OLG München entscheidet: Bestandteilzuschreibung bei Grundstücken mit Dienstbarkeiten ohne Bewilligung möglich
Das Urteil des OLG München Az.: 34 Wx 9/24 e vom 24.01.2024 stellt einen wichtigen Präzedenzfall im Grundbuchrecht dar. Es bekräftigt, dass die Bestandteilszuschreibung eines Grundstücks mit bestehenden Dienstbarkeiten ohne die Bewilligung des Eigentümers des dienenden Grundstücks möglich ist, solange keine nachteilige rechtliche Beeinträchtigung vorliegt. Das Gericht hebt hervor, dass die Ausübung der Dienstbarkeiten auf den Teil des Grundstücks beschränkt bleibt, der zuvor als herrschendes Grundstück eingetragen war.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Die zentralen Punkte aus dem Urteil:
- Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts Laufen durch das OLG München.
- Bestätigung, dass Bestandteilszuschreibungen bei Grundstücken mit Dienstbarkeiten ohne die Bewilligung des Eigentümers des dienenden Grundstücks zulässig sind.
- Dienstbarkeiten bleiben im bisherigen Umfang bestehen, ihre Ausübung ist jedoch auf den Teil beschränkt, der früher das herrschende Grundstück war.
- Eine rechtliche Beeinträchtigung des Eigentümers des dienenden Grundstücks liegt nicht vor.
- Die rechtliche Position des dienenden Grundstücks wird nicht verschlechtert.
- Das Urteil verdeutlicht die Flexibilität im Umgang mit Grundstücksteilungen und Dienstbarkeiten.
- Wichtigkeit der klaren Definition von Berechtigungen und Beschränkungen bei Grundstücksübertragungen.
- Die Entscheidung trägt zur Rechtssicherheit bei der Handhabung von Grundbuchangelegenheiten bei.
Übersicht
Bestandteilzuschreibung und Geh- und Fahrtrechte: Rechtliche Herausforderungen im Immobilienbereich
Die Bestandteilzuschreibung ist ein wichtiger Aspekt im Immobilienrecht, bei dem ein Teil eines Grundstücks einem anderen Grundstück zugeordnet wird. In diesem Zusammenhang kann auch das Geh- und Fahrtrecht eine Rolle spielen, das einem Grundstück das Recht einräumt, einen Weg auf einem anderen Grundstück zu nutzen. Dabei stellen sich zahlreiche rechtliche Herausforderungen, insbesondere wenn es um die Zuschreibung eines Grundstücks geht, das als dienendes Grundstück bezeichnet wird.
Ein interessanter Fall ist die Bestandteilzuschreibung dienendes und herrschendes Grundstück, bei der es um die Herausforderungen geht, die sich bei der Zuschreibung eines Grundstücks ergeben, das als dienendes Grundstück bezeichnet wird. Ein weiterer Aspekt ist die Bestandteilzuschreibung, Dienstbarkeiten, Dienendes Grundstück, Herrschendes Grundstück, Geh- und Fahrtrecht, Grundbuchamt, Grunddienstbarkeit, Bewilligung, wie in einem Urteil des OLG München vom 24.01.2024, Az. 34 Wx 9/24 e beschrieben wird. Hierbei geht es um die Frage, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit eine Bestandteilzuschreibung durchgeführt werden kann.
Ein weiterer Aspekt ist das Wegerecht, das unterschieden wird in Geh- und Fahrrecht. Das Grundstück, das von dem Wegerecht profitiert, nennt sich herrschendes Grundstück. Weitere Informationen zum Wegerecht finden Sie in verschiedenen Artikeln, die sich mit den Rechten und Pflichten, den Voraussetzungen, Kosten und Pflichten befassen, die mit einem Wegerecht verbunden sind.
Im Zentrum eines juristischen Streits, der vor dem OLG München ausgetragen wurde, stand eine komplexe Sachlage rund um die Bestandteilzuschreibung zweier Grundstücke und damit verbundene Geh- und Fahrtrechte. Das Verfahren, gekennzeichnet durch Az.: 34 Wx 9/24 e, fand seinen Abschluss mit einem Beschluss vom 24.01.2024. Dieser Fall beleuchtet die feinen Nuancen des Grundbuchrechts und die Herausforderungen, die bei der Zuschreibung von Grundstücksteilen sowie der Anwendung und Interpretation bestehender Dienstbarkeiten entstehen können.
