OLG Dresden – Az.: 17 W 694/11 – Beschluss vom 16.08.2011
Auf die Beschwerde der Erstbeteiligten wird die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes Riesa vom 24.06.2011 (ZH-781-12) aufgehoben.
Gründe
I.
Das Grundbuchamt soll zugunsten der Drittbeteiligten eine Grundschuld registrieren, die die Viertbeteiligte bestellte und deren Eintrag sie bewilligte. Erklärtermaßen tat sie dies nicht im eigenen, sondern im Namen von Erst- und Zweitbeteiligter, der derzeitigen und der als solcher vorgemerkten künftigen Grundstückseignerin. Die dazu dem Grundbuchamt bereits vorliegende, im notariellen Kaufvertrag erteilte Vollmacht ermächtigt die „jeweiligen Angestellten des Notars“ und kann nur vor diesem ausgeübt werden. In der nun eingereichten Grundschuldbestellungsurkunde des (nämlichen) Notars, der im Kaufvertrag von den Vertragsparteien bevollmächtigt ist, alle zu dessen Vollzug erforderlichen Erklärungen entgegenzunehmen und abzugeben, heißt es zur Viertbeteiligten: „Heute … erschien … meine Notariatsangestellte …“.
Dem grundbuchamtlichen Rechtspfleger ist das nicht eindeutig genug. Die Vollmacht sei nicht verwendbar, weil sie den Bevollmächtigten nicht beim Namen nenne. Erst- und Zweitbeteiligte müssten daher die Grundschuldbestellung genehmigen.
Das sieht die (vom Urkundsnotar vertretene) Erstbeteiligte anders. Sie stellt daher die grundbuchamtliche Zwischenverfügung im Wege der Beschwerde zur Überprüfung durch den Senat. Zu deren Begründung verweist sie auf einen Zeitschriftenbeitrag.
II.
Die nach §§ 71 Abs. 1, 18 Abs. 1 S. 1 GBO statthafte, den förmlichen Vorgaben des § 73 GBO Rechnung tragende und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat Erfolg. Das vom Grundbuchamt angenommene Eintragungshindernis besteht nicht. Die Zwischenverfügung war damit grundlos. Das bedingt deren Aufhebung. Mehr allerdings nicht; denn der Eintragungsantrag selbst ist nicht Gegenstand der Beschwerde.
Neben der Grundschuld soll der zu deren Gunsten von der Zweitbeteiligten erklärte Rangrücktritt registriert werden. Nicht zu beanstanden ist demnach, dass das Grundbuchamt zum beantragten „Gesamtvollzug der Grundschuldbestellungsurkunde“ die Bewilligung/Genehmigung auch der Zweitbeteiligten verlangt. Denn diese ist als Berechtigte der Eigentumsvormerkung vermerkt, die im Rang hinter die Grundschuld zurücktreten soll.
Ebenso wie bei der Erstbeteiligten, die als Grundstückseignerin von dem Grundschuldeintrag betroffen wäre und demnach diesen bewilligen muss (§ 19 GBO), ist aber keine „Nachgenehmigung“ nötig. Mit den eingereichten Urkunden ist vielmehr die (rechtsgeschäftliche) Vertretungsmacht der Viertbeteiligten – in grundbuchmäßiger Form – nachgewiesen.
Hat, wie hier, ein Vertreter grundbuchrechtlich relevante Erklärungen abgegeben, setzt der Grundbuchvollzug den Nachweis der Vertretungsmacht voraus. Das ist anerkannt und einsichtig, weil dem Vertretenen die Erklärungen des Vertreters nur unter dieser Voraussetzung gleichsam als eigene zugerechnet werden und nur so eine Bewilligung des nach § 19 GBO Berechtigten vorliegt, § 164 Abs. 1 S. 1 BGB. Vorliegend wäre also nachzuweisen, dass der Viertbeteiligten von der Erst- und der Zweitbeteiligten eine Vollmacht erteilt wurde und diese Vollmacht noch bestand, als die Viertbeteiligte die Erklärung zur Eintragungsbewilligung abgab bzw. diese Erklärung dem Grundbuchamt zuging (der insofern maßgebliche Zeitpunkt ist seit einiger Zeit streitig, dazu etwa Schöner/Stöber, GBR, 14. Aufl., Rn. 102e).
Die Anforderungen an den Nachweis bestimmt § 29 Abs. 1 GBO. Hiernach sind Abgabe und Zugang der Erklärung i.S.v. § 167 Abs. 1 BGB durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachzuweisen. Der Fortbestand der so begründeten Vertretungsmacht, also das Nichtvorliegen von Gründen zu deren Erlöschen, unterfällt hingegen, weil „andere Voraussetzung“, dem Satz 2 zu § 29 Abs. 1 GBO. Da sich dergleichen urkundlich nicht belegen lässt, Vertreterhandeln aber auch bei Grundstücksgeschäften erwünscht ist, zumal dort nirgends verboten, werden u.a. die §§ 171 Abs. 2, 172 Abs. 2 BGB bemüht. Mit ihnen, so liest man (sinngemäß) bisweilen, lasse sich der Fortbestand der Vollmacht grundbuchtauglich nachweisen.
An Letzteres anknüpfend wurde in einem dem vorliegenden Fall vergleichbaren vom Frankfurter Oberlandesgericht der Vollmachtsnachweis verneint. Zwar helfe in der Regel bei Angestelltenvollmachten § 171 Abs. 2 BGB. Er passe aber nicht, weil die ihm zugrunde liegende Mitteilung/Bekanntmachung i.S.v. § 171 Abs. 1 BGB allgemeiner Ansicht nach die namentliche Bezeichnung des Bevollmächtigten voraussetze. Und diese fehle, seien, wie hier, nur die „jeweiligen Angestellten des Notars“ bevollmächtigt (B. v. 11.10.07, 20-W-150/07).
