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Auslegung einer Auflassungserklärung zur Übertragung von Miteigentumsanteilen

OLG Frankfurt – Az.: 20 W 166/18 – Beschluss vom 03.09.2018

Die angefochtene Zwischenverfügung vom 14.03.2018/30.04.2018 wird aufgehoben.

Gründe

I.

Die Antragsteller sind in den oben bezeichneten Grundbüchern, Blatt X und Y, jeweils zu 1/2 als Eigentümer des dort verzeichneten Grundbesitzes eingetragen. Darüber hinaus sind sie im oben bezeichneten Grundbuch Blatt Z zu je 1/44 als Eigentümer des dort verzeichneten Grundbesitzes eingetragen.

Zur notariellen Urkunde des Verfahrensbevollmächtigten vom 15.02.2018, UR-Nr. A/2018 (Bl. 6/2 ff. der Grundakte), auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, haben die miteinander verheirateten Antragsteller eine Scheidungsfolgenvereinbarung getroffen. In § 2 Nr. 2 „Zuordnung der Immobilien und Darlehen“ haben die Antragsteller im Hinblick auf den oben aufgeführten Grundbesitz folgendes erklärt: „Die Erschienene zu 2) soll den unter § 2 Ziffer 1 a), b) und c) vorgetragenen Bestand zu Alleineigentum erhalten. Wir bewilligen und beantragen daher die Eintragung der entsprechenden Übertragung der Miteigentumsanteile des Erschienenen zu 1) auf die Erschienene zu 2) im Grundbuch… .“

Mit Schreiben vom 09.03.2018 hat der Verfahrensbevollmächtigte unter Bezugnahme auf die in jenem Vertrag erteilte Vollzugsvollmacht den Antrag der Antragstellerin zu 1. auf Eintragung als alleinige Grundstückseigentümerin der Immobilien unter Bezugnahme auf die Auflassung beim Grundbuchamt eingereicht.

Durch Verfügung vom 14.03.2018 (Bl. 6/4 der Grundakten) hat die Rechtspflegerin beim Grundbuchamt darauf hingewiesen, dass die vorgelegte Scheidungsfolgenvereinbarung keine Auflassung enthalte. Hierauf hat der Verfahrensbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 26.03.2018 (Bl. 6/6 ff. der Akten) reagiert und die Auffassung vertreten, dass die vorgelegte Urkunde in der oben zitierten Passage die Auflassung enthalte.

Durch weitere Verfügung vom 30.04.2018 (Bl. 6/13 der Grundakten), auf deren Einzelheiten verwiesen wird, hat die Rechtspflegerin beim Grundbuchamt folgendes Hindernis aufgezeigt, zu dessen Behebung eine Frist gesetzt worden ist: „In der Scheidungsfolgenvereinbarung vom 15.02.2018 wurde Ihnen eine uneingeschränkte Grundbuchvollmacht erteilt. Bitte legen Sie – in Absprache mit und im Namen der Beteiligten – eine klarstellende Erklärung vor, dass es sich bei dem 1. Absatz des § 2 Ziffer 2 der Vereinbarung um die Auflassung des unter § 2 Ziffer 1 a), b) und c) vorgetragenen Bestandes von Herrn Vorname1Nachname1 auf Frau Vorname2Nachname1 handelt.“