Eine juristische Auseinandersetzung um Grundstücksrechte
Die Auseinandersetzung begann, als die Eigentümer zweier benachbarter Grundstücke, gekennzeichnet durch die Flurnummern 70/3 und 70/7, eine Änderung im Grundbuch beantragten. Sie wollten, dass bestimmte Teile ihrer Grundstücke offiziell als Bestandteile des jeweils anderen Grundstücks anerkannt werden. Diese Bestandteilzuschreibung sollte die bereits bestehenden Geh- und Fahrtrechte, die für das herrschende Grundstück Fl.Nr. 70 im Grundbuch eingetragen waren, unberührt lassen. Die komplexe Situation wurde durch einen notariellen Tauschvertrag untermauert, der den Austausch der Grundstücksteile formalisierte und die Eintragung des Eigentumsübergangs im Grundbuch forderte.
Rechtliche Herausforderungen im Grundbuchverfahren
Das Grundbuchamt Laufen sah sich mit einer schwierigen Entscheidung konfrontiert, als es den Antrag auf Bestandteilzuschreibung zunächst ablehnte. Die Begründung bezog sich auf die herrschenden Dienstbarkeiten, die spezifisch für das Grundstück Fl.Nr. 70/6 eingetragen waren, und die rechtliche Auffassung, dass Herrschaft nur einem ganzen Grundstück zukommen könne. Diese Entscheidung warf Fragen hinsichtlich der Möglichkeit auf, Dienstbarkeiten auf Teile eines Grundstücks zu beschränken, ohne diese Teile zu verselbständigen – eine rechtliche Feinheit, die bis dato nicht klar definiert war.
OLG München klärt die Rechtslage
Das OLG München setzte mit seinem Urteil einen entscheidenden Punkt in der Diskussion um die Bestandteilzuschreibung und die Anwendung von Dienstbarkeiten. Es hob den Beschluss des Amtsgerichts Laufen auf und wies das Grundbuchamt an, den ursprünglichen Antrag nicht aus den genannten Gründen abzulehnen. Das Gericht stellte klar, dass eine Bestandteilzuschreibung möglich ist, ohne dass die Eigentümer des dienenden Grundstücks ihre Zustimmung geben müssen, solange die Dienstbarkeiten nicht zum Nachteil des dienenden Grundstücks verändert werden. Diese Entscheidung unterstrich, dass die rechtliche Beeinträchtigung des Eigentümers des dienenden Grundstücks nicht vorlag und somit die Zuschreibung rechtlich zulässig sei.
Die Bedeutung von Dienstbarkeiten und Bestandteilszuschreibung
Der Fall betont die Wichtigkeit einer klaren Regelung und Handhabung von Dienstbarkeiten im Zusammenhang mit der Bestandteilzuschreibung von Grundstücken. Die Entscheidung des OLG München liefert eine wichtige Orientierung für ähnliche Fälle, in denen die Rechte an Grundstücken und die damit verbundenen Dienstbarkeiten im Mittelpunkt stehen. Sie zeigt auf, dass das Grundbuchrecht flexibel genug ist, um den modernen Anforderungen an Grundstücksnutzungen und -eigentum gerecht zu werden, ohne dabei die Rechte der beteiligten Parteien zu vernachlässigen.
Im Kern hat das OLG München mit seinem Beschluss eine praxisnahe Lösung für einen komplexen Sachverhalt gefunden, der die Dynamik zwischen Bestandteilzuschreibung, Dienstbarkeiten und dem Schutz der Rechte von Grundstückseigentümern illustriert. Diese Entscheidung trägt somit zur Rechtssicherheit bei und ermöglicht eine flexiblere Gestaltung von Grundstücksnutzungsrechten im Einklang mit den Bedürfnissen und Vereinbarungen der beteiligten Parteien.
Fazit: Das Urteil des OLG München stellt eine wichtige Klärung im Bereich des Grundbuchrechts dar und ermöglicht eine präzisere Handhabung von Bestandteilzuschreibungen und Dienstbarkeiten.
✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt
Was versteht man unter einer Bestandteilzuschreibung bei Grundstücken?
