Das Urteil des Oberlandesgerichts Köln (Az.: I-2 Wx 265/22) vom 22. Februar 2023 klärt die rechtlichen Voraussetzungen für ein Aufgebot gegen einen unbekannten Grundschuldgläubiger. Im vorliegenden Fall wurde das Aufgebot verworfen, da die Antragsteller nicht die Eigentümer des belasteten Grundstücke waren, und ihre Darlegungen zur Unbekanntheit des Gläubigers als nicht ausreichend betrachtet wurden. Zudem konnten sie nicht glaubhaft machen, dass keine Anerkennung des Gläubigerrechts innerhalb der Zehnjahresfrist erfolgte.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Die zentralen Punkte aus dem Urteil:
- Gemäß § 448 Abs. 1 FamFG ist für ein Verfahren nach § 1170 BGB der Eigentümer des belasteten Grundstücks antragsberechtigt. Im behandelten Fall waren die Antragsteller nicht mehr als Eigentümer eingetragen, was das Amtsgericht nicht beachtet hatte.
- Der Antragsteller muss nach § 449 FamFG glaubhaft machen, dass der Gläubiger des Grundpfandrechts unbekannt ist. Dies beinhaltet auch eine Untersuchung aller zugänglichen Erkenntnisquellen, um den Verbleib des Gläubigers zu klären.
- Neben der Unbekanntheit des Gläubigers ist zu erbringen, dass gemäß § 450 Abs. 1 FamFG keine Anerkennung des Rechts des Gläubigers innerhalb der Zehnjahresfrist erfolgte.
- Die vom Amtsgericht geforderten eidesstattlichen Versicherungen reichten im behandelten Fall nicht aus, um die behauptete Unbekanntheit des Gläubigers glaubhaft zu machen.
- Eine erfolgreiches Aufgebot gegen einen unbekannten Gläubiger ist nur unter Einhaltung aller gesetzlicher Voraussetzungen möglich, die Antragsteller müssen diese entsprechend glaubhaft darlegen und nachweisen.
- Im behandelten Fall hat das Gericht bemängelt, dass die Antragsteller nur von 2015 bis 2017 als Eigentümer eingetragen waren und daher keine zuverlässigen Angaben über den Zehnjahreszeitraum machen konnten.
- Die Voreigentümer könnten die Grundschuldbriefe nach deren Tilgung von der Gläubigerin erhalten haben, daher bedarf es konkreter Darstellungen, welche Nachforschungen hierzu angestellt wurden.
- Ob im Falle der Löschung einer juristischen Person im Hinblick auf die Nachtragsliquidation ein Gläubigeraufgebot grundsätzlich ausgeschlossen ist, bleibt offen und umstritten.
Übersicht
- ✔ Das Wichtigste in Kürze
- Grundschulden und ihre Gläubiger: Die Herausforderungen und Voraussetzungen
- Ein Unbekannter im Spiel – Der Weg zur Löschung von Grundschulden
- Der Fall nimmt eine überraschende Wende – Widerspruch des Nachtragsliquidators
- Ein juristischer Schlagabtausch – Reaktionen der Beteiligten
- Rechtliche Klippen und die endgültige Entscheidung
- ✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
- Das vorliegende Urteil
Grundschulden und ihre Gläubiger: Die Herausforderungen und Voraussetzungen
Unsere heutigen Ausführungen konzentrieren sich im wesentlichen auf die rechtlichen Aspekte, die das Aufgebot gegen unbekannten Grundschuldgläubiger umgeben. Dieses Verfahren findet Anwendung, wenn die Identität oder der Aufenthaltsort des Gläubigers einer Immobilienhypothek unbekannt ist, was die Durchführung rechtlicher Handlungen zum Abrufen oder Löschen der Hypothek erschwert.
In der Rechtsprechung tauchen dabei immer wieder kontrovers diskutierte Fragen auf. Etwa, ob im Falle der Löschung einer juristischen Person ein Gläubigeraufgebot grundsätzlich ausgeschlossen ist oder welche konkreten Nachforschungen ein Antragsteller anstellen muss, um die Unbekanntheit eines Gläubigers glaubhaft zu machen. Die Auseinandersetzung mit solchen Fragen erfordert ein fundiertes Verständnis der themenrelevanten rechtlichen Bestimmungen, wie beispielsweise das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) oder das Familienverfahrensgesetz (FamFG).
