, 481, BStBl II 1990, 815 Rn. 21 zu § 10e EStG), sondern die Vermeidung der Besteuerung eines Veräußerungsgewinns bei Aufgabe eines Wohnsitzes und eine damit einhergehende Behinderung der beruflichen Mobilität (BT-Drucks 14/265, S. 181; BFH, Urteil vom 26. Oktober 2021 IX R 5/21, BFHE 275, 36, BStBl II 2022, 403 Rn. 25). Vor diesem Hintergrund setzt die Anwendbarkeit des Ausnahmetatbestands in § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG entsprechend seiner Zweckrichtung dem Grunde nach voraus, dass eine Besteuerung der beruflichen Mobilität des Steuerpflichtigen entgegenstünde, was nach Auffassung des BFH regelmäßig dann der Fall sein soll, wenn der Unterhaltsberechtigte – d.h. das nach § 32 EStG zu berücksichtigende Kind – im Falle eines beruflichen Wohnsitzwechsels des Steuerpflichtigen mitgehen würde (zum Ganzen BFH, Urteil vom 24. Mai 2022 IX R 28/21, BFH/NV 2023, 20).

Danach wird eine vom Steuerpflichtigen zu Unterhaltszwecken unentgeltlich bereitgestellte Wohnung dann nicht mehr i.S. des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG (mittelbar) zu „eigenen Wohnzwecken“ (des Steuerpflichtigen) genutzt, wenn die Immobilie neben einem einkommensteuerlich nach § 32 EStG zu berücksichtigenden Kind auch anderen – gegebenenfalls auch aufgrund bürgerlich-rechtlicher Vorschriften unterhaltsberechtigten – Angehörigen überlassen wird. Vor diesem Hintergrund führt auch die (Mit-)Nutzung durch ein weiteres, wegen seines Alters nicht (mehr) nach § 32 EStG einkommensteuerlich zu berücksichtigendes Kind dazu, dass die Wohnung insgesamt nicht mehr als zu eigenen Wohnzwecken des Steuerpflichtigen genutzt anzusehen ist (BFH, Urteil vom 21. Mai 2019 IX R 6/18, BFH/NV 2019, 1227, Rn. 23; BFH, Urteil vom 24. Mai 2022 IX R 28/21, BFH/NV 2023, 20).

In Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich im Streitfall Folgendes:

Die Kläger haben die Wohnung in Z-Stadt nicht selbst genutzt. Nach allgemeiner Auffassung genügen insofern bloße Aufenthalte zu Besuchszwecken nicht (vgl. nur BFH, Beschluss vom 29. Mai 2018 IX B 106/17, BFH/NV 2018, 951). Die Eigengestaltung der Haushaltsführung oblag weiter der Mutter der Klägerin, nicht den Klägern als ihren Besuchern.

Eine Zurechnung der Nutzung durch die Mutter der Klägerin kommt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht in Betracht. Aus ihr folgt nämlich, dass keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vorliegt, wenn die Immobilie einem nicht nach § 32 EStG zu berücksichtigenden Angehörigen unentgeltlich zur alleinigen Nutzung überlassen wird.

Eine Begünstigung der Wohnungsüberlassung an unterhaltsberechtigte Angehörige im Sinne des § 1601 BGB sieht die Rechtsprechung nicht vor. Denn für diesen Personenkreis kann nicht, wie bei § 32 EStG, typisierend eine Unterhaltspflicht und das Entstehen von Aufwendungen unterstellt werden, sondern es wäre gerade eine Einzelfallprüfung erforderlich. Darüber hinaus lagen im Streitfall die Voraussetzungen des § 33a EStG nicht vor.

§ 4 S. 2 EigZulG ist nicht entsprechend auf den Streitfall anzuwenden. Nach § 4 S. 2 EigZulG liegt eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken auch vor, soweit eine Wohnung unentgeltlich an einen Angehörigen im Sinne des § 15 AO zu Wohnzwecken überlassen wird. Hiervon wäre die Mutter der Klägerin und Schwiegermutter des Klägers als Verwandte und Verschwägerte in gerader Linie i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 3 AO erfasst.

§ 4 S. 2 EigZulG enthält aber keine allgemeingültige Legaldefinition des Begriffs der „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“, da ein solcher Wille des Gesetzgebers in der Vorschrift selbst keinen hinreichenden Ausdruck gefunden hat (BFH, Urteil vom 18. Januar 2011 X R 13/10, BFH/NV 2011, 974). Darüber hinaus unterscheiden sich, wie bereits ausgeführt, die Zweckrichtungen der gesetzlichen Regelungen. Während das Eigenheimzulagengesetz den Erwerb von Wohnungseigentum durch möglichst viele Bürger und damit die Vermögensbildung fördert, soll § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns bei Aufgabe eines Wohnsitzes und eine damit einhergehende Behinderung der beruflichen Mobilität vermeiden. Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 18. Januar 2011 zur Auslegung des Begriffs der „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ i.S.d. § 10f Abs. 1 EStG ohne Berücksichtigung des § 4 S. 2 EigZulG sind insofern erst Recht auf den vorliegenden Fall anzuwenden. Denn während die Vorschriften des § 10f Abs. 1 EStG und des § 4 S. 2 EigZulG beide den Bereich der Eigenheimförderung betreffen, ist vorliegend der Zweck der Vermeidung der Mobilitätsbehinderung maßgebend.