Mit Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigte vom 02.07.2018 (Bl. 6/15 ff. der Grundakten), auf dessen Einzelheiten Bezug genommen wird, hat dieser namens der Antragsteller gegen die Zwischenverfügungen vom 14.03.2018 und 30.04.2018 Beschwerde eingelegt. Die Rechtspflegerin beim Grundbuchamt hat der Beschwerde gegen die Zwischenverfügung vom 14.03.2018/30.04.2018 ausweislich ihres Beschlusses vom 04.07.2018 (Bl. 6/17 ff. der Grundakten) nicht abgeholfen und hat sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Beschwerde der Antragsteller ist statthaft und auch ansonsten zulässig, §§ 71, 73 GBO. Ungeachtet der Antragstellung in erster Instanz sind beide Antragsteller antrags- und beschwerdebefugt. Die Beschwerde richtet sich ausdrücklich gegen die beiden Verfügungen vom 14.03.2018 und 30.04.2018. Ob die erstgenannte Verfügung überhaupt die Voraussetzungen einer wirksamen Zwischenverfügung erfüllt (vgl. dazu Senat FGPrax 2017, 60, zitiert nach juris) oder lediglich einen rechtlichen Hinweis darstellt, kann offenbleiben. In der Zusammenschau mit der nachfolgenden Verfügung des Grundbuchamts vom 30.04.2018 stellt sie jedenfalls eine Zwischenverfügung im Sinne des § 18 GBO dar.

Die dagegen gerichtete Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Dabei kann wiederum dahingestellt bleiben, ob die Zwischenverfügung in ihrer Gesamtheit nicht bereits aus formellen Gründen aufzuheben wäre. Das Grundbuchamt ist nach der Begründung der Verfügung vom 14.03.2018 davon ausgegangen, dass eine Auflassung noch gar nicht vorliegt. Im Rahmen des § 18 GBO kann den Beteiligten aber nicht aufgegeben werden, eine nicht hinreichend bestimmte Auflassung erneut zu erklären. Dies folgt daraus, dass es nicht Inhalt einer Zwischenverfügung sein kann, auf den Abschluss eines Rechtsgeschäfts hinzuwirken, das erst die Grundlage einer einzutragenden Rechtsänderung sein soll, weil sonst die beantragte Eintragung einen ihr nicht gebührenden Rang erhielte (vgl. die Nachweise bei Senat, Beschluss vom 07.07.2010, 20 W 349/09, zitiert nach juris). Genau dies wird von Grundbuchamt in der Sache allerdings zur Beseitigung des aufgezeigten Hindernisses verlangt, auch wenn in der Verfügung vom 30.04.2018 lediglich von einer „klarstellenden Erklärung“ die Rede ist, ohne die offensichtlich allerdings eine hinreichend bestimmte und damit wirksame Auflassung nicht vorliegen soll.

Die angefochtene Zwischenverfügung ist jedenfalls der Sache nach nicht gerechtfertigt und damit aufzuheben.

Nach § 20 GBO darf im Falle der Auflassung eines Grundstücks – dazu gehören auch Miteigentumsanteile (vgl. Demharter, GBO, 31. Aufl., § 20 Rz. 4) – die Eintragung nur erfolgen, wenn die erforderliche Einigung des Berechtigten und des anderen Teils erklärt ist. Die Einigung erfordert mithin übereinstimmende, unmittelbar auf Rechtsänderung gerichtete Erklärungen des Berechtigten und des anderen Teils. Der Gebrauch bestimmter Ausdrücke, wie etwa „Einigung“ oder „Auflassung“, sind zwar wünschenswert, aber nicht vorgeschrieben (vgl. dazu Demharter, a.a.O., § 20 Rz. 31; Meikel/Böttcher, GBO, 11. Aufl., § 20 Rz. 113, je m. w. N.). Es genügen alle Erklärungen, in denen der übereinstimmende Wille der Beteiligten deutlich und zweifelsfrei zum Ausdruck kommt (Meikel/Böttcher, a.a.O., § 20 Rz. 113, je m. w. N.). Die Auflassung ist also – gerade bei mangelnder Eindeutigkeit – auch auslegungsfähig. Für die Auslegung gilt § 133 BGB entsprechend, wobei jedoch zu beachten ist, dass der das Grundbuchverfahren beherrschende Bestimmtheitsgrundsatz und das grundsätzliche Erfordernis urkundlich belegter Eintragungsunterlagen der Auslegung durch das Grundbuchamt bzw. das an seine Stelle tretende Beschwerdegericht Grenzen setzen. Bei der Auslegung ist auf Wortlaut und Sinn der Erklärung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Erklärung ergibt. Darauf, was der Bewilligende gewollt hat, kommt es allerdings nicht an. Auf die Auslegung kann nur zurückgegriffen werden, wenn sie zu einem zweifelsfreien und eindeutigen Ergebnis führt (vgl. auch insoweit die Nachweise bei Senat, Beschluss vom 07.07.2010, 20 W 349/09; vgl. zur Auslegung einer Auflassung im Rahmen einer notariellen Scheidungsfolgenvereinbarung auch OLG Düsseldorf FGPrax 2018,148).