Ein Unbekannter im Spiel – Der Weg zur Löschung von Grundschulden
Im Herzen dieses Falles, untersucht vom OLG Köln, geht es um eine heikle Situation, in der Eigentümer von Grundschulden konfrontiert waren. Die Eigentümer waren Teil einer Erbengemeinschaft und wollten die Belastung ihrer Immobilie durch zwei Grundschulden streichen lassen. Das Problem? Der Gläubiger war unbekannt und hatte seinen Geschäftsbetrieb bereits 1998 eingestellt. Die Beteiligten stellten einen Antrag auf ein Gläubigeraufgebot, ein aufwendiges Verfahren, das eingeleitet wird, wenn der Gläubiger einer Immobilienschuld nicht ausfindig gemacht werden kann.
Der Fall nimmt eine überraschende Wende – Widerspruch des Nachtragsliquidators
In diesem Rätsel nahm der Fall eine überraschende Wendung, als ein Nachtragsliquidator, der durch einen Beschluss des Amtsgerichts Bonn bestellt wurde, dem Antrag der Beteiligten entgegentrat. Er behauptete, dass die Voraussetzungen für solch ein Verfahren nicht gegeben seien, insbesondere da die Antragsteller anerkannt hätten, dass sie dem unbekannten Gläubiger noch eine stattliche Summe schuldeten.
Ein juristischer Schlagabtausch – Reaktionen der Beteiligten
In der Folge begnügten sich die Beteiligten nicht bloß damit, ihre gegensätzlichen Ansichten zu vertreten. Es entbrannte ein wahrer juristischer Schlagabtausch. Die Beteiligten formulierten energisch ihre Standpunkte und griffen die Argumente des jeweils anderen an. Doch trotz aller Anstrengungen blieb die Streitigkeit ungelöst. Und so endete diese Phase mit der Erteilung eines Ausschließungsbeschluss durch die Rechtspflegerin des Amtsgerichts, welcher später das Beschwerdeverfahren auslöste.
Rechtliche Klippen und die endgültige Entscheidung
In einem Prozess, der mehr nach einer Achterbahnfahrt denn nach einem konventionellen Gerichtsprozess anmutete, ging es schließlich vor das OLG Köln. Das hohe Gericht stellte fest, dass die Beteiligten zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits keine Eigentümer des belasteten Grundstücks mehr waren und somit nicht berechtigt waren, den Antrag zu stellen. Somit wurde der ursprüngliche Beschluss des Amtsgerichts Euskirchen aufgehoben.
Das Urteil des OLG Köln markiert das Ende eines langen und komplizierten Falles. Es offenbart die vielschichtigen rechtlichen Herausforderungen, die Grundschuldeigentümer und ihre Rechtsbeistände in Situationen wie dieser zu meistern haben. Doch es ermöglicht auch eine tiefere Einsicht in die juristische Arbeit und das Gedankengut, das sich hinter den rechtlichen Entscheidungen und den verschiedenen Stationen dieses langen Prozesses verbirgt.
Schließlich lohnt es sich, immer wieder neue Fälle zu betrachten und aus ihnen zu lernen. So lassen sich auch in Zukunft noch bessere Ergebnisse erzielen und faire Entscheidungen treffen, wie sie das Recht vorsieht.
✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
Was ist ein Aufgebot gegen einen unbekannten Grundschuldgläubiger?
Ein Aufgebot gegen einen unbekannten Grundschuldgläubiger ist ein gerichtliches Verfahren, das in Deutschland durchgeführt wird, um einen im Grundbuch eingetragenen Gläubiger, der nicht ausfindig gemacht werden konnte, von seiner Rechtsposition auszuschließen. Dieses Verfahren wird als Aufgebotsverfahren bezeichnet und ist in den §§ 442 bis 484 FamFG geregelt.
Ein solches Verfahren kann beispielsweise erforderlich sein, wenn ein Grundstück über Jahrzehnte nicht veräußert, sondern weitervererbt wurde und noch alte Rechte, wie Grundpfandrechte, im Grundbuch eingetragen sind. Der unbekannte Gläubiger kann im Wege des Aufgebotsverfahrens mit seinem Recht ausgeschlossen werden, gemäß § 1170 BGB.
