Skip to content

Berechtigtes Interesse an Grundbucheinsicht – Ausschluss Neugier/Verfolgung unbefugter Zwecke

Das Oberlandesgericht Oldenburg hat in seinem Beschluss vom 30. September 2013 entschieden, dass ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse an der Einsichtnahme in das Grundbuch genügt, wenn die Verfolgung unbefugter Zwecke ausgeschlossen ist und die Kenntnis vom Grundbuchstand für das künftige Handeln des Antragstellers von erheblicher Bedeutung ist. Dies setzt ein klares Signal für die Anerkennung wirtschaftlicher Interessen im Kontext der Grundbucheinsicht.

→ Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 12 W 261/13 (GB)

🎯Das Wichtigste in Kürze


  • Ein berechtigtes Interesse an der Grundbucheinsicht liegt vor, wenn ein verständiges, sachliches Interesse des Antragstellers besteht und Neugier oder Verfolgung unbefugter Zwecke ausgeschlossen sind.
  • Dies gilt auch für die Kenntniserlangung von Kaufpreisen durch erweiterte Grundakteneinsicht.
  • Liegt ein konkreter Zahlungsanspruch gegen den (früheren) Eigentümer vor, hat der Antragsteller ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse an Grundbucheinsicht und Einsicht in den Kaufvertrag.
  • Bei Einsicht in Kaufverträge ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Vertragsparteien besonders zu berücksichtigen.
  • Eine sorgfältige Prüfung des berechtigten Interesses ist erforderlich, da die Vertragsparteien vor Gewährung der Einsicht nicht angehört werden.
  • Vorlage eines zugrundeliegenden Vertrags kann ausreichend sein, um das berechtigte Interesse an Grundbucheinsicht und Einsicht in Kaufverträge nachzuweisen.

Berechtigtes Interesse: Grundbucheinsicht für jeden möglich?

Die Einsichtnahme in das Grundbuch ist ein wichtiges Recht, das jedem zusteht, der ein berechtigtes Interesse darlegen kann. Dieses Interesse muss über eine bloße Neugier oder die Verfolgung unbefugter Zwecke hinausgehen. Stattdessen muss es sich um ein verständiges, sachlich gerechtfertigtes Interesse handeln, das für das künftige Handeln des Antragstellers relevant ist.

Dabei spielen nicht nur rechtliche, sondern auch wirtschaftliche Interessen eine Rolle. So kann etwa der Wunsch, mehr über einen Kaufpreis zu erfahren, ein berechtigtes Interesse an der Grundbucheinsicht begründen. Allerdings ist in solchen Fällen eine besonders sorgfältige Prüfung des Interesses erforderlich, um das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Vertragsparteien zu achten.

Das folgende Urteil beleuchtet näher, unter welchen Voraussetzungen ein berechtigtes Interesse an der Grundbucheinsicht bejaht werden kann.

Der Fall vor dem Oberlandesgericht Oldenburg im Detail

Berechtigtes Interesse an Grundbucheinsicht

Im Fokus des vorliegenden Falles steht die rechtliche Auseinandersetzung um die Einsichtnahme in das Grundbuch. Die Debatte entzündete sich am Antrag eines Beteiligten, Einsicht in bestimmte Abschnitte des Grundbuchs zu erhalten. Der Antragsteller, ein ehemaliger Miteigentümer des betreffenden Grundbesitzes, vertrat die Position, dass ihm aus einem bestehenden Zahlungsanspruch heraus ein berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme zustehe. Dieser Anspruch wurde durch einen vorgelegten Vertrag über einen Drittelanteil des Verkehrswertes des Grundbesitzes untermauert. Das rechtliche Problem lag hierbei in der Notwendigkeit, das berechtigte Interesse des Antragstellers zu bewerten, insbesondere in Abgrenzung zu unbefugten Zwecken oder reiner Neugier.