Diesen Anforderungen werden die Erklärungen der Antragsteller in der vorgelegten notariellen Urkunde noch gerecht. Dabei kann offenbleiben, ob eine Auflassung grundsätzlich bereits allein in der Form erklärt werden kann, dass der Veräußerer die Umschreibung des Eigentums bewilligt und der Erwerber diese beantragt (so Demharter, a.a.O., § 20 Rz. 31; vgl. auch Meikel/Böttcher, a.a.O., § 20 Rz. 114, je m. w. N. aus der Rechtsprechung) oder ob daran deshalb Bedenken bestehen könnten, weil in der formellen Bewilligung des Betroffenen nicht ohne weiteres auch seine materielle Einigungserklärung gesehen werden kann (so Meikel/Böttcher, a.a.O., § 20 Rz. 114, m. w. N.). Die hier abgegebenen Erklärungen der Antragsteller in der vorgelegten notariellen Urkunde gehen hierüber hinaus. In Satz 1 der oben zitierten Vertragsbestimmung haben die Antragsteller zunächst erklärt, dass die Antragstellerin zu 1. den Grundbesitz zu Alleineigentum erhalten soll. Unmittelbar im Anschluss daran haben sie „daher“ die Eintragung der entsprechenden Übertragung der Miteigentumsanteile des Antragstellers zu 2. auf die Antragstellerin zu 1. im Grundbuch bewilligt und beantragt. Aus der Gesamtschau dieser Erklärungen wird hinreichend deutlich, dass Satz 1 der Vertragsbestimmung nicht lediglich eine schuldrechtliche Verpflichtung (dann wohl des Antragstellers zu 2.) oder gar nur eine Absichtserklärung enthalten sollte, sondern im Zusammenhang mit Satz 2 der Bestimmung bereits die dingliche Einigung über den Eigentumsübergang. Letzteres stellt sich für einen unbefangenen Betrachter ersichtlich als nächstliegende Bedeutung der Erklärungen dar; eine anderweitige rechtlich sinnvolle Auslegung der Erklärungen im Gesamtkontext der Urkunde ist nicht ersichtlich. Diese korrespondiert nämlich auch mit anderen Regelungen der notariellen Vereinbarung, die erkennbar darauf hindeuten, dass der Eigentumsübergang unmittelbar in Ausführung der notariellen Urkunde erfolgen sollte (vgl. etwa § 1 „mit sofortiger Wirkung“, § 2 Nr. 2 a), Nr. 2 d) a. E., § 4 a. E., § 6, § 7), es mithin weiterer dinglicher Erklärungen zur Übertragung des Grundbesitzes bzw. der betroffenen Miteigentumsanteile nicht bedurfte.

Soweit in der zitierten Vertragsbestimmung auch hinsichtlich des im bezeichneten Grundbuch Blatt Z vorgetragenen Bestandes eine Übertragung an die Antragstellerin zu 1. „zu Alleineigentum“ geregelt ist, bezieht sich dies erkennbar auf die dort lediglich verzeichneten Miteigentumsanteile zu je 1/44. Eine diesbezügliche Beanstandung ist vom Grundbuchamt auch nicht erhoben worden.

Im Hinblick auf den Erfolg der Beschwerde und die Aufhebung der Zwischenverfügung bedarf es einer Gerichtskostenentscheidung nicht.

Angesichts dessen bedarf es auch keiner Ausführungen zur Zulassung der Rechtsbeschwerde.

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