I. Die Beklagte wird verurteilt, für die Klägerin auf dem Grundstück in Ma., eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts von Ma., Bl., Flur, Flurstück, eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit an der durch die aufgrund der Einstweiligen Verfügung durch das Oberlandesgericht Naumburg vom 26.01.2022, Aktenzeichen: 1 W 2/22, eingetragenen Vormerkung gesicherten Rangstelle zu bewilligen, wonach die Klägerin das Recht hat,
1. das in dem als Anlage K 1 beigefügten Lageplan blau umrandete Gebäude/Gebäudeteil (Grundriss) für Zwecke des Betriebs eines Einzelhandelsgeschäftes für den Verkauf von Food- und Non-Food-Waren aller Art alleine (Alleinnutzungsrecht) sowie
2. die auf dem als Anlage K 1 beigefügten Lageplan grün (umrandet) eingezeichneten Parkplätze/Parkflächen einschließlich Zu- und Abfahrten zusammen mit anderen Mietern und sonstigen Nutzungsberechtigten (Mitbenutzungsrecht) zu benutzen.
II. Die Widerklage wird abgewiesen.
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
IV. Das Urteil ist für die Klägerin wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit.
Die Beklagte war Eigentümerin des Grundstücks in Ma. Sie baute die ehemalige sogenannte …. halle zu einem Einkaufszentrum um. Mit schriftlichem Vertrag vom 15.11.2016 vermietete die Rechtsvorgängerin der Beklagten die streitbefangene Fläche für die Dauer von 20 Jahren zum Betrieb eines Lebensmittelmarktes an die Klägerin (K 1). Gemäß § 2 des Mietvertrages sollte die Laufzeit mit der Übergabe der bezugsfertigen Mieträume gemäß § 3 des Mietvertrages beginnen. In § 3 a) des Mietvertrages war als Bezugsfertigkeitstermin der 30.09.2018 vereinbart. Weiter heißt es dort, der genaue Übergabetermin sei einvernehmlich zwischen Vermieter und Mieterin festzulegen. In § 3 d) war geregelt, dass anlässlich der Übergabe des bezugsfertigen Mietobjekts ein Übergabeprotokoll erstellt werden soll, in das alle ersichtlichen Mängel und Beanstandungen aufzunehmen seien. Weiter hieß es dort, das Mietobjekt dürfe bei Übergabe allenfalls noch mit geringen Mängeln behaftet sein, die eine Verwendung im Sinne des Mietvertrages nicht wesentlich beeinträchtigen. Zum bezugsfertigen Zustand gehörten demnach insbesondere auch die Fertigstellung der Parkfläche, An- und Abfahrtswege, Zulieferwege, Bürgersteige und Fassaden sowie alle Einrichtungen und Maßnahmen, die einen ungehinderten Geschäftsbetrieb der Mieterin gewährleisten. Gemäß § 4 betrug die monatlich zu zahlende Miete 69.382,36 € brutto. Die Mietzahlungspflicht sollte ab dem Monatsersten beginnen, der nach der Übergabe der bezugsfertigen Mieträume gemäß Mietvertrag und der Baubeschreibung an die Mieterin folge. Gemäß § 11 des Mietvertrages verpflichtete sich der Vermieter, zur Sicherung des durch den Mietvertrag begründeten Nutzungsrechts zugunsten des Mieters eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit im Grundbuch eintragen zu lassen, deren Inhalt in § 11 vereinzelt bestimmt ist. In § 11 Nr. 7 heißt es hierzu weiter, die notarielle Bewilligung der Dienstbarkeit und der Eintragungsantrag müssten unverzüglich nach Vertragsabschluss durch den Vermieter erfolgen.
Die Beklagte erwarb später das Mietgrundstück und ist im Nachtrag Nr. 3 zum Mietvertrag (K 2) vom 29./31.3.2021 als Vermieterin bezeichnet. Nach der Präambel dieses Nachtrages galten die Bestandteile des Mietvertrages vom 15.11.2016, der erste Nachtrag vom 07./08.06.2018 und der zweite Nachtrag vom 17./27.12.2018 fort, soweit der dritte Nachtrag nichts Abweichendes regelt. Gemäß § 5 des dritten Nachtrages wurde § 11 des Mietvertrags vom 15.11.2016 gestrichen und durch eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Regelung ersetzt. Insbesondere bewilligte und beantragte die Beklagte unter Ziffer 9. die Eintragung der vorstehend eingeräumten beschränkt persönlichen Dienstbarkeit in das Grundbuch.
In § 1 des dritten Nachtrages hatten die Vertragsparteien als spätesten Bezugsfertigkeitstermin den 14.11.2021 vereinbart, wobei der genaue Übergabetermin nach wie vor einvernehmlich zwischen Vermieter und Mieter abgestimmt werden sollte. Eine Übernahme zwischen dem 15.11. und 15.01. des Folgejahres schied grundsätzlich aus.
Mit Schreiben vom 30.07.2021 kündigte die Beklagte den Übergabetermin für den 25.10.2021 an. Die Klägerin wies am 23.09.2021 (K 5) auf unvollständige Arbeiten an den Außenanlagen und im Innenausbau, Feuchtigkeit an Wänden und Böden, Durchnässung von Kühlzellenböden und fehlende Hausanschlüsse für die Inbetriebnahme und Prüfung technischer Anlagen und – resultierend aus alledem – auf Bedenken an dem für den 25.10.2021 geplanten Übergabetermin hin. Mit Schreiben vom 18.10.2021 (K 6) hob die Beklagte daraufhin den Übergabetermin 25.10.2021 unter Bezugnahme auf eine in der Vorwoche stattgefundene Abstimmung mangels Baufortschrittes auf.
Am 08.11.2021 trafen sich die Geschäftsführer der Parteien in der Niederlassung der Beklagten und verhandelten erneut über die Übergabe des Objekts. Die Beklagte behauptet, an diesem Tag nochmals angesprochen zu haben, dass sie gegenüber ihrer finanzierenden Bank einen Kredit in erheblicher achtstelliger Höhe zurückführen müsse, wenn die Klägerin nicht bis Ende des Monats November 2021 das Objekt übernehme. Deshalb habe die Beklagte am 08.11.2021 angeboten, dass die Klägerin das Objekt zum Ende November 2021 übernehme gegen Mietfreistellung bis Ende Januar 2022 und einer Einmalzahlung „im Bereich von weiteren 100.000,00 €“, was die Klägerin jedoch unstreitig ablehnte.
Am 15.11.2021 – auf diesen Termin hatten sich die Parteien verständigt, weil der 14.11.2021 ein Sonntag war – konnte die Übergabe ebenfalls nicht durchgeführt werden, wobei die Parteien über die Gründe dafür streiten. Mit Schreiben vom selben Tage (K 9) warf die Beklagte der Klägerin vor, das Mietobjekt pflichtwidrig nicht übernommen zu haben und gewährte eine Überlegungsfrist bis zum 19.11.2021. Für den Fall des fruchtlosen Fristablaufes drohte sie die unverzügliche Kündigung des Mietverhältnisses an. Darüber hinaus forderte sie die Klägerin auf, ihre eingebrachten Gegenstände zurückzubauen. Die Beklagte kündigte an, bis zum Ablauf der Frist keine weiteren Arbeiten am Mietobjekt durchzuführen und wies abschließend darauf hin, dass eine dingliche Sicherung für die Klägerin nicht bestehe. Die Klägerin ihrerseits verlangte mit Schreiben vom 18.11.2021 (K 10) von der Beklagten die Herstellung eines übergabefähigen Zustands bis zum 16.01.2022. Die Beklagte kündigte sodann am 25.11.2021 das Mietverhältnis aus wichtigen Gründen mit sofortiger Wirkung, hilfsweise zum 30.06.2022, ohne die Gründe für die Kündigung näher zu vereinzeln (K 11).
Am 20.12.2021 beantragte die Klägerin im Wege der einstweiligen Verfügung die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung der hier streitgegenständlichen beschränkt persönlichen Dienstbarkeit. Das erkennende Gericht wies den Antrag mit Beschluss vom 21.12.2021 zurück (Aktenzeichen: 31 O 94/21). Auf die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde der Klägerin erließ das Oberlandesgericht Naumburg am 26.01.2022 im Beschlusswege die begehrte einstweilige Verfügung (Aktenzeichen: 1 W 2/22). Auf den hiergegen von der Beklagten am 28.01.2022 eingelegten Widerspruch hielt das erkennende Gericht mit Urteil vom 15.03.2022 die einstweilige Verfügung des Oberlandesgerichts Naumburg vom 26.01.2022 aufrecht. Die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten wies das Oberlandesgericht Naumburg mit Beschluss vom 13.12.2022 (Aktenzeichen: 1 U 41/22) zurück.
Zwischenzeitlich hatte die Beklagte am 10.01.2022 eine Mieterdienstbarkeit für die Firma R. notariell bewilligt und deren Eintragung beantragt (B 8), an die die Beklagte zwischenzeitlich die streitbefangenen Räume vermietet und am 01.02.2022 übergeben hatte.