Unter einer Bestandteilzuschreibung bei Grundstücken versteht man die grundbuchrechtliche Verbindung mehrerer Grundstücke desselben Eigentümers zu einem einheitlichen Grundstück. Dies geschieht durch die Eintragung im Grundbuch und kann auf zwei Arten erfolgen: durch Vereinigung gemäß § 890 Abs. 1 BGB oder durch Zuschreibung gemäß § 890 Abs. 2 BGB. Bei der Vereinigung werden die bisher selbstständigen Grundstücke zu einem neuen rechtlichen Grundstück vereint, während bei der Zuschreibung ein Grundstück (das zugeschriebene Grundstück) einem anderen Grundstück (dem Hauptgrundstück) zugeschrieben wird, sodass das zugeschriebene Grundstück Bestandteil des Hauptgrundstücks wird.
Die Bestandteilzuschreibung führt dazu, dass das zugeschriebene Grundstück seine rechtliche Selbstständigkeit verliert und Teil des Hauptgrundstücks wird. Zukünftige Belastungen erfassen dann das gesamte, vereinigte Grundstück. Bereits bestehende Belastungen, wie Hypotheken, Grund- oder Rentenschulden, erstrecken sich nach der Zuschreibung auch auf das zugeschriebene Grundstück, haben aber Rang nach den am zugeschriebenen Grundstück schon bestehenden Belastungen.
Für die Durchführung einer Bestandteilzuschreibung ist die Zustimmung dinglich Berechtigter nicht erforderlich. Allerdings muss darauf geachtet werden, dass keine Verwirrung im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 GBO entsteht, was der Fall wäre, wenn durch die Vereinigung die Eintragungen im Grundbuch unklar würden. Solange aus dem Grundbuch ersichtlich ist, auf welchem Teil des einheitlichen Grundstücks welches Recht mit welchem Rang besteht, ist eine Verwirrung nicht zu befürchten.
Die Bestandteilzuschreibung kann auch bei Grundstücken erfolgen, die mit unterschiedlichen Rechten belastet sind, wie zum Beispiel bei einem mit einer Grundschuld belasteten Grundstück, dem ein unbelastetes Grundstück zugeschrieben wird. In einem solchen Fall bleibt die Grundschuld auf dem Hauptgrundstück bestehen und erstreckt sich auf das zugeschriebene Grundstück.
Zusammenfassend ermöglicht die Bestandteilzuschreibung eine Vereinfachung der Grundstücksverhältnisse, indem mehrere Grundstücke zu einem rechtlichen Grundstück zusammengefasst werden, was insbesondere bei der Verwaltung und Nutzung der Grundstücke Vorteile bieten kann.
Was sind Geh- und Fahrtrechte und wie wirken sie sich auf Grundstücke aus?
Geh- und Fahrtrechte sind spezifische Arten von Wegerechten, die es einer Person oder einem Fahrzeug erlauben, ein fremdes Grundstück zu betreten und zu überqueren, um zu einem anderen Grundstück zu gelangen. Diese Rechte sind besonders relevant, wenn ein Grundstück keinen direkten Zugang zu einer öffentlichen Straße hat und daher über ein anderes Grundstück erreicht werden muss.
Gehrecht
Das Gehrecht erlaubt es einer Person, zu Fuß über ein fremdes Grundstück zu gehen. Es ist eine Form der Grunddienstbarkeit, die im Grundbuch eingetragen wird und somit rechtlich gesichert ist.
Fahrrecht
Das Fahrrecht erweitert das Gehrecht um die Möglichkeit, das fremde Grundstück auch mit Fahrzeugen zu überqueren. Dies kann für den Transport von Personen oder Gütern notwendig sein. Auch das Fahrrecht ist eine Grunddienstbarkeit und wird im Grundbuch vermerkt.
Auswirkungen auf Grundstücke#
Die Eintragung eines Geh- oder Fahrtrechts im Grundbuch hat verschiedene Auswirkungen auf die betroffenen Grundstücke:
- Dienendes Grundstück: Das Grundstück, über das gegangen oder gefahren wird, wird als dienendes Grundstück bezeichnet. Es muss das Recht des herrschenden Grundstücks dulden und kann in seiner Nutzung eingeschränkt sein. Dies kann zu einer Wertminderung des dienenden Grundstücks führen, da potenzielle Käufer ein Grundstück ohne Belastungen bevorzugen.