Urteilsfindung und -begründung

Der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg hob in seinem Beschluss vom 30. September 2013 den vorangegangenen Beschluss des Amtsgerichts Osnabrück auf und wies dieses an, dem Antragsteller die gewünschte Einsicht zu gewähren. Die Entscheidung begründete das Gericht mit dem berechtigten wirtschaftlichen Interesse des Antragstellers. Dieser hatte überzeugend dargelegt, dass die Informationen aus dem Grundbuch für sein weiteres wirtschaftliches Handeln von erheblicher Bedeutung seien. Insbesondere die Kenntnis von einer etwaigen Veräußerung des Grundbesitzes sowie der Löschung von Rechten war für die Durchsetzung seines Zahlungsanspruchs relevant.

Rechtliche Erwägungen und Abwägungsprozesse

Die rechtlichen Erwägungen des Gerichts basierten auf § 12 Abs. 1 der Grundbuchordnung (GBO), welcher die Grundbucheinsicht jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse nachweist. Das Gericht führte aus, dass neben rechtlichen Interessen auch tatsächliche, insbesondere wirtschaftliche Interessen ein solches berechtigtes Interesse begründen können, solange die Verfolgung unbefugter Zwecke ausgeschlossen ist. Die richterliche Abwägung zielte darauf ab, eine gerechte Balance zwischen dem Informationsanspruch des Antragstellers und dem Schutz der informationellen Selbstbestimmung anderer Betroffener zu finden.

Auswirkungen und Durchsetzung des Urteils

Durch die Entscheidung wurde dem Antragsteller nicht nur die Einsicht in das Grundbuch, sondern auch die Aushändigung einer Ablichtung des relevanten Kaufvertrags ermöglicht. Dies stellte einen wesentlichen Schritt zur Durchsetzung seiner wirtschaftlichen Ansprüche dar. Weiterhin wurde durch das Gericht eine strenge Prüfung der berechtigten Interessen bei der erweiterten Grundbucheinsicht betont, was künftige Fälle dieser Art beeinflussen könnte. Die Entscheidung setzt zudem ein klares Signal bezüglich der Anerkennung wirtschaftlicher Interessen im Kontext der Grundbucheinsicht, untermauert durch eine ausführliche juristische Begründung und die Beachtung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Beteiligten.


📌Schlüsselerkenntnisse zu diesem Urteil


Die zentrale Schlüsselerkenntnis aus dem Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg zur Grundbucheinsicht liegt in der Anerkennung und Bestätigung, dass das berechtigte Interesse an der Einsicht in das Grundbuch nicht nur durch rechtliche Interessen, sondern auch durch tatsächliche, insbesondere wirtschaftliche Interessen begründet werden kann, sofern diese sachlich gerechtfertigt und deutlich von Neugier oder der Verfolgung unbefugter Zwecke abgegrenzt sind.

Dies erweitert die Möglichkeit der Grundbucheinsicht über traditionelle rechtliche Ansprüche hinaus und ermöglicht es Personen mit nachweisbaren wirtschaftlichen Interessen, relevante Informationen aus dem Grundbuch zu erhalten, die für ihr künftiges Handeln erheblich sein können.


💡 FAQ zum Thema: Grundbucheinsicht


Was bedeutet „berechtigtes Interesse“ bei der Einsicht in das Grundbuch?

Ein berechtigtes Interesse im Sinne der Grundbuchordnung (GBO) ist gegeben, wenn eine Person ein nachvollziehbares und durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse an der Einsicht in das Grundbuch darlegen kann. Dieses Interesse muss über bloße Neugier hinausgehen und kann sowohl rechtlicher als auch wirtschaftlicher Natur sein. Das berechtigte Interesse dient als Schutzmechanismus, um die Privatsphäre der im Grundbuch eingetragenen Personen zu wahren und missbräuchliche Einsichtnahmen zu verhindern. Es muss konkret dargelegt werden, warum die Einsicht in das Grundbuch notwendig ist, und es muss ein direkter Bezug zum Grundbuchinhalt bestehen.

Ein berechtigtes Interesse kann beispielsweise vorliegen, wenn jemand Eigentümer eines Grundstücks ist oder ein rechtliches Verhältnis zum Grundstück hat, wie etwa eine Hypothek oder ein Wegerecht. Auch potenzielle Käufer eines Grundstücks oder Gläubiger, die Informationen über mögliche Sicherheiten benötigen, können ein berechtigtes Interesse nachweisen. Behörden, Notare und öffentlich bestellte Vermessungsingenieure haben aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit ebenfalls ein berechtigtes Interesse an der Grundbucheinsicht, ohne dieses im Einzelfall nachweisen zu müssen.

