LG Dessau-Roßlau – Az.: 6 OH 7/20 – Beschluss vom 01.07.2021
Auf den Antrag der Kostenschuldnerin wird die Kostenberechnung des Antragsgegners vom 23.06.2020 – UR … – teilweise abgeändert und – wie folgt – neu gefasst:
- 23500 (Nachlassverzeichnis) Gebührensatz 2,0 aus Geschäftswert 455.831,88 EUR (§ 115) EUR 1770,00
- 25102 EUR 140,00
- 32000 EUR 7,00
- 32001 EUR 106,20
- 32004 EUR 162,40
- 32015 EUR 148,00
- 32011 EUR 128,00
- Zwischensumme EUR 2.461,60
- 32014 (Umsatzsteuer, 19 %) EUR 467,70
- 32015 (Sonstige Aufwendungen und Auslagen) EUR 2.336,20
- Rechnungsbruttobetrag (Steuer-Nr. … ) EUR 5.265,50
- bereits entrichtet ( … ) EUR 1.963,64
- Noch zu zahlen: EUR 3.301,86
Die weitergehenden Einwendungen gegen die Kostenberechnung werden zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Kostenschuldnerin wendet sich gegen eine Kostenberechnung vom 23.06.2020 für die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses.
Sie ist als Erbin nach dem am 2012 verstorbenen V. S. in den Verfahren 4 O 768/15 und 4 O 769/15 vor dem Landgericht Dessau-Roßlau mit Teilanerkenntnisurteil vom 08.11.2016 zur Auskunftserteilung durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses verurteilt worden. Am 22.11.2016 eröffnete der Notar S. K. auf entsprechenden Antrag der Kostenschuldnerin das Verfahren zur Erstellung des Nachlassverzeichnisses, das er nach zeitweiliger Verfahrenseinstellung, die Gegenstand des Notarbeschwerdeverfahrens 6 T 57/17 vor dem Landgericht Dessau-Roßlau war, am 27.02.2020 fertigstellte.
Mit Kostenberechnung vom gleichen Tage erhob der Notar Kosten in Höhe von 12.750,46 EUR, wobei er einen Geschäftswert von 2.934.815,10 EUR zugrunde legte. Den Geschäftswert bildete er durch Addition von Aktiva und Passiva.
Mit Schreiben vom 18.05.2020 erhob die Kostenschuldnerin Einwendungen gegen die Kostenberechnung, die der Notar mit Schreiben vom 29.05.2020 dem Landgericht Dessau-Roßlau zur Entscheidung vorlegte. Am 27.06.2020 korrigierte der Notar die Kostenberechnung unter der Kostenregister-Nummer UR … und ergänzte sie unter Beibehaltung im Übrigen um die Angabe einer KV-Gebührennummer.
Die Kostenschuldnerin ist der Ansicht, dass der Kostenrechnung zugrundeliegende Geschäftswert falsch berechnet sei. Es seien nur die Aktiva zu berücksichtigen. Für eine Addition der Passiva fehle es an einer Rechtsgrundlage.
Darüber hinaus beanstandet sie die angesetzten Auslagen hinsichtlich der Dokumentenpauschale nach Nr. 32001 KV GNotKG in Höhe von 106,20 EUR sowie der Post- und Telekommunikationsentgelte nach Nr. 32004 KV GNotKG in Höhe von 162,40 EUR.
Ferner seien die Auslagen für Vertragskopien aus dem Grundbuchämtern R. und W. nach Nr. 32015 KV GNotKG in Höhe von 148,00 EUR nicht zu erstatten, weil die Verträge das Privatvermögen der Kostenschuldnerin und nicht den Nachlass beträfen. Mithin habe für den Notar keine Veranlassung bestanden die Verträge anzufordern und zu kopieren. Entsprechendes gelte auch für die Auslagen nach Nr. 32011 KV GNotKG in Höhe von 128,00 EUR für eigene Grundbucheinsichten. Schließlich seien die sonstigen Auslagen nach Nr. 32015 KV GNotKG in Höhe von 2.336,20 EUR nicht belegt worden. Insbesondere seien dabei die Auslagen in Höhe von 1.250,00 EUR sowie 625,00 EUR unklar. Weiterhin seien die Auslagen für die Konto- und der Grundbuchauszüge nicht notwendig gewesen, da sie der Kostenschuldnerin vorgelegen hätten. Deren kostenpflichtige Anforderung sei überflüssig gewesen. Berechnete Taxikosten seien nicht angefallen, da der Notar gemeinsam mit dem Rechtsanwalt der Pflichtteilsberechtigten angereist sei.