Um ein Aufgebotsverfahren einzuleiten, ist der schriftliche Antrag einer dazu berechtigten Person erforderlich. In dem Antrag muss glaubhaft gemacht werden, dass die Urkunden in Verlust geraten oder die Berechtigten unbekannt sind. Nach der Prüfung des Antrags erstellt das Gericht ein öffentliches Aufgebot, das im elektronischen Bundesanzeiger und an der Gerichtstafel veröffentlicht wird. Mit dieser Veröffentlichung werden gesetzliche Aufgebotsfristen von mindestens sechs Wochen bis zu einem Jahr in Gang gesetzt. Nach deren Ablauf erlässt das Gericht einen Ausschließungsbeschluss, der ebenfalls veröffentlicht wird und weitere Fristen in Gang setzt. Nach Ablauf von mindestens zwei weiteren Monaten kann der antragstellenden Person ein rechtskräftiger Ausschließungsbeschluss übersandt werden. Damit können Rechte aus dem Aufgebot gegenüber Dritten geltend gemacht werden.
Das vorliegende Urteil
OLG Köln – Az.: I-2 Wx 265/22 – Beschluss vom 22.02.2023
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 3. vom 01.04.2022 wird unter Zurückweisung des Antrages der Beteiligten zu 1. und 2. vom 10.11.2020 der am 03.02.2022 erlassene Ausschließungsbeschluss der Rechtspflegerin des Amtsgerichts Euskirchen – 26 II 21/17 – aufgehoben.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben die Beteiligten zu 1. und 2. zu tragen.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten des Beschwerdeverfahrens findet nicht statt.
Gründe
1.
Im Grundbuch von D., Blatt N01, sind in Abteilung N02 unter lfd. Nr. 1 und 2 seit 1966 bzw. 1967 Grundschulden im Betrage von 30.000,– DM bzw. 7.000,– DM zuzüglich Zinsen für die Beteiligte zu 3. mit Sitz in O./B. (ohne Ausschluss der Erteilung des Briefs) eingetragen. Laut dem b. Handelsregister stellte die Gesellschaft ihre Tätigkeit am 17.12.1998 ein (Bl. 49).
Am 13.03.2015 wurde der Beteiligte zu 2. als Miteigentümer in Erbengemeinschaft und am 04.08.2015 wurde die Beteiligte zu 1. als Miteigentümerin in Erbengemeinschaft in Bezug auf den den im oben genannten Grundbuchblatt verzeichneten Grundbesitz eingetragen. Mit Vertrag vom 23.06.2016 (UR Nr. N05 des Notars J. in M., Bl. 6 ff.) verkauften die Beteiligten zu 1. und 2. den Grundbesitz an die Eheleute I., welche am 03.01.2017 als Eigentümer zu je ½ Anteil eingetragen wurden.
Durch Beschluss des Amtsgerichts Bonn vom 12.09.2017 wurde Herr Rechtsanwalt Z. zum Nachtragsliquidator der Beteiligten zu 3. bestellt (Bl. 92).
Mit Schriftsatz vom 10.11.2020 haben die Beteiligten zu 1. und 2. auf Hinweis des Amtsgerichts ihren zunächst mit Schriftsatz vom 10.07.2017 (Bl. 1 ff.) verfolgten Antrag auf Kraftloserklärung der Grundschuldbriefe dahingehend umgestellt, dass ein Gläubigeraufgebot nach § 1170 BGB beantragt wird (Bl. 127). Am 13.08.2021 hat die Rechtspflegerin des Amtsgerichts das Aufgebot erlassen (Bl. 190 ff.).
Der Nachtragsliquidator der Beteiligten zu 3. ist dem Antrag mit Schriftsatz vom 22.01.2021 entgegengetreten und hat geltend gemacht, es fehle an den Voraussetzungen eines Verfahrens nach § 1170 BGB jedenfalls insoweit, als die Antragsteller die Forderungen der Beteiligten zu 3. in Höhe von 13.579,– EUR anerkannt hätten (Bl. 210 f.). Die Rechtspflegerin hat mit Schreiben vom 22.12.2021 hierauf geantwortet (Bl. 213 f.); dem ist der Nachtragsliquidator wiederum mit Schriftsatz vom 31.01.2022 entgegengetreten (Bl. 224 ff.). Er hat im Wesentlichen geltend gemacht, die Umstände seien entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht geeignet, eine zwischenzeitliche Erfüllung als „sehr wahrscheinlich“ erscheinen zu lassen. Er habe mit den Antragstellern, vertreten durch ihren Verfahrensbevollmächtigten, einen Vergleich geschlossen, wonach auf die beiden Grundschulden insgesamt 13.579 EUR zu zahlen seien.