Das Grundbuchamt prüft im Einzelfall, ob ein berechtigtes Interesse vorliegt und ob die Einsichtnahme gewährt wird. Die Entscheidung darüber, ob ein berechtigtes Interesse besteht, hängt von der Darlegung der antragstellenden Person ab und ist im Einzelfall zu bewerten. Die Einsichtnahme in das Grundbuch ist somit nicht uneingeschränkt möglich, sondern an die Darlegung eines berechtigten Interesses gebunden, um den Schutz der im Grundbuch eingetragenen Personen zu gewährleisten.


Wie wird das berechtigte Interesse in der Praxis nachgewiesen?

Das berechtigte Interesse an der Einsicht in das Grundbuch wird in der Praxis durch verschiedene Dokumente und Nachweise belegt, die die Notwendigkeit und Rechtmäßigkeit des Interesses des Antragstellers untermauern. Gemäß § 12 Abs. 1 der Grundbuchordnung (GBO) muss jeder, der Einsicht in das Grundbuch nehmen möchte, ein solches Interesse glaubhaft machen. Dies kann auf unterschiedliche Weise erfolgen, je nachdem, in welchem Kontext die Einsichtnahme beantragt wird.

Nachweis durch rechtliche oder wirtschaftliche Beziehung zum Grundstück

Ein berechtigtes Interesse kann durch den Nachweis einer rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum betreffenden Grundstück oder zu den darauf eingetragenen Rechten dargelegt werden. Dies umfasst beispielsweise:

  • Eigentumsnachweise: Eigentümer eines Grundstücks haben grundsätzlich ein berechtigtes Interesse an der Einsicht in das Grundbuch ihres Eigentums.
  • Vertragsdokumente: Personen, die in Vertragsverhandlungen stehen oder rechtliche Schritte in Bezug auf ein Grundstück planen, können durch Vorlage entsprechender Vertragsentwürfe oder rechtlicher Dokumente ihr Interesse nachweisen.
  • Gerichtliche Dokumente: Im Falle rechtlicher Auseinandersetzungen, wie z.B. bei Erbstreitigkeiten oder Scheidungen, können gerichtliche Anordnungen oder andere relevante rechtliche Dokumente als Nachweis dienen.

Nachweis durch wirtschaftliche Interessen

Auch wirtschaftliche Interessen können ein berechtigtes Interesse begründen, insbesondere wenn finanzielle Transaktionen oder Sicherheiten betroffen sind:

  • Kreditverträge: Kreditgeber, die Grundstücke als Sicherheit für Darlehen verwenden, können durch Vorlage von Kreditverträgen oder Sicherungsabreden ihr berechtigtes Interesse nachweisen.
  • Bauvorhaben: Bauträger oder Architekten, die Bauvorhaben auf einem bestimmten Grundstück planen, können durch Vorlage von Baugenehmigungen oder Bauverträgen ihr Interesse belegen.

Sonderfälle

  • Behörden und Notare: Behörden, Notare und öffentlich bestellte Vermessungsingenieure benötigen aufgrund ihrer Amtsausübung oft keine gesonderte Darlegung eines berechtigten Interesses, da dieses durch ihre berufliche Funktion impliziert ist.

Praktische Schritte zur Darlegung

Um das berechtigte Interesse praktisch nachzuweisen, müssen Antragsteller in der Regel entsprechende Dokumente beim Grundbuchamt einreichen. Dies kann direkt vor Ort oder im Rahmen eines formellen Antragsverfahrens geschehen. Es ist wichtig, dass die vorgelegten Dokumente aktuell und relevant sind, um die Notwendigkeit der Einsichtnahme klar zu unterstreichen.

Insgesamt ist der Nachweis eines berechtigten Interesses ein zentraler Bestandteil des Verfahrens zur Gewährung der Einsicht in das Grundbuch. Er dient dem Schutz der Privatsphäre der im Grundbuch eingetragenen Personen und stellt sicher, dass nur berechtigte Anfragen bearbeitet werden.