Im Übrigen hielte der Senat eine Auslegung des Gesetzes, die zu einer über die bisherige Rechtsprechung des BFH hinausgehenden Zurechnung der Nutzung einer Wohnung durch andere Angehörige führte, für weder mit dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck der Regelung vereinbar. Die typisierende Zurechnung der Nutzung durch ein einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigendes Kind durch die höchstrichterliche Rechtsprechung erscheint schon sehr weitgehend. Jedenfalls eine noch weiter gehende Zurechnung der Nutzung einer Wohnung durch andere Angehörige bedürfte einer klaren gesetzlichen Grundlage, wie sie in § 4 S. 2 EigZulG bestand, aber vom Gesetzgeber in § 23 EStG nicht geschaffen wurde.

Die vom Beklagten nach § 23 Abs. 3 S. 1 EStG angesetzten sonstigen Einkünfte aus dem privaten Veräußerungsgeschäft i.H.v. … € für den Kläger und i.H.v. … € für die Klägerin sind der Höhe nach zwischen den Beteiligten unstreitig und Ermittlungsfehler nicht ersichtlich. Auch hat der Beklagte zu Recht Verlustvorträge aus privaten Veräußerungsgeschäften gemäß § 23 Abs. 3 S. 8 EStG nur von den Einkünften aus dem privaten Veräußerungsgeschäft des Streitjahrs abgezogen.

2. Unter Bezugnahme auf Vorgenanntes hat die Klage gegen den Bescheid vom 12. Februar 2019 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2017 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08. Mai 2019 ebenfalls keinen Erfolg.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Insbesondere steht der Zulässigkeit der Klage die Vorschrift des § 42 FGO nicht entgegen. Hiernach können Folgebescheide nicht in weiterem Umfang angegriffen werden, als sie in dem außergerichtlichen Vorverfahren angefochten werden können. Zum außergerichtlichen Vorverfahren regelt § 351 Abs. 2 AO, dass Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid nur durch Anfechtung dieses Bescheides, nicht auch durch Anfechtung des Folgebescheides angegriffen werden können.

Gemäß § 10d Abs. 4 S. 4, 2. HS, § 23 Abs. 3 S. 8, 2. HS EStG sind vorliegend § 42 FGO und § 351 Abs. 2 AO entsprechend anzuwenden.

Denn es handelt sich bei dem Verlustfeststellungsbescheid zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2017 um einen Quasi-Folgebescheid zum Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017. Mit der Regelung des § 10d Abs. 4 S. 4 EStG wird eine inhaltliche Bindung des Verlustfeststellungsbescheids an den Einkommensteuerbescheid erreicht, obwohl der Einkommensteuerbescheid kein Grundlagenbescheid ist (BFH, Urteile vom 13. Januar 2015 IX R 22/14, BFHE 248, 530, BStBl. II 2015, 829; vom 10. Februar 2015 IX R 6/14, BFH/NV 2015, 812; vom 07. Dezember 2016 I R 76/14, BStBl. II 2017, 704; FG Düsseldorf, Urteil vom 16. Februar 2016, 10 K 3686/13 F, EFG 2016, 662). Nach § 23 Abs. 3 S. 8, 2. HS EStG findet § 10d Abs. 4 S. 4 EStG auch bei Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften Anwendung (dazu auch BFH, Urteil vom 28. Juli 2021 IX R 29/19, BFHE 274, 72).

Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Klage gegen einen Verlustfeststellungsbescheid als Quasi-Folgebescheid auch dann zulässig, obgleich im Feststellungsverfahren des verbleibenden Verlustvortrags die Einkünfte nicht eigenständig zu ermitteln bzw. zu überprüfen sind. Es fehlt nicht an der gemäß § 40 Abs. 2 FGO für die Erhebung der Anfechtungsklage erforderlichen Geltendmachung einer Rechtsverletzung durch den Erlass des angefochtenen Verlustfeststellungsbescheids (BFH, Urteil vom 27. Juni 2018 I R 13/16, BFHE 262, 340, BStBl. II 2019, 632; BFH, Urteil vom 27. Oktober 2020 VIII R 42/18, BFHE 271, 352, BStBl. II 2021, 481; siehe auch BFH, Urteil vom 12. Oktober 2011 VIII R 2/10, BFH/NV 2012, 776 m.w.N.).

Dem ist auch für den vorliegenden Fall zuzustimmen.

Die Klage ist aber unbegründet.

Die Klage gegen einen Verlustfeststellungsbescheid ist begründet, wenn mit dem Klageantrag dieselben Einwendungen wie gegen den dem Verlustfeststellungsbescheid zugrunde liegenden Einkommensteuerbescheid geltend gemacht werden und diese durchgreifen (BFH, Urteil vom 27. Oktober 2020 VIII R 42/18, BFHE 271, 352, BStBl. II 2021, 481; so im Ergebnis auch FG Düsseldorf, Urteil vom 16. Februar 2016, 10 K 3686/13 F, EFG 2016, 662, das die Begründetheit der Klage gegen den Verlustfeststellungsbescheid an den Ausgang des Verfahrens gegen den Grundlagenbescheid knüpft).

Das ist hier gerade nicht der Fall. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen zu § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG ist auch der Bescheid vom 12. Februar 2019 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08. Mai 2019 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2017 rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1, 1. HS FGO).

3. Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 135 Abs. 1 FGO.

4. Die Revision war zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO vorliegen.

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