Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat entschieden, dass die Eintragung eines Vereins ins Vereinsregister aufgrund fehlender Gemeinnützigkeitsanerkennung durch das Finanzamt rechtmäßig verweigert werden kann. Die Satzung des Vereins erweckte den unzutreffenden Eindruck einer bereits anerkannten Gemeinnützigkeit, obwohl diese fehlte. Daher bleibt die Eintragung des Vereins ins Vereinsregister verwehrt.
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Übersicht
- ✔ Das Wichtigste in Kürze
- Gemeinnützigkeit auf dem Prüfstand: OLG Karlsruhe entscheidet über Vereinsanmeldung
- Der Fall vor dem OLG Karlsruhe im Detail
- Gemmeinnützigkeit des Vereins entscheidend: OLG Karlsruhe urteilt über Eintragungsvoraussetzungen
- Zustellungsmängel und fehlende Beschwerdegründe waren unerheblich für die Entscheidung
- OLG Karlsruhe bestätigt Zurückweisung des Eintragungsantrags
- Verein scheitert mit Beschwerde – Eintragung bleibt verwehrt
- ✔ FAQ zum Thema: Vereinsgründung und Gemeinnützigkeit
- Was sind die grundlegenden Voraussetzungen für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit eines Vereins in Deutschland?
- Wie lange dauert der Prozess der Eintragung eines Vereins ins Vereinsregister und welche Schritte sind involviert?
- Was passiert, wenn die Satzung eines Vereins von den Vorgaben des Finanzamtes abweicht?
- Welche rechtlichen Folgen hat die fehlende Bescheinigung der Gemeinnützigkeit für die Eintragung eines Vereins ins Vereinsregister?
- Wie kann ein Verein gegen eine Ablehnung der Eintragung ins Vereinsregister rechtlich vorgehen?
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- ➜ Das vorliegende Urteil vom OLG Karlsruhe
✔ Das Wichtigste in Kürze
- Der Vereinsname darf nicht den Eindruck einer Gemeinnützigkeitsanerkennung erwecken, wenn diese tatsächlich nicht vorliegt.
- Angaben zur Mitgliederversammlung und Satzungsänderungen in der Satzung müssen korrekt sein.
- Die Vereinssatzung muss ein zutreffendes Bild der Vereinsverhältnisse vermitteln.
- Bei fehlender Gemeinnützigkeitsanerkennung kann die Eintragung nicht erfolgen.
- Eine Beschwerde muss nicht zwingend begründet werden, um zulässig zu sein.
- Relevante Zustellungen müssen ordnungsgemäß an den Prozessbevollmächtigten erfolgen.
- Die Namenswahl des Vereins war für die Entscheidung letztlich nicht entscheidend.
- Das Gericht muss eine zutreffende Entscheidung über Kosten und Beschwerdewert treffen.
- Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen, da keine grundsätzlichen Rechtsfragen vorlagen.
Gemeinnützigkeit auf dem Prüfstand: OLG Karlsruhe entscheidet über Vereinsanmeldung
Die Gründung und Anmeldung eines gemeinnützigen Vereins ist ein vielschichtiges Thema, das für viele Interessierte eine Herausforderung darstellen kann. Um den rechtlichen Rahmen und die wichtigsten Anforderungen zu verstehen, ist es entscheidend, sich mit den grundlegenden Aspekten vertraut zu machen.
Zentral ist dabei die Frage der Gemeinnützigkeit, die nicht nur den Vereinszweck, sondern auch die Verwendung der Mittel betrifft. Nur wenn diese vom zuständigen Finanzamt anerkannt wird, können Spender die geleisteten Beiträge steuerlich geltend machen. Darüber hinaus spielen Formalien wie die korrekte Satzungsgestaltung und die ordnungsgemäße Durchführung von Mitgliederversammlungen eine wichtige Rolle.
Anhand eines aktuellen Gerichtsurteils werden wir im Folgenden einen Blick auf die rechtlichen Vorgaben und möglichen Fallstricke bei der Vereinsgründung werfen. Dieses Urteil verdeutlicht, welche zentralen Punkte bei der Anmeldung eines gemeinnützigen Vereins zu beachten sind, um auf der sicheren Seite zu bleiben.
Der Fall vor dem OLG Karlsruhe im Detail
Gemmeinnützigkeit des Vereins entscheidend: OLG Karlsruhe urteilt über Eintragungsvoraussetzungen
In einem Fall vor dem Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe stand die Frage im Mittelpunkt, ob die Eintragung eines Vereins ins Vereinsregister aufgrund fehlender Gemeinnützigkeitsanerkennung durch das Finanzamt rechtmäßig verweigert werden kann. Der Verein hatte in seiner Satzung zwar die Verfolgung gemeinnütziger Zwecke angegeben, jedoch die erforderliche Bescheinigung des Finanzamts nicht vorgelegt.
Das Registergericht beanstandete neben der fehlenden Gemeinnützigkeitsanerkennung auch den Vereinsnamen, der das Existenzrecht Israels in Frage stellte, sowie eine Satzungsregelung zur Einberufung von Mitgliederversammlungen. Zwar reagierte der Verein auf die Beanstandungen und änderte die Satzungsregelung, hielt jedoch am Namen fest und lehnte eine Satzungsänderung in Bezug auf die Gemeinnützigkeit ab. Das Amtsgericht wies daraufhin den Eintragungsantrag zurück, da die Satzung einen unzutreffenden Eindruck einer bestehenden Gemeinnützigkeit erwecke. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Vereins blieb ohne Erfolg.
Zustellungsmängel und fehlende Beschwerdegründe waren unerheblich für die Entscheidung
Zunächst stellte das OLG Karlsruhe fest, dass die Beschwerde des Vereins fristgerecht eingelegt wurde, obwohl dies vom Amtsgericht anders gesehen wurde. Zwar ist fraglich, ob der Beschluss dem Verfahrensbevollmächtigten des Vereins rechtzeitig zuging, jedoch wurde die Zustellung nicht ordnungsgemäß durchgeführt. Entscheidend ist hier, dass der Verfahrensbevollmächtigte den Willen äußert, das Schriftstück entgegenzunehmen, was hier nicht festgestellt werden konnte.
Auch die fehlende Begründung der Beschwerde stand ihrer Zulässigkeit nicht entgegen. Der Gesetzgeber sieht zwar eine Begründung der Beschwerde vor, schreibt diese aber nicht zwingend vor. Daher konnte das OLG Karlsruhe die Beschwerde inhaltlich prüfen.
OLG Karlsruhe bestätigt Zurückweisung des Eintragungsantrags
Das OLG Karlsruhe bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts und wies die Beschwerde des Vereins zurück. Gemäß § 60 BGB kann die Eintragung eines Vereins ins Vereinsregister verweigert werden, wenn die Satzung gegen zwingende Vorschriften des Vereinsrechts verstößt. Dazu gehört auch