Am 04.02.2022 (K 13) wurde die Vormerkung zugunsten der Klägerin im Grundbuch eingetragen, am 22.04.2022 die beschränkt persönliche Dienstbarkeit zugunsten der Firma R. (B 20).
Die Klägerin behauptet, das Mietobjekt sei am 15.11.2021 nicht übernahmereif im Sinne der vertraglichen Vereinbarung gewesen. Die Beklagte habe ihre vertraglichen Pflichten nicht erfüllt, insbesondere die Klägerin lange Zeit in dem Glauben gelassen, die beschränkt persönliche Dienstbarkeit eintragen zu lassen, worauf die Klägerin vertraut habe. Sie meint, das tatsächliche Interesse der Beklagten habe lediglich darin bestanden, durch Überlassung an den Konkurrenten R. eine höhere Miete zu erzielen, um damit den Kaufpreis im Verhältnis zur Käuferin der Liegenschaft in die Höhe treiben zu können. Sie bestreitet die Wirksamkeit der fristlosen und der ordentlichen Kündigung.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, für die Klägerin auf dem Grundstück in Ma., eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts von Ma., Blatt, Flur, Flurstück, eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit an der durch die aufgrund der einstweiligen Verfügung durch das Oberlandesgericht Naumburg vom 26.01.2022, Az. 1 W 2/22, eingetragenen Vormerkung gesicherten Rangstelle zu bewilligen, wonach die Klägerin das Recht hat,
1. das in dem als Anlage 1 beigefügten Lageplan blau umrandete Gebäude/Gebäudeteil (Grundriss) für Zwecke des Betriebs eines Einzelhandelsgeschäftes für den Verkauf von Food- und Non-Food-Waren aller Art alleine (Alleinnutzungsrecht) sowie
2. die auf dem als Anlage K 1 beigefügten Lageplan grün (umrandet) eingezeichneten Parkplätze/Parkflächen einschließlich Zu- und Abfahrten zusammen mit anderen Mietern und sonstigen Nutzungsberechtigten (Mitbenutzungsrecht)
zu benutzen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Widerklagend beantragt die Beklagte, die Klägerin und Widerbeklagte zu verurteilen, die Löschung der im Grundbuch des Amtsgerichtes von Ma., Blatt, Flur, Flurstück in Abt. II, lfd. Nr. 3 eingetragene Vormerkung zu bewilligen.
Die Klägerin und Widerbeklagte beantragt, die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte rügt die funktionale Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen. Sie vertritt die Auffassung, die Klägerin habe bereits kein Rechtsschutzbedürfnis, weil mit der Mieterdienstbarkeit offensichtlich kein Anspruch durchgesetzt werden könne.
Sie vertritt die Auffassung, der mit der Klägerin geschlossene Mietvertrag sei bereits mangels Einhaltung der notariellen Form nichtig und könne daher keine Grundlage für eine Mieterdienstbarkeit sein. Sie meint ferner, die Mieterdienstbarkeit sei jedenfalls infolge der fristlosen Kündigung vom 25.11.2021, spätestens jedoch durch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses, untergegangen. Sie sei zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt gewesen, weil die Klägerin die Übernahme des Mietobjekts am 15.11.2021 grundlos verweigert habe und sich im Übrigen treuwidrig verhalten habe. Hierzu behauptet sie, das Mietobjekt sei am 15.11.2021 bezugsfertig gewesen; Restarbeiten hätte die Beklagte innerhalb der sechs- bis achtwöchigen Einrichtungsphase vornehmen können.
Sie ist der Meinung, die Klägerin habe ihr treuwidrig verschwiegen, dass sie die für den Betrieb des Lebensmittelmarktes notwendige Kühltechnik zu spät bestellt habe, sodass die Klägerin den Lebensmittelmarkt ohnehin nicht vor Januar 2022 hätte eröffnen können.
Sie behauptet weiter, das Vertrauensverhältnis zur Klägerin sei auch dadurch endgültig zerrüttet worden, da die Klägerin in der Bauphase Sonderwünsche geäußert habe, die Mehrkosten von 120.000,00 verursacht hätten. Darüber hinaus hätten Änderungswünsche der Klägerin zu erheblichen Abweichungen von der ursprünglichen Baubeschreibung geführt mit der Folge, dass dadurch 500.000,00 € Mehrkosten auf Seiten der Beklagten entstanden seien.
Auch durch ihr Verhalten in Bezug auf andere vergleichbare Objekte in O. und P. habe die Klägerin das Vertrauensverhältnis zur Beklagten nachhaltig gestört.
Die Beklagte begründet die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung damit, dass eine wirksame Befristung mangels Einhaltung der Schriftform nicht vorliege.
Sie meint schließlich, der von ihr bestrittene Anspruch auf Eintragung einer Mieterdienstbarkeit sei durch die Eintragung einer solchen für die Firma R. untergegangen.
Aus denselben Gründen leitet sie den mit der Widerklage geltend gemachten Anspruch auf Löschung der eingetragenen Vormerkung her.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugen Mö., Z., E., L., F., A., Mi., Ler., V., I. und T.. Außerdem hat es den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Beklagten persönlich angehört. Auf den Zeugen El. hat die Beklagte verzichtet (Bl. 24 Bd. III der Akten).
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 11.07.2023 und 29.09.2023 (Leseabschriften Bl. 26 – 38, und 102 – 113, Bd. III d. A.) Bezug genommen.
Die Verfahrensakte zum einstweiligen Verfügungsverfahren 31 O 94/21 war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet. Die Widerklage ist unbegründet.
Die von der Klägerin angerufene Kammer für Handelssachen ist funktional zuständig. Zur Begründung wird auf den Beschluss vom 04.01.2023 (Bl. 114, Bd. I d. A.) Bezug genommen. Die Klägerin hat auch ein Rechtsschutzbedürfnis. Der Anspruch der Klägerin ist durch die am 04.02.2022 zu ihren Gunsten eingetragene Vormerkung gesichert und durch die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zugunsten der Firma R. am 22.04.2022 nicht erloschen. Für mehrere Berechtigte sind selbstständige inhaltsgleiche beschränkte persönliche Dienstbarkeiten bestellbar (Grüneberg-Herrler, BGB, 82. Aufl., § 1090 Rn. 3).
Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Bewilligung einer Mieterdienstbarkeit aus § 5 des 3. Nachtrages vom 29./31.03.2021 zum Mietvertrag vom 15.11.2016 in Verbindung mit § 1090 Abs. 1 HS 1 BGB.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die im Mietvertrag vereinbarte Bestellung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit nicht deshalb gem. § 125 S. 1 BGB nichtig, weil der Mietvertrag nicht notariell beurkundet wurde, § 311 b Abs. 1 S. 1 BGB. Denn die im Mietvertrag eingegangene bloße schuldrechtliche Verpflichtung zur Bestellung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit ändert nicht bereits die rechtliche Eigentumszuordnung und unterliegt daher nicht der notariellen Beurkundung gem. § 311 Abs. 1 S. 1 BGB (Schumacher in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2018, § 311b Rn. 41; Kazele in Beck-OBK, § 1090 BGB Rn. 66).
Der Anspruch der Klägerin auf Bestellung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit ist auch nicht durch die fristlose Kündigung des Mietvertrages, die die Beklagte am 25.11.2021 ausgesprochen hat, untergegangen.
Zwar hat die Beklagte die notwendige Kündigungserklärung (K 11) schriftlich abgegeben. Es fehlt jedoch an einem Grund für die fristlose Kündigung. Nach den allgemeinen Grundsätzen trägt die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast für Umstände, die sie zu einer fristlosen Kündigung berechtigt hätten. Die Beklagte hat jedoch nicht bewiesen, dass das Mietobjekt am 15.11.2021 bezugsfertig war und die Klägerin an diesem Tag zur Übernahme des Mietobjekts verpflichtet gewesen wäre. Die von beiden Parteien benannten Zeugen haben hierzu widersprechende Angaben gemacht:
Die von der Beklagten benannten Zeugen haben bestätigt, dass es noch offene Restarbeiten gegeben habe, die Klägerin jedoch das Objekt hätte übernehmen können, um die ihr obliegenden notwendigen Einrichtungsarbeiten ausführen zu können:
Der Zeuge Mö., der als Bauleiter für die Ha. im Auftrag der Beklagten für das streitgegenständliche Objekt tätig gewesen ist, hat bekundet, an dem 15.11.2021 vor Ort gewesen zu sein. Die Klägerin hätte in Person des Zeugen L. jedoch von vornherein die Übernahme abgelehnt und zu seinem Erstaunen auch gleich einen Gutachter zum Termin mitgebracht. Nach seinem Eindruck sei jedoch das Objekt vorbereitet gewesen für die Übernahme; es sei geräumt und gereinigt gewesen, vor allem im Verkaufs- und Lagerbereich für die Klägerin. Die Rampe für die Anlieferung sei fertig gewesen. Anschlussleitungen für Elektrik und Wasser seien ebenfalls vorhanden gewesen. Die Parkplätze seien zum Großteil fertig, insbesondere im Anlieferbereich; Kundenparkplätze seien nur dort, wo die Einkaufswagen-Boxen stehen sollten, noch nicht vollständig hergestellt gewesen. Es sei lediglich eine Reinigungsfirma vor Ort gewesen, um restliche Reinigungsarbeiten zu erledigen. Diejenigen Arbeiten, deren fehlende oder mangelhafte Ausführung die Klägerin in einem Schreiben vom 23.09.2021 (K 5) gerügt habe, seien im Wesentlichen erledigt gewesen am 15.11.2021. Nach diesem Tag seien lediglich noch Sicherungsarbeiten gemacht worden an den Parkflächen und Außenanlagen sowie am Geländer an der Rampe und einer Notausgangstür. Angesprochen auf die Regelungen zur Übergabe im Mietvertrag hat der Zeuge erklärt, es handele sich nach seinem Dafürhalten um eine Standardformulierung, die aber von den Realitäten in der Praxis abweiche: So sei es durchaus üblich, dass die Übernahme stattfinde, obwohl noch kleinere Schäden oder Mängel nachgearbeitet werden müssten oder zum Beispiel noch restliche Malerarbeiten ausständen. Der Zeuge hat die unfertigen Arbeiten anhand der Fotos aus dem Parteigutachten des Zeugen A. (K 8) zusätzlich erläutert.
