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Belastungsvollmacht Grundstücksverkäufer für Käufer – Finanzierungsgrundschuld

KG Berlin – Az.: 1 W 338/17 – Beschluss vom 27.02.2018

Punkt 2 der Zwischenverfügung wird aufgehoben.

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 1 veräußerte der Beteiligten zu 2 am 10. April 2017 zur UR-Nr. B …/2… des Notars Dr. E… B… in B… das im Beschlusseingang bezeichnete Wohnungseigentum. Unter § 10 “Belastungsvollmacht” der Urkunde verpflichtete sich die Beteiligte zu 1 bei der Bestellung von Grundschulden vor Eigentumsumschreibung mitzuwirken. U.a. heißt es in der Urkunde wörtlich:

“Der Verkäufer bevollmächtigt den Käufer, Grundschulden zulasten des Vertragsgegenstandes nebst Zinsen und Nebenleistungen für ein Kreditinstitut oder Versicherung mit Sitz im Inland auch schon vor der Eigentumsumschreibung vor dem beurkundenden Notar zu bestellen und dabei den jeweiligen Eigentümer dinglich der sofortigen Zwangsvollstreckung zu unterwerfen. Der Käufer ist befugt, alle zur Eintragung und dinglichen Absicherung erforderlichen Erklärungen und Bewilligungen, auch zum Rang, abzugeben. Der Käufer hat die persönliche Schuld sowie die Kosten allein zu übernehmen.”

Am 31. Mai 2017 bewilligte die Beteiligte zu 2 zur UR-Nr. B …/2… des Notars Dr. E… B… in B… die Eintragung einer Grundschuld in dem im Beschlusseingang bezeichneten Grundbuch. Punkt 2 der Urkunde enthält die dingliche Zwangsvollstreckungsunterwerfung. Die persönliche Haftung für die Zahlung des Darlehens übernahm unter Punkt 3 der Urkunde nicht die Beteiligte zu 2, sondern eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die sich zugleich der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde in ihr gesamtes Vermögen unterwarf.

Unter dem 2. Juni 2017 hat der Urkundsnotar unter Beifügung der Urkunde vom 31. Mai 2017 die Eintragung der Grundschuld im Grundbuch beantragt. Das Grundbuchamt hat mit Verfügung vom 8. Juni 2017 unter Fristsetzung darauf hingewiesen, dass die Genehmigung der Beteiligten zu 1 erforderlich sei, da die Belastungsvollmacht unter der Bedingung erteilt worden sei, der Käufer habe die persönliche Schuld und die Kosten allein zu übernehmen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde vom 13. Juni 2017, der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 29. Juni 2017 nicht abgeholfen hat.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig, § 71 Abs. 1 GBO. Beschwerdeführerin ist allein die Beteiligte zu 2, auch wenn der Notar nicht angegeben hat, in wessen Namen das Beschwerdeverfahren geführt wird. Grundsätzlich sind dann alle Antragsberechtigten als Beschwerdeführer anzusehen, wenn sich aus den Umständen nicht zweifelsfrei etwas anderes ergibt (Demharter, GBO, 30. Aufl., § 15, Rdn. 20). Letzteres ist hier der Fall, da sich die Beteiligte zu 2 in der UR-Nr. B 613/2017 verpflichtet hat, die Kosten für die Belastung des Grundstücks allein zu tragen.

Gegenstand der Beschwerde ist lediglich Punkt 2 der Zwischenverfügung. Gegen den unter Punkt 1 erforderten Kostenvorschuss wendet sich die Beteiligte zu 2 nicht, er ist inzwischen auch gezahlt worden.

2. Die Beschwerde ist begründet. Das von dem Grundbuchamt aufgezeigte Eintragungshindernis besteht nicht, sodass die Zwischenverfügung insofern nicht veranlasst war, § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GBO.

a) Die Eintragung einer Grundschuld erfolgt auf Antrag, § 13 Abs. 1 S. 1 GBO, wenn sie derjenige, dessen Recht von ihr betroffen wird, bewilligt, § 19 GBO. Die Bewilligung muss nicht persönlich abgegeben werden. Sie kann auch von einem Vertreter erklärt werden. In diesem Fall ist dem Grundbuchamt dessen Vertretungsmacht in der Form des § 29 Abs. 1 GBO nachzuweisen. Dabei hat das Grundbuchamt die Wirksamkeit und den Umfang einer erteilten Vollmacht selbstständig zu prüfen, auch wenn der Urkundsnotar die Vollmacht für ausreichend angesehen hat (BGH, NJW-RR 2016, 1295; Demharter, a.a.O., § 19 Rdn. 74.1). Bei einer bedingt erteilten Vollmacht hat sich die Prüfung auch auf den Eintritt der Bedingung zu erstrecken (OLG Köln, FGPrax 2007, 102, 103; Demharter, a.a.O.).

Vorliegend wirkt die von der Beteiligten zu 2 erklärte Bewilligung für und wider die Beteiligte zu 1, § 164 Abs. 1,167 Abs. 1 BGB. Das folgt aus der zur UR-Nr. B …/2… von der Beteiligten zu 1 erteilten Belastungsvollmacht. Die von dem Grundbuchamt angenommene Bedingung besteht nicht.

b) Der Umfang von Vollmachten ist der Auslegung, § 133 BGB, zugänglich. Bei der Auslegung von Vollmachten im Grundbuchverkehr ist wie bei derjenigen von Grundbucheintragungen von Wortlaut und Sinn auszugehen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt (Demharter, a.a.O., Rdn. 75 und 28). Auf die Auslegung kann nur zurückgegriffen werden, wenn sie zu einem zweifelsfreien und eindeutigen Ergebnis führt (BGH, MittBayNot 1995, 122, 123; Senat, Beschluss vom 6. April 2017 – 1 W 169/17 – FGPrax 2017, 149, 150). Ist das nicht möglich, so gilt der Grundsatz, dass der geringere Umfang anzunehmen ist, sofern dieser sich eindeutig feststellen lässt (OLG München, NJW-RR 2011, 524, 525; BayObLG, DNotZ 1997, 475, 476; Hertel, in: Meikel, GBO, 11. Aufl., § 29, Rdn. 67).