Durch am 03.02.2022 erlassenen Beschluss vom 02.02.2022, in dessen Rubrum nur die Beteiligten zu 1. und 2. aufgeführt sind, hat die Rechtspflegerin den unbekannten Gläubiger der beiden oben bezeichneten Grundschulden mit seinen Rechten ausgeschlossen, den Antragstellern die Kosten des Verfahrens auferlegt sowie den Verfahrenswert auf 1.850,– EUR festgesetzt; wegen der gegebenen Begründung wird auf Bl. 232 Bezug genommen. Die Übersendung an beide Rechtsanwälte ist gegen EB verfügt worden (Bl. 233); in der ab-Verfügung vom 03.02.2022 findet sich der Zusatz „+ 1EB“. Am 04.02.2022 ist die Anheftung des Beschlusses an die Gerichtstafel zum Zwecke der öffentlichen Zustellung erfolgt (Bl. 246). Es findet sich weiter ein Vermerk, wonach eine beglaubigte Beschlussabschrift am 23.02.2022 an RA Z. abgesandt worden ist (Bl. 235).
Mit am 01.04.2022 bei dem Amtsgericht Euskirchen eingegangenem Schriftsatz vom 01.04.2022 hat der Nachtragsliquidator gegen den Ausschließungsbeschluss für die Beteiligte zu 3. Beschwerde eingelegt und vorgebracht, der Beschluss sei am 01.03.2022 formlos zugegangen (Bl. 250 ff.). Die angekündigte Beschwerdebegründung ist nicht zu den Akten gelangt.
Unter dem 09.01.2023 hat der Vorsitzende des Senats die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten auf den voraussichtlichen Erfolg des Rechtsmittels unter Angabe der Gründe hingewiesen (Bl. 6 ff.). Eine Stellungnahme ist nicht zu den Akten gelangt.
2.
a) Die nach § 58 Abs. 1 FamFG statthafte Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist die Beschwerdefrist des § 63 Abs. 1 FamFG mit der am 01.04.2022 eingerichteten Beschwerdeschrift gewahrt, weil nicht festgestellt werden kann, dass der angefochtene Beschluss noch vor dem vom Nachtragsliquidator angegebenen Datum (01.03.2022) zugegangen ist. Ein förmliches Empfangsbekenntnis der Verfahrensbevollmächtigten des Nachtragsliquidators befindet sich nicht bei den Akten; den Vermerken des Amtsgerichts Bl. 235 ist schon nicht mit Gewissheit zu entnehmen, dass an sie ein solches zusammen mit dem Beschluss überhaupt versandt worden ist.
b) Die Beschwerde ist auch begründet.
aa) Der Ausschließungsantrag ist unzulässig, weil es den Antragstellern an der erforderlichen Antragsberechtigung mangelt. Gemäß § 448 Abs. 1 FamFG ist antragsberechtigt für ein Verfahren nach § 1170 BGB der Eigentümer des belasteten Grundstücks. Die antragstellenden Beteiligten zu 1. und 2. waren indes – was vom Amtsgericht nicht beachtet worden ist – bereits seit dem 03.01.2017 und damit geraume Zeit vor Antragstellung nicht mehr als Eigentümer des belasteten Grundbesitzes eingetragen. Soweit sich die Beteiligten zu 1. und 2. im Kaufvertrag unter VI.1. als Verkäufer verpflichtet hatten, den verkauften Grundbesitz „frei von eingetragenen Belastungen“ zu verschaffen, vermag dies nichts an der zwingenden gesetzlichen Regelung des § 448 Abs. 1 FamFG zu ändern. Abgesehen davon könnte allein eine Löschung dazu führen, dass der Grundbesitz „frei von eingetragenen Belastungen“ würde, während die Ausschließung von Gläubigerrechten nach § 1170 Abs. 2 BGB zum Entstehen einer Eigentümergrundschuld führt und damit nicht per se die Eintragung beseitigen kann.
bb) Darüber hinaus wären die vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen nicht geeignet, die erforderlichen Glaubhaftmachungen zu erbringen. Soweit das Amtsgericht eidesstattliche Versicherungen dahingehend verlangt hat, „dass über das eigentliche Schicksal der beiden Grundschulden und deren heutige Rechtsinhaberschaft keine gesicherten Kenntnisse bestehen“, genügt dieser Inhalt nicht zur Glaubhaftmachung der Voraussetzungen des § 1170 BGB i.V.m. §§ 449, 450 FamFG.
aaa) Gemäß § 1170 BGB muss der Gläubiger des Grundpfandrechts unbekannt sein, was gemäß § 449 FamFG vom Antragsteller glaubhaft zu machen ist.