- Herrschendes Grundstück: Das Grundstück, das von dem Geh- oder Fahrtrecht profitiert, wird als herrschendes Grundstück bezeichnet. Für dieses Grundstück kann das Recht den Wert steigern, da es den Zugang zu einer öffentlichen Straße sichert.
- Rechte und Pflichten: Der Eigentümer des herrschenden Grundstücks hat das Recht, das dienende Grundstück zu überqueren, muss dabei aber einen schonenden Umgang pflegen und darf das Eigentum des dienenden Grundstücks nicht beschädigen. Es kann auch eine Vereinbarung über die Kosten für Instandhaltung und Räumung des Weges geben.
- Notwegerecht: In Fällen, in denen ein Grundstück keinen Zugang zu einer öffentlichen Straße hat, kann ein Notwegerecht beansprucht werden, das dem Eigentümer des abgeschnittenen Grundstücks das Recht gibt, über ein benachbartes Grundstück zu gehen oder zu fahren, um sein Grundstück zu erreichen.
Die Eintragung eines Wegerechts im Grundbuch ist daher ein wichtiger Schritt, um die Rechte und Pflichten der beteiligten Grundstückseigentümer rechtlich zu sichern und Streitigkeiten zu vermeiden.
Das vorliegende Urteil
OLG München – Az.: 34 Wx 9/24 e – Beschluss vom 24.01.2024
1. Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des Amtsgerichts Laufen – Grundbuchamt – vom 14.11.2023 aufgehoben.
2. Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Antrag nicht aus den Gründen des aufgehobenen Beschlusses zurückzuweisen.
Gründe
I.
Die Beteiligte zu 2 ist im Grundbuch in Bl. 11xx als Eigentümerin der Fl.Nr. 70/3 eingetragen. Am 30.3.2022 wurde die Zerlegung des Flurstücks in die Fl.Nrn. 70/3 und 70/7 im Grundbuch eingetragen.
Die Beteiligte zu 1 ist im Grundbuch in Bl. 4xx als Eigentümerin der Fl.Nr. 70 eingetragen. Am 30.3.2022 wurde die Zerlegung von Flurstück 70 in die Fl.Nrn. 70 und 70/6 im Grundbuch eingetragen.
In Bl. 6xx sind zur Fl.Nr. 60 in Abt. II unter den laufenden Nrn. 2 und 5 Geh- und Fahrtrechte für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Blatt 4xx, Fl.Nr. 70, eingetragen. In Bl. 4xx sind im Bestandsverzeichnis bei Fl.Nr. 70 entsprechende Herrschvermerke eingetragen.
Mit notariellem Tauschvertrag vom 7.7.2022 vereinbarten die Beteiligten einen Tausch des Grundstücks Fl.Nr. 70/6 an die Beteiligte zu 2 und des Grundstücks Fl.Nr. 70/7 an die Beteiligte zu 1 jeweils mit allen Rechten, Bestandteilen und gesetzlichem Zubehör. In einer Anlage zu dem notariellen Tauschvertrag erklärten die Beteiligten ferner die Auflassung und bewilligten und beantragten die Eintragung des Eigentumsübergangs im Grundbuch. Ferner beantragten sie, die Fl.Nr. 70/6 dem Grundstück Fl.Nr. 70/3 als Bestandteil zuzuschreiben sowie die Fl.Nr. 70/7 dem Grundstück Fl.Nr. 70 als Bestandteil zuzuschreiben.
Mit Schreiben vom 13.1.2023, eingegangen beim Grundbuchamt am 17.1.2023, reichte der Urkundsnotar gemäß § 15 GBO namens aller Antragsberechtigter die Auflassungsurkunde zur Eigentumsumschreibung ein.
Mit Schreiben vom 24.8.2023 teilte das Grundbuchamt dem Notar mit, dass eine Bestandteilszuschreibung von Flst. 70/6 zu Flst. 70/3 nicht möglich sei. Aus den Herrschvermerken ergebe sich, dass Flst. 70/6 hinsichtlich zweier Dienstbarkeiten berechtigt sei. Herrschend könne nur ein ganzes Grundstück sein. Denkbar wäre eine Antragsrücknahme hinsichtlich der Bestandteilszuschreibung oder Löschung der Dienstbarkeit. Mit Bewilligung des Eigentümers des dienenden Grundstücks wäre auch eine Erweiterung der Dienstbarkeit theoretisch möglich.
