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Berichtigung einer Überlassungsurkunde durch Nachtragsvermerk

OLG München – Az.: 34 Wx 184/12 – Beschluss vom 27.06.2012

I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Sonthofen – Grundbuchamt – vom 23. April 2012 wird zurückgewiesen.

II. Der Beschwerdewert beträgt 15.480 €.

Gründe

I.

Zu notarieller Urkunde vom 18.1.2012 (Abschnitt II. „Vertragsgegenstand“) überließ der Beteiligte zu 1 an die Beteiligten zu 2 bis 5 zu gleichen Teilen

„den in Abschnitt I.1. dieser Urkunde näher bezeichneten Grundbesitz …“.

Als solcher ist dort unter Abschnitt I.1. das Grundstück Flst. 668/17 (Wohnhaus, Hofraum, Garten) bezeichnet. Abschnitt III. enthält die Auflassung und die notwendigen weiteren Grundbucherklärungen, bezogen auf den Vertragsgegenstand.

Die Auflassung wurde am 22.3.2012 im Grundbuch vollzogen.

Abschnitt I. (Grundbuch- und Sachstand) der nämlichen Urkunde führt unter Ziffer 2 weiter auf das auf den Beteiligten zu 1

„als Eigentümer zu 1/8“

im Grundbuch eingetragene Grundstück Flst. 668/18 (Bauplatz) zu 215 m².

Tatsächlich weist das Grundbuch insoweit den Beteiligten zu 1 seit 4.6.2003 als Eigentümer zu (nun) 2/8 (= 1/4) aus. Dies hat die Notarin auf Hinweis noch am 21.3.2012 gemäß § 44a Abs. 2 BeurkG richtiggestellt.

Am 17.4.2012 hat die beurkundende Notarin des weiteren die Feststellung getroffen, dass es in der Überlassungsurkunde unter Abschnitt II. richtig heißen muss:

„den in Abschnitt I. dieser Urkunde näher bezeichneten Grundbesitz“.

Den Antrag, nunmehr auch die Urkunde vom 18.1.2012 für den Eigentumsanteil am Grundstück Flst. 668/18 zu vollziehen, hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 23.4.2012 zurückgewiesen. Es hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass hinsichtlich des Vertragsgegenstands keine Unklarheiten bestanden hätten; es habe wohl Klarheit darüber bestanden, dass der Anteil am Flst. 668/18 nicht mitüberlassen werden sollte. Eine Schreibfehlerberichtigung liege nicht vor, sondern es handele sich um eine mangelhaft vorbereitete Urkunde. Bei sorgfältigem Vorlesen der Urkunde hätte erkannt werden können und müssen, dass der unter Abschnitt I.2. genannte Anteil am Grundbesitz des Verkäufers auch Gegenstand des Überlassungsvertrags an die Käufer hätte sein sollen und hätte mitaufgelassen werden müssen. Schließlich sei festzustellen, dass die Urkunde von allen Beteiligten nach Verlesung genehmigt und unterschrieben worden sei. Für das Grundbuchamt stehe fest, dass der unter Abschnitt I.2. genannte Anteil weder Vertragsgegenstand noch aufgelassen sei. Der Vollzugsantrag sei deshalb zurückzuweisen.

Aufgrund der Eindeutigkeit der Urkunde betreffend den Vertragsgegenstand sei auch keine Auslegung nach § 133 BGB möglich.

Hiergegen richtet sich die von der beurkundenden Notarin erhobene Beschwerde vom 15.5.2012 mit dem Antrag, die Urkunde vom 18.1.2012 auch hinsichtlich der Übertragung des 1/4-Miteigentumsanteils an dem Grundstück Flst. 668/18 auf die Beteiligten zu 2 bis 5 zu gleichen Teilen zu vollziehen. In der Begründung wird davon ausgegangen, dass die Berichtigung gemäß § 44a Abs. 2 Satz 2 BeurkG habe vorgenommen werden können. Berichtigt werden könnten nicht nur offensichtliche Schreibfehler, sondern alle offensichtlichen Unrichtigkeiten, auch solche, die nicht auf Schreibversehen, sondern auf anderen Fehlerquellen beruhten. Versehentliche Auslassungen und Unvollständigkeiten könnten ebenfalls berichtigt werden, wenn sich dies aus dem Gesamtzusammenhang der Beurkundung ergebe. Die offensichtliche Unrichtigkeit müsse nicht aus der Urkunde selbst folgen. Wie das Grundbuchamt selbst erkannt habe, habe der Beteiligte zu 1 ersichtlich seinen gesamten Grundbesitz überlassen wollen; der Anteil an Flst. 668/18 sei als solcher wertlos und nur kostenbehaftet.

Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Das Rechtsmittel ist als Beschwerde nach § 71 Abs. 1 i.V.m. § 73 GBO zulässig. Die Bevollmächtigung der amtierenden Notarin folgt aus Abschnitt IX. des Vertrags vom 18.1.2012. Insoweit gilt § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 FamFG. Nach Sachlage ist das Rechtsmittel namens aller Antragsberechtigten eingelegt (vgl. Demharter GBO 28. Aufl. § 15 Rn. 20).

2. Die Beschwerde ist unbegründet; die beantragte Eigentumsumschreibung kann auf der Grundlage der nach § 44a Abs. 2 Satz 2 BeurkG berichtigten Überlassungsurkunde nicht vorgenommen werden. Denn die Auflassung des Miteigentumsanteils an dem Grundstück Flst. 668/18 nach §§ 20, 29 GBO ist nicht in grundbuchtauglicher Form nachgewiesen. Darauf, ob die Auflassung materiellrechtlich wirksam ist, kommt es nicht an. Unabhängig hiervon mag der sich aus dem Vergleich mit dem Grundbuch offensichtlich ergebende Fehler in der Größenangabe des Anteils nach § 44a Abs. 2 BeurkG berichtigungsfähig gewesen sein.

a) Zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück – ebenso von Bruchteilen – ist die nach § 873 BGB erforderliche Einigung des Veräußerers und des Erwerbers (= Auflassung) bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile vor einer zuständigen Stelle zu erklären (siehe BGH NJW 2007, 3204). Zur Entgegennahme der Auflassung ist jeder Notar zuständig (§ 925 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BGB).

b) Die Einigung erfordert materiell-rechtlich eine konkretisierende – den Verkehrsbedürfnissen entsprechende zweifelsfreie – Bezeichnung des Vertragsgegenstands. Das materielle Rechtsgeschäft berührt es nicht, wenn Vertragsparteien nach dem gemäß § 133 BGB zu ermittelnden Willen denselben Gegenstand meinen, ihn jedoch irrtümlich falsch bezeichnen (falsa demonstratio) oder ihn – im Zusammenhang mit der Auflassung anderer Grundstücksflächen – zu erwähnen vergessen, so etwa, wenn sie zwei Grundstücke auflassen, irrtümlich aber nur eines erwähnen. In diesem Fall sind (materiell-rechtlich) beide Grundstücke aufgelassen (vgl. BGHZ 87, 150/155; Palandt/Bassenge BGB 71. Aufl. § 925 Rn. 14). Indessen prüft das Grundbuchamt gemäß § 20 GBO nicht die materiell-rechtliche Wirksamkeit der Auflassung, sondern nur, ob die Voraussetzungen des Eigentumsübergangs, nämlich die Eintragungsbewilligung (§ 19 GBO) und die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen mit dem zweifelsfrei bezeichneten Vertragsgegenstand (vgl. § 28 GBO), durch – formell wirksame – öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen sind (§ 29 Abs. 1 GBO; Palandt/Bassenge § 925 Rn. 30).