Welche Informationen kann man durch die Einsicht in das Grundbuch erhalten?

Durch die Einsicht in das Grundbuch können verschiedene wichtige Informationen über ein Grundstück oder eine Immobilie eingesehen werden. Diese Daten sind entscheidend für rechtliche, finanzielle und wirtschaftliche Entscheidungen. Hier sind die spezifischen Informationen, die das Grundbuch typischerweise enthält:

  • Eigentumsverhältnisse: Das Grundbuch gibt Auskunft darüber, wer der aktuelle Eigentümer des Grundstücks oder der Immobilie ist. Dies ist besonders wichtig für den Kauf oder Verkauf von Immobilien, um die Eigentumsrechte zu klären.
  • Größe und Lage des Grundstücks: Diese Informationen umfassen die genaue geografische Beschreibung des Grundstücks, einschließlich Straßenname, Hausnummer, Flurstücknummer und Gemarkung. Diese Angaben sind entscheidend für Bauplanungen oder Erweiterungen bestehender Strukturen.
  • Belastungen und Beschränkungen: Im Grundbuch sind auch Rechte Dritter wie Hypotheken, Grundschulden, Wegerechte oder Dienstbarkeiten eingetragen. Diese Informationen sind wichtig für Kreditgeber und Investoren, um die Sicherheiten und Risiken einer Immobilienfinanzierung zu bewerten.
  • Rechte wie Nießbrauch oder Wohnrechte: Solche Rechte können die Nutzung des Grundstücks durch den Eigentümer einschränken und sind daher für potenzielle Käufer und Erben von Bedeutung.
  • Vormerkungen und Widersprüche: Diese Einträge können auf schwebende rechtliche Verfahren oder geplante Transaktionen hinweisen, die noch nicht abgeschlossen sind. Sie sind entscheidend für die Rechtssicherheit bei Immobilientransaktionen.

Die Einsicht in das Grundbuch ist daher für eine Vielzahl von Akteuren von Bedeutung, darunter Immobilienkäufer, Verkäufer, Erben, Kreditgeber und Investoren, um nur einige zu nennen. Sie ermöglicht es diesen Parteien, fundierte Entscheidungen auf der Basis vollständiger und verlässlicher Informationen zu treffen.


Welche rechtlichen Folgen hat die unbefugte Einsichtnahme in das Grundbuch?

Die unbefugte Einsichtnahme in das Grundbuch oder die unbefugte Weitergabe von Informationen, die durch eine Grundbucheinsicht erlangt wurden, kann erhebliche rechtliche Folgen nach sich ziehen. Gemäß § 12 Abs. 1 der Grundbuchordnung (GBO) ist die Einsicht in das Grundbuch nur Personen gestattet, die ein berechtigtes Interesse darlegen können. Die unbefugte Weitergabe von Informationen aus dem Grundbuch stellt insbesondere einen Verstoß gegen diese Vorschrift dar.

Für Notare, die unbefugt Grundbuchdaten weitergeben, ist dies durch gefestigte Rechtsprechung und § 133 Abs. 3 GBO sanktionsbewährt. Dies bedeutet, dass Notare, die gegen diese Regelung verstoßen, mit disziplinarischen Maßnahmen oder sogar strafrechtlichen Konsequenzen rechnen müssen. Obwohl der Text spezifisch Notare erwähnt, dürfte der Grundsatz der Sanktionierung unbefugter Weitergaben analog auch für behördliche Einsichtnahmen gelten, da dies der Ratio des § 12 GBO entspricht.

Die unbefugte Einsichtnahme oder Weitergabe von Grundbuchdaten kann somit zu rechtlichen Sanktionen führen, die von berufsrechtlichen Maßnahmen bis hin zu strafrechtlichen Konsequenzen reichen können. Dies unterstreicht die Bedeutung des Schutzes der im Grundbuch eingetragenen Personen und ihrer Daten sowie die Notwendigkeit, die Vorgaben der Grundbuchordnung strikt einzuhalten.


Wie schützt das Gesetz die Informationen im Grundbuch vor Missbrauch?