Mit Schreiben vom 4.9.2023 teilte der Notar mit, dass auch eine weitere Variante möglich sei. Es sei auch zulässig, die Ausübung der Dienstbarkeit zum Vorteil eines realen Teils des herrschenden Grundstücks ohne Verselbständigung dieses Teils zu beschränken. So, wie ohne vertragliche Inhaltsänderung eine „reale Teilflächenbelastung“ bei Dienstbarkeiten möglich sei, sei auf diese Weise eine „reale Teilflächenberechtigung“ bei Dienstbarkeiten möglich. Er bitte daher in der Veränderungsspalte Zug um Zug mit der Eintragung der Bestandteilszuschreibung zu vermerken, dass die bestehende Dienstbarkeit nur dem zugeschriebenen Teil Fl.Nr. 70/6 zum Vorteil gereicht. Die Abgabe erneuter Grundbucherklärungen der Beteiligten sei hierfür nicht erforderlich. Mit weiterem Schreiben legte er eine Stellungnahme des DNotI vor, wonach die beantragte Bestandteilszuschreibung zulässigerweise erfolgen könne, die vom Grundbuchamt vorgebrachten Bedenken bestünden nicht.
Mit Beschluss vom 14.11.2023 wies das Grundbuchamt den Antrag vom 17.1.2023 zurück. Es sei grundsätzlich möglich, dass die Ausübung der Dienstbarkeit nur der derzeit herrschenden Fläche zum Vorteil gereiche. Da es sich jedoch formalrechtlich um eine Rechtserweiterung handele (auch wenn nur eine Teilfläche einen Vorteil habe, so sei künftig doch auch das Flst. 70/3 herrschend, welches derzeit nicht berechtigt ist), sei – entgegen der Auffassung des Notars – die Bewilligung nach § 19 GBO des Eigentümers des belasteten Grundstücks erforderlich. Dieser erleide durch die Erweiterung einen rechtlichen Nachteil.
Hiergegen wendet sich der Notar mit seiner für alle Beteiligten eingelegten Beschwerde vom 21.11.2023 unter Hinweis auf sein Schreiben vom 4.9.2023 und das DNotI-Gutachten. Es liege weder eine Rechtserweiterung, noch eine Inhaltsänderung der Dienstbarkeiten vor.
Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 27.12.2023 nicht abgeholfen. Da nur ein ganzes Grundstück herrschend sein könne, erweitere sich der Umfang der Berechtigung durch die Bestandteilszuschreibung rechtlich auch auf das aufnehmende Grundstück, auch wenn der reale Ausübungsbereich eingeschränkt werde. Dadurch habe der Eigentümer des dienenden Grundstücks einen rechtlichen Nachteil, seine Bewilligung nach § 19 GBO fehle.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
1. Das Rechtsmittel ist zulässig. Insbesondere ist sie gegen die Zurückweisung des Eintragungsantrags statthaft, § 71 GBO. Die Beschwerde konnte durch den Urkundsnotar erhoben werden. Nachdem dieser gemäß § 15 Abs. 2 GBO bereits für die Beteiligten die Eintragung beantragt hatte, gilt er auch als ermächtigt, gegen die darauf ergangene Antragszurückweisung für sie Beschwerde einzulegen (Demharter GBO 33. Aufl. § 71 Rn. 74; Schöner/Stöber GBR 16. Aufl. Rn. 189; Bauer/Schaub/Sellner GBO 5. Aufl. § 71 Rn. 17).
2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Mit den im Beschluss vom 14.11.2023 genannten Gründen kann der Eintragungsantrag nicht zurückgewiesen werden.