Der Zeuge Z., Beklagtenvertreter und Syndikusanwalt bei der Ha., hat bekundet, ebenfalls am Termin vom 15.11.2021 teilgenommen zu haben, der aus seiner Sicht kurios gewesen sei, weil ein Leiter der Bauabteilung von der Klägerin zunächst eine mehrminütige Ansprache gehalten habe, nach deren Inhalt die Klägerin das Objekt nicht übernehmen wollte, weil es nicht fertiggestellt sei. Erst danach habe man sich entschieden, eine Begehung vorzunehmen. Zu den technischen Einzelheiten, betreffend den Zustand des Objekts, könne er nichts sagen, weil er kein Techniker sei. Er sei aber der Auffassung, dass die Klägerin hätte übernehmen können, um dann ihr Ladengeschäft einzurichten. Nach seiner Auffassung hätte die Klägerin ohnehin noch bis Januar/Februar 2022 gebraucht, um das Ladengeschäft für den Publikumsverkehr herzurichten. Insbesondere wäre auch die Kältetechnik erst Mitte Januar 2022 angeliefert worden. Die Parkplatzanlage sei nicht vollständig fertiggestellt gewesen. Eine Zufahrt sei über die K. möglich gewesen. Die Zufahrt über die Sa. sei nicht fertig gewesen, was aber daran gelegen habe, dass die Stadt Ma. bis Oktober 2021 gebraucht habe, um die Straße fertigzustellen.
Darüber hinaus hätten noch restliche Malerarbeiten durchgeführt werden müssen. Ehemals vorhandene Ablaufspuren von einer Dachreparatur, die wegen eines Wassereintritts erforderlich geworden war, seien längst beseitigt gewesen. Auch der Zeuge Z. hat sich die Fotos aus dem Gutachten A. (K 8) angesehen und anhand derer bestätigt, dass nach seinem Eindruck die Klägerin das Objekt hätte übernehmen können. Der Zeuge hat weiter erläutert, dass es bereits am 08.11.2021 eine gemeinsame Besprechung mit den Geschäftsführern der Parteien und Herrn L. gegeben habe. Hierbei habe der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Beklagten, Herr Ha., die Finanzierung des Objekts erläutert, insbesondere, dass diese Anfang Dezember auslaufen würde und dass der Kaufpreis für das in diesem Zeitpunkt bereits veräußerte Objekt gezahlt würde, wenn die erste Miete eingehe. Als der Zeuge L. im Verlaufe des Gesprächs bestritten habe, dass er für die Klägerin die Kältetechnik zu spät bestellt habe, habe er, der Zeuge Z., bereits den Eindruck gehabt, der Übergabetermin 15.11.2021 könne kritisch werden. Im weiteren Verlauf sei eine gütliche Einigung mit der Klägerin nicht mehr möglich gewesen. In Bezug auf Nachweise, zum Beispiel zum Brandschutz und anderen Gewerken, habe es teilweise Unterlagen gegeben, die aber am 15.11.2021 nicht mehr übergeben worden seien, weil die Übergabe ja gescheitert gewesen sei.
Die Zeugin E., von Beruf Architektin und Sachverständige, die damals vom Ingenieurbüro Ha. mit einer Bautenzustandsfeststellung beauftragt worden sei, hat bekundet, am 15.11.21 vor Ort Fotos gemacht zu haben und durch alle Räume gegangen zu sein. Dabei habe sie festgestellt, dass teilweise Malerarbeiten, Fliesenarbeiten, Trennwände in den WC in der oberen Etage und Beschichtungen gefehlt hätten; der Parkplatz sei zu 2/3 fertig gewesen; dort hätten noch Pakete mit Pflastersteinen gestanden, und teilweise seien noch Erdbauarbeiten ausgeführt worden. Die Rampe draußen sei betoniert und mit Folie abgedeckt worden, wobei sie nicht sagen könne, wann der Beton aufgebracht worden sei. Nach ihrer Auffassung sei die Rampe befahrbar gewesen, wenn man Stahlplatten darübergelegt hätte. Auf den Flachdachbereichen sei teilweise noch keine Attika vorhanden gewesen. Auch die Zuwegung auf das Gelände sei noch nicht fertig gepflastert gewesen. Als Besucher hätte man von der Sch. Straße noch nicht durch das Tor auf das Gelände fahren können. Die Beleuchtung sei überwiegend vorhanden gewesen. Genauere Angaben könne sie auch deswegen nicht machen, weil sie keine Bauunterlagen gehabt habe, anhand derer sie den Ist- mit dem Soll-Zustand hätte vergleichen können. Nach ihrer Auffassung hätte die Klägerin das Ladengeschäft im Verkaufsraum einrichten können. Die noch ausstehenden Restarbeiten hätten je nach Personaleinsatz noch mindestens vier Wochen gedauert.
Der informatorisch angehörte Geschäftsführer der Verwaltungs GmbH der Beklagten hat erklärt, nach seinem Eindruck habe die Klägerin von vornherein am 15.11.2021 das Objekt nicht abnehmen wollen. Nach seinem Verständnis sei der Grund hierfür gewesen, dass die Klägerin die Kältetechnik zu spät bestellt habe. Er selbst habe noch nie solche Schwierigkeiten bei der Übergabe gehabt wie bei diesem Objekt. Nach seinem Dafürhalten sei der Markt einrichtbar und bestückbar gewesen. Gravierende Mängel seien nicht vorhanden gewesen. Etwaige Restarbeiten hätten während der Einrichtungsphase erledigt werden können. Der Zustand am 15.11.2021 sei aus seiner Sicht „branchenüblich“ gewesen. Auf die Frage des Gerichts hat er weiter erklärt, dass es vielleicht möglich gewesen wäre, die ausgesprochene fristlose Kündigung zurückzuziehen; das sei aber nicht weiter vertieft worden.
Der Zeuge Mi., Leiter der Bauabteilung bei der Ha., hat ausgesagt, im Jahre 2019 mit der Objektbetreuung begonnen zu haben. Anfang 2020 habe Herr Mö. übernommen und sei Bauleiter für das Projekt gewesen. Er selbst sei danach gleichwohl regelmäßig vor Ort gewesen, ca. einmal im Monat, und habe Herrn Mö. unterstützt. Kurz vor der Übergabe sei er häufiger vor Ort gewesen. Nach seiner Einschätzung sei das Objekt am 15.11.2021 übergabereif gewesen. Es sei zwar noch nicht alles fertiggewesen. Das sei aber normal, weil der Mieter ja noch Restarbeiten habe erledigen müsse. Nach seiner groben Kenntnis vom Mietvertrag sei die Übergabe darin so geregelt worden, wie dies auch bei anderen vergleichbaren Projekten üblich sei. Am 15.11.2021 die Fußbodenheizung funktioniert, jedenfalls sei ihm dies von dem Zeugen V. mitgeteilt worden, den er auch in den Wochen davor mehrfach nach der Heizung gefragt habe. Die Sprachalarmierungsanlage habe nicht funktioniert; diese habe jedoch auch erst in der Einrichtungsphase abschließend montiert werden sollen. Die Brandmeldeanlage sei in Ordnung gewesen, was ihm das verantwortliche Fachunternehmen bestätigt habe. Die Beleuchtung sei zum Teil montiert gewesen und habe insbesondere teilweise in den Verkaufsräumen und einzelnen Nebenräumen gefehlt. Dies habe daran gelegen, dass die mieterseitig zu stellenden Beleuchtungskörper zu spät geliefert worden seien. Am 15.11. seien zwar alle Lampen vor Ort gewesen, jedoch habe die Montage von der Beklagten nicht mehr fertiggestellt werden können. In Bezug auf die Bodenfliesen für den Cafébereich beim Bäcker habe es Probleme gegeben: Die ursprünglich von der Klägerin benannte Bodenfliese sei nicht mehr lieferbar gewesen. Die neue Fliese, die die Klägerin dann benannt habe, sei wiederum nicht rechtzeitig lieferbar gewesen, so dass die Fliesenarbeiten am 15.11.2021 noch nicht fertiggestellt werden konnten. Teilweise hätten auch Fließen an den Wänden gefehlt. An den Stellen, an denen Stützen auf den Fußboden treffen, habe es einige unschöne Fehlstellen gegeben, die zu klein waren, um sie zu fliesen. Dieses Problem sei dadurch behoben worden, dass die Flächen mit Flüssigbeton ausgegossen worden seien.