Des Weiteren rügt die Kostenschuldnerin die Fehlerhaftigkeit und Unvollständigkeit des Nachlassverzeichnisses. Es fehle eine Aufstellung der Verbindlichkeiten des Erblassers. Der Notar habe es überdies versäumt im Nachlassverzeichnis darauf hinzuweisen, dass der Nachlass in Höhe von 2.473.149,42 EUR überschuldet sei. Sie habe bereits mit Schreiben vom 18.05.2020 Einwendungen gegen das Nachlassverzeichnis erhoben. Der Notar habe eine Nachbesserung mit dem Hinweis, dass das Verfahren abgeschlossen ist, verweigert. Durch das vorliegende Nachlassverzeichnis könne sie ihrer Verpflichtung gegenüber den Pflichtteilsberechtigten nicht nachkommen. Daher stellten die angefallenen Notarkosten einen vom Notar schuldhaft verursachten Schaden dar. Insoweit hat die Kostenschuldnerin mit Schriftsatz vom 10.07.2020 die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung erklärt.
Die Kammer hat im vorangegangenen Verfahren 6 T 139/20 mit Beschluss vom 10.12.2020 die Beschwerde der Kostenschuldnerin gegen die Weigerung des Notars, das Nachlassverzeichnis zu ergänzen und zu korrigieren, rechtskräftig zurückgewiesen.
Der Notar hält an auch in Ansehung der erhobenen Einwendungen an seiner Kostenberechnung fest. Die Kammer hat gem. § 128 Abs. 1 GNotKG die Ländernotarkasse und den Präsidenten des Landgerichts Dessau-Roßlau angehört. Auf die Stellungnahme der Ländernotarkasse vom 20.11.2020 wird Bezug genommen. Der Präsident des Landgerichts Dessau-Roßlau hat von einer Stellungnahme abgesehen.
II.
Der Antrag ist nach §§ 127 Abs. 1 S. 1, 130 Abs. 3 S. 1 GNotKG i.V.m. § 23 FamFG statthaft und in der gesetzlichen vorgesehenen Form und Frist gestellt worden.
In der Sache führt er zu einer Abänderung der (korrigierten) Kostenberechnung vom 23.06.2020 in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang, weil der Notar von einem unzutreffenden Geschäftswert ausgegangen ist.
Der Geschäftswert beträgt unter Zugrundelegung des vom Notar ermittelten Nachlassen lediglich 455.831,88 EUR.
Der Geschäftswert für die Aufnahme eines Nachlassverzeichnisses i.S.d. § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB bestimmt sich gem. § 115 S. 1 GNotKG nach dem Wert der verzeichneten Gegenstände. Die Berechnung richtet sich nach den allgemeinen Wertvorschriften der §§ 35 ff. GNotKG bzw. den Bewertungsvorschriften der §§ 46 ff. GNotKG. Dabei ist umstritten, inwieweit bei der Ermittlung des Geschäftswertes nach § 115 S. 1 GNotKG verzeichnete Verbindlichkeiten zu berücksichtigen sind (für eine Berücksichtigung sprechen sich aus: Landgericht Münster, Beschl. vom 29.06.20 – 5 OH 5/20; Bormann/Diehn/Sommerfeldt/Pfeiffer, 4. Aufl. 2021, GNotKG § 115 Rn. 4; BeckOK KostR/Neie, 33. Ed. 2021, GNotKG § 115 Rn. 11; Toussaint/Uhl, 51. Aufl. 2021, GNotKG § 115 Rn. 1; gegen eine Berücksichtigung: Korintenberg/Gläser, 21. Aufl. 2020, GNotKG § 115 Rn. 6; Rohs/Wedewer, GNotKG, 116. Aktualisierung 2017, § 115 Rn. 2; Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl. 2017 GNotKG § 115 Rn. 8; Leipziger Gerichts- & Notarkosten-Kommentar, 2. Aufl. 2016, § 115 Rn. 1; Bengel/Reimann TV-HdB, 7. Auflage 2020, § 3 Die Konstituierung des Nachlasses Rn. 44; Krug, Pflichtteilsprozess, 2. Auflage 2018, § 18 Checklisten und Kompendium für das Klageverfahren einschließlich Zwangsvollstreckung Rn. 74; Zimmermann, Die Testamentsvollstreckung, 5. Aufl. 2019, Das Nachlassverzeichnis, Rn. 359; Litzenburger, FD-ErbR 2020, 431483; Roth, NJW-Spezial, 2020, 648).