Die Auslegung der verfahrensgegenständlichen Belastungsvollmacht führt hier zu dem eindeutigen Ergebnis, dass die Beteiligte zu 1 die Übernahme der persönlichen Schuld durch die Beteiligte zu 2 nicht zur Bedingung der Verwendung der Vollmacht machen wollte. Des von dem Grundbuchamt vorgenommenen Rückgriffs auf einen geringeren Umfang der Vollmacht bedarf es deshalb nicht.

c) Nach den zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen vom 10. April 2017 beschränkt sich die Mitwirkung der Beteiligten zu 1 bei der Finanzierung des von der Beteiligten zu 2 aufzubringenden Kaufpreises auf die Bestellung von Grundschulden vor Eigentumsumschreibung, vgl. § 10 Abs. 1 der UR-Nr. B …/2… . Nur insoweit und wegen der dinglichen Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärung gem. § 800 Abs. 1 ZPO bedurfte die Beteiligte zu 2 einer zur Vertretung der Beteiligten zu 1 berechtigenden Vollmacht. Die Entstehung der Grundschuld erfordert neben der Eintragung im Grundbuch die Einigung zwischen dem Gläubiger und dem Eigentümer, § 873 Abs. 1 BGB. Auch die Erklärung gem. § 800 Abs. 1 ZPO hat der Eigentümer abzugeben. Das ist vor Eigentumsumschreibung die Beteiligte zu 1.

Demgegenüber erfolgt die von den Gläubigerbanken regelmäßig mit der Grundschuldbestellung zur Bedingung des Sicherungsvertrags gemachte Übernahme der persönlichen Haftung regelmäßig durch den Erwerber im eigenen Namen (Hertel, in: Würzburger Notarhandbuch, 5. Aufl., Teil 2 Kap. 2, Rdn. 426). Lediglich klarstellend wird deshalb in der notariellen Praxis die Aufnahme einer Klausel empfohlen, wonach der Verkäufer keinerlei persönliche Zahlungsverpflichtungen im Zusammenhang mit der Bestellung der Grundschuld übernimmt (Hertel, a.a.O.; Everts, in: Beck‘sches Notarhandbuch, 6. Aufl., A.I. Rdn. 271 und 278; Ertl, MittBayNot 1989, 53, 61, 63). Teilweise wird dies für überflüssig erachtet (Kesseler, DNotZ 2017, 651, 664). In diesem Zusammenhang wird dann ergänzend die Freistellung des Verkäufers von allen Kosten und sonstigen Folgen der Grundschuldbestellung durch den Käufer geregelt (Hertel, a.a.O.; Everts, a.a.O.; Ertl, a.a.O., 63).

Die vorliegende Vertragsgestaltung unterscheidet sich hiervon nur dadurch, dass nicht (negativ) ein Ausschluss der persönlichen Haftung der Beteiligten zu 1, sondern (positiv) die Übernahme der persönlichen Schuld durch die Beteiligte zu 2 angesprochen wird. Im Ergebnis bedeutet dies aber keine von voranstehend dargestellten Mustern inhaltlich abweichende Regelung. Das abstrakte Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis, §§ 780, 781 BGB, dient dem Gläubiger als zusätzliches Sicherungsmittel neben der Grundschuld (Behmer, in: Münchener Vertragshandbuch, 7. Aufl., VIII. 30., Rdn. 14). Für den Verkäufer ist es regelmäßig ohne Bedeutung, weil die Haftung aus der Grundschuld insoweit nicht nachrangig ist. Das gilt auch vorliegend. Die Belastungsvollmacht ist mit keiner Bedingung verknüpft, die finanzierende Bank zu verpflichten, zunächst gegen die Beteiligte zu 2 persönlich zu vollstrecken.

Darüber hinaus spricht auch die Verbindung der persönlichen Schuldübernahme mit der Verpflichtung der Beteiligten zu 2, die Kosten allein zu übernehmen, in einem Satz dafür, dass die Beteiligten insoweit keine Einschränkung der Belastungsvollmacht beabsichtigt haben. Verkäufer und Käufer haften dem Notar gegenüber zwingend gesamtschuldnerisch, §§ 32 Abs. 1,125 GNotKG; eine Entlassung des Verkäufers im Außenverhältnis kommt nicht in Betracht (Bornmann, in: Korintenberg, GNotKG, 20. Aufl., § 125, Rdn. 3). Damit kann es keinem Zweifel unterliegen, dass die Regelung zur Übernahme der Kosten durch die Beteiligte zu 2 allein das Innenverhältnis zwischen den Beteiligten betrifft. Für die im selben Satz geregelte Verpflichtung zur Übernahme der persönlichen Schuld kann dann nichts anderes gelten. Ansonsten hätte es nahegelegen, insofern getrennte Regelungen zu formulieren. Hier sind sie aber sogar sprachlich miteinander verbunden worden (“die persönliche Schuld sowie die Kosten”).

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