Die Informationen im Grundbuch sind durch verschiedene rechtliche und organisatorische Maßnahmen geschützt, um Missbrauch und unbefugten Zugriff zu verhindern. Diese Schutzmechanismen sind entscheidend, um die Integrität und Vertraulichkeit der im Grundbuch enthaltenen Daten zu gewährleisten.

  • Berechtigtes Interesse: Der wichtigste Schutzmechanismus ist das Erfordernis eines berechtigten Interesses für die Einsichtnahme in das Grundbuch. Gemäß § 12 der Grundbuchordnung (GBO) muss jeder, der Einsicht in das Grundbuch nehmen möchte, ein berechtigtes Interesse nachweisen. Dies verhindert, dass Personen aus Neugier oder anderen unbefugten Gründen Zugang zu den Informationen erhalten.
  • Begrenzter Zugang: Der Zugang zum Grundbuch ist nicht öffentlich und wird streng kontrolliert. Nur bestimmte Personen und Behörden, wie Notare, Gerichte und öffentlich bestellte Vermessungsingenieure, haben unter bestimmten Voraussetzungen Zugriff auf das Grundbuch.
  • Datenschutzgesetze: Die im Grundbuch enthaltenen Informationen unterliegen den Datenschutzgesetzen, die den Umgang mit personenbezogenen Daten regeln. Diese Gesetze stellen sicher, dass die Daten nur für rechtmäßige Zwecke verwendet und nicht missbräuchlich behandelt werden.
  • Verschlüsselung und Sicherheitsmaßnahmen: Moderne Informationstechnologien werden eingesetzt, um das Grundbuch elektronisch zu führen und zu sichern. Dazu gehören Verschlüsselungstechniken und andere Sicherheitsmaßnahmen, die den unbefugten Zugriff auf die Daten verhindern.
  • Rechtliche Konsequenzen bei Missbrauch: Personen, die unbefugt Informationen aus dem Grundbuch verwenden oder weitergeben, können rechtlich belangt werden. Dies umfasst sowohl zivilrechtliche als auch strafrechtliche Konsequenzen.

Diese Schutzmechanismen sind entscheidend, um die Vertraulichkeit der im Grundbuch enthaltenen Informationen zu wahren und Missbrauch zu verhindern. Sie tragen dazu bei, das Vertrauen in das System der Grundbuchführung zu stärken und die Rechte der im Grundbuch eingetragenen Personen zu schützen.


§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 12 Abs. 1 Grundbuchordnung (GBO): Dieser Paragraph regelt die allgemeine Zugänglichkeit des Grundbuchs für jeden, der ein berechtigtes Interesse nachweisen kann. Im vorliegenden Fall war es entscheidend, zu bestimmen, ob der Antragsteller ein solches berechtigtes Interesse vorweisen konnte, das über bloße Neugier hinausgeht. Dies beinhaltet sowohl rechtliche als auch tatsächliche, insbesondere wirtschaftliche Interessen.
  • § 12 Abs. 3 GBO: Spezifiziert die erweiterte Grundbucheinsicht, einschließlich der Einsichtnahme in die Grundakten, was im Fall von der Kenntniserlangung des Kaufpreises relevant ist. Dieser Paragraph wurde zitiert, um zu verdeutlichen, dass auch die Kenntnis von wirtschaftlich relevanten Daten wie Kaufpreisen unter bestimmten Umständen ein berechtigtes Interesse darstellen kann.
  • § 12c Abs. 4 GBO: Dieser Paragraph wurde in Bezug auf die zulässige Beschwerde gegen Entscheidungen des Grundbuchamtes genannt. Er zeigt auf, wie formelle Verfahren innerhalb des Grundbuchwesens funktionieren und welche Rechtsmittel den Betroffenen zur Verfügung stehen.
  • Informationelles Selbstbestimmungsrecht: Dieses Recht spielt eine wesentliche Rolle bei der Einschränkung des Zugangs zu persönlichen Daten und ist im Kontext der Grundbucheinsicht von Bedeutung. Es dient dem Schutz der Daten der im Grundbuch eingetragenen Personen und begrenzt die Möglichkeiten der Einsichtnahme auf Fälle, in denen ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht wird.
  • Rechtsprechung zu Grundbucheinsichten: Verschiedene Entscheidungen der Oberlandesgerichte (z.B. OLG Frankfurt, OLG Düsseldorf) verdeutlichen die Anwendung und Auslegung der rechtlichen Bestimmungen zur Grundbucheinsicht. Diese Rechtsprechung stellt sicher, dass die Gerichte konsequent entscheiden und dabei die berechtigten Interessen der Antragsteller gegen die schützenswerten Interessen der im Grundbuch Eingetragenen abwägen.