Unbekannt ist der im Grundbuch eingetragene Gläubiger der Hypothek, wenn unklar ist, um wen es sich dabei handelt, wenn er verstorben und nicht festzustellen ist, wer ihn beerbt hat, wenn er oder sein möglicher Erbe ihr Recht nicht nachweisen können oder den Nachweis trotz Aufforderung ohne zureichenden Grund in angemessener Zeit nicht erbringen. Bei einer Briefhypothek kommt es dagegen nicht entscheidend darauf an, wer den Gläubiger beerbt hat und ob dessen Erbrecht nachweisbar oder nachgewiesen ist. Eine solche Hypothek kann nämlich nach §§ 1153, 1154 BGB auch ohne Eintragung in das Grundbuch durch schriftliche Erklärung und Übergabe des Briefs wirksam rechtsgeschäftlich einem Dritten abgetreten werden und geht auf den Erben nach § 1922 Abs. 1 BGB nur über, wenn es an einer solchen Abtretung fehlt. Deshalb ist der Gläubiger einer solchen Hypothek unbekannt, wenn der für sie erteilte Brief unauffindbar und der Aufenthalt des letzten bekannten Inhabers unbekannt ist. Die zuletzt genannten, hier maßgeblichen Voraussetzungen liegen nicht schon dann vor, wenn der Grundstückseigentümer selbst von dem Verbleib des Briefs und dem Aufenthalt des letzten Inhabers keine Kenntnis hat (BGH, Beschluss vom 22.05.2014, V ZB 146/13 – juris = NJW-RR 2014, 1360). Entscheidend ist, ob der Antragsteller alle naheliegenden und mit zumutbarem Aufwand zu erschließenden Erkenntnisquellen ausgeschöpft hat, um den Verbleib des Briefs und den Aufenthalt seines letzten Inhabers zu klären, und dies glaubhaft gemacht worden ist. Zu den auszuschöpfenden Quellen gehört eine Nachfrage bei Personen, die etwas über den Hypothekenbrief wissen können, wobei Auskünfte zu dem Verbleib des Briefs von Personen, die mit zumutbarem Aufwand nicht zu ermitteln sind, nicht verlangt werden können (BGH a.a.O.).
Nach diesen Maßstäben würden die – auf entsprechende, indes unzutreffende Vorgabe des Amtsgerichts – vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen der Beteiligten zu 1. und 2. für eine Glaubhaftmachung nicht ausreichen. Zwar mögen keine Nachforschungen im Bereich der im Handelsregister gelöschten Buchgläubigerin veranlasst sein. Indes bedürfte es angesichts dessen, dass die Möglichkeit besteht, dass einer der Voreigentümer der Beteiligten zu 1. und 2. die Grundschuldbriefe nach Tilgung von der Gläubigerin erlangt hat, einer konkreten Darstellung, welche Nachforschungen sie in Bezug auf deren Unterlagen angestellt haben (vgl. OLG München, Beschluss vom 22.12.2017 – 34 Wx 302/17 – juris Tz. 19).
Es kann daher dahinstehen, ob der Auffassung zu folgen ist, ob im Falle der Löschung einer juristischen Person im Hinblick auf die Nachtragsliquidation ein Gläubigeraufgebot schlechthin ausgeschlossen ist (so Staudinger/Wolfsteiner, BGB, Neubearbeitung 2019, § 1170 Rn. 10).
bbb) Weiter muss der Antragsteller gemäß § 450 Abs. 1 FamFG vor der Einleitung des Verfahrens glaubhaft machen, dass eine das Aufgebot ausschließende Anerkennung des Rechts des Gläubigers innerhalb der Zehnjahresfrist des § 1170 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht erfolgt ist. Abgesehen davon, dass sich die vorgelegten Versicherungen hierüber nicht verhalten, ist Folgendes zu beachten: Es ist nicht ersichtlich, dass und aufgrund welcher Umstände die Beteiligten zu 1. und 2. angesichts dessen, dass sie nur von 2015 bis zum 02.01.2017 als Eigentümer eingetragen waren, für den Zehnjahreszeitraum zuverlässige Angaben zu der negativen Tatsache fehlender Anerkenntnishandlungen des jeweiligen Eigentümers aus eigener Wahrnehmung (vgl. zu diesen Anforderungen an eine eidesstattliche Versicherung vgl. OLG Bremen, Beschluss vom 28.07.2014 – 1 W 22/14 – juris Tz. 15 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.10.2018 – 3 Wx 254/19 – juris Tz. 15; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.04.2020 – 3 Wx 145/17 – juris Tz. 18; Keidel/Sternal, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 31 Rn. 12) machen können.
c) Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1, 2 FamFG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor.