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Aufnahme eines Amtslöschungsverfahrens nach Löschungsvermerk im Handelsregister

OLG Zweibrücken – Az.: 3 W 6/22 – Beschluss vom 01.07.2022

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Beschwerdewert wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Das Verfahren betrifft die Amtslöschung der deutschen Zweigniederlassung einer englischen Limited aus dem Handelsregister nach dem Brexit.

Die Rechtspflegerin des Registergerichts hat die verfahrensgegenständliche Zweigniederlassung, die seit 2007 im Handelsregister eingetragen war, aus dem Register gelöscht. Zuvor fand Schriftverkehr mit dem Geschäftsführer der Zweigniederlassung statt, der auf die Anfrage der Rechtspflegerin mitteilte, dass die Tätigkeit der Gesellschaft ausschließlich in Deutschland stattfinde und die Gesellschaft noch in der Überlegungsphase sei, wie rechtlich mit den Folgen des Brexit umgegangen werden solle. Das Bundesministerium für Finanzen habe englischen Limiteds mit Sitz in Deutschland weiterhin den steuerrechtlichen Status einer Kapitalgesellschaft zugestanden, mit der Folge, dass diese der Körperschaftssteuer unterliege. Rechtlich sei die Gesellschaft wohl als OHG einzustufen, so dass die Eintragung im Handelsregister in Abteilung B zu löschen sei und als Personengesellschaft eingetragen werden müsse. Derzeit erscheine eine Löschung wohl unumgänglich.

Sodann kündigte die Rechtspflegerin die Löschung förmlich an und setzte Frist zur Geltendmachung eines Widerspruchs, die dem Geschäftsführer der Gesellschaft am 9. April 2021 zugestellt worden und ungenutzt verstrichen ist. Daraufhin trug sie am 20. Mai 2021 die Löschung der Gesellschaft von Amts wegen im Handelsregister ein.

Mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2021 beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung der Zwangslöschung. Auch nach dem Brexit sei die Eigenständigkeit der Zweigniederlassung einer in der Vergangenheit gegründeten Limited weiter anzuerkennen. Für die Beurteilung der Rechtsfähigkeit sei auf den Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft abzustellen. Nach dem Rechtsstaatsprinzip bestehe damit Vertrauensschutz, dass eingetragenen Zweigniederlassungen grundsätzlich Bestandsschutz zu gewähren sei. Nach dem Handelsabkommen sei die Limited ebenfalls anzuerkennen. Die Rechtspflegerin des Handelsregisters hat die Industrie- und Handelskammer beteiligt. Auf deren Stellungnahme wird verwiesen. Das Registergericht hat das Begehr des Beschwerdeführers in eine Anregung der amtswegigen Beseitigung der Löschung umgedeutet und mit Datum vom 22. November 2021 diese Anregung zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Beschwerde, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

a. Die Beschwerde ist statthaft. Zwar war die Löschung vom 20. Mai 2021 nicht anfechtbar, da nach § 383 Abs. 3 FamFG gegen vollzogene Eintragungen im Handelsregister, zu denen auch Löschungen gehören, die Beschwerde an sich nicht statthaft ist (vgl. auch Senatsbeschluss vom 1. März 2002 – 3 W 38/02 –, Rn. 7, juris).

Allerdings ist das Begehren der Beschwerdeführerin als Anregung nach § 24 FamFG, eine Amtslöschung des Löschungsvermerks vom 20. Mai 2021 nach § 395 FamFG vorzunehmen, auszulegen, worauf auch das Registergericht in der Nichtabhilfeentscheidung unter Bezugnahme u.a. auf das Schreiben vom 22. November 2021 zu Recht hingewiesen hat. Denn das ist der einzige vom Gesetz vorgesehene Weg zur Beseitigung einer unrichtigen Eintragung, hier also einer nach Ansicht der Beschwerdeführerin unrichtigen Löschung (Senatsbeschluss vom 1. März 2002 – 3 W 38/02 –, Rn. 8, juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 1. März 2016 – I-3 Wx 191/15 –, Rn. 8, juris). Nach § 24 FamFG kann die Einleitung eines Verfahrens, welches von Amts wegen eingeleitet werden kann, auch angeregt werden. Nach Absatz 2 dieser Vorschrift hat das Gericht in Fällen, in denen es der Anregung nach § 24 Abs. 1 FamFG nicht folgt, denjenigen, der die Einleitung angeregt hat, darüber zu unterrichten, soweit ein berechtigtes Interesse an der Unterrichtung ersichtlich ist. Zutreffend hat das Registergericht daher die als Anregung ausgelegte Eingabe der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 22. November 2021 und nicht mit förmlichem Beschluss beschieden. Bei der Unterrichtung nach § 24 Abs. 2 FamFG handelt es sich nämlich um eine bloße Erklärung und nicht um eine Entscheidung des Gerichts (BeckOK FamFG/Burschel, 42. Ed. 1.4.2022, FamFG § 24 Rn. 14). Die Beschwerdemöglichkeiten des Anregenden werden durch § 24 Abs. 2 FamFG jedoch nicht eingeschränkt, es gelten vielmehr die allgemeinen Regeln der §§ 58 ff. (BGH, Beschluss vom 24. April 2012 – II ZB 8/10 –, Rn. 11; juris; BeckOK FamFG/Burschel, 42. Ed. 1.4.2022, FamFG § 24 Rn. 16).