⬇️ Das vorliegende Urteil vom Oberlandesgericht Oldenburg


Oberlandesgericht Oldenburg – Az.: 12 W 261/13 (GB) – Beschluss vom 30.09.2013

Amtlicher Leitsatz

1. Ein berechtigtes Interesse an der Einsicht des Grundbuchs i.S.v. § 12 Abs. 1 GBO liegt nicht nur bei einem rechtlichen Interesse des Antragstellers vor, das sich auf ein bereits vorhandenes Recht oder konkretes Rechtsverhältnis stützen kann, sondern auch bei einem bloß tatsächlichen, insbesondere wirtschaftlichen Interesse, wenn die Kenntnis vom Grundbuch stand für den Antragsteller aus sachlichen Gründen für sein künftiges Handeln erheblich erscheint und reine „Neugier oder die Verfolgung unbefugter Zwecke ausgeschlossen ist (Anschluss an OLG Frankfurt vom 17.02.2011, Az. 20 W 72/11, RPfl 2011, 430).

2. Dies gilt auch für die Kenntniserlangung von einem Kaufpreis durch erweiterte Grundbucheinsicht in die Grundakten gem. § 12 Abs. 3 GBO (Anschluß an OLG Düsseldorf vom 15.10.2010, 20 W 399/10, FGPrax 2011, 58; OLG Stuttgart vom 28.09.2010, 8 W 412/10. FGPrax 2010, 324; OLG Dresden vom 03.12.2009, 3 W 1228/09, RPfl 2010, 209).

3. Hat der Antragsteller einen Zahlungsanspruch gegen den früheren Miteigentümer und Grundbesitz konkret dargelegt und durch Vorlage des zugrundeliegenden Vertrages belegt, hat er ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse an der Einsicht in das Grundbuch (Abt. I und II) und an der Erteilung einer Ablichtung des mit dem neuen Eigentümer abgeschlossenen Kaufvertrags.


In der Grundbuchsache hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg am 30. September 2013 beschlossen:

Auf die Beschwerde des Antragstellers vom 12.09.2013 wird der Beschluss des Rechtspflegers des Amtsgerichts Osnabrück vom 09.09.2013 aufgehoben.

Das Amtsgericht Osnabrück wird angewiesen, dem Antragsteller Einsicht in Abt I und II des Grundbuches zu gewähren und aus der Grundakte eine Ablichtung des Kaufvertrages, mit dem die Beteiligten zu 2. und 3. den Grundbesitz veräußert haben, zu erteilen.

Der Beschwerdewert wird auf bis zu 300,- EUR festgesetzt.

Gründe

Die nach §§ 12c Abs. 4, 71, 73 GBO zulässige Beschwerde hat im erkannten Umfang Erfolg. Der Antragsteller hat ein berechtigtes Interesse an der beantragten Einsicht in Abt. I und II des Grundbuches sowie an der Erteilung der begehrten Ablichtung des Kaufvertrages aus der Grundakte.

