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Aufgebotsverfahren für Grundschuldbrief – Antragsberechtigung

OLG Düsseldorf – Az.: I-3 Wx 39/19 – Beschluss vom 12.06.2019

Die Beschwerde der Beteiligten wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Geschäftswert: 1.891,78 EUR

Gründe

I.

Zugunsten der Beteiligten ist an dem im Grundbuch von A…, Blatt 2334A, Flur 5, Flurstück 677 eingetragenen Grundbesitz in Abteilung III unter der laufenden Nummer 1 eine Grundschuld in Höhe von 3.700,- DM nebst Zinsen eingetragen. Es handelt sich um eine Briefgrundschuld.

Der zugunsten der Beteiligten belastete Grundbesitz war ursprünglich im Grundbuch auf Blatt 3827 unter der laufenden Nummer 11 des Bestandverzeichnisses eingetragen. Das unter Nummer 11 verzeichnete Grundstück war – ebenso wie die unter den Nummern 12 und 13 verzeichneten Grundstücke – hervorgegangen aus einer Fortschreibung des zunächst unter der laufenden Nummer 10 verzeichneten Grundbesitzes. Am 14. Januar 2000 wurde der unter der laufenden Nummer 11 verzeichnete Grundbesitz nach Blatt 2334A übertragen.

Die Eintragung der zugunsten der Beteiligten bestellten Briefgrundschuld erfolgte am 04. Juli 1969 in Abteilung III von Blatt 3827; als belastete Grundstücke wurden die unter den laufenden Nummern 11, 12 und 13 verzeichneten Grundstücke eingetragen. Die Grundschuld wurde sodann am 14. Januar 2000 mit dem belasteten Grundstück Nr. 11 nach Blatt 2334A zur Mithaft übertragen. Am 18. Mai 2001 wurde die Grundschuld auf Blatt 3827 gelöscht und auf Blatt 2334A wurde am 25. Mai 2001 das Erlöschen der Mithaft eingetragen.

Ursprünglicher Eigentümer des vorbezeichneten Grundbesitzes (laufende Nummer 11 im Bestandsverzeichnis zu Blatt 3827, bzw. der seit dem 14. Januar 2000 auf Blatt 2334A verzeichnete Grundbesitz) war B…. Er übertrug sein Eigentum an seine Tochter C…, die am 27. März 2000 als Eigentümerin eingetragen wurde.

Am 26. September 2018 beantragte die Beteiligte die Durchführung eines Aufgebotsverfahrens für den Grundschuldbrief. Dazu legte sie eine eidesstattliche Versicherung vom 14. Mai 2018 vor, in welcher sie erklärte, dass ihr der Grundschuldbrief nicht vorliege und trotz intensiver Suche nicht gefunden worden sei. Rechte Dritter seien ihr nicht bekannt, auch keine Anhaltspunkte über eine Pfändung, Verpfändung oder Abtretung des Rechts.

Mit Verfügung vom 07. November 2018 wies das Amtsgericht auf folgende dem Antrag entgegenstehende Hindernisse hin: es handele sich um ein Gläubigeraufgebot und es sei nicht klar, ob der vorherige Eigentümer bei Begleichung der zugrunde liegenden Schuld die Grundschuld abgetreten habe. Es müsse nach § 449 FamFG glaubhaft gemacht werden, dass der Berechtigte des Rechts unbekannt sei. Weiter sei nach § 450 Abs. 1 FamFG an Eides statt zu versichern, dass eine das Aufgebot ausschließende Anerkennung des Rechts nicht erfolgt sei.

Mit Schreiben vom 16. November 2018 trug die Beteiligte ergänzend vor, bereits zum Zeitpunkt der Veräußerung des Grundstücks durch den früheren Eigentümer an die jetzige Eigentümerin im Jahr 1999 habe ihr der Grundschuldbrief nicht vorgelegen. Eine Löschungsbewilligung habe sie, die Beteiligte, in diesem Zusammenhang nicht erteilt. Mit Blick auf ihre Aufbewahrungsfrist von 10 Jahren könne sie, die Beteiligte, keine näheren Angaben zu den damaligen Geschäftsvorgängen mehr machen; mit dem früheren Eigentümer stehe sie nicht mehr in Geschäftsbeziehungen. Weitere Angaben könne ggfls. die jetzige Eigentümerin machen.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 14. Januar 2019 wies das Amtsgericht den Antrag der Beteiligten zurück, die in der Verfügung vom 07. November 2019 genannten Hindernisse seien nicht behoben worden.

Hiergegen wendet sich die Beteiligte mit ihrer Beschwerdeschrift vom 23. Januar 2019. Sie meint, die ursprünglich auf Blatt 3827 eingetragene Grundschuld sei als Gesamtbriefgrundschuld auf beiden Blättern (3827 und 2334A) eingetragen gewesen. Im Zusammenhang mit der am 18. Mai 2001 auf Blatt 3827 erfolgten Löschung der Grundschuld müsse dem Gericht der Grundschuldbrief vorgelegen haben. Laut Auskünften der jetzigen Grundstückseigentümerin sei der frühere Eigentümer verstorben; der jetzigen Eigentümerin läge der Brief nicht vor; die Briefgrundschuld sei seinerzeit für ein Darlehen der Tante der jetzigen Eigentümerin im Grundbuch eingetragen worden.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf mit weiterem Beschluss vom 08. Februar 2019 zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verfahrensakte verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 14. Januar 2019 ist gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässig. Die Entscheidung hierüber ist dem Senat aufgrund der vom Amtsgericht mit weiterem Beschluss vom 08. Februar 2019 erklärten Nichtabhilfe angefallen, § 68 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz FamFG.

In der Sache bleibt die Beschwerde ohne Erfolg. Das Amtsgericht hat den Antrag der Beteiligten auf Durchführung eines Aufgebotsverfahrens für den Brief zu der verfahrensgegenständlichen Grundschuld im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

Zu beanstanden ist zwar, dass auf der angefochtenen Entscheidung – und ebenso auf dem Nichtabhilfebeschluss – das Datum des Erlasses entgegen § 38 Abs. 3 FamFG nicht vermerkt ist. Das führt jedoch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, denn die Existenz des Erlassvermerks ist keine Voraussetzung der Wirksamkeit, wenn – wie hier – die Übergabe der Entscheidung zum Zwecke der Hinausgabe aus dem internen Geschäftsbetrieb an die Verfahrensbeteiligten feststeht (vgl. Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 19. Aufl. 2017, § 38 Rn. 93; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. Beschluss vom 20. Dezember 2017, AZ.: I-3 Wx 146/17, veröffentlicht bei juris).

Darüber hinaus als unzutreffend zu beanstanden ist die Auffassung des Amtsgericht, es handele sich bei dem Antrag der Beteiligten um einen Antrag auf Durchführung eines Gläubigeraufgebots, auf das die Vorschriften der §§ 449 und 450 FamFG anwendbar seien.

Die Vorschriften der §§ 447 ff. FamFG regeln das Aufgebotsverfahren zur Ausschließung unbekannter Grundpfandrechtsgläubiger nach §§ 1170, 1171 BGB. Jenes Verfahren dient dazu, dem Grundstückeigentümer den Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit zu erleichtern (vgl. Palandt-Herrler, BGB, 76. Aufl. 2017, § 1170 Rn. 1); dementsprechend steht die Antragsberechtigung gemäß § 448 Abs. 1 FamFG regelmäßig dem Eigentümer des Grundstücks zu.

Von dem Aufgebotsverfahren zur Ausschließung unbekannter Gläubiger ist das in § 1162 BGB geregelte Aufgebotsverfahren zur Kraftloserklärung eines abhanden gekommenen Grundpfandrechtsbriefs zu unterscheiden, welches in verfahrensrechtlicher Hinsicht in §§ 466 ff. FamFG geregelt ist. Dieses Verfahren dient der Wiederherstellung der Verkehrsfähigkeit des Grundpfandrechts (vgl. Palandt-Herrler, a.a.O., § 1162 Rn. 1).