Das Dach sei dicht gewesen. Zwei Undichtigkeiten, die er selbst auf dem Dach gesehen habe, seien vor dem 15.11. beseitigt worden. Es sei aber im Nachgang nicht noch einmal auf dem Dach gewesen, um dies zu kontrollieren. Auf der Rampe sei am 15.11.2021 noch eine Folie aufgebracht gewesen, die vor Verschmutzung habe schützen sollen, nicht vor Witterungseinflüssen. Die Rampe sei in der Woche vor dem 15.11. betoniert worden, wobei man Beton mit der höchsten Güteklasse verwendet habe. Die Zufahrt von der K. sei nur provisorisch eingerichtet gewesen, nämlich geschottert und befestigt. Die Zufahrt von der Sa. habe deshalb nicht vollendet werden können, weil die Stadt Ma. ihrerseits noch mit Bauarbeiten auf dem Straßenkörper beschäftigt gewesen sei. Die Parkplätze seien bis auf ca. 20 % fertig gewesen. Seine Firma habe auch nach dem 15.11. noch Restarbeiten ausgeführt, nämlich am Parkplatz, Malerarbeiten und Fliesenarbeiten im Café des Backshops. Auf dem Parkplatz habe seine Firma am 17.12.20121 letzte Asphaltarbeiten ausgeführt. Zu diesem Zeitpunkt seien nach seiner Erinnerung auch alle weiteren Arbeiten zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen gewesen.
Der Zeuge Mi. hat anhand der Fotos aus dem Gutachten A. (K 8) seine Aussage veranschaulicht. Dabei hat er insbesondere erklärt, dass der auf einzelnen Bildern zu sehende vermeintliche unfertige Zustand dem Zustand entspreche, in dem die Klägerin als Mieterin die Räume übernehmen könne, um dann ihre eigenen Einrichtungsarbeiten auszuführen.
Der Zeuge Ler., Geschäftsführer der Ler., hat ausgesagt, von der Firma Ha. mit der Elektroinstallation beauftragt worden zu sein. Er selbst sei am 15.11.2021 kurz vor Ort gewesen, maximal eine Stunde. Aus seiner Sicht sei für den Bereich Elektro alles fertig gewesen. Seine Firma habe den Auftrag gehabt, bauseits gelieferte Lampen des Mieters anzuschließen, wobei die Lampen jedoch erst nach Einbau der Regale montiert werden sollten. Bei diesen Lampen habe es sich um Lichtbänder gehandelt und um andere Beleuchtungskörper. Dort, wo die Beleuchtung festgelegt gewesen sei, habe seine Firma die entsprechenden Lichtbänder auch schon angebracht gehabt. Dort, wo Regale noch fehlten, sollte seine Firma damit warten. Das habe der Bauleiter Mö. der Beklagten mit ihm so besprochen nach Rücksprache mit Herrn F. von der Klägerin. Dementsprechend seien am 15.11.2021 einige Lichtbänder schon angebracht gewesen, andere Leuchtkörper jedoch noch nicht. Es seien alle Lichtbänder vor Ort gewesen. Allerdings seien diese viel später geliefert worden, als dies ursprünglich geplant war. Deshalb habe letztlich die Lieferfirma noch zwei Elektriker entsandt, die bei der Montage mithelfen sollten. Wann genau die Lichtkörper geliefert worden seien, könne er nicht mehr sagen. Jedenfalls sei das zu spät gewesen.
Am 15.11.2021 habe Strom zur Verfügung gestanden. Der Trafo der Stadtwerke sei schon vorher eingeschaltet gewesen. Die erforderlichen Vorverkabelungen für Möbel, Tresen, Arbeitstische und Ähnliches seien fertiggewesen. Insgesamt habe seine Firma zielorientiert darauf hingearbeitet, den Termin 15.11.2021 zu halten. Er habe zwar auf den Baubesprechungen immer geäußert, dass es knapp werden könnte. Eine Behinderungsanzeige habe er jedoch nicht gemacht.
Der Zeuge V. hat bekundet, als Nachunternehmer für die Haustechnik (Sanitär, Heizung und Lüftung) von der Vermieterin beauftragt worden zu sein. Er sei selbst am 15.11.2021 beim Übergabetermin anwesend gewesen, weil die Firma Ha., seine Auftraggeberin, ihn dazu eingeladen habe. Das Abnahmeprotokoll, was er mitgebracht habe, sei aber nicht unterschrieben worden, weil die Abnahme nicht stattgefunden habe. Diese sei daran gescheitert, dass die Übergabe an den Mieter nicht vollzogen worden sei. Er selbst habe die Revisionsunterlagen übergabebereit dabeigehabt, und seine Firma wäre auch in der Lage gewesen, an diesem Tag das Filialpersonal entsprechend einzuweisen. Auf die Frage, warum er in Anbetracht der Fertigstellung der Leistungen seiner Firma nicht darauf bestanden habe, dass die Firma Ha. die Abnahme erkläre, hat der Zeuge geäußert, dass er meine, in dem Vertrag mit der Firma Ha. sei eine förmliche Abnahme mit dem Mieter vereinbart gewesen. Jedenfalls sei dies der Grund gewesen, warum seiner Firma gegenüber die Abnahme am 15.11.2021 nicht erklärt worden sei. Nach seiner Erinnerung war die Kältetechnik am Übergabetermin noch nicht angeschlossen. Auf der Baustelle sei ihm mitgeteilt worden, dass die Kälteanlage erst im Januar 2022 in Betrieb genommen werde. Die Heizung, insbesondere die Wärmepumpen, seien in Betrieb gewesen.
Der Zeuge I., bauleitender Monteur der Firma Ho., die für die Kälteanlage vertraglich von der Klägerin gebunden war, hat ausgesagt, dass die Kälteanlage und die Verrohrung zu den Kühlzellen installiert und damit voll funktionsfähig gewesen seien. Der Elektriker habe auch die entsprechenden Arbeiten fertiggestellt gehabt. Kühlmöbel habe er vor Ort nicht gesehen. Seine Firma hätte diese jedoch liefern können, und das wäre zum Eröffnungstermin auch möglich gewesen. Nach seiner Kenntnis sei die von seiner Firma eingebaute Kälteanlage später abgebaut worden. Warum seine Firma dies nicht selbst gemacht habe, könne er nicht sagen, weil er Monteur und nicht der Disponent der Firma sei. An eine Besprechung vom 08.11.2021, an der er teilgenommen haben soll, könne er sich nicht erinnern. Er sei bei mehreren Besprechungen zugegen gewesen und habe meistens Kontakt mit dem Zeugen Mö. gehabt, könne sich aber an Einzelheiten nicht erinnern. Er wisse auch nicht genau, wann seine Firma die Baustelle verlassen habe. Dies könne im August oder September gewesen sein, da könne er sich aber nicht festlegen. Eigentlich hätten sie die Möbel anschließen wollen. Dazu sei es dann aber nicht mehr gekommen.
Die von der Klägerin benannten Zeugen haben im Gegensatz dazu ausgesagt, dass eine Übernahme des Objekts wegen unfertiger Leistungen der Beklagten nicht möglich gewesen sei:
Der Zeuge L., Expansionsmanager für die Klägerin im nördlichen Sachsen-Anhalt, hat ausgesagt, das Objekt im Sommer 2020 übernommen und während der ganzen Bauphase begleitet zu haben. Er habe für die Klägerin an diversen Baubesprechungen teilgenommen und sei für die vertragliche Seite der Projektumsetzung zuständig gewesen. An dem Termin vom 15.11.2021 habe er teilgenommen. Zu Beginn seien alle Anwesenden vorgestellt worden, und der Zeuge F. habe dann gefragt, ob die behördlichen Abnahmen da seien, was die Beklagte verneint habe. Nach seiner Auffassung hätte das Fehlen dieser Bescheinigungen schon ausgereicht, um die Übernahme zu verweigern. Er selbst habe dann gleichwohl vorgeschlagen, dass man sich der Reihe nach alles ansehen solle. Man habe daraufhin alle Bereiche abgeschritten und Mängel aufgenommen sowie ordnungsgemäße Leistungen notiert. Im Anschluss daran habe man über die Übernahme gesprochen, diese letztlich jedoch nicht erklärt.