Die Kammer beantwortet die Rechtsfrage dahin, dass eine Berücksichtigung von Verbindlichkeiten bei der Geschäftswertermittlung nach § 115 S. 1 GNotKG nicht stattfindet. Sie teilt insoweit die Auffassung der Ländernotarkasse in ihrer Stellungnahme vom 20.11.2020.
Eine Addition von Verbindlichkeiten zu den Aktivposten des Nachlasses bei der Bildung des Geschäftswerts lässt sich weder dem Gesetzeswortlaut noch der Gesetzgebungsgeschichte oder der Gesetzessystematik entnehmen.
Nach dem Wortlaut von § 115 S. 1 GNotKG setzt sich der Geschäftswert nach dem „Wert der verzeichneten oder versiegelten Gegenstände“ zusammen. Im Fokus stehen mithin die Gegenstände, die in das Nachlassverzeichnis Eingang gefunden haben. Eine allgemeingültige Definition des Begriffs der Gegenstände lässt sich dabei weder im GNotKG noch im BGB oder in sonstigen gesetzlichen Vorschriften finden (vgl. Palandt/Ellenberger, 80. Aufl. 2021, vor § 90 Rn. 2; Litzenburger a.a.O.). Im Rahmen eines Überblicks der Verwendung des Begriffs „Gegenstände“ im BGB umfasst dieser alle individualisierbaren, vermögenswerten Objekte und Güter, über die die Rechtsmacht im Sinne von Herrschafts- oder Nutzungsrechten ausgeübt werden kann (vgl. MüKoBGB/Stresemann, 8. Aufl. 2018, BGB § 90 Rn. 1). Mithin können Gegenstände entweder als mögliches Objekt einer Verfügung gem. §§ 135, 161, 185, 747, 816, 2040 BGB, als mögliches Objekt schuldrechtlicher Verpflichtungen gem. §§ 256, 260, 273, 292, 453, 463, 581, 743 ff., 2149, 2374 BGB oder auch nur im übertragenen Sinn gem. §§ 32, 387, 611, 1822 Nr. 12 BGB (vgl. MüKoBGB/Stresemann, 8. Aufl. 2018, BGB § 90 Rn. 1) definiert werden. Demzufolge sind Verbindlichkeiten im Gegensatz zu Forderungen nach diesem gesetzlichen Sprachgebrauch keine Gegenstände (vgl. Litzenburger a.a.O.). Im Ergebnis kann somit aufgrund des Wortlauts des § 115 S. 1 GNotKG nicht auf eine Einbeziehung von Verbindlichkeiten geschlossen werden.
Auch eine historische Betrachtung lässt nicht auf eine vom Gesetzgeber gewollte Einbeziehung von Verbindlichkeiten schließen. Zu der vergleichbaren Vorgängervorschrift des § 52 KostO (ursprünglich § 46 KostO) wurde eine derartige Auffassung nicht vertreten (vgl. Jonas-Melsheimer-Hornig-Stemmler, Reichskostenordnung, 2. Auflage 1936, § 46 m.w.N.); Kersten/Bühling, Kostenordnung, 1. Auflage 1958, § 52). Der Gesetzesbegründung lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Gesetzgeber bei Übernahme des § 52 KostO in die Neuregelung in § 115 GNotKG an dem bisherigen Verständnis etwas ändern wollte. Vielmehr sollte mit der Neufassung des GNotKG zwar eine verständlichere und strukturiertere Kostenregelung geschaffen werden aber keine inhaltliche Änderung des § 52 KostO einhergehen (vgl. BT-Dr. 17/11471, S. 2 und 190).