Abweichend vom Verständnis des Amtsgerichts hat die Beteiligte nicht die Durchführung eines Aufgebotsverfahrens zum Ausschluss unbekannter Gläubiger, sondern die Durchführung eines Aufgebotsverfahrens zur Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs beantragt. Entsprechendes ergibt sich unzweifelhaft aus ihrer mit „Antrag auf Durchführung eines Aufgebotsverfahrens für einen Grundschuldbrief“ überschriebenen Antragsschrift vom 26. September 2018 und überdies aus ihrem inhaltlichen Vorbringen, in welchem sie entscheidend darauf abstellt, dass sie, die Beteiligte, den Brief nicht mehr auffinden könne.

Aber auch die Voraussetzungen für ein Aufgebotsverfahren nach § 1162 BGB liegen nicht vor.

Antragsberechtigt für ein Aufgebotsverfahren nach § 1162 BGB ist nach § 467 Abs. 2 FamFG derjenige, der das Recht aus der Urkunde geltend machen kann. Die Antragsberechtigung folgt aus dem materiellen Recht. Antragsberechtigt beim Aufgebot eines Grundpfandrechtsbriefs ist demnach der Inhaber des dinglichen Rechts, ggfls. auch der Eigentümer des Grundstücks, auf den auch das Eigentum am Brief übergeht, § 952 BGB, oder der persönliche Schuldner nach Rechtsübergang, §§ 1163, 1164 BGB (Keidel/Giers, a.a.O., § 467 Rn. 2; BeckOGK BGB/Volmer, Stand: 01. Februar 2019, § 1162 Rn. 24).

Die Antragsberechtigung ist gemäß § 468 Nr. 2 FamFG glaubhaft zu machen. Für die Glaubhaftmachung gilt § 31 FamFG; genügend ist insofern regelmäßig die überwiegende Wahrscheinlichkeit (Keidel/Giers, a.a.O., § 468 Rn. 3; Keidel/Sternal, a.a.O., § 31 Rn. 3).

Ihre Antragsberechtigung hat die Beteiligte indes nicht glaubhaft gemacht.

Die Beteiligte war zwar ursprünglich Inhaberin der im Grundbuch eingetragenen Grundschuld. Da es sich bei der Beteiligten um eine Sparkasse handelt, dürfte davon auszugehen sein, dass die Grundschuld zur Absicherung eines Darlehensrückzahlungsanspruchs bestellt wurde. Hierbei dürfte es sich um das von der Beteiligten in ihrer Beschwerdeschrift angeführte Darlehen an die Tante der jetzigen Grundstückseigentümerin handeln. Wird dann das weitere Vorbringen der Beteiligten berücksichtigt, dass in ihren Archiven keine Unterlagen zu der verfahrensgegenständlichen Grundschuld mehr vorhanden seien und eine Geschäftsbeziehung zu dem früheren Grundstückseigentümer nicht mehr bestehe, liegt es nahe, dass die der Grundschuld zugrunde liegende Darlehensverbindlichkeit getilgt ist. Dann ist es aber weiter denkbar und angesichts der banküblichen Praxis auch wahrscheinlich, dass die Beteiligte in Erfüllung der Sicherungsabrede, die der Bestellung der Grundschuld zugrunde gelegen hat, den Grundschuldbrief an den Grundstückseigentümer zurückgesandt hat. Rechtsfolge ist dann das Entstehen einer Eigentümergrundschuld entsprechend § 1143 BGB (vgl. Palandt-Herrler, a.a.O., § 1191 Rn. 10). Dann aber ist die Beteiligte nicht mehr Inhaberin des dinglichen Rechts und dementsprechend nicht antragsberechtigt für ein Aufgebotsverfahren zur Kraftloserklärung eines Grundpfandrechtsbriefs.

Nichts anderes ergibt sich, wenn in die Betrachtung einbezogen wird, dass die Beteiligte im Zusammenhang mit dem von ihr angeführten Verkauf des Grundstücks vom früheren Eigentümer an die jetzige Eigentümerin keine Löschungsbewilligung erteilt haben will. Dass die Beteiligte von den Vertragsparteien um die Erteilung einer Löschungsbewilligung ersucht worden war, ist ebenso wenig ersichtlich wie eine etwa dahingehende Geschäftspraxis bei der Beteiligten, im Zusammenhang mit der Rückgabe eines Grundschuldbriefs zugleich eine Löschungsbewilligung zu erteilen.

Der Antrag der Beteiligten ist nicht nur mangels hinreichender Glaubhaftmachung ihrer Antragsberechtigung zurückzuweisen, sondern er ist auch deshalb ohne Erfolg, da die Beteiligte auch das Abhandenkommen des Grundschuldbriefs nicht glaubhaft gemacht hat. Die schon oben angeführten Umstände, dass offene Darlehensverbindlichkeiten, die durch die verfahrensgegenständliche Grundschuld abgesichert wurden, nicht ersichtlich sind und die bei Banken übliche Praxis der Rücksendung eines Grundpfandrechtsbriefes nach Wegfall des Sicherungsgrundes erscheinen als Gründe für die Nichtauffindbarkeit des Grundschuldbriefs bei der Beteiligten zumindest genauso wahrscheinlich wie ein Abhandenkommen.

Soweit die Beteiligte sich auf Mitteilungen stützt, die die derzeitige Grundstückseigentümerin zum Grundschuldbrief gemacht haben soll, kann auch danach eine ausreichende Glaubhaftmachung des Abhandenkommens nicht bejaht werden. So fehlt es insoweit schon an einer eidesstattlichen Versicherung bzw. dem Angebot einer solchen (§ 468 Nr. 3 FamFG).

Hinzu kommt folgende Erwägung: Wird wegen Erfüllung der abgesicherten Forderung der Grundschuldbrief zurückgegeben, kann der Grundstückseigentümer die Grundschuld zur Absicherung einer anderen Forderung verwenden. Dies erfolgt bei einer Briefgrundschuld durch Übergabe des Briefes und entsprechende Abtretungsvereinbarung zwischen dem Eigentümer und dem Gläubiger. Einer Eintragung im Grundbuch bedarf es dazu nicht, § 1154 Abs. 1 BGB (vgl. Staudinger/Wiegand, BGB, Neubearbeitung 2015, § 1162 Rn. 1; Beschluss des Senats RNotZ 2012, 34 ff.). Ein Abhandenkommen des Briefs liegt dann nicht vor und ist dementsprechend nicht bereits aus dem Umstand zu folgern, dass der Brief auch bei der jetzigen neuen Eigentümerin nicht aufzufinden ist. Der Geschehensablauf nach Darlehenstilgung ist hier vollständig offen und unbekannt; ob die jetzige Grundstückseigentümerin der Beteiligten dazu etwas mitgeteilt hat, und ggfls. was, geht aus dem Vortrag der Beteiligten nicht hervor.

Soweit die Beteiligte schließlich darauf abstellt, dass die Grundschuld in Blatt 3827 gelöscht worden sei und dass dem Gericht im Zusammenhang mit der Löschung der Grundschuld in Blatt 3827 auch der Grundschuldbrief vorgelegen haben müsse, rechtfertigt dies schon deshalb keine andere Entscheidung, da sich nicht erschließt, inwiefern das von Bedeutung für die Frage des Abhandenkommens des Briefs zum heutigen Zeitpunkt sein könnte.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG.

Die Wertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 61 Abs. 1, 36 Abs. 1, 53 GNotKG und entspricht dem Nennbetrag der verfahrensgegenständlichen Grundschuld.

Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht, § 70 Abs. 2 FamFG.

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