Nach § 58 Abs. 1 FamFG findet die Beschwerde gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amts- und Landgerichte in Angelegenheiten nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit statt, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Eine beschwerdefähige Endentscheidung des Registergerichts im Sinne dieser Vorschrift liegt nach § 38 Abs. 1 Satz 1 FamFG vor, wenn und soweit durch die Entscheidung der Verfahrensgegenstand ganz oder teilweise erledigt wird (BGH, Beschluss vom 24. April 2012 – II ZB 8/10 –, Rn. 11, juris).

Die Entscheidung des Registergerichts, den Löschungsvermerk der Limited vom 20. Mai 2021 nicht zu löschen, stellt eine beschwerdefähige Endentscheidung im Sinn von § 58 Abs. 1, § 38 Abs. 1 Satz 1 FamFG dar. Denn das Gericht hat damit in dem auf Anregung der Beschwerdeführerin eingeleiteten Löschungsverfahren – wie für § 58 Abs. 1, § 38 Abs. 1 Satz 1 FamFG erforderlich, aber auch ausreichend – eine den Verfahrensgegenstand erledigende ablehnende Sachentscheidung getroffen. § 24 FamFG bestimmt nichts anderes im Sinn von § 58 Abs. 1 FamFG (BGH, Beschluss vom 24. April 2012 – II ZB 8/10 –, Rn. 13, juris).

b. Die Gesellschaft ist auch beschwerdeberechtigt, da sie durch die Löschungsankündigung in ihrer materiellen Existenz betroffen ist (vgl. Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 12. Januar 1995 – 3Z BR 256/94 –, Rn. 7, juris). Für das Verfahren der Löschung der Löschungseintragung ist die Gesellschaft als fortbestehend anzusehen (OLG Hamm, Beschluss vom 12. November 1992 – 15 W 266/92 –, Rn. 12, juris). Sie kann in diesem Verfahren deshalb auch von ihren bisherigen gesetzlichen Vertretern vertreten werden, obwohl die Löschung der Gesellschaft grundsätzlich zur Folge hat, dass die Vertretungsmacht der bisherigen Geschäftsführer oder Liquidatoren beendet ist. Insoweit sind die Grundsätze, die für natürliche Personen bezüglich der Prozessfähigkeit in Verfahren über ihre Geschäftsfähigkeit gelten entsprechend anzuwenden (Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 4. Juni 1997 – 3Z BR 44/97 –, Rn. 6, juris).

2. Die Beschwerde bleibt indes ohne Erfolg. Das Registergericht ist nicht zur Aufnahme eines Amtslöschungsverfahrens des Löschungsvermerks vom 20. Mai 2021 zu verpflichten, sondern hat die Aufnahme des Amtslöschungsverfahrens zu Recht abgelehnt.

Die Löschung der vollzogenen Eintragung der Löschung der Gesellschaft setzt gemäß § 395 Abs. 1 FamFG voraus, dass sie wegen des Mangels einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig gewesen ist. Eine „Löschung der Löschung“ kommt nach nahezu einhelliger Auffassung, die auch vom Senat geteilt wird, nur dann in Betracht, wenn die Löschungseintragung auf einer Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften beruht (zum Fall der Löschung einer Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 394 FamFG: Senatsbeschluss vom 1. März 2002 – 3 W 38/02 –, Rn. 7, juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23. Juni 2017 – I-3 Wx 35/17 –, Rn. 17, juris; jeweils m.w.N.). Löschungen, die gemäß §§ 395 ff. FamFG mangels Erhebung eines Widerspruchs erfolgt sind, können nur wegen wesentlichen Verfahrensmängeln, nicht wegen Fehlens eines materiellen Löschungsgrundes beseitigt werden (Keidel/Heinemann, 20. Aufl. 2020, FamFG § 395 Rn. 50).

Die Begrenzung der Möglichkeit zur Amtslöschung einer Löschungseintragung auf wesentliche Verfahrensmängel hat ihren Grund in der besonderen Ausgestaltung des Löschungsverfahrens nach § 394 FamFG, auf den § 395 FamFG verweist. Gemäß § 394 Abs. 2 Satz 1 FamFG hat das Gericht seine Löschungsabsicht den gesetzlichen Vertretern der betroffenen Gesellschaft unter Setzung einer angemessenen Frist zur Erhebung eines Widerspruchs bekannt zu machen. Hinsichtlich des weiteren Verfahrens verweist § 394 Abs. 3 FamFG auf § 393 Abs. 3 bis 5 FamFG. Wird fristgemäß Widerspruch erhoben, so muss darüber zunächst sachlich entschieden werden. Demgegenüber darf die Löschung gemäß §§ 394 Abs. 3, 393 Abs. 5 FamFG in den Fällen, in denen kein Widerspruch erhoben wird oder in denen dieser bereits rechtskräftig zurückgewiesen worden ist, ohne weiteres erfolgen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23. Juni 2017 – I-3 Wx 35/17 –, Rn. 17 – 18, juris). Allein mit der materiell-rechtlichen Unzulässigkeit der Löschung der Eintragung lässt sich die Amtslöschung gem. § 395 FamFG des Amtslöschungsvermerks i.S.d. § 395 FamFG dagegen nicht rechtfertigen, denn dann wurde die Löschung eben im verfahrensrechtlichen Sinne zu Recht gem. § 395 Abs. 3 FamFG i.V.m. § 393 Abs. 5 FamFG vorgenommen (BeckOK FamFG/Otto, 42. Ed. 1.4.2022, FamFG § 395 Rn. 65).

Hier hat das Registergericht das Löschungsverfahren der Beschwerdeführerin ordnungsgemäß durchgeführt, indem es sie entsprechend § 395 Abs. 2 FamFG von der beabsichtigten Löschung benachrichtigt und ihr zugleich eine angemessene Frist zur Geltendmachung eines Widerspruchs bestimmt hat. Diese Aufforderung wurde auch ordnungsgemäß an den director zugestellt. Nachdem diese Frist verstrichen war, ohne dass die Beschwerdeführerin einen Widerspruch geltend gemacht hat, im Gegenteil zuvor noch mitgeteilt hat, dass eine Löschung wohl unumgänglich sei, hat das Registergericht die Löschung gemäß § 393 Abs. 5 FamFG in nicht zu beanstandender Weise durchgeführt.

Dabei hat der Senat hier nicht zu prüfen, ob die Löschung der Beschwerdeführerin, die das Registergericht als unechte Auslandsgesellschaft (also als nicht nachhaltig im Vereinigten Königreich unternehmerisch tätige Gesellschaft, die ihren Satzungssitz im Vereinigten Königreich und ihren Verwaltungssitz in Deutschland hat) qualifiziert hat, aus dem Handelsregister nach dem Brexit, infolge dessen sie sich nicht mehr auf die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49, 54 AEUV berufen kann (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 16. Februar 2021 – II ZB 25/17 –, Rn. 7, juris), richtig war. Denn nach oben Gesagtem würden die Beschränkungen des Verfahrens nach § 394 FamFG leer laufen, wenn die Gesellschaft, die zunächst von der Erhebung eines Widerspruchs abgesehen hat, nach Eintragung der Löschung ohne zeitliche Beschränkung im Amtslöschungsverfahren nach § 395 FamFG geltend machen könnte, die Voraussetzungen des § 394 FamFG hätten von Anfang an nicht vorgelegen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14. September 2012 – I-3 Wx 62/12 –, Rn. 14, juris).

Die Zurückweisung der Beschwerde hat die Kostentragungspflicht des § 84 FamFG zur Folge. Zur Festsetzung des Verfahrenswertes wurde der Auffangwert des § 36 Abs. 3 GNotKG herangezogen. Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht, § 70 FamFG.

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