Das beurteilt der Senat anders. Zwar ergaben auch seine Recherchen, dass zumindest überwiegend und jedenfalls für den Regelfall die namentliche Bezeichnung des Bevollmächtigten in der von § 171 Abs. 1 BGB erwähnten Mitteilung verlangt wird. Auch will er dieses Erfordernis nicht in Frage stellen, wenngleich dessen Notwendigkeit nirgends erläutert ist. Für die hier allein maßgebliche Frage, ob der Bestand der Vertretungsmacht grundbuchtauglich nachgewiesen ist, kommt es aber nicht auf die einzelnen Voraussetzungen des § 171 BGB an. Dieser enthält, wie § 173 BGB zeigt, einen Fall der Rechtsscheinshaftung. Auf eine nur scheinbare Vertretungsmacht kommt es im Grundbuchverkehr nicht an. Der Vollmachtsnachweis für das Grundbuchamt kann deshalb nicht auf den Nachweis der Voraussetzungen des § 171 BGB gestützt werden. Entscheidend ist hierzu vielmehr der Erfahrungssatz, dass eine Vollmacht besteht, solange sie nicht in der Weise, wie sie kundgegeben wurde, widerrufen ist. Mit Hilfe dieses „Erfahrungssatzes“ ist dem Grundbuchamt, ging ihm kein Widerruf zu, i.S.v. § 29 Abs. 1 S. 2 GBO offenkundig, dass die erteilte Vollmacht bei Abgabe/Eingang der die Grundschuldeintragung bewilligenden Erklärung noch bestand, zumal für anderweitige Erlöschensgründe meist nicht der geringste Anhalt besteht.
Hier wurde, über den Notar, dem Grundbuchamt die Vollmacht kundgegeben, schon durch Einreichung der ersten Urkunde. Ein Widerruf erreichte das Grundbuchamt ebenso wenig wie es Anzeichen für sonstige Erlöschensgründe gibt. Dem Grundbuchamt ist daher der Bestand der Vollmacht offenkundig, wenn sie denn nur wirksam erteilt wurde.
Die zwischen Rechtspfleger und Urkundsnotar kontrovers diskutierte (und in Spruch- und Schrifttum nur spärlich behandelte) Problematik der „Angestelltenvollmacht ohne namentliche Bezeichnung“ liegt nach Ansicht des Senats (regelmäßig und hier) also nicht beim Nachweis zum Fortbestand, sondern bei dem zur Erteilung der Vollmacht. Auch diesen hält der Senat für geführt, durch Vorlage der beiden Notarurkunden.
Die erste Urkunde belegt die Abgabe der Erklärungen zur Vollmachtserteilung, die zweite deren Zugang bei der Viertbeteiligten. Die Formulierung der ersten „die jeweiligen Notarangestellten“ ist zwar unbestimmt, aber auslegungsfähig, mit dem eindeutigen Ergebnis, dass die Damen und/oder Herren bevollmächtigt wurden, die bei Vornahme des Vertretergeschäfts Angestellte des Notars sind. Allein damit erklärt sich, warum die Vollmachtserklärung die Angestellten nicht beim Namen nennt. Nur so erhält die Erklärung ihren rechtlich maßgebenden Sinn, dessen Ermittlung Ziel jeder Auslegung nach Maßgabe des dazu einschlägigen § 133 BGB ist.
Dass schließlich die Viertbeteiligte zu diesen Angestellten des Urkundsnotars zählt, folgt aus der die zweite Urkunde einleitenden Bemerkung. Diese ist, auch nach Maßgabe der strengen grundbuchrechtlichen Anforderungen, ausreichend. Zum einen hat die dem Notar nach §§ 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 10 Abs. 2 S. 1 BeurkG obliegende Identifizierung der Beteiligten, anders lässt sich diese Vorgabe nicht erklären, gerade den Zweck, für den Rechtsverkehr verlässlich zu klären, welche rechtliche Erklärung von welcher Person abgegeben wurde. Zu einer solchen Identifizierung zählt auch die hier maßgebliche Feststellung zur „Angestellteneigenschaft“ der Viertbeteiligten. Und zum anderen ist diese Gegenstand eigener Wahrnehmung des Notars, was die vorliegende Situation von der unterscheidet, in der der Notar Berufsangaben von Beteiligten nicht überprüfen kann und deshalb auf solche verzichten soll (dazu etwa Limmer in Eylmann/Vaasen, BNotO/BeurkG, 3. Aufl., Rn. 5 zu § 10 BeurkG m.Nw.; zur „eigenen Wahrnehmung des Notars“ vgl. auch BGH NJW 1963, 1010, 1012).
Auch im Übrigen gibt es weder Anlass noch Rechtfertigung, eine „Nachgenehmigung“ der Erst- und der Zweitbeteiligten zu verlangen. Es mag sein, dass Angestelltenvollmachten berufsrechtlich zweifelhaft sind, wenn mit ihnen eine Grundschuld bestellt wird, die der kaufende Verbraucher zur Finanzierung des Kaufpreises benötigt (§ 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 1 BeurkG). Für den Grundbucheintrag ist dies ohne Belang. Namentlich wird nirgends angenommen, eine solche Vollmacht sei nach § 134 BGB unwirksam. Auch der Senat sieht nichts, was dafür spräche.
Weitere Entscheidungen sind nicht nötig, zumal Beteiligte mit gegenläufigen Interessen fehlen. So erübrigt sich auch die Zulassung der Rechtsbeschwerde.