a) Gemäß § 19 GBO erfolgt eine Eintragung, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen ist. Ein Recht wird von der Eintragung betroffen, wenn es durch sie im Rechtssinn, nicht nur wirtschaftlich, beeinträchtigt wird oder werden kann (BGH BwNotZ 2001, 89; Demharter § 19 Rn. 49). Es muss sich allerdings um eine nachteilige Veränderung handeln, nicht jegliche rechtliche Auswirkung der Eintragung auf das in Frage stehende Recht ist ausreichend (Bauer/Schaub/Kilian § 19 Rn. 122 f.). Eine „rechtliche Beeinträchtigung“ i.S. des § 19 GBO liegt dann vor, wenn das Recht durch die bewilligte Eintragung unter Umständen eine ungünstigere Gestaltung erfahren kann (Hügel/Holzer GBO 4. Aufl. § 19 Rn. 68). Nicht jede Auswirkung auf die Buchposition ruft die Notwendigkeit einer Bewilligung hervor. Wird die Buchposition nur ausschließlich verbessert oder bleibt sie rechtlich neutral, so bedarf es keiner Bewilligung (Meikel/Böttcher GBO 12. Aufl. § 19 Rn. 43; Bauer/Schaub/Kilian § 19 Rn. 123).
b) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist vorliegend eine Bewilligung des Eigentümers des dienenden Grundstücks nicht erforderlich. Dieser erleidet durch eine Bestandteilszuschreibung des Flst. 70/6 zu dem Flst. 70/3 keine nachteilige rechtliche Beeinträchtigung.
aa) Die Vereinigung samt Verschmelzung mehrerer Grundstücke, von denen bisher nur eines das herrschende Grundstück aus einer Dienstbarkeit ist, ist ohne weiteres zulässig. Die Dienstbarkeit bleibt im bisherigen Umfang bestehen, d.h. sie verbleibt dem Gesamtgrundstück, jedoch unter Beschränkung der Ausübung für den Grundstücksteil, der früher herrschendes Grundstück war (Schöner/Stöber Rn. 639a). Die Vereinigung des herrschenden Grundstücks einer Grunddienstbarkeit mit einem anderen Grundstück lässt den Bestand und den Umfang der subjektiv-dinglichen Berechtigung selbst unberührt (BayObLG Rpfleger 1974, 148/150; Staudinger/Herrler BGB (2019) § 890 Rn. 33). Bei einer Vereinigung des herrschenden Grundstücks mit einem anderen Grundstück erstreckt sich die Berechtigung zwar formal auf den jeweiligen Eigentümer des neuen Gesamtgrundstücks. Die Ausübung der Berechtigung ist aber zu Gunsten des Teils des Gesamtgrundstücks beschränkt, der früher das herrschende Grundstück bildete (BayObLG NJW-RR 2003, 451; Staudinger/Herrler a.a.O.; BeckOGK/Hertel Stand: 15.4.2021 § 890 BGB Rn. 63; BeckOGK/Kazele Stand: 1.11.2023 § 1018 BGB Rn. 140; MüKoBGB/Mohr 9. Aufl. § 1018 Rn. 24). Entsprechendes gilt bei der Bestandteilszuschreibung (Schöner/Stöber Rn. 652).
bb) Die an dem Grundstück Fl.Nr. 60 bestellten Dienstbarkeiten in Form von Geh- und Fahrtrechten erfahren somit durch die Bestandteilszuschreibung keine nachteilige Veränderung. Weder werden die Geh- und Fahrtrechte räumlich noch sonst inhaltlich verändert. Sie dürfen auch künftig nur zugunsten des Grundstücksteils ausgeübt werden, der bisher herrschendes Grundstück war. Weil die Ausübung der Berechtigung aus der Dienstbarkeit auf das früher herrschende Grundstück beschränkt bleibt, bringt die Grunddienstbarkeit dem durch die Zuschreibung entstehenden Grundstück keinen Vorteil (BayObLG NJW-RR 2003, 451/452). Umgekehrt entsteht dem dienenden Grundstück auch kein Nachteil. Zutreffend ist zwar die Feststellung des Grundbuchamtes, dass künftig das gesamte Grundstück Fl.Nr. 70/3 das herrschende Grundstück darstellt, aufgrund der Ausübungsbeschränkung liegt aber keine nachteilige rechtliche Beeinträchtigung für den Eigentümer des dienenden Grundstücks vor.
3. Eine Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens unterbleibt, weil die Beteiligten diese als Beschwerdeführer zunächst gemäß § 22 Abs. 1 GNotKG schon von Gesetzes wegen zu tragen haben und ihre diesbezügliche Haftung aufgrund des Erfolgs des Rechtsmittels gemäß § 25 Abs. 1 GNotKG ebenfalls von Gesetzes wegen erloschen ist. Daher bedarf es auch keiner Geschäftswertfestsetzung.