Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Streit um Grundstücksverkauf: Wenn der Rat einer Notarin teuer wird
- Eine Grundstücksübertragung mit einem Sicherheitsnetz
- Wie aus Schulden des Sohnes ein Problem für die Großmutter wurde
- Der verhängnisvolle Notarvertrag: Eine Frage der Reihenfolge
- Die Folgen: Ein Grundstück wird zwangsversteigert
- Der Weg durch die Instanzen: Einig über den Fehler, uneinig über die Folgen
- Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Ein übersehenes Detail wird entscheidend
- Warum das Oberlandesgericht nun neu entscheiden muss
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was ist eine Auflassungsvormerkung und wozu dient sie beim Immobilienkauf?
- Wie schützt eine Auflassungsvormerkung vor später eingetragenen Schulden oder anderen Belastungen im Grundbuch?
- Was muss ich beachten, wenn eine Auflassungsvormerkung gelöscht werden soll, aber noch weitere Schulden oder Rechte im Grundbuch eingetragen sind?
- Wann kann ein Notar für Fehler bei der Abwicklung eines Grundstücksgeschäfts haftbar gemacht werden?
- Kann ich mich als juristischer Laie auf den Rat eines Notars verlassen, wenn es um komplizierte Rechtsfragen geht?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: III ZR 18/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: BGH
- Datum: 24.04.2025
- Aktenzeichen: III ZR 18/24
- Verfahrensart: Beschluss
- Rechtsbereiche: Notarhaftung, Amtshaftung, Zwangsvollstreckungsrecht, Grundbuchrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Ein Mitglied der Erbengemeinschaft der Erblasserin, das die Notarin auf Schadensersatz aus Amtshaftung verklagt.
- Beklagte: Die Notarin, die den Rückübertragungsvertrag beurkundete und der Amtspflichtverletzungen vorgeworfen werden.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Die Erblasserin übertrug 2008 Grundstücke an ihren Sohn, wobei ein Rückübertragungsrecht gesichert war. Diese Grundstücke wurden später mit Zwangssicherungshypotheken belastet. Bei der Rückübertragung 2011, von der Notarin beurkundet, wurden die Hypotheken nicht gelöscht und die Sicherung für das Rückübertragungsrecht vorzeitig aufgehoben, was zur Zwangsversteigerung eines Grundstücks führte.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Frage, ob der beklagten Notarin Amtspflichtverletzungen bei der Rückübertragung von Grundstücken vorzuwerfen sind, insbesondere durch mangelhafte Vertragsgestaltung oder unterlassene Löschung von Zwangssicherungshypotheken. Weiterhin war zu klären, ob ein möglicher Schadensersatzanspruch durch schuldhaft unterlassene Rechtsmittel der Klägerin oder ihrer Rechtsvorgänger ausgeschlossen ist oder wegen Mitverschuldens gemindert wird.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des Oberlandesgerichts auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.
- Begründung: Der BGH hob das Urteil auf, weil das Oberlandesgericht den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt hatte. Das OLG hatte wesentlichen Vortrag der Klägerin nicht beachtet und keine Beweise dazu erhoben, insbesondere zu der Behauptung, die Notarin habe eine falsche Rechtsauskunft erteilt. Diese Auskunft könnte das Verschulden der Klägerseite beim Unterlassen von Rechtsmitteln ausschließen oder mindern.
- Folgen: Die Sache wird an das Oberlandesgericht zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen. Dieses muss nun den bisher unbeachteten Vortrag der Klägerin prüfen. Dabei sind die Fragen des Haftungsausschlusses, des Mitverschuldens und der Verjährung erneut zu bewerten.
Der Fall vor Gericht
Streit um Grundstücksverkauf: Wenn der Rat einer Notarin teuer wird
Ein Besuch beim Notar vermittelt Sicherheit. Man geht davon aus, dass Verträge rechtssicher gestaltet und alle Eventualitäten bedacht sind. Doch was passiert, wenn genau das nicht der Fall ist und ein Fehler im Vertrag oder eine spätere falsche Auskunft zu einem enormen finanziellen Schaden führt? Ein Fall vor dem Bundesgerichtshof (BGH), dem höchsten deutschen Zivilgericht, zeigt, wie komplex die Frage der Haftung sein kann, insbesondere wenn die geschädigte Partei möglicherweise selbst hätte handeln können.
Eine Grundstücksübertragung mit einem Sicherheitsnetz

Am Anfang stand eine alltägliche familiäre Angelegenheit. Im Jahr 2008 übertrug eine Großmutter zwei Grundstücke an ihren Sohn, den Vater der späteren Klägerin. Um sich für bestimmte Fälle abzusichern, zum Beispiel falls ihr Sohn in finanzielle Schwierigkeiten geraten sollte, ließ sich die Großmutter ein Rückforderungsrecht in die Verträge schreiben. Dieses Recht wurde durch eine sogenannte Rückauflassungsvormerkung im Grundbuch abgesichert. Das Grundbuch ist das offizielle Verzeichnis, in dem alle Eigentumsverhältnisse und Belastungen für Grundstücke festgehalten werden. Eine Vormerkung funktioniert dabei wie eine verbindliche Reservierung: Sie stellt sicher, dass der Anspruch des Berechtigten – hier der Großmutter – gegenüber späteren Eintragungen Vorrang hat. Es wurde vereinbart, dass sie die Grundstücke im Fall einer Rückforderung „lastenfrei“, also ohne neue Schulden, zurückerhalten sollte.
Wie aus Schulden des Sohnes ein Problem für die Großmutter wurde
Genau der Fall, für den die Absicherung gedacht war, trat ein. Der Sohn geriet in den folgenden Jahren in finanzielle Schwierigkeiten. Seine Gläubiger, also Personen oder Unternehmen, denen er Geld schuldete, erwirkten die Eintragung von Zwangssicherungshypotheken in die Grundbücher der beiden Grundstücke. Eine Zwangssicherungshypothek ist eine Art Zwangseintragung einer Schuld ins Grundbuch. Sie gibt dem Gläubiger das Recht, zur Begleichung der Schulden die Zwangsversteigerung des Grundstücks zu beantragen. Plötzlich hafteten die Grundstücke mit einer Gesamtsumme von fast 150.000 Euro für die Schulden des Sohnes.
Angesichts dieser Entwicklung forderte die Großmutter im Jahr 2011 die Grundstücke wie vereinbart zurück. Für die Abwicklung dieses Vorgangs wurde die später beklagte Notarin beauftragt.
Der verhängnisvolle Notarvertrag: Eine Frage der Reihenfolge
Hier nahm das Problem seinen Lauf, denn die Gestaltung des Rückübertragungsvertrags durch die Notarin war entscheidend. Im Vertrag wurde festgelegt, dass die Grundstücke frei von den neuen Schulden, also den Zwangssicherungshypotheken, an die Großmutter zurückgehen sollten. Gleichzeitig wurde aber auch geregelt, dass die schützende Rückauflassungsvormerkung der Großmutter gelöscht werden sollte – und zwar genau gleichzeitig mit der Umschreibung des Eigentums auf sie. Die Notarin wurde zwar beauftragt, die für die Löschung der Hypotheken notwendigen Unterlagen bei den Gläubigern einzuholen, jedoch erst, nachdem die Großmutter wieder als Eigentümerin eingetragen war.
Was bedeutet das konkret? Die Großmutter gab ihr stärkstes Sicherungsmittel, die Vormerkung, in dem Moment auf, als sie wieder Eigentümerin wurde. Die Beseitigung der Belastungen sollte aber erst danach erfolgen. Das ist so, als würden Sie Ihr Auto verkaufen und dem Käufer Schlüssel und Papiere aushändigen, mit der Vereinbarung, dass er erst danach bezahlt. Das schützende Druckmittel ist weg, bevor das Problem gelöst ist.
Die Folgen: Ein Grundstück wird zwangsversteigert
Wie zu erwarten war, passierte nach der Eigentumsumschreibung und der Löschung der Vormerkung nichts. Weder die Notarin noch die Familie kümmerten sich aktiv um die Löschung der Hypotheken. Die Gläubiger sahen nun ihre Chance: Da die schützende Vormerkung der Großmutter aus dem Grundbuch verschwunden war, schien der Weg für sie frei. Sie betrieben die Zwangsversteigerung der Grundstücke. Eines der Grundstücke wurde tatsächlich versteigert und der Erlös von über 116.000 Euro ging an die Gläubiger des Sohnes. Die Enkelin der inzwischen verstorbenen Großmutter verklagte daraufhin die Notarin auf Schadensersatz in Höhe des Werts der Hypotheken. Ihr Vorwurf: Die Notarin habe ihre Amtspflicht verletzt, also einen Fehler bei der Ausübung ihres Amtes gemacht.
Der Weg durch die Instanzen: Einig über den Fehler, uneinig über die Folgen
Während das Landgericht die Klage zunächst wegen Verjährung abwies, kam das Oberlandesgericht (OLG) zu einem anderen Ergebnis. Das OLG stimmte zu, dass die Notarin einen Fehler gemacht hatte. Sie hätte sich um die Löschung der Hypotheken kümmern müssen. Trotzdem wies es die Klage ab. Die Begründung ist ein zentraler Punkt im deutschen Beamten- und Notarhaftungsrecht: die Subsidiarität der Haftung. Das bedeutet, der Staat oder ein Notar haftet oft nur dann, wenn der Geschädigte den Schaden nicht auf andere, zumutbare Weise abwenden konnte.
Das OLG argumentierte, die Familie hätte sogenannte Rechtsmittel ergreifen müssen. Ein Rechtsmittel ist ein rechtliches Werkzeug, um sich gegen eine Handlung oder Untätigkeit zu wehren. Die Familie hätte sich zum Beispiel bei der Notarin beschweren oder sie auffordern können, endlich tätig zu werden. Außerdem, so das OLG, hätte die Familie die Gläubiger direkt auf Löschung der Hypotheken verklagen können. Juristisch gesehen hatte die Vormerkung ihre schützende Wirkung nämlich nicht allein durch die Löschung im Grundbuch verloren. Da die Familie diese Möglichkeiten nicht genutzt habe, sei die Notarin aus der Haftung entlassen.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Ein übersehenes Detail wird entscheidend
Die Enkelin ließ nicht locker und zog vor den Bundesgerichtshof – mit Erfolg. Der BGH hob das Urteil des OLG auf und verwies den Fall zur neuen Verhandlung zurück. Der Grund war eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Dieses Grundrecht besagt, dass ein Gericht alle wesentlichen Argumente einer Partei zur Kenntnis nehmen und in seine Entscheidung einbeziehen muss. Und genau das hatte das OLG nach Ansicht des BGH versäumt.
Die falsche Auskunft der Notarin
Die Klägerin hatte nämlich einen entscheidenden Punkt vorgetragen: Ihr Vater habe, als die Zwangsversteigerung drohte, die Notarin kontaktiert und um Rat gefragt. Die Notarin soll ihm daraufhin gesagt haben, dass wegen der bereits gelöschten Vormerkung nun nichts mehr gegen die Zwangssicherungshypotheken unternommen werden könne. Diese Auskunft war, wie der BGH feststellte, rechtlich falsch.
Der BGH argumentierte: Wenn die Notarin selbst – also die Fachfrau, die den Vertrag aufgesetzt hatte – einem juristischen Laien erklärt, dass die Lage aussichtslos sei, wie kann man diesem Laien dann vorwerfen, nicht gehandelt zu haben? Ein Bürger darf grundsätzlich auf die Richtigkeit einer Auskunft einer Notarin vertrauen. Es wäre widersprüchlich, von ihm zu verlangen, diese Auskunft anzuzweifeln und auf eigene Faust andere Rechtsmittel zu ergreifen. Das OLG hätte diesen Vortrag prüfen und zum Beispiel den Vater als Zeugen hören müssen. Hätte es das getan, wäre es möglicherweise zu dem Schluss gekommen, dass die Familie eben nicht schuldhaft untätig war und die Notarin doch haftet.
Der ursprüngliche Fehler: Die mangelhafte Vertragsgestaltung
Der BGH ging sogar noch einen Schritt weiter und wies auf den eigentlichen Ursprungsfehler hin: Die Amtspflichtverletzung der Notarin lag bereits in der mangelhaften Gestaltung des Rückübertragungsvertrags. Eine sorgfältige Notarin hätte die Reihenfolge umgedreht und sichergestellt, dass die schützende Vormerkung erst dann gelöscht wird, wenn die Hypotheken der Gläubiger nachweislich aus dem Grundbuch entfernt sind. Diese fehlerhafte Vertragsgestaltung schuf erst den gefährlichen Anschein, die Gläubiger könnten nun ungehindert auf die Grundstücke zugreifen, und provozierte die Zwangsversteigerung geradezu. Die vom OLG genannten Rechtsmittel, wie eine Beschwerde über die Untätigkeit der Notarin, hätten diesen grundlegenden Designfehler im Vertrag nicht mehr heilen können.
Warum das Oberlandesgericht nun neu entscheiden muss
Der Fall liegt nun wieder beim Oberlandesgericht. Dieses muss die übersehenen Argumente der Klägerin berücksichtigen. Es wird klären müssen, ob die Notarin tatsächlich die falsche Auskunft gegeben hat. Sollte sich dies bestätigen, dürfte es für die Notarin schwer werden, sich auf ein Verschulden der Familie zu berufen. Selbst wenn die Familie rechtlich die Möglichkeit gehabt hätte, gegen die Gläubiger vorzugehen, könnte ihr Vertrauen auf die falsche Auskunft der Notarin ein Mitverschulden zumindest stark mindern. Die neue Verhandlung wird also zeigen, ob der Rat einer Notarin am Ende nicht nur teuer, sondern auch haftungsbegründend war.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil zeigt, dass Notare für fehlerhafte Vertragsgestaltung und falsche Rechtsauskünfte haftbar gemacht werden können, selbst wenn die Geschädigten theoretisch andere Lösungswege hätten nutzen können. Entscheidend ist: Wer als juristischer Laie auf eine falsche Auskunft eines Notars vertraut und deshalb nicht handelt, kann dafür normalerweise nicht verantwortlich gemacht werden. Die Reihenfolge bei Grundstücksgeschäften ist extrem wichtig – Sicherungen sollten erst aufgegeben werden, wenn alle Probleme tatsächlich gelöst sind, nicht nur versprochen. Für Immobilieneigentümer bedeutet das: Sie dürfen Notaren vertrauen, sollten aber bei unklaren Auskünften eine zweite Meinung einholen und niemals Sicherungsrechte vorzeitig aufgeben.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist eine Auflassungsvormerkung und wozu dient sie beim Immobilienkauf?
Die Auflassungsvormerkung ist ein wichtiges Sicherungsinstrument im deutschen Immobilienrecht, das den Käufer einer Immobilie schützt. Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Kaufvertrag für ein Haus oder Grundstück unterschrieben und möchten Eigentümer werden. Dies geschieht jedoch nicht sofort mit der Unterschrift. Bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises und der anschließenden Eintragung im Grundbuch vergeht oft eine gewisse Zeit. Genau in dieser Übergangsphase kommt die Auflassungsvormerkung ins Spiel.
Was ist eine Auflassungsvormerkung?
Die Auflassungsvormerkung ist eine vorläufige Eintragung im Grundbuch. Sie wird im Rahmen eines notariellen Immobilienkaufvertrags beantragt und im sogenannten Grundbuchblatt der Immobilie vermerkt, meist in Abteilung II („Lasten und Beschränkungen“). Ihre Funktion ist es, den Anspruch des Käufers auf Übereignung des Grundstücks – also darauf, später als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen zu werden – abzusichern. Man könnte sie als eine Art „Reservierungsschild“ im Grundbuch verstehen, das anzeigt, dass dieses Grundstück für einen bestimmten Käufer vorgesehen ist.
Wozu dient die Auflassungsvormerkung beim Immobilienkauf?
Ihr Hauptzweck ist es, den Käufer vor möglichen Risiken während der Abwicklungsphase des Immobilienkaufs zu schützen. Diese Phase beginnt mit dem Abschluss des notariellen Kaufvertrags und endet erst, wenn der Käufer tatsächlich als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Ohne eine solche Absicherung wäre der Käufer in dieser Zeit schutzlos den Handlungen des Verkäufers oder anderen äußeren Einflüssen ausgeliefert.
Die Auflassungsvormerkung schützt insbesondere vor folgenden Gefahren:
- Doppelverkauf: Sie verhindert, dass der Verkäufer die Immobilie nach Vertragsabschluss an einen anderen Käufer verkauft, der dann zuerst ins Grundbuch eingetragen wird.
- Belastungen: Sie schützt davor, dass der Verkäufer die Immobilie nach dem Vertragsabschluss mit neuen Rechten Dritter, wie weiteren Hypotheken oder Grundschulden, belastet. Solche Belastungen würden dem Recht des Käufers, Eigentümer zu werden, nicht entgegenstehen.
- Zwangsvollstreckung oder Insolvenz des Verkäufers: Sie sorgt dafür, dass der Käufer auch dann noch Eigentümer werden kann, wenn der Verkäufer nach dem Abschluss des Kaufvertrags in finanzielle Schwierigkeiten gerät und beispielsweise Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen ihn eingeleitet werden oder er insolvent wird. Der Anspruch des Käufers ist durch die Vormerkung geschützt und hat Vorrang vor solchen späteren Zugriffen.
Wie funktioniert der Schutz?
Der Schutzmechanismus der Auflassungsvormerkung beruht darauf, dass jede spätere Verfügung oder Belastung des Grundstücks durch den Verkäufer, die den Anspruch des Käufers auf Eigentumsübertragung beeinträchtigen würde, gegenüber dem Käufer unwirksam ist. Das bedeutet: Obwohl der Verkäufer formell noch Eigentümer ist und theoretisch über das Grundstück verfügen könnte, haben diese Verfügungen keine Wirkung gegenüber dem Käufer. Der Käufer kann weiterhin verlangen, dass die Immobilie so an ihn übertragen wird, wie es im Kaufvertrag vereinbart wurde, unabhängig davon, was der Verkäufer danach im Grundbuch veranlasst hat. Die Vormerkung sichert somit die spätere Eigentumsumschreibung und stellt sicher, dass der Käufer das Eigentum in dem Zustand erhält, wie es bei der Eintragung der Vormerkung war, frei von späteren, ihn benachteiligenden Eintragungen.
Wie schützt eine Auflassungsvormerkung vor später eingetragenen Schulden oder anderen Belastungen im Grundbuch?
Eine Auflassungsvormerkung schützt Sie als künftigen Käufer einer Immobilie, indem sie Ihren Anspruch auf Eigentumsübertragung im Grundbuch priorisiert und sichert. Stellen Sie sich das Grundbuch wie eine öffentliche Warteliste vor, in die alle Rechte an einer Immobilie eingetragen werden. Die Reihenfolge der Eintragungen bestimmt, welches Recht Vorrang hat.
Die Schutzwirkung der Auflassungsvormerkung
Sobald eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen ist, wirkt sie wie eine „Blockade“ für alle späteren Einträge, die den angestrebten Eigentumserwerb beeinträchtigen könnten. Juristen sprechen hier von der sogenannten Rangwirkung oder dem Prioritätsprinzip: Was zuerst eingetragen wird, hat Vorrang.
Konkret bedeutet das für Sie:
- Sicherung Ihres Anspruchs: Die Vormerkung sichert Ihren Anspruch auf die spätere Übertragung des Eigentums an der Immobilie. Es ist eine Art Reservierung, die Ihre Position im Grundbuch festschreibt.
- Schutz vor Belastungen des Verkäufers: Sollten nach der Eintragung Ihrer Auflassungsvormerkung neue Belastungen im Grundbuch eingetragen werden, zum Beispiel weil der Verkäufer nach dem Kaufvertrag neue Schulden macht und ein Gläubiger eine sogenannte Zwangssicherungshypothek (eine Art Zwangsverpfändung des Grundstücks wegen offener Forderungen) eintragen lässt, hat dies keinen Einfluss auf Ihren Anspruch.
- Löschung nachrangiger Rechte: Wenn Sie später tatsächlich Eigentümer der Immobilie werden, kann die Auflassungsvormerkung dazu genutzt werden, alle Rechte, die nach ihr im Grundbuch eingetragen wurden, löschen zu lassen. Das bedeutet, Sie erhalten die Immobilie so, als ob diese späteren Belastungen nie existiert hätten. Ihre Vormerkung sorgt dafür, dass Ihr Eigentumserwerb frei von solchen nachträglichen Beeinträchtigungen bleibt.
Durch diese Vormerkung wird also sichergestellt, dass Sie die Immobilie in dem Zustand und mit den Rechten erwerben, die zum Zeitpunkt der Eintragung der Vormerkung versprochen wurden, unabhängig von zwischenzeitlichen Belastungen oder anderweitigen Verfügungen des Verkäufers. Sie schützt somit vor bösen Überraschungen im Zeitraum zwischen Kaufvertragsunterzeichnung und der tatsächlichen Eigentumsumschreibung im Grundbuch.
Was muss ich beachten, wenn eine Auflassungsvormerkung gelöscht werden soll, aber noch weitere Schulden oder Rechte im Grundbuch eingetragen sind?
Wenn eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch gelöscht werden soll, während gleichzeitig noch andere Belastungen wie Schulden (z.B. Grundschulden) oder andere Rechte (z.B. Wegerechte, Wohnrechte) eingetragen sind, ist besondere Vorsicht geboten. Der Kern des Problems liegt in der Rangfolge der Eintragungen im Grundbuch.
Die Bedeutung der Rangfolge im Grundbuch
Das Grundbuch ist wie ein öffentliches Register für Grundstücke und Immobilien. Es zeigt, wem ein Grundstück gehört und welche Rechte oder Belastungen darauf liegen. Diese Eintragungen haben eine bestimmte Reihenfolge oder Rangfolge. Der Rang entscheidet darüber, welches Recht im Falle eines Konflikts (z.B. bei einer Zwangsversteigerung) Vorrang hat. Rechte, die früher eingetragen wurden, haben in der Regel einen besseren Rang als später eingetragene Rechte.
Eine Auflassungsvormerkung sichert den Anspruch des Käufers auf Übereignung einer Immobilie. Sie ist wie ein Platzhalter im Grundbuch. Ihr Zweck ist es, zu verhindern, dass der Verkäufer das Grundstück noch an jemand anderen verkauft oder weitere Belastungen einträgt, die den Kauf des Erstkäufers gefährden könnten. Die Vormerkung sichert den zukünftigen Käufer also gegen nachteilige Veränderungen im Grundbuch ab.
Das Risiko des „Aufrückens“
Wenn die Auflassungsvormerkung gelöscht wird, bevor alle anderen nachrangigen (also im Rang schlechter stehenden) Schulden oder Rechte, die Sie als Käufer nicht übernehmen möchten, ebenfalls gelöscht sind, entsteht ein Risiko: Die nachrangigen Rechte können im Rang „aufrücken“.
Stellen Sie sich vor, das Grundbuch ist eine Treppe. Ganz oben steht die Auflassungsvormerkung als Schutzschild für den Käufer. Darunter liegen andere Belastungen, wie zum Beispiel ein altes Darlehen des Verkäufers (eine Grundschuld) oder ein Wohnrecht für eine dritte Person. Wenn nun die Auflassungsvormerkung gelöscht wird, bevor diese unteren Stufen entfernt wurden, rücken die verbliebenen Belastungen automatisch eine Stufe nach oben. Sie werden also im Rang stärker und können den neuen Eigentümer stärker belasten.
Für den Käufer bedeutet das: Das ursprünglich angestrebte Ziel, die Immobilie „lastenfrei“ oder nur mit bestimmten gewollten Belastungen zu erwerben, könnte nicht erreicht werden. Die aufrückenden Rechte könnten die Nutzung oder den Wert der Immobilie auch für den neuen Eigentümer weiterhin einschränken oder sogar zu finanziellen Forderungen führen.
Wann die Auflassungsvormerkung gelöscht wird
Normalerweise wird eine Auflassungsvormerkung erst dann gelöscht, wenn der Kaufvertrag vollständig erfüllt und der Käufer als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Erst mit der Umschreibung des Eigentums ist der Zweck der Vormerkung erfüllt und sie wird überflüssig. Parallel dazu werden in der Regel auch die vom Käufer nicht gewünschten Belastungen des Verkäufers (z.B. alte Hypotheken oder Grundschulden) gelöscht, oft direkt aus dem Kaufpreis heraus.
Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass alle gewünschten Löschungen von Belastungen vor oder spätestens gleichzeitig mit der Umschreibung des Eigentums auf den Käufer erfolgen. Die Auflassungsvormerkung sollte erst gelöscht werden, wenn sichergestellt ist, dass das Eigentum wie gewünscht – also frei von ungewollten Belastungen – auf den neuen Eigentümer übergegangen ist und alle damit verbundenen Risiken ausgeschlossen sind.
Wann kann ein Notar für Fehler bei der Abwicklung eines Grundstücksgeschäfts haftbar gemacht werden?
Ein Notar ist eine wichtige Vertrauensperson bei Grundstücksgeschäften. Er hat die Aufgabe, die Beteiligten objektiv zu beraten und für die rechtliche Sicherheit und korrekte Abwicklung des Geschäfts zu sorgen. Trotz dieser Schutzfunktion kann ein Notar unter bestimmten Voraussetzungen für Fehler oder Versäumnisse haftbar gemacht werden.
Ein Notar kann für Schäden haftbar gemacht werden, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
Verletzung einer Amtspflicht
Ein Notar muss bestimmte Amtspflichten erfüllen, die gesetzlich festgelegt sind. Diese Pflichten umfassen unter anderem:
- Belehrungspflicht: Der Notar muss die Beteiligten umfassend über die rechtlichen Tragweiten des Geschäfts und mögliche Risiken aufklären. Das bedeutet, er muss verständlich erklären, welche Folgen der Vertrag hat und worauf geachtet werden muss.
- Beratungspflicht: Er muss die Beteiligten neutral beraten und ihnen die rechtlich passende Gestaltung des Geschäfts ermöglichen.
- Prüfungspflicht: Der Notar muss prüfen, ob das Geschäft rechtlich zulässig ist und ob alle notwendigen Voraussetzungen erfüllt sind (z.B. Vollmachten, Genehmigungen).
- Abwicklungspflicht: Er muss sicherstellen, dass die Vertragsabwicklung korrekt und fristgerecht erfolgt, beispielsweise die Eintragung ins Grundbuch oder die Auszahlung des Kaufpreises.
- Formulierungspflicht: Der Notar muss den Vertragstext präzise und unmissverständlich formulieren, damit der erklärte Wille der Parteien rechtlich bindend festgehalten wird.
Beispiele für eine Amtspflichtverletzung können sein:
- Der Notar klärt nicht über ein bestehendes Vorkaufsrecht auf, das dazu führt, dass der Verkauf scheitert.
- Er formuliert den Kaufvertrag fehlerhaft, sodass wichtige Regelungen nicht wirksam sind oder der Kaufgegenstand nicht eindeutig beschrieben ist.
- Der Notar übermittelt notwendige Dokumente nicht rechtzeitig an das Grundbuchamt, wodurch ein Käufer einen Schaden erleidet.
- Er berät nicht ausreichend über die finanziellen Risiken oder steuerlichen Folgen eines bestimmten Vorgehens.
- Der Notar ignoriert offensichtliche Anzeichen für eine Geschäftsunfähigkeit oder fehlende Vertretungsberechtigung einer Partei.
Verschulden des Notars
Die Amtspflichtverletzung muss schuldhaft begangen worden sein. Das bedeutet, der Notar hat den Fehler entweder vorsätzlich oder fahrlässig verursacht.
- Vorsatz liegt vor, wenn der Notar den Schaden bewusst herbeiführen wollte oder die Pflichtverletzung billigend in Kauf genommen hat. Dies ist in der Praxis sehr selten.
- Fahrlässigkeit bedeutet, der Notar hat die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen. Das ist der häufigere Fall. Ein Notar unterliegt dabei einem sehr hohen Sorgfaltsmaßstab. Er muss die „Sorgfalt eines gewissenhaften Notars“ walten lassen, was eine sehr anspruchsvolle Anforderung ist.
Entstandener Schaden
Durch die Pflichtverletzung muss ein konkreter Schaden entstanden sein. Meist handelt es sich dabei um einen finanziellen Schaden, also einen Vermögensverlust, der direkt auf die fehlerhafte Notartätigkeit zurückzuführen ist. Wenn beispielsweise durch einen Fehler im Kaufvertrag das Grundstück nicht wie gewünscht übertragen werden kann und dadurch ein finanzieller Verlust entsteht, ist dies ein Schaden.
Kausalität
Es muss ein direkter Ursachenzusammenhang (Kausalität) zwischen der Pflichtverletzung des Notars und dem entstandenen Schaden bestehen. Das bedeutet, der Schaden wäre ohne die Pflichtverletzung des Notars nicht eingetreten. Wenn also ein Schaden auch ohne den Fehler des Notars entstanden wäre, kann dieser nicht haftbar gemacht werden.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Ein Notar haftet, wenn er eine ihm obliegende Amtspflicht verletzt, diese Pflichtverletzung schuldhaft (vorsätzlich oder fahrlässig) erfolgte, dadurch ein Schaden entstanden ist und dieser Schaden direkt auf die Pflichtverletzung zurückzuführen ist. Diese Regelungen dienen dazu, die hohe Verantwortung des Notars und die Schutzfunktion für die Beteiligten zu unterstreichen.
Kann ich mich als juristischer Laie auf den Rat eines Notars verlassen, wenn es um komplizierte Rechtsfragen geht?
Ja, als juristischer Laie können Sie sich auf den Rat eines Notars im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgaben grundsätzlich verlassen. Notare sind unparteiische und unabhängige Juristen, die eine besondere Vertrauensstellung einnehmen und eine umfassende Aufklärungspflicht haben.
Die Rolle und Pflichten des Notars
Der Notar hat die Aufgabe, Sie als Bürger umfassend über die rechtlichen Bedeutungen, Folgen und auch die Risiken eines Geschäfts oder einer Erklärung aufzuklären, bevor Sie es unterschreiben. Das gilt insbesondere für juristische Laien, die keine Vorkenntnisse haben. Der Notar muss sicherstellen, dass Sie den Inhalt und die Tragweite des Rechtsgeschäfts vollständig verstehen. Dies ist gesetzlich vorgeschrieben und ein wichtiger Schutz für Sie.
Stellen Sie sich vor, Sie möchten einen Kaufvertrag für eine Immobilie unterschreiben. Der Notar wird Ihnen nicht nur den Vertrag vorlesen, sondern auch erklären, welche rechtlichen Auswirkungen jede Klausel hat, welche Pflichten und Rechte sich daraus für Sie ergeben und welche Risiken beispielsweise mit bestimmten Formulierungen verbunden sein könnten. Er weist Sie auch auf rechtliche Alternativen hin, die für Ihr Anliegen in Frage kommen könnten.
Grenzen der Notartätigkeit und Ihr Vertrauen
Das Vertrauen in den Notar ist sehr hoch, da er eine amtliche Funktion ausübt und im Interesse aller beteiligten Parteien handelt, um rechtlich einwandfreie und sichere Dokumente zu erstellen. Wenn ein Notar seine Aufklärungspflicht verletzt und dies zu einem Schaden führt, kann er dafür zur Verantwortung gezogen werden. Dies stärkt das Vertrauen in die Qualität seiner Arbeit.
Dennoch ist es wichtig zu verstehen, dass die Hauptaufgabe eines Notars darin besteht, Rechtsgeschäfte zu beurkunden und die beteiligten Parteien über deren Inhalt und rechtliche Konsequenzen aufzuklären. Er ist dazu da, sicherzustellen, dass das, was Sie unterschreiben, rechtlich wirksam ist und Ihren Willen korrekt wiedergibt. Er berät Sie neutral und unparteiisch zu dem konkreten Vorgang, für den er zuständig ist.
Für Sie bedeutet das: Bezüglich der juristischen Ausgestaltung und der rechtlichen Folgen des konkreten Geschäfts, das notariell beurkundet werden soll (z.B. ein Kaufvertrag, eine Schenkung, ein Testament), können Sie sich auf die Ausführungen des Notars verlassen. Geht es jedoch um allgemeine, komplexe Rechtsfragen, die über den unmittelbaren Beurkundungsvorgang hinausgehen – beispielsweise um eine umfassende Steuerstrategie für Ihr Vermögen oder eine detaillierte Beratung zu allen möglichen Rechtsgebieten, die nicht direkt mit der Beurkundung zusammenhängen – dann liegt dies nicht immer im Kernbereich der notariellen Beratungspflicht. Der Notar wird sich stets auf den konkreten Beurkundungsauftrag konzentrieren.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Rückauflassungsvormerkung
Eine Rückauflassungsvormerkung ist eine Vormerkung im Grundbuch, die sicherstellt, dass ein Grundstück später zurückübertragen werden kann. Im geschilderten Fall sicherte sie der Großmutter das Recht, die Grundstücke zurückzuerhalten, falls bestimmte Vertragssituationen eintreten, etwa finanzielle Schwierigkeiten des Sohnes. Die Vormerkung hat Vorrang vor späteren Eintragungen und schützt damit ihren Anspruch, auch wenn zwischenzeitlich Belastungen ins Grundbuch eingetragen werden. Dies ist praktisch eine verbindliche Reservierung, die den Rückübertragungsanspruch priorisiert.
Beispiel: Wenn ein Grundstück zunächst übertragen wird, aber der ursprüngliche Eigentümer es bei Eintritt bestimmter Bedingungen wieder zurückbekommen soll, schützt eine Rückauflassungsvormerkung seinen Rückübertragungsanspruch im Grundbuch.
Zwangssicherungshypothek
Eine Zwangssicherungshypothek ist eine von einem Gläubiger zwangsweise in das Grundbuch eingetragene Sicherheit für eine offene Forderung gegen den Grundstückseigentümer. Sie erlaubt dem Gläubiger, die Zwangsversteigerung des Grundstücks zu beantragen, um seine Forderungen durch den Verkauf der Immobilie zu befriedigen. Im Fall belasteten solche Hypotheken die Grundstücke der Familie und führten zu Gefahr, dass das Eigentum versteigert wird.
Beispiel: Schuldet jemand Geld und zahlt nicht, kann der Gläubiger eine Zwangssicherungshypothek erwirken, ähnlich wie eine Pfändung auf das Grundstück, damit er später durch Versteigerung Geld bekommt.
Amtspflichtverletzung
Eine Amtspflichtverletzung liegt vor, wenn ein Notar die ihm gesetzlich auferlegten Pflichten verletzt, zu denen unter anderem eine umfassende Beratung und korrekte, sorgfältige Vertragsgestaltung gehören (z. B. nach §§ 17, 18 Notarordnung). Im dargestellten Fall verpflichtete die mangelhafte Vertragsgestaltung und die falsche Auskunft der Notarin sie zur Haftung. Eine Amtspflichtverletzung erfordert, dass der Notar seine Aufgaben nicht mit der erforderlichen Sorgfalt wahrgenommen hat.
Beispiel: Wenn ein Notar einen Vertrag falsch formuliert, sodass eine Partei durch die Fehler finanzielle Verluste erleidet, kann dies eine Amtspflichtverletzung darstellen.
Subsidiarität der Haftung
Subsidiarität der Haftung bedeutet, dass ein Amtsträger (wie ein Notar) nur dann haftet, wenn der Geschädigte nicht selbst zumutbare Möglichkeiten hatte, den Schaden zu verhindern. Das heißt, der Staat oder der Notar haftet nur als „letzte Instanz“. Im Fall wurde argumentiert, die Familie hätte durch eigene Rechtsmittel oder Beschwerden gegen die Notarin den Schaden abwenden können, wodurch der Notar von der Haftung befreit wäre.
Beispiel: Wenn jemand durch eigenes Fehlverhalten Schaden verursacht wird, kann ein Amtsträger trotz Fehler nicht haften, weil die Schadensabwehr hauptsächlich Sache des Geschädigten gewesen wäre.
Anspruch auf rechtliches Gehör
Das rechtliche Gehör ist ein verfassungsmäßiges Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG), das sicherstellt, dass eine Partei vor Gericht ihre wesentlichen Argumente und Beweise vortragen kann und diese von der Entscheidung berücksichtigt werden müssen. Im Fall stellte der Bundesgerichtshof fest, dass das Oberlandesgericht dieses Recht verletzt hat, indem es wichtige Argumente der Klägerin zur falschen Auskunft der Notarin nicht geprüft hat. Dadurch muss der Fall neu verhandelt werden.
Beispiel: Wenn ein Gericht einen wichtigen Beweisantrag eines Angeklagten ignoriert und daraufhin ein Urteil fällt, liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 280 BGB (Schadensersatz wegen Pflichtverletzung): Regelt die Haftung für Schäden, die durch die Verletzung vertraglicher Pflichten entstehen. Wichtig ist, ein Verschulden vorliegen muss und der Schaden kausal auf der Pflichtverletzung beruht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin macht gegen die Notarin Schadensersatz geltend, weil diese ihre Amtspflichten bei der Vertragsgestaltung und Beratung verletzt haben soll.
- § 823 Abs. 1 BGB (Deliktische Haftung): Bezieht sich auf die Haftung bei unerlaubten Handlungen, also wenn jemand vorsätzlich oder fahrlässig das Eigentum oder andere Rechte eines anderen verletzt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Relevant für eine mögliche deliktische Haftung der Notarin wegen der falschen rechtlichen Beratung, die zum finanziellen Schaden der Klägerin führte.
- Amtspflichten und Haftung des Notars (Notarordnung, §§ 15 ff. NO und BGH-Rechtsprechung): Notare sind Träger eines öffentlichen Amts und haben eine besondere Sorgfaltspflicht bei der Vertragsgestaltung und Beratung; Fehlverhalten kann Amtspflichtverletzung und Haftung auslösen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die zentrale Frage ist, ob die Notarin ihre Amtspflicht verletzt hat durch die falsche Auskunft und fehlerhafte Vertragsgestaltung.
- Art. 103 Abs. 1 GG (Rechtliches Gehör): Sicherstellt, dass jeder Partei im Gerichtsverfahren die Möglichkeit gegeben wird, alle relevanten Argumente vorzubringen und das Verfahren fair zu gestalten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der BGH hob das OLG-Urteil auf, da das Gericht die Argumente der Klägerin zur falschen Auskunft der Notarin nicht ausreichend berücksichtigt hat.
Das vorliegende Urteil
BGH – Az.: III ZR 18/24 – Beschluss vom 24.04.2025
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