Er selbst habe festgestellt, dass das Dach nicht dicht gewesen sei, dass es weder Strom, Gas noch Wasser gegeben habe, die Heizung nicht funktioniert habe, teilweise Türen, Fliesen und Armaturen gefehlt hätten und auch der Parkplatzbereich sowie die Anlieferung nicht fertig gewesen seien:
Im Bereich der Apotheke sei das Dach nicht dicht gewesen. Das Wasser sei durchgelaufen. Auch in anderen Bereichen sei die Dachhaut feucht gewesen. Ob Anschlüsse für Strom, Gas und Wasser vorhanden gewesen seien, wisse er nicht. Es habe zwar Baustrom gegeben, jedoch keinen Strom, um den Markt betreiben zu können. Herr Ha. und Herr Mi. hätten geäußert, dass nicht geheizt werden könne. Es habe geheißen, alle Medien kämen erst später. Aufgrund dieser Aussage habe er angenommen, dass es auch kein Wasser gebe, habe aber nicht gesondert danach gefragt.
Die Türen seien zur Bauschließung geeignet gewesen, man habe sie aber nicht verriegeln können. Damit meine er die Warenbereichstüren, durch die die Waren vom Parkplatz angeliefert werden. Man hätte dementsprechend einen Sicherheitsdienst bereitstellen müssen, um das Gebäude abzusichern. Im Inneren hätten die Türen teilweise gefehlt, und zwar im hinteren Bereich des Marktes und im ersten Obergeschoss.
Die Treppe ins erste Obergeschoss sei nicht vollständig gefliest gewesen. Auch im Sanitärbereich seien die Fliesenarbeiten nicht vollständig gewesen, im Marktbereich zu 95 %. Allerdings hätten Anarbeitungen an die Armaturen gefehlt.
Im Personalbereich seien Armaturen gar nicht vorhanden gewesen, also z. B. Wasserhähne für die Waschbecken.
Der Parkplatz sei weitestgehend fertig gewesen, die Zu- und Abfahrten zur Sa. jedoch nicht. Auf dem Parkplatz hätten noch Paletten von Baumaterial gelegen, und die Beleuchtung des Parkplatzes habe nicht funktioniert. Eine Zufahrt zum Objekt sei nur über einen Feldweg auf einer Nebenstrecke möglich gewesen. Eine Durchfahrt zur Sch. Straße sei nicht möglich gewesen. Die Rampe sei mit schwarzer Folie abgedeckt gewesen.
Der Zeuge F., Projektleiter Bau bei der Klägerin, hat ausgesagt, den Bau von Anfang an begleitet zu haben. Sein Ansprechpartner auf Seiten der Beklagten sei der Zeuge Mö. gewesen. Sie hätten alle vierzehn Tage Baubesprechungen gehabt, und er sei auch für die Übergabe des Objekts zuständig gewesen. In diesem Zusammenhang habe er selbst das Übergabeprotokoll gefertigt. Obwohl er dem Zeugen Mö. einige Wochen vor dem Übergabetermin mitgeteilt habe, dass laut Baubesprechung mehrere Unterlagen hätten vorgelegt werden müssen, was der Zeuge Mö. auch zugesagt habe, hätten diese, insbesondere behördliche Unterlagen, am 15.11.2021 gefehlt. Schon deshalb sei das Objekt aus seiner Sicht eigentlich nicht übernahmefähig gewesen. Man habe sich dann entschieden, gleichwohl eine Begehung vorzunehmen, zumal die Vertreter aller Gewerbe vor Ort gewesen seien. Die technischen Anlagen seien noch nicht in Betrieb gewesen. Die Heizung habe nicht funktioniert. Es habe lediglich eine Zulüftung mit Warmluft von außen gegeben. Die Anfahrt der Rampe sei erst am 14.11.2021 betoniert worden, so dass die Oberfläche zu frisch gewesen sei und nicht habe benutzt werden können. Die Rampe sei mit einer Folie abgedeckt gewesen. Es sei von außen Regenwasser in das Gebäude eingedrungen mit der Folge, dass am 15.11. noch eine erhebliche Restfeuchte vorhanden gewesen sei, obwohl Trocknungsanlagen in den Räumen gestanden hätten.
In diesem Zustand hätte die Kühlanlage gar nicht in Betrieb genommen werden können.
Die Beleuchtung sei nur zum Teil fertiggewesen. Es habe auch ein Problem mit dem Hauptstrom gegeben, ebenso mit Gas. Das habe man am 15.11. nicht im Detail überprüfen können, weil der Hausanschlussraum nicht zur Mietfläche gehörte. In der Mietfläche der Klägerin habe Gas und Strom jedenfalls nicht funktioniert.
Im Marktbereich habe es Restfeuchte auch im Vorkassen-Bäcker-Bereich gegeben.
Die Malerarbeiten in der Verkaufsfläche seien zwar „auf Sicht“ abgeschlossen gewesen. Es habe aber immer wieder Nacharbeiten wegen auftretender Schimmelbildung gegeben. Am 15.11. seien die entsprechenden Stellen überstrichen gewesen.
Der Außenbereich sei nur zum Teil fertiggewesen. Es habe noch Baumaterial herumgestanden, und es hätten ca. 20 % der Parkplätze gefehlt. Eine Zufahrt zum Gelände sei nicht fertig gewesen, weil die Stadt mit den entsprechenden Ertüchtigungsarbeiten nicht fertig geworden sei. Die Ausfahrt zur Sch. Straße hin sei noch eine Baustelle gewesen. Darüber hinaus habe eine vorgesehene Ampelanlage gefehlt. Die Elektroarbeiten seien ebenfalls nicht fertig gewesen. Es hätten lose Kabel aus der Wand gehangen. Das hätte er dem für die Einrichtung des Marktes zuständigen Personal nicht zumuten können.
Der Zeuge A., von Beruf Bauingenieur und als Sachverständiger tätig, hat bekundet, von der Klägerin Anfang November 2021 beauftragt worden zu sein, um eine Zustandsfeststellung vorzunehmen und zu dokumentieren. Am 15.11.2021 seien viele Leute vor Ort gewesen. Er sei überwiegend allein durch das Objekt gegangen und habe Fotos gemacht, die Bestandteil seines Gutachtens seien. In seinem Gutachten habe er auf fehlende behördliche Unterlagen hingewiesen, deren Übergabe aus seiner Sicht zwingend notwendig gewesen wären für die Übergabe. Der Zeuge hat anhand der Fotos aus seinem Gutachten (K 8) erläutert, dass nach seiner Wahrnehmung das Objekt für die Klägerin nicht nutzbar gewesen sei. Unter Nutzbarkeit habe er nicht verstanden, dass bereits Kundenverkehr stattfinden kann, sondern dass die Klägerin in der Lage wäre, ggf. weitere Arbeiten zu erbringen. Der Zeuge hat anhand der einzelnen Bilder erklärt, dass das Objekt im Innenraum teilweise unfertig gewesen sei. So habe er in mehreren Bereichen noch vorhandenes Arbeitsmaterial gesehen und unfertige technische Vorrichtungen sowie einen unfertigen Reinigungszustand.
Das Dach habe er nicht begehen können, weil es keinen sicheren Zugang gegeben habe. Allerdings seien die Dachrinnen nicht funktionsfähig gewesen. Auch im Außenbereich hätten noch Baumaterialien und Bauschutt herumgelegen. An der Rampe habe eine Absturzsicherung gefehlt. die Zufahrten seien lediglich provisorisch gewesen, und bei der ohnehin versperrten Zufahrt zur Sa. habe es noch Höhenunterschiede gegeben.
Auf Nachfrage hat der Zeuge eingeräumt, dass auf einzelnen Bildern sichtbare Anschlusskabel oder Baumaterialien nicht zwingend solche der Beklagten gewesen sein müssen, sondern dass es sich auch um Material der Klägerin gehandelt haben könnte.
Der Zeuge B., Projektmanager für Immobilienobjekte der Klägerin, hat bekundet, die Projektkoordinierung für das Objekt geleitet zu haben.
Er sei am 15.11.2021 zur Übergabe angereist. Die Übergabe sei jedoch daran gescheitert, dass einige Bestandteile nicht fertiggestellt waren:
So habe es Beleuchtung nur mit Baustrom gegeben. Die elektrische Versorgung sei nicht fertig gewesen. Die Bauheizung sei gelaufen, die Heizungsanlage aber nicht fertiggestellt. Ebenso wenig hätten die Brandmeldeanlage incl. Sprachalarmierung und die Sicherheitsbeleuchtung funktioniert. Bei der Beleuchtung seien einzelne Lichtbänder zwar schon installiert gewesen. Die Beleuchtung sei jedoch nur über Baustrom gelaufen. Die Unterverteilung habe offene Stellen gezeigt, so dass auch die Sicherungsautomaten nicht funktioniert hätten. Die Stromanschlüsse in den Räumen seien vorhanden gewesen. Die Steckdosen hätten jedoch nicht in Betrieb genommen werden können, weil die Unterverteilung nicht fertig gewesen sei. In Bezug auf die Heizung habe er von Fachleuten Begehungsprotokolle anfertigen lassen. Daraus hätte sich ergeben, dass weder die Wärmepumpe noch der Gaskessel Funktionen aufgewiesen hätten. Diese Protokolle habe er selbst gesehen. Die Protokolle würden in der Regel vom Mieter und vom Vermieter unterschrieben. Hier habe jedoch der Vermieter nicht unterzeichnet, weil er offenbar anderer Meinung gewesen ist. Die Brandmeldeanlage, Sicherheitsbeleuchtung und Sprachalarmierung hätten nicht getestet werden können, weil die behördliche Abnahme gefehlt habe.