Ebenso wenig lassen sich Hinweise dafür finden, dass der historische Gesetzgeber die Thematik übersehen haben könnte und damit eine Regelungslücke vorliegt. Gerade in § 38 S. 1 GNotKG, wonach Verbindlichkeiten bei der Ermittlung des Geschäftswerts nicht abzuziehen sind, sofern nichts anderes bestimmt ist, wird deutlich, dass dem Gesetzgeber die Thematik der Verbindlichkeiten bei der Wertermittlung vor Augen stand. Es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber, hätte er nicht nur den Abzug der Verbindlichkeiten ausschließen, sondern entgegengesetzt deren Addition anordnen wollen, eine ausdrückliche Regelung getroffen hätte, wenn gesetzgeberisches Ziel gerade eine Erhöhung der Verständlichkeit des Regelwerks war. Bestärkt wird diese Annahme dadurch, dass die Addition von Negativvermögen dem Gesetz auch ansonsten fremd ist (vgl. Korintenberg/Gläser, a.a.O.; Litzenburger a.a.O.). Aufgrund des Ausnahmecharakters hätte es einer klaren Regelung bedurft.
In diesem Zusammenhang hat die Kammer berücksichtigt, dass das Nachlassverzeichnis dem Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten gegen die Kostenschuldnerin als Erbin nach § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB dient. Allerdings kann das Argument (vgl. LG Münster, a.a.O.) nicht überzeugen, bei der Auslegung von § 115 GNotKG müsse berücksichtigt werden, dass in einem Nachlassverzeichnis i.S.v. § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB neben Aktivvermögen, fiktiven Vermögen auch Verbindlichkeiten Eingang finden (vgl. Palandt/Weidlich, 80. Aufl. 2021, § 2314 BGB, Rn. 9). Denn § 115 GNotKG umfasst in seiner systematischen Stellung nicht nur allein das Nachlassverzeichnis i.S.v. § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB, sondern die allgemeine Erstellung von Verzeichnissen durch den Notar. Daher kann § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB für sich genommen nicht maßgeblich für die Auslegung von § 115 GNotKG sein.
Im Ergebnis bietet § 115 GNotKG damit keine gesetzliche Grundlage für die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten bei der Wertermittlung.
Aufgrund der fehlerhaften Ermittlung hat die Kammer den Geschäftswert auf der Grundlage der übrigen Angaben des Notars selbst festzusetzen, wobei sie an den von dem Antragsteller bestimmten, auszulegenden Streitgegenstand gebunden ist (vgl. Korintenberg/Sikora, 21. Aufl. 2020, GNotKG § 127 Rn. 46; Leipziger Gerichts- & Notarkosten-Kommentar, 2. Aufl. 2016, § 128 Rn. 59 ff.) Der Bezifferung der Aktivposten des Nachlasses, wie sie der Notar auf Hinweis der Kammer mit Schreiben vom 02.07.2020 vorgenommen hat, ist die Kostenschuldnerin nicht nur nicht entgegengetreten, sondern hat sie in ihrem Schriftsatz vom 10.07.2020 ausdrücklich übernommen. Folglich ist, wie aus dem Tenor ersichtlich, ein Geschäftswert in Höhe von 455.831,88 EUR festzusetzen. Die anfallende 2,0-Gebühr gem. Nr. 23500 KV-GNotKG reduziert sich demnach auf 1.770,00 EUR.
2.
Die Einwände der Kostenschuldnerin gegen die einzelnen Auslagen haben dagegen keinen Erfolg.