c) Zutreffend geht das Grundbuchamt davon aus, dass die ursprüngliche Urkunde vom 18.1. 2012 einer Auslegung über den Auflassungsgegenstand nach § 133 BGB nicht zugänglich ist. Die Urkunde enthält als Objekt der Auflassung und der sonstigen zum Grundbuchvollzug notwendigen Erklärungen (§§ 13, 19 GBO) ausschließlich und durch Bezugnahme in Abschnitt III. auf Abschnitt II. und dort (ausschließlich) auf Abschnitt I.1. eindeutig nur das Grundstück Flst. 668/17 und nicht den Miteigentumsanteil an einem weiteren Grundstück (Abschnitt I.2. als Grundbuch- und Sachstand). Eine Auslegung über diesen eindeutigen Sinn hinaus ist nicht möglich (siehe auch BGHZ 32, 60/63; Demharter § 19 Rn. 28).

d) Nach § 44a Abs. 2 Satz 1 BeurkG kann der Notar zwar durch eine Nachtragserklärung offensichtliche Unrichtigkeiten der Urkunde richtigstellen. Dabei ergibt sich schon aus dem Gesetzeswortlaut, dass nicht nur Schreibfehler, sondern auch weitergehende Fehler, wie etwa versehentliche Auslassungen und Unvollständigkeiten, berichtigt werden können (Winkler BeurkG 16. Aufl. § 44a Rn. 18 ff.). Allerdings muss der Fehler offensichtlich sein, sich also für jeden Außenstehenden aus Umständen, die auch außerhalb der Urkunde liegen können, ergeben (Senat vom 13.1.2012, 34 Wx 411/11 = Rpfleger 2012, 311; LG Gera NotBZ 2004, 112 mit Anm. Zeiler; Lerch BeurkG 3. Aufl. § 44a Rn. 8).

Umstände, aus denen sich die versehentliche Auslassung ergibt und die für jedermann offensichtlich sind, liegen nicht vor. Die Urkunde trägt den abschließenden Vermerk, wonach sie von der Notarin vorgelesen, von den Beteiligten genehmigt und eigenhändig unterschrieben worden ist. Danach stimmen die abgegebenen und in der Niederschrift enthaltenen Erklärungen überein, haben aber möglicherweise deshalb in der Urkunde einen nur unzureichenden Ausdruck gefunden, weil tatsächlich, das heißt materiell-rechtlich, auch der Anteil an dem Flurstück 668/18 aufgelassen wurde. Ist die Urkunde aber formell richtig, wenn auch materiell berichtigungsbedürftig, so scheidet deren Berichtigung nach § 44a Abs. 2 Sätze 1 und 2 BeurkG regelmäßig aus (siehe Kanzleiter DNotZ 1990, 478/490; ders. DNotZ 1999, 292/306; Reithmann DNotZ 1999, 27/33 f.).

Offensichtliche Umstände, die ein Abweichen von dieser Regel erlauben, finden sich hier nicht. Der Wille des Beteiligten zu 1, seinen gesamten Grundbesitz (an der F.-Straße) zu veräußern, ist nach den vorstehenden Erwägungen als solcher nicht erheblich. Soweit der Anteil an dem Flurstück 668/18 nach Veräußerung von Flurstück 668/17 als wertlos und nur kostenbehaftet erscheint – was offensichtlich sein mag -, ist diese wirtschaftliche Erwägung als solche ungeeignet, die fehlende Offensichtlichkeit einer urkundlichen Unrichtigkeit in Frage zu stellen. Die Erwähnung des Grundstücksanteils in Abschnitt I. der Urkunde legt zwar die Vermutung nahe, dass die Beteiligten diesen ebenfalls in ihr Geschäft (Abschnitt II.: Vertragsgegenstand; Abschnitt III.: Einigung, Eigentumsvormerkung) einzubeziehen gedachten; dies schließt es aber keineswegs aus, dass davon im Laufe der Beurkundung Abstand genommen wurde; offensichtlich ist die Unrichtigkeit zwar möglicherweise für die Beteiligten, nicht aber für den Notar und noch weniger für einen außenstehenden Dritten. Auch wenn sich die miteingereichte Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts auf beide Grundstücke bezieht, ändert dies am Ergebnis nichts.

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Für die Geschäftswertbestimmung übernimmt der Senat den für das Nachbargrundstück unbeanstandet gebliebenen Kostenansatz des Grundbuchamts; zu berücksichtigen ist hierbei, dass es sich insoweit nur um einen Anteil (1/4) handelt.

 

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