Im Übrigen fehlten auch Nachweise für die Trinkwasseranalyse, die Fettabscheiderfunktion und den Brandschutz.
Außerdem seien auch andere Bereiche nicht fertiggestellt worden:
Im Sozialbereich sei die Decke nicht fertig gewesen, in den Bedienbereichen der Fliesenspiegel. Im Verkaufsbereich habe es Feuchtigkeit im hinteren Bereich der Bedientheken und im Lagerbereich gegeben, ebenfalls im Bereich der Apotheke. Es habe nur eine Baustellenzufahrt über verdichteten Kiesboden gegeben. Im Übrigen sei die Zufahrt nicht fertig gewesen. Die Rampe sei mit einer Folie abgedeckt worden, weil sie erst kurz zuvor betoniert worden war. Die Folie habe dazu gedient, den schnellen Aus- bzw. Eintritt von Feuchtigkeit zu vermeiden, um Festigkeitsrisse zu verhindern.
Aus der Zeugenvernahme ist deutlich geworden, dass die Zeugen im Wesentlichen jeweils den von der Partei, die sie als Zeuge benannt hat, behaupteten streitigen Tatsachenvortrag bestätigt haben.
Dabei war zu berücksichtigen, dass die jeweils benannten Zeugen im Lager der Partei standen, weil sie entweder bereits im zeitlichen Rahmen der Errichtung des Objekts aufgrund vertraglicher Bindung für die Partei tätig geworden waren oder aber – so die Zeugen E. und A. – im Zuge der geplanten Übergabe von der jeweiligen Partei beauftragt wurden. Trotz dieser Nähe konnte das Gericht bei keinem der gehörten Zeugen auf eine fehlende Glaubwürdigkeit schließen. Die Zeugen haben ihre Wahrnehmungen glaubhaft geschildert, wobei insbesondere die Zeugen Mi., V., L., F. und D. um eine detaillierte und sachliche Darstellung bemüht waren, zumal sie als Bauleiter oder jedenfalls verantwortliche Mitarbeiter besonders eng mit dem tatsächlichen Geschehen befasst waren. Dass die Zeugen teilweise unterschiedliche Angaben zu den abgefragten Details gemacht haben bzw. daraus gegenläufige Schlüsse gezogen haben, lässt den Eindruck des Gerichts unberührt.
Das so gewonnene Beweisergebnis geht zu Lasten der Beklagten, die für das Vorhandensein eines wichtigen Grundes zur fristlosen Kündigung beweisbelastet ist.
Das Gericht konnte gerade nicht mit der notwendigen Sicherheit, die vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietet, die Überzeugung gewinnen, dass am 15.11.2021 ein Zustand erreicht war, der nach § 3 d) des Mietvertrages für die Bezugsfertigkeit erforderlich war. Demnach gehörten zum bezugsfertigen Zustand insbesondere die Fertigstellung der Parkfläche, An- und Abfahrtswege, Zulieferwege, Bürgersteige und Fassaden sowie alle Einrichtungen und Maßnahmen, die einen ungehinderten Geschäftsbetrieb der Mieterin gewährleisten. Die Parkflächen waren unstreitig nicht vollständig fertiggestellt. Dies haben auch die von der Beklagten genannten Zeugen bestätigt.
Die An- und Abfahrtswege waren ebenfalls nicht fertiggestellt:
Die Zufahrt über die Sa. war nicht möglich, weil die Stadt Ma. insofern an dieser Stelle noch Straßenbauarbeiten verrichtete. Der Umstand kann nicht der Klägerin angelastet werden. Aus ihrem Verantwortungsbereich müsste jedoch der Kündigungsgrund stammen, damit die Beklagte die fristlose Kündigung vom 25.11.2021 darauf hätte stützen können. Die Zufahrt über die Sch. Straße war nach den Aussagen der Zeugen E., Mi., F., A. und D. nur provisorisch. Die Rampe, die am 15.11.2021 noch mit einer Folie abgedeckt war, war ebenfalls nicht benutzungsfertig. Dass – so der Zeuge Mi. – Verschmutzungen mit der Folie abgehalten werden sollten, erscheint als Schutzbehauptung. Vielmehr ist aus den Aussagen der Zeugen F. und D. davon auszugehen, dass die Rampe erst einen oder wenige Tage vor dem 15.11.2021 betoniert wurde. Eine Nutzung der frisch betonierten Rampe war deshalb am 15.11.2021 nicht möglich.
Die Rampe war aber für den ungehinderten Geschäftsbetrieb der Klägerin im Sinne von § 3) des Mietvertrages wesentlich.
Ebenso wesentlich war das Funktionieren von Strom, Gas und Elektrik. Auch diesbezüglich konnte die Beklagte mangels widersprechender Zeugenaussagen nicht beweisen, dass die für den ungehinderten Geschäftsbetrieb der Klägerin notwendige Funktion am 15.11.2021 gegeben war.
Der Übergabe stand ferner das Fehlen von Unterlagen gemäß Ziffer 1.4 der Baubeschreibung – diese ist gemäß § 1 b) Bestandteil des Mietvertrages – entgegen. Gemäß Ziffer 1.4 der Baubeschreibung waren „vorab“ u. a. die Konformitätsbescheinigung des Brandschutzes, eine Bescheinigung über die Trinkwasserprüfung, über die technische Einweisung, Prüfbescheinigungen der technischen Gewerke und weitere einzureichen. Aus dem Protokoll (K 7) und der Aussage des Zeugen F. wird deutlich, dass die entsprechenden Bescheinigungen am 15.11.2021 fehlten, obwohl der Zeuge F. diese schon Wochen vorher vom Zeugen Mö. verlangt und dieser deren Übergabe auch zugesagt hatte. Der Zeuge A. hat mit seiner Aussage die Wichtigkeit der entsprechenden Bescheinigungen bestätigt. Nach dem Verständnis der Kammer waren die Unterlagen auch erforderlich, damit die Klägerin ihren Geschäftsbetrieb ungehindert aufnehmen konnte.
Dass die Klägerin ihrerseits noch erhebliche Leistungen erbringen musste, bevor sie den Markt hätte eröffnen können, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Dies gilt auch für die von der Klägerin zu stellende Beleuchtung bzw. die von ihr georderte Kühltechnik.
Die Aussagen der Zeugen Mö. und Mi., ergänzt durch die Angaben des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH der Beklagten, dass der Zustand am 15.11.2021 „branchenüblich“ gewesen sei, die vertragliche Bestimmung in § 3 d) gleichermaßen „an der Realität vorbeigehe“, vermag daran nichts zu ändern. Denn maßgeblich ist das, was die Parteien zur Übergabe im Mietvertrag geregelt hatten. Hätten sie die Voraussetzungen für die Übergabe anders handhaben wollen, hätten sie darüber eine schriftliche Vereinbarung treffen müssen, § 6 b) des dritten Nachtrages zum Mietvertrag.
Da die Beklagte die vertraglich geschuldete Bezugsfertigkeit nicht hergestellt hat, kommt es auf die Frage, ob ihr Schreiben vom 15.11.2021 (K 9) als notwendige Abmahnung im Sinne von § 543 Abs. 3 BGB zu bewerten ist, da die Beklagte in diesem Schreiben der Klägerin keine Frist zur Übernahme, sondern lediglich eine Frist zur Überlegung gesetzt hat, nicht an.
Die Beklagte kann die fristlose Kündigung vom 25.11.2021 nicht Erfolg darauf stützen, dass die Klägerin keine Netzwerktechnik und keine Beleuchtung eingebaut habe. Unabhängig davon, ob die Klägerin hierzu verpflichtet war, fehlt es an einer notwendigen Abmahnung gemäß § 543 Abs. 3 ZPO.
Die fristlose Kündigung war auch nicht wegen treuwidrigen Verstoßes der Klägerin gegen die Aufklärungs-, Informations-, Sorgfalts- und Treuepflichten gerechtfertigt.
Sofern die Beklagte hierzu vorträgt, die Klägerin wolle eine etwaige Auseinandersetzung mit dem von ihr gebundenen Genossenschaftsmitglied, dem EA.-Kaufmann, auf die Beklagte abwälzen, ist der Vortrag der Beklagten unsubstantiiert. Ob es im Verhältnis zudem EA.-Kaufmann einen Rechtsstreit gibt, kann dahinstehen. Es erscheint vielmehr nachvollziehbar, dass die Klägerin, die den EA.-Kaufmann im Vertrauen auf die Durchführung des streitgegenständlichen Mietvertrages vertraglich gebunden hatte, in Anbetracht der fristlosen Kündigung des Mietvertrages mit der Beklagten und der Weitervermietung an die Firma R. eine Auseinandersetzung mit dem Kaufmann zu führen hat. Insofern war auch der von der Beklagten angebotene Zeuge G. zu dieser Thematik nicht zu hören.
Der Klägerin ist auch nicht anzulasten, dass sie die Beklagte durch die Verweigerung der Übernahme und der damit verbundenen Zahlung der ersten Miete an den Rand der Insolvenz geführt hätte. Nach § 4 a) des Mietvertrages begann die Mietzahlungspflicht ab dem Monatsersten nach Übergabe der bezugsfertigen Mieträume. Nach den obigen Ausführungen durfte die Klägerin die Übernahme angesichts des Zustands des Mietobjekts ablehnen. Dass sie deshalb für den Dezember 2021 noch keine Miete schuldete, musste der Beklagten bewusst sein, weil sich dies von vornherein aus der vertraglichen Vereinbarung ergeben hatte. Im Übrigen ist die Finanzierung des Bauprojekts eindeutig dem Risiko der Beklagten zuzuordnen. Dann wäre die Klägerin ab 01.12. ohnehin nur verpflichtet gewesen, eine Miete von 69.382,36 € 6 zu zahlen, zuzüglich Nebenkosten. Inwiefern eine ausbleibende Zahlung in dieser Größenordnung zu einer Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der Beklagten geführt haben soll, hat diese nicht dargelegt.
Die Klägerin hat sich auch nicht dadurch treuwidrig verhalten, dass sie das von der Beklagten behauptete Angebot aus der Unterredung vom 08.11.2021 ausgeschlagen hat. Nach dem bestrittenen Vortrag der Beklagten hatte diese der Klägerin vorgeschlagen, das Mietobjekt zum Ende November 2021, also zwei Wochen später als mietvertraglich vorgesehen, gegen Mietfreistellung bis Ende Januar 2022 und gegen eine Einmalzahlung im Bereich von „weiteren 100.000,00 €“ zu übernehmen. Zur Annahme dieses Angebots war die Klägerin jedoch nicht verpflichtet.
Denn es galt die vertragliche Vereinbarung aus dem Mietvertrag. Dass die Klägerin eine Woche vor dem geplanten Übergabetermin einer Vertragsänderung nicht zugestimmt hat, ist keinesfalls treuwidrig. In diesem Zusammenhang kann sich die Beklagte auch nicht darauf berufen, dass die Klägerin sie arglistig getäuscht habe. Die Beklagte behauptet hierzu, die Klägerin habe „ein Lügengerüst“ aufgebaut, indem sie der Beklagten vorgegaukelt habe, den Markt unmittelbar nach Übergabe eröffnen zu wollen, obwohl sie tatsächlich die notwendige Kühltechnik erst verspätet bestellt habe mit der Folge, dass eine Eröffnung des Marktes vor Ende Januar 2022 gar nicht möglich gewesen wäre. Die Behauptung der Beklagten ist nicht erheblich. Denn wann die Klägerin den Markt eröffnen wollte, spielt für die mietvertragliche Übergabe keine Rolle. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme dürfte auch die Beklagte davon ausgegangen sein, dass bei der Unterredung am 08.11.2021 das Mietobjekt nicht in einem Zustand war, dass die Klägerin sofort nach Übergabe den Markt hätte eröffnen können. Dies ergibt sich bereits aus den Fotos des Zeugen A., die dieser erst eine Woche später, nämlich am 15.11.2021, angefertigt hat. Insofern kann die Beklagte schon keinem Irrtum unterlegen sein. Abgesehen davon war die Bestellung der Kühltechnik Sache der Klägerin. Selbst wenn sie eine Bestellung zu spät ausgelöst haben sollte, gingen die daraus resultierenden Folgen zu Lasten der Klägerin. Im Übrigen konnte der von der Beklagten benannte Zeuge I. nicht bestätigen, dass die Kühltechnik zu spät bestellt worden sei. Er hat vielmehr ausgesagt, dass die Kühleinrichtung nebst Verrohrung schon im August/September 2021 fertiggestellt gewesen sei und dass seine Firma die Kühlmöbel hätte liefern können, wenn das denn verlangt worden wäre. Dazu sei es jedoch aus ihm unbekannten Gründen nicht gekommen. Vielmehr sei die von seiner Firma eingebaute Kühlanlage von Dritten entfernt worden.
Die Beklagte kann die fristlose Kündigung vom 25.11.2021 schließlich nicht erfolgreich mit der Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zur Klägerin begründen.
Eine Zerrüttung kann sie nicht daran festmachen, dass die Klägerin in der Bauphase Sonderwünsche geäußert habe mit der Folge, dass die Beklagte 120.000,00 € Mehrkosten gehabt hätte. Nach § 3 des dritten Nachtrages zum Mietvertrag hatte die Klägerin für die von der Beklagten zu erbringenden Bauleistungen einem Baukostenvorschuss in Höhe von 1.007.500,00 € zuzüglich Umsatzsteuer zu zahlen. Wann die von der Beklagten behaupteten 120.000,00 € Mehrkosten angefallen sind und dass diese von den zu entrichteten Baukosten nicht umfasst waren, hat die Beklagte nicht substantiiert dargetan. Im Übrigen hat sie im Vorfeld zur fristlosen Kündigung die Beklagte wegen der behaupteten Sonderwünsche nicht abgemahnt, § 543 Abs. 2 BGB.
Eine Zerrüttung kann die Beklagte auch nicht daraus herleiten, dass 100.000,00 € Mehrkosten zu ihren Lasten dadurch angefallen sind, dass die Ausführung erheblich von der ursprünglichen Baubeschreibung abgewichen ist. Zum einen hat die Beklagte der Klägerin auch diesbezüglich keine Abmahnung nach § 543 Abs. 3 BGB erteilt. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Mietobjekt von Anfang an um ein im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages noch zu errichtendes bzw. auszubauendes Gebäude handelte (Präambel des Mietvertrages) und dass der Umbau der vorhandenen Bausubstanz gemäß § 1 b) des Mietvertrages mit der Klägerin abgestimmt werden sollte. Diese Regelung findet sich auch in der Präambel zur Baubeschreibung wieder. Die Beklagte hat insofern nicht vorgetragen, dass den von ihr bezifferten Mehrkosten keine Absprachen mit der Klägerin zugrunde gelegen haben.
Der Zeuge V. hat hierzu im Übrigen bekundet, dass es sich bei dem streitbefangenen Objekt um einen ungewöhnlichen Bau gehandelt habe, nämlich um eine alte Industriehalle mit Denkmalschutz, bei der sich – wie auch bei üblichen Bauvorhaben – im Zuge der Einrichtungs- und Ausbauplanung Änderungen ergeben.
Etwaige Streitigkeiten zwischen den Parteien in Bezug auf andere Mietobjekte sind für den vorliegenden Vertrag nicht maßgeblich und können ebenfalls die außerordentliche Kündigung des hiesigen Vertrages nicht rechtfertigen.
Schließlich spricht gegen eine von der Klägerin verursachte Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses das Verhalten der Beklagten selbst:
Diese hat entgegen ihrer vertraglichen Verpflichtung im Ursprungsmietvertrag und auch im dritten Nachtrag zum Mietvertrag die versprochene Mieterdienstbarkeit nicht eintragen lassen und die Klägerin erst am 15.11.2021 hiervon informiert.
Die Beklagte hat auch entgegen ihrer Ankündigung aus dem Schreiben vom 15.11.2021 nach dem 15.11.2021 etwa noch bis zum 17.12.2021 – so die Aussage des Zeugen Mi. – Arbeiten zur Fertigstellung des Mietobjekts ausgeführt. Dies legt den Schluss nahe, dass die Beklagte die Fertigstellung im Interesse der spätestens jetzt kontaktierten Firma R. ausgeführt hat. Gegen ein vertragstreues Verhalten der Beklagten spricht auch, dass eine Zurücknahme der fristlosen Kündigung nach den Angaben des Geschäftsführers Ha. durchaus möglich gewesen wäre, jedoch nicht „vertieft“ worden sei. Nach den Angaben der von der Beklagten benannten Zeugen waren nach dem 15.11.2021 nur noch geringe Restarbeiten auszuführen, die tatsächlich bis zum 17.12.2021 abgeschlossen waren.
Vor diesem Hintergrund hätte für die Beklagte durchaus die Möglichkeit bestanden, eine Einigung mit der Klägerin zu finden, wenn sie nicht schon die Vermietung an die Firma R. fokussiert hatte.
Jedenfalls sprechen diese Umstände nach dem Verständnis des Gerichts erst recht dagegen, dass die Verweigerung der Übernahme durch die Klägerin und die übrigen von der Beklagten vorgetragenen Umstände die Fortsetzung des Mietverhältnisses aus Gründen, die aus der Sphäre der Klägerin stammen, für die Beklagte unzumutbar gemacht hätte.
Der Anspruch auf Gewährung der Mieterdienstbarkeit ist auch nicht infolge der hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung untergegangen. Die ordentliche Kündigung des gemäß § 2 a) des Mietvertrages auf zwanzig Jahre befristeten Mietverhältnisses war gemäß § 542 BGB ausgeschlossen.
Die Beklagte kann dem nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass eine wirksame Befristung des Mietverhältnisses wegen Schriftformverstoßes gemäß §§ 550 Satz 1, 578 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB unwirksam gewesen wäre mit der Folge, dass eine ordentliche Kündigung möglich blieb. Dies unterstellt, wäre eine Kündigung gemäß § 550 Satz 2 BGB frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Raumes möglich. Die Überlassung durch Übergabe hat jedoch hier nicht stattgefunden. Im Übrigen hatten die Parteien in § 5 Nr. 4 des Nachtrages Nummer drei vereinbart, dass eine Kündigung unter Berufung auf Schriftformverstöße nicht zum Erlöschen der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit führt.
Abgesehen davon ist die Schriftform eingehalten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 12.03.2003, XII ZR 18/00; NJW-RR 2021, 801) ist eine körperliche Verbindung der einzelnen Bestandteile eines Vertrages – hier des Ursprungsmietvertrages mit den Nachträgen – nicht erforderlich, wenn die Zusammengehörigkeit auch unabhängig davon erkennbar ist. Hier war aufgrund der Überschrift auf Seite 1 des Nachtrages Nummer 3 erkennbar, dass dieser zum Mietvertrag vom 15.11.2016 ebenso gehörte wie die Nachträge Nummer 1 und Nummer 2. Darüber hinaus sind die einzelnen Blätter von beiden Parteien unterzeichnet. Die Beklagte kann die Nichteinhaltung der Schriftform auch nicht damit begründen, dass der Mietvertrag eine wesentliche Änderung durch die erfolgten Umbaumaßnahmen erfahren habe. Denn der Mietvertrag selbst ist dadurch nicht geändert worden. Nach § 1 b) des Mietvertrages oblag es im Übrigen der Beklagten, notwendige Abweichungen von der Baubeschreibung und den übrigen zum Mietobjekt gehörenden Plänen planerisch umzusetzen und der Klägerin zur Zustimmung vorzulegen. Die Zustimmung der Klägerin galt als erteilt, wenn sie nicht innerhalb von vier Wochen nach Zugang der schriftlichen Mitteilung widersprach.
Nach § 1 c) des Mietvertrages war die Beklagte verpflichtet, Vorgaben der Klägerin bei der Planung und Errichtung zu berücksichtigen, soweit diese technisch möglich und baurechtlich zulässig sind, keine weiteren Mehrkosten auslösen und nicht zu einer wesentlichen Verlängerung der Bauzeit führen. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass die Beklagte unter Umständen berechtigt gewesen wäre, über dieses Maß hinausgehende Änderungen abzulehnen. Solches hat die Beklagte jedoch nicht vorgetragen. Es kann daher auch nicht angenommen werden, dass durch Umbaumaßnahmen eine gravierende Änderung des Mietvertrages bewirkt worden wäre, deren Nichterwähnung im Mietvertrag zu einem Verstoß gegen das Schriftformerfordernis geführt hätten.
Die auch in diesem Zusammenhang von der Beklagten gerügte notarielle Beurkundung der Verpflichtung zur Bewilligung einer Mieterdienstbarkeit ist aus den o. g. Gründen nicht erforderlich, weil im Mietvertrag lediglich eine schuldrechtliche Verpflichtung eingegangen wurde.
Die Beklagte kann zur Begründung der fehlenden Schriftform auch nicht mit Erfolg einwenden, dass der Mietvertrag eine falsche Fläche, nämlich 4.021 m², ausweise, obwohl es tatsächlich 4.076,67 m² seien. Denn die Bestimmbarkeit der Fläche ist ausreichend. Ein etwaiger Erwerber des Objekts kann erkennen, welche Teilfläche an die Klägerin vermietet ist. Im Übrigen ist in § 1 d) des Mietvertrages nur von einer „ca.-Angabe“ der Mietfläche die Rede. Das Gleiche gilt für die von der Beklagten monierte Anzahl von Parkplätzen, die im Mietvertrag mit „265 mindestens“ beziffert sind.
Soweit die Beklagte ergänzend eine Diskrepanz zwischen Baubeschreibung und Mietvertrag anführt, ist auch dies nicht erfolgreich. Wie bereits erwähnt, war bei Abschluss des Mietvertrages das Objekt lediglich als denkmalgeschützte Industrieruine vorhanden. Aus den damit verbundenen Unwägbarkeiten bei der Planung und Errichtung gingen notwendigerweise Änderungen in der Planung und Bauausführung einher.
Dem Anspruch der Klägerin steht schließlich nicht entgegen, dass die beschränkte persönliche Dienstbarkeit nicht vorrangig vor den Rechten in Abteilung III des Grundbuchs und vor allem auf Zahlung gerichteten Rechten in Abteilung II eingetragen werden kann. Denn die Parteien hatten für diesen Fall in § 5 Nr. 9 des Nachtrages Nr. 3 ausdrücklich vereinbart, dass dann die Eintragung an rangbereiter Stelle erfolgen soll.
Die Mieterdienstbarkeit nach § 11 des Mietvertrages und § 5 des dritten Nachtrages verstößt nicht gegen § 119 InsO. Nach dieser Vorschrift sind Vereinbarungen, durch die im Voraus die Anwendung der §§ 103 bis 118 InsO ausgeschlossen oder beschränkt werden, unwirksam.
Der Beklagten kann jedoch nicht darin gefolgt werden, dass § 111 InsO durch den dritten Nachtrag zum Mietvertrag umgangen werde:
In § 5 Nr. 4 a) ist geregelt, dass die Mieterdienstbarkeit erlischt, wenn das zwischen dem Eigentümer und den Berechtigten oder deren Rechtsnachfolgern bestehende Mietverhältnis infolge Kündigung beendet ist. Ausdrücklich ausgenommen ist eine Kündigung nach § 111 InsO.
Dies ist nicht zu beanstanden. Die Mieterdienstbarkeit darf durch die Insolvenz des Vertragspartners nicht beeinträchtigt werden (vgl. Stapenhorst/Voss, NZM, 2022, S. 873, 877 f.).
Die in § 5 Nr. 4 d) getroffene Regelung, wonach die Mieterdienstbarkeit erlischt, wenn über das Vermögen des Berechtigten oder seines Rechtsnachfolgers das Insolvenzverfahren eröffnet oder die Eröffnung mangels Masse abgelehnt wurde, betrifft den Mieter und beinhaltet keine Umgehung des Sonderkündigungsrechts des Insolvenzverwalters des Vermieters.
Der Anspruch der Klägerin ist nicht verjährt. Die ursprüngliche Vereinbarung zur beschränkten persönlichen Dienstbarkeit in § 11 des Mietvertrages wurde durch die Vereinbarungen in § 5 des am 29./31.03.2021 unterzeichneten dritten Nachtrages ersetzt, so dass frühestens dieser Zeitpunkt für den Beginn der Verjährung maßgeblich sein kann. Die Verjährung ist gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch Erhebung der Klage, die am 21.03.2022 zugestellt wurde, gehemmt.
Die Widerklage ist gemäß § 33 ZPO zulässig, da sie nicht bloß die Negierung der Klage zum Gegenstand hat, sondern auf Löschung der bereits zugunsten der Klägerin eingetragenen Vormerkung gerichtet ist.
Der Zulässigkeit der Widerklage steht die Rechtskraft des im einstweiligen Verfügungsverfahren zum Aktenzeichen: 31 O 94/21 ergangene Urteils des Landgerichts nicht entgegen. Dieses Urteil vom 15.03.2022 ist nur der eingeschränkten Rechtskraft zugänglich, weil es im einstweiligen Verfügungsverfahren ergangen ist.
Die Widerklage ist jedoch unbegründet, weil die Beklagte keinen Anspruch auf Löschung der Vormerkung gemäß § 894 BGB hat.
Das Grundbuch ist in Bezug auf die Vormerkung nicht unrichtig, weil die Eintragung der Vormerkung zu Recht erfolgt ist.
Zur weiteren Begründung wird auf die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Naumburg vom 07.09.2022 und vom 20.09.2022 (1 U 41/22) Bezug genommen.
Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 30.10.2023 bot keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen, § 156 ZPO.
Die prozessualen Nebenentscheidungen ergehen für die Kosten aus § 91 Abs. 1 ZPO, für die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 Satz 2 ZPO.
Streitwert: 16.651.766,40 €, § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG in Verbindung mit dem Beschluss vom 21.02.2022 (Bl. 14, Bd. I d. A.)