Nach § 12 Abs. 1 GBO ist die Einsicht des Grundbuches jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Ein solches berechtigtes Interesse ist gegeben, wenn zur Überzeugung des Grundbuchamtes ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse des Antragstellers dargetan wird, das sich im Unterschied zum rechtlichen Interesse nicht auf ein bereits vorhandenes Recht oder konkretes Rechtsverhältnis stützen muss, sondern auch mit einem bloß tatsächlichen, insbesondere wirtschaftlichen Interesse begründet werden kann (vgl. Schöner/Stöber Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rn. 525 ; OLG Frankfurt, Rpfleger 2011, 430f, jeweils m.w.Nachw.). Dabei genügt nicht jedes beliebige Interesse; vielmehr muss die Verfolgung unbefugter Zwecke oder reiner Neugier ausgeschlossen werden und die Kenntnis vom Grundbuchstand für den Antragsteller aus sachlichen Gründen für sein künftiges Handeln erheblich erscheinen (vgl. BayObLG Rpfleger 1998, 338 [BayObLG 25.03.1998 – 2 Z BR 171/97]; KG NJW-RR 2004, 1316 [KG Berlin 20.01.2004 – 1 W 294/03]; OLG Frankfurt a.a.O..). Diese Voraussetzungen gelten gleichermaßen auch für die auf eine Kenntniserlangung von einem Kaufpreis abzielende „erweiterte“ Grundbucheinsicht in die Grundakten gemäß § 12 Abs. 3 GBO i.V.m. § 46 Abs. 1 GBVfg (vgl. OLG Dresden, RPf leger 2010, 209f). Da die Information über einen vereinbarten Kaufpreis nicht zu dem Grundbuchinhalt gehören, auf dessen Publizität § 12 Abs. 1 GBO zielt, ist bei der Einsicht in die Grundakte hier jedoch – mit Rücksicht auf das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Kaufvertragsparteien – eine besonders sorgfältige und strenge Prüfung des berechtigten Interesses erforderlich (vgl. OLG Dresden a.a.O..; OLG Stuttgart FGPrax 2010, 324). Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die in ihrem informationellen Selbstbestimmungsrecht betroffenen eingetragenen Berechtigten vor der Gewährung der Grundbucheinsicht nicht angehört werden und ihnen von der Rechtsprechung auch kein Beschwerderecht gegen die Gewährung der Einsicht zugebilligt wird (vgl. OLG Düsseldorf FGPrax 2011, 58 [OLG Düsseldorf 08.10.2010 – I-3 Wx 209/10]; OLG Dresden, a.a.O..; OLG Frankfurt a.a.O..).

In Anwendung dieser Grundsätze ist dem Antragsteller hier die Einsicht in das Grundbuch (Abt. I und II) zu gewähren und eine Ablichtung des von den Beteiligten zu 2. und 3. geschlossenen Kaufvertrages zu erteilten. Der Antragsteller hat dargetan und durch Vorlage des entsprechenden Vertrages vom 12.02.2002 belegt, dass ihm gegen den Beteiligten zu 2. als (früheren) Miteigentümer des betroffenen Grundbesitzes ein konkreter Zahlungsanspruch in Höhe von einem Drittel des Verkehrswertes des Grundbesitzes zusteht, wenn ein zugunsten der gemeinsamen Mutter der Beteiligten eingetragenes Nießbrauchsrecht erlischt. Der Antragsteller hat damit ein nach allgemeiner Ansicht verständiges (nachvollziehbares) wirtschaftliches Interesse daran, von einer etwaigen Veräußerung des Grundbesitzes sowie einer Löschung des eingetragenen Nießbrauchsrechts, dem Zeitpunkt einer solchen Löschung und dem im Rahmen einer Veräußerung gezahlten Kaufpreis Kenntnis zu erlangen. Mit der konkreten Darlegung des Zahlungsanspruches und der Vorlage des zugrunde liegenden Vertrages hat der Antragsteller daher ein berechtigtes Interesse an der Grundbucheinsicht und an der Erteilung der begehrten Ablichtung des Kaufvertrages in ausreichendem Maße nachgewiesen

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Wie können wir Ihnen helfen?

Gerne können uns Ihr Anliegen in einem persönlichen Gespräch in unseren Kanzleiräumen in Kreuztal, bei einem Hausbesuch bei Ihnen, in einem persönlichen Telefonat oder auch per E-Mail schildern.

Möchten Sie einen Termin mit Herrn Rechtsanwalt und Notar Dr. Gerd Christian Kotz vereinbaren? Sie können mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in unserer Kanzlei Beurkundungstermine oder Besprechungstermine per Email, Telefon oder Telefax vereinbaren.

Notar Dr. Kotz - Beratung

Rechtstipps und Ratgeber

Interessante Urteile mit notarieller Relevanz

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!