Der Notar hat mit Schreiben vom 21.07.2020 nachvollziehbar die Auslagen erläutert und belegt, wogegen sich die Kostenschuldnerin auch nicht mehr wendet. Soweit die Kostenschuldnerin die Notwendigkeit der Auslagen “32015 sonstige Aufwendungen Auslagen Kreditinstitute […]“ hinsichtlich der Konto- sowie der Grundbuchauszüge beanstandet, bleibt dies ohne Erfolg. Insoweit muss berücksichtigt werden, dass § 2314 BGB dem Pflichtteilsberechtigten ermöglichen soll, sich die notwendigen Kenntnisse zur Bemessung seines Pflichtteilsanspruchs verschaffen zu können (vgl. Palandt/Weidlich, 80. Aufl. 2020, § 2314 BGB, Rn. 9). Für die Gewähr der Vollständigkeit und Richtigkeit muss der Notar den Bestand des Nachlasses selbst und eigenständig ermitteln und durch Bestätigung des Bestandsverzeichnisses als von ihm aufgenommen zum Ausdruck bringen, dass er den Inhalt verantwortet (vgl. BGH, Urteil vom 20.5.2020 – IV ZR 193/19, NJW 2020, 2187; m. w. N.). Dementsprechend liegt die Ausgestaltung des Verfahrens weitgehend im Ermessen des Notars. Er darf sich dabei nicht lediglich auf Angaben der Auskunftspflichtigen beschränken, die auf Grundlage ihres laienhaften Rechtsverständnisses vollständige Angaben gemacht zu haben glauben (vgl.OLG Koblenz, Beschl. vom 18. 3. 2014 – 2 W 495/13). Vielmehr muss er selbst Ermittlungen vornehmen. Diese Ermittlungen des Notars haben sich mithin nach seiner Stellung gleichsam als Treuhänder der dem Pflichtteilsberechtigten mangels dinglicher Rechtsstellung entzogenen Überprüfungsmöglichkeiten und nach dem Zweck des Verzeichnisses, dem Schutz des Pflichtteilsberechtigten vor einer Verkürzung seiner wertmäßigen Beteiligung, zu richten (vgl. Kuhn/Trappe, ZEV 2011, 351).
Nach diesen Maßstäben hat der Notar die erforderlichen Bank- und Grundbuchauskünfte einzuholen, sofern er Anhaltspunkte für die Ermittlung für Nachlassforderungen oder Schenkungen hat. Gerade die Anforderung der Konto- und Grundbuchauszüge bietet eine Gewähr für die Richtigkeit, insbesondere für eine verlässliche Tatsachengrundlage für das Nachlassverzeichnis. Dies gilt vorliegend insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Kostenschuldnerin einerseits zwar darauf verweist, ihr hätten die Konto- und Grundbuchauszüge vorgelegen, andererseits aber auf dem Standpunkt stand, selbst zur Mitwirkung bei der Erstellung eines Vermögenverzeichnisses nicht verpflichtet gewesen zu sein. Die Auszüge sind deshalb gerade erforderlich gewesen, um tatsächlich ein vollständiges objektives Bild von den pflichtteilrelevanten Vorgängen zu erhalten und somit dem Auskunftsanspruch der Pflichtteilberechtigten zu genügen.
3.
Die Kostenforderung ist nicht durch Aufrechnung mit einem Amtshaftungsanspruch aus § 19 Abs. 1 S. 1 BNotO erloschen. Zwar ist die Aufrechnung im Notarkostenverfahren nach § 127 GNotKG grundsätzlich zulässig (vgl. OLG Naumburg, Beschl. v. 12.06.2019- 2 W 9/18, m.w.N.).
Es fehlt allerdings an einer aufrechenbaren Gegenforderung. Dem Notar fällt keine Amtspflichtverletzung zur Last. Soweit die Kostenschuldnerin eine unterlassene Angabe der Verbindlichkeiten des Erblassers beruft, trifft dieser Einwand ersichtlich nicht zu, wie sich aus Gliederungspunkt B des Nachlassverzeichnisses ergibt.
Daneben ist eine Amtspflichtverletzung auch nicht darin zu sehen, dass der Notar im Nachlassverzeichnis keine Überschuldung festgestellt hat. Eine entsprechende Verpflichtung besteht nicht, weil der Auskunftsanspruch unabhängig davon besteht, ob ein Nachlass werthaltig oder dürftig ist (vgl. MüKoBGB/Lange, 8. Aufl. 2020, BGB § 2314 Rn. 6; Kuhn/Trappe, a.a.O.). Der Wertermittlungsanspruch des Pflichtteilsberechtigten steht selbstständig neben dem Auskunftsanspruch, sodass den Notar keine Pflicht zur Wertermittlung trifft. Er kann demzufolge auch keine Aussage über die Überschuldung des Nachlasses treffen.
Die Rüge der Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit des Nachlassverzeichnisses hat die Kammer bereits mit Beschluss vom 10.12.2020 abschließend verbeschieden.
III.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Eine Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten gem. §§ 130 Abs. 3 GNotKG, 81 Abs. 1 FamFG ist nicht veranlasst (vgl. zum Ganzen Korintenberg/Sikorra, GNotKG, 21. Aufl. 2020, § 127 Rn. 52a f.).