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Aufgebotsverfahren zum Ausschluss unbekannter Gläubiger

OLG München – Az.: 34 Wx 302/17 – Beschluss vom 22.12.2017

I. Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 4. Juli 2017 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 155.250 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Beteiligte ist aufgrund Auflassung vom 22.8.2006 seit 30.6.2011 als Eigentümer der mit dem aufzubietenden Grundpfandrecht belasteten Wohnung im Wohnungseigentumsgrundbuch eingetragen. In der Dritten Abteilung des Grundbuchs ist unter lfd. Nr. 3 seit 15.12.2006 zu seinen Gunsten eine verzinsliche Grundschuld über 155.250 €, für die die Erteilung eines Briefs nicht ausgeschlossen ist, unter Bezugnahme auf die notarielle Bewilligungsurkunde vom 10.11.2006 eingetragen.

Mit Anwaltsschriftsatz vom 8.3.2017 beantragte der Beteiligte wegen dieser Grundschuld die Durchführung eines Aufgebotsverfahrens zum Ausschluss unbekannter Gläubiger. Zur Begründung machte er geltend, er habe die als sofort fälliges Recht bestellte Grundschuld zu unterschriftsbeglaubigter Urkunde (ebenfalls) vom 10.11.2006 an eine Gesellschaft in der Rechtsform einer Limited mit Sitz in Kanada abgetreten und werde nun von einer Gesellschaft in der Rechtsform einer GmbH mit Sitz in Deutschland auf Zahlung in Anspruch genommen. Diese berühme sich der Briefgrundschuld unter Verweis auf eine Abtretungsvereinbarung vom 1.3.2016, nach deren Inhalt die Briefgrundschuld von der ersten Zessionarin an eine unter identischer Adresse in Kanada residierende Gesellschaft in der Rechtsform der Corporation (Namenszusatz: Inc.) und von dieser an die sich als Gläubigerin bezeichnende GmbH jeweils unter Übergabe des Grundschuldbriefs abgetreten worden sei. Der aus Anlass der ersten Abtretung an die Zessionarin verschickte Grundschuldbrief sei jedoch nach den – trotz entsprechender Aufforderung nicht näher erläuterten – Angaben der Anspruchstellerin nicht mehr im Original vorhanden; der Verbleib sei ihm, dem Beteiligten, trotz Nachfragen bei der angeblichen Gläubigerin und deren anwaltlichen Vertreter nicht bekannt.

Zur Glaubhaftmachung legte er vor: eine von ihm abgegebene undatierte eidesstattliche Versicherung des Inhalts, dass ihm nicht bekannt sei, wo sich der Grundschuldbrief befinde, Nachforschungen erfolglos geblieben seien und die Grundschuld nicht in einer zum Neubeginn der Verjährung führenden Weise anerkannt worden sei; Kopien der Grundschuldbestellungsurkunde, der Abtretungserklärungen vom 10.11.2006 und 1.3.2016 und des Grundschuldbriefs vom 18.12.2006; Auszüge aus einer anwaltlich geführten Korrespondenz, nämlich die an die GmbH bzw. deren anwaltliche Vertretung adressierten Schreiben des vom Beteiligten bevollmächtigten Rechtsanwalts vom 20.1.2017 und 30.1.2017 sowie die anwaltlichen Antwortschreiben vom 26.1.2017 und 20.2.2017. Daraus ergibt dass, dass die GmbH unter dem 20.1.2017 aufgefordert wurde, „Ihre behauptete Rechtsstellung nachzuweisen“ und zu diesem Zweck eine aktuelle notariell beglaubigte Kopie des Grundschuldbriefs sowie der dazugehörigen Abtretungserklärung zukommen zu lassen. Die behauptete Rechtsstellung wurde im Schreiben dahingehend wiedergegeben, die GmbH (wörtlich: „Ihre Firma“) berühme sich einer Briefgrundschuld gegen den Beteiligten und habe zur Herbeiführung einer Löschung der Grundschuld eine „Lösung durch Zahlung eines Vergleichsbetrages vorgeschlagen“. Gemäß dem anwaltlichen Antwortschreiben vom 26.1.2017 (Anlage GKZ 8) teilte die Gegenseite mit, die Grundschuldbriefe lägen im Original nicht mehr vor, es könne jedoch eine notarielle Verlustanzeige mit Kraftloserklärung der Grundschuldbriefe erklärt und eine Löschungsbewilligung erteilt werden. Eine diesbezügliche notarielle Regelung einschließlich des Vergleichsbetrags wurde vorgeschlagen. Die unter dem 30.1.2017 angemahnten Nachweise über die Rechtsstellung beantwortete die Gegenseite unter dem 20.2.2017 durch Übersendung einer Kopie über die am 1.3.2016 unterzeichnete und am 14.2.2017 von einem deutschen Notar unterschriftsbeglaubigte Kettenabtretung der gegenständlichen Eigentümerbriefgrundschuld, wonach das Recht von der ersten Zessionarin an eine an identischer Adresse residierende und von derselben Direktorin vertretene sowie dem Namen nach konzernverbundene Gesellschaft abgetreten und von dieser an die GmbH weiterabgetreten werde. Im Vereinbarungstext ist als Erklärung festgehalten, dass der „deutsche Grundpfandbrief, Gruppe …, mit Unterschrift unter diesen Vertrag im Original übergeben“ bzw. „am heutigen Tage der … (GmbH) übergeben“ werde.

Mit Beschluss vom 4.7.2017 hat das Amtsgericht den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, sowohl der eingetragene Gläubiger als auch die möglichen Abtretungsempfänger seien der Person nach bekannt. Das Aufgebotsverfahren zum Ausschluss des unbekannten Gläubigers sei in dieser Situation nicht zulässig (wörtlich: „möglich“); die Wirksamkeit („Richtigkeit“) der Abtretung an die sich berühmende Gläubigerin könne nicht geprüft werden. Das Aufgebotsverfahren sei auch nicht dazu da, das Grundbuchverfahren zu umgehen oder möglicherweise berechtigte Ansprüche zu vereiteln.

Gegen die am 10.7.2017 zugestellte Entscheidung wendet sich der Beteiligte mit der am 4.8.2017 eingegangenen Beschwerde. Dem Unbekanntsein des Gläubigers sei es nach höchstrichterlicher Rechtsprechung gleichzustellen, wenn die sich als Gläubiger ausgebende Person ihr Recht nicht nachweisen könne. Unbekannt sei der Berechtigte eines Briefrechts schon dann, wenn sich nicht feststellen lasse, in wessen Händen sich der Grundpfandbrief befinde. Das Aufgebotsverfahren sei zudem gegenüber anderen Möglichkeiten der Grundbuchbereinigung nicht subsidiär.

Das Amtsgericht hat nicht abgeholfen und ergänzend ausgeführt, die Wirksamkeit der von der angeblichen Gläubigerin behaupteten Abtretung müsse im Klagewege geklärt werden.

Im Beschwerdeverfahren hat der Beteiligte auf den Hinweis, dass das Unbekanntsein des Gläubigers nicht hinreichend vorgetragen und glaubhaft gemacht sei, Nachweise für die Übersendung des Grundschuldbriefs an die (erste) Zessionarin vorgelegt, außerdem Kopien weiterer Korrespondenz mit der aktuellen Anspruchstellerin bzw. ihrer anwaltlichen Vertretung, nämlich des Anwaltschreibens vom 3.3.2017, mit dem der erbetene Nachweis als nicht erbracht gerügt wird, und des Anwaltschreibens vom 6.3.2017, mit dem für die GmbH unter Bezugnahme auf in der Vergangenheit geführten Schriftverkehr um kurzfristige Kontaktaufnahme und eine möglichst sachlich, zeitnah und zielorientiert geführte Diskussion ersucht wird. Ergänzend hat er unter Vorlage entsprechender Schreiben und Frachtbelege (in Kopie) vorgetragen, er habe sich mit zwei Schreiben vom 26.10.2017 an die erste und an die mögliche weitere Zessionarin gewandt und um schriftliche Stellungnahme gebeten zum Verbleib der Grundschuld sowie des Grundschuldbriefs und zu Zeitpunkt sowie Empfänger einer Abtretung nebst Briefübergabe. Beide Empfänger habe das beauftragte Beförderungsunternehmen trotz übermittelter Fax- und Telefonnummer sowie E-Mail-Adresse nicht ermitteln können.

II.

Das Rechtsmittel bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.

1. Gegen die im Verfahren nach §§ 447 ff. FamFG ergangene Entscheidung des Amtsgerichts ist gemäß § 58 Abs. 1 FamFG die Beschwerde zum Oberlandesgericht (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG) das statthafte Rechtsmittel. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen (§ 10 Abs. 2 Satz 1, § 59 Abs. 2 mit § 448 Abs. 1, § 61 Abs. 1, 63 Abs. 1 und 3, § 64 Abs. 1 und 2 FamFG) sind auch im Übrigen erfüllt.

2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

a) Nach § 1192 Abs. 1 i. V. m. § 1170 BGB findet das Aufgebotsverfahren statt, wenn der Gläubiger des Rechts unbekannt ist.

aa) Dafür genügt es nach herrschender Meinung nicht, dass der Gläubiger dem Eigentümer des belasteten Grundbesitzes selbst unbekannt ist.

Erforderlich ist nach herrschender Meinung vielmehr, dass der Gläubiger des Grundpfandrechts „schlechthin“ unbekannt ist. Dies ist der Fall, wenn Klarheit über den Gläubiger trotz Ausschöpfung aller naheliegenden und mit zumutbarem Aufwand erschließbaren Erkenntnisquellen nicht erlangt ist (BGH NJW-RR 2004, 664/665; 2009, 660/661; 2014, 1360/1361; NJW 2014, 693/694; Senat vom 20.10.2016, 34 Wx 360/16 = FGPrax 2017, 47; OLG Hamm NJOZ 2013, 1404/1405; Staudinger/Wolfsteiner BGB [2015] § 1170 Rn. 6 und 15 f.; a. A. MüKo/Lieder BGB 7. Aufl. § 1170 Rn. 6 f.).

bb) Unbekannt im Sinne von § 1170 BGB ist der Gläubiger (unter anderem) dann, wenn der Brief (§ 1192 Abs. 1 i.V.m. § 1116 Abs. 1 BGB) nicht aufzufinden und nicht festzustellen ist, in wessen Händen er sich befindet (vgl. BGH NJW-RR 2009, 660/661 f.; 2014, 1360/1361; NJW 2014, 693/694; Schäuble ZEV 2013, 589/590; Schmidt-Räntsch ZNotP 2014, 288/296 f.; Heinze ZNotP 2014, 202/204 f.). Die Eintragung des Berechtigten im Grundbuch lässt nämlich keinen sicheren Schluss auf die Gläubigerstellung zu, weil die Briefgrundschuld nach § 1192 Abs. 1 i.V.m. §§ 1154, 1117 BGB durch Abtretung und Übergabe des Briefs außerhalb des Grundbuchs übertragen werden kann (Palandt/Herrler BGB 77. Aufl. § 1154 Rn. 13 sowie § 1191 Rn. 8).

cc) Der Unbekanntheit des Gläubigers gleichgestellt wird der Fall, dass die sich als Gläubigerin ausgebende Person ihr Recht nicht nachzuweisen vermag oder den Nachweis trotz Aufforderung ohne zureichenden Grund in angemessener Zeit nicht erbringt (RGZ 67, 95/99 f.; BGH NJW 2014, 693/694; NJW-RR 2014, 1360/1361; KG OLGZ 1970, 323/326; LG Düsseldorf NJW-RR 1995, 1232; Palandt/Herrler BGB 76. Aufl. § 1170 Rn. 2; Staudinger/Wolfsteiner § 1170 Rn. 6; MüKo/Lieder § 1170 Rn. 2). Ein solcher Gläubiger soll nicht die Verkehrsfähigkeit des Grundstücks blockieren können (zum Gesetzeszweck: BGH NJW-RR 2004, 664/666). Das Aufgebotsverfahren ist daher auch zum Zweck dessen Ausschließung zulässig (vgl. RGZ 67, 95/100).

b) Liegen die Voraussetzungen des § 1170 BGB vor, so ist das Aufgebotsverfahren gegenüber anderen möglichen Rechtsbehelfen – entgegen der Annahme des Amtsgerichts – nicht subsidiär (BGH NJW-RR 2009, 660/661; NJW 2014, 693/695; KG OLGZ 1970, 323/324; Staudinger/Wolfsteiner § 1170 Rn. 1). Zudem steht das Aufgebotsverfahren nach § 1170 BGB auch dann dem Eigentümer des belasteten Grundbesitzes zur Verfügung, wenn dieser – wie hier – weder das Erlöschen der Grundschuld und damit das Bestehen eines materiellrechtlichen Berichtigungsanspruchs noch das Bestehen eines Löschungsanspruchs aus einem sonstigen Rechtsgrund behaupten kann (BGH NJW 2014, 693/695). Gerade für den Fall, dass die Forderung zwar nicht erloschen, aber unbekannt ist, wem das Grundpfandrecht zusteht, hat der Gesetzgeber mit § 1170 BGB das Aufgebotsverfahren zur Verfügung gestellt (BGH NJW-RR 2004, 664/665).

c) Nach § 449 FamFG obliegt es allerdings dem Antragsteller, darzulegen und glaubhaft zu machen, dass der Gläubiger des eingetragenen Rechts im oben beschriebenen Sinn der Vorschrift unbekannt ist.

Diesen Anforderungen genügen das Vorbringen und die Glaubhaftmachung des Beteiligten – auch unter Berücksichtigung der in der Beschwerdeinstanz vorgenommenen Ergänzung – jedoch nicht.

aa) Die eidesstattliche Versicherung des Beteiligten, wonach es ihm nicht bekannt sei, wo sich der Grundschuldbrief befinde, und wonach – nicht konkretisierte – Nachforschungen erfolglos geblieben seien, reicht zur Glaubhaftmachung eines Sachverhalts der Unbekanntheit des Gläubigers nicht aus. Dass alle naheliegenden und mit zumutbarem Aufwand erschließbaren Erkenntnisquellen erfolglos ausgeschöpft worden seien und der Gläubiger des Rechts deshalb schlechthin als „seiner Person nach nicht bekannt“ anzusehen sei, ergibt sich daraus schon mangels Darstellung der unternommenen Bemühungen nicht (vgl. Keidel/Zimmermann FamFG 19. Aufl. § 449 Rn. 2).

bb) Es ist nicht glaubhaft gemacht, dass der Brief nicht aufzufinden und nicht festzustellen sei, in wessen Händen er sich befindet.

Zwar ist mit der in Kopie vorgelegten Urkunde über die Abtretungserklärung vom 10.11.2006 (Anlage GKZ 3) und die an das Notariat gerichtete Frachtkostenrechnung vom 10.1.2007 (Anlage GKZ 5) nebst an den Beteiligten gerichtete Notarsrechnung vom 29.1.2007 (Anlage GKZ 4) glaubhaft gemacht, dass der Grundschuldbrief an die (erste) Zessionarin versandt und an diese unter der in der Abtretungserklärung angegebenen Anschrift auch zugestellt worden ist. Denn die Frachtrechnung bezeichnet den Empfänger einer vom Notariat veranlassten Sendung in Übereinstimmung mit der Abtretungserklärung vom 10.11.2006 und vermerkt hierzu: „Zugestellt: 09 JAN 2007 14:41:00“. Eben diese für die Übersendung angefallenen Kosten hat der Notar dem Beteiligten unter Bezugnahme auf die Grundschuldbestellung vom 10.11.2006 weiterberechnet.

Nicht hinreichend glaubhaft gemacht ist jedoch die Behauptung, der weitere Verbleib des Briefs – und damit der Inhaber des Grundpfandrechts – seien unbekannt. Zwar ist die in Kopie vorgelegte, von einem deutschen Notar am 14.2.2017 unterschriftsbeglaubigte Vereinbarung über eine Kettenabtretung vom 1.3.2016 ein Indiz dafür, dass die erste Zessionarin den Brief an diesem Tag einer – wohl konzernverbundenen – Gesellschaft mit Sitz in Kanada übergeben und diese den Brief am selben Tag weitergereicht hat an die sich des Rechts berühmende GmbH. Dies gilt, obwohl der Empfang nicht quittiert ist, denn die Vereinbarung ist von drei als vertretungsberechtigt auftretenden Personen unterzeichnet. Der somit bis zur Übergabe an die GmbH nachvollziehbare Weg des Grundschuldbriefs verliert sich bei der sich nun als Rechtsinhaberin gerierenden GmbH, die über ihre anwaltliche Vertretung ohne nähere Erläuterung vortragen ließ, dass „die Grundschuldbriefe“ nicht mehr im Original vorlägen.

Allerdings hat der Beteiligte nicht alle ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen genutzt, um Informationen über den Verbleib des Briefs zu erlangen. Zu den auszuschöpfenden Erkenntnisquellen gehört eine mit zumutbarem Aufwand mögliche Nachfrage bei den Personen, die etwas über den Verbleib des Grundschuldbriefs wissen können (BGH NJW-RR 2014, 1360/1361). Das erfolglos gebliebene Bemühen, diesbezügliche Auskünfte bei der ersten und möglichen zweiten Zessionarin zu erlangen, war aber unzureichend. Zwar wurden Anschreiben an die Gesellschaften an deren angebliche Geschäftsadresse im Ausland verfasst, wobei die Empfängeradressen mit den Angaben in den Abtretungserklärungen vom 10.11.2006 und 1.3.2016 übereinstimmen. Die Mitteilung über die Unzustellbarkeit wurde allerdings hingenommen. Weder der Umstand, dass die als Direktorin der Gesellschaften bezeichnete Person gemäß dem notariellen Beglaubigungsvermerk vom 14.2.2017 ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland hat, wurde zum Anlass genommen, die Erreichbarkeit der Gesellschaften aufzuklären, noch sind sonstige eigene diesbezügliche Bemühungen vorgetragen. Dass die erste und zweite Zessionarin ohnehin keine Angaben über das weitere Schicksal des Briefs machen könnten, kann nicht von vornherein angenommen werden. Sie könnten zum einen Angaben dazu machen, ob die in den Abtretungserklärungen angekündigte Briefübergabe stattgefunden hat. Zudem liegt es nahe, dass die Direktorin der kanadischen Gesellschaften mit dem Geschäftsführer der GmbH anlässlich der notariellen Unterschriftsbeglaubigung am 14.2.2017 Kontakt hatte, mithin zu einem Zeitpunkt, als die GmbH mit ihrer Forderung bereits an den Beteiligten herangetreten und Zahlung verlangt hatte. Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass sie aus dem Kontakt mit dem Geschäftsführer weitere Erkenntnisse hat.

Zudem hat der Beteiligte das vom Anspruchsteller unterbreitete Gesprächsangebot nicht genutzt.

Weil weitere Nachfragen nahegelegen hätten und möglich gewesen wären, aber unterblieben sind, ist nicht glaubhaft gemacht, dass der Brief nicht aufzufinden und dass nicht festzustellen sei, in wessen Händen er sich befindet. Damit ist entgegen § 449 FamFG nicht glaubhaft gemacht, dass der Gläubiger unbekannt sei. Denn Glaubhaftmachung (§ 31 FamFG) setzt voraus, dass dem Gericht die überwiegende erhebliche Wahrscheinlichkeit der Wahrheit der glaubhaft zu machenden Tatsache vermittelt wird (BGHZ 156, 139/141 f.; Senat vom 20.11.2012, 34 Wx 364/12 = FGPrax 2013, 41/42).

Eine andere Beurteilung ist nicht deshalb veranlasst, weil der „Aufenthalt“ des letzten bekannten Inhabers des Grundpfandbriefs, mithin der ersten und ggfls. auch der möglichen zweiten Zessionarin, unbekannt sei (vgl. BGH NJW-RR 2014, 1360/1361; ZfIR 2014, 611; NJW-RR 2004, 664/665; LG Augsburg MittBayNot 1981, 130). Bemühungen des Beteiligten, deren Erreichbarkeit aufzuklären, sind – wie dargelegt – nicht ersichtlich, obwohl schon angesichts des Wohnsitzes der – angeblichen – Direktorin in der Bundesrepublik Deutschland diesbezügliche Ermittlungen nahegelegen hätten und zumutbar gewesen wären. Die im Verlauf des Beschwerdeverfahrens auf richterlichen Hinweis unternommenen Bemühungen um Informationsgewinnung bleiben an der Oberfläche. Deren Erfolglosigkeit ist deshalb nicht geeignet, darzutun und glaubhaft zu machen, dass der Verbleib des Briefs nicht zu klären sei.

cc) Unter diesen Umständen steht es der Unbekanntheit des Gläubigers nicht gleich, dass die sich als Gläubigerin ausgebende GmbH zum Verbleib des Briefs keine Angaben gemacht und trotz Aufforderung ihr Recht ohne erkennbaren Grund nicht nachgewiesen, sondern lediglich erklärt hat, dass der Grundschuldbrief nicht mehr im Original vorliegen soll.

Zwar ist grundsätzlich auch dann der Berechtigte seiner Person nach unbekannt, wenn ungewiss ist, ob das eingetragene Recht dem Prätendenten gemäß dessen nicht bewiesener Behauptung oder nicht doch in Wahrheit einer anderen Person zusteht (BGH NJW 2014, 693/694 mit Hinweis auf Mugdan Materialien zum BGB Bd. 3 S. 1007). Stehen dem Grundstückseigentümer jedoch – wie hier – naheliegende und mit zumutbarem Aufwand zu erschließende, aber ungenutzte Erkenntnisquellen hinsichtlich des Verbleibs des Briefs offen, so ist die Person des Gläubigers nicht schon deshalb schlechthin unbekannt, weil die als Gläubigerin auftretende Person ihr Recht nicht nachweist. Ein derart verkürzter (und missbrauchsanfälliger) Ansatz ist der Rechtsprechung nicht zu entnehmen. Stehen ungenutzte Erkenntnisquellen über den Verbleib des Briefs zur Verfügung, ist der Gläubiger nicht schlechthin unbekannt (BGH NJW-RR 2004, 664/665; 2009, 660/661; 2014, 1360/1361; NJW 2014, 693/694). Dass ein Prätendent seine Rechtsstellung nicht nachweist, ändert daran nichts.

d) Mit dem Inhalt des Anwaltschreibens vom 26.1.2017 (Anlage GKZ 8) ist auch ein Abhandenkommen des Grundpfandbriefs nicht glaubhaft gemacht. Denn indem für die GmbH lediglich vorgetragen wird, „die Grundschuldbriefe“ lägen im Original nicht mehr vor, ist mangels Schilderung der Ursache ein Abhandenkommen des Briefs nicht dargetan. Für die Entscheidung kommt es deshalb nicht mehr darauf an, ob mit Blick auf die Bestimmung in § 1162 BGB der Gläubiger eines Briefgrundpfandrechts schon allein deshalb als unbekannt im Sinne von § 1170 BGB angesehen werden könnte, weil der Grundschuldbrief abhanden gekommen ist (a. A. OLG Düsseldorf FGPrax 2013, 134/135).

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil der Beteiligte bereits nach dem Gesetz, § 22 Abs. 1 GNotKG, die gerichtlichen Kosten schuldet.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens entspricht dem Nennbetrag der Grundschuld (§ 61 Abs. 1, § 53 Abs. 1, § 36 Abs. 1 GNotKG; Senat vom 20.10.2016, 34 Wx 360/16 = FGPrax 2017, 47).

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 70 Abs. 2 FamFG) liegen nicht vor, weil die maßgeblichen Rechtsgrundsätze höchstrichterlich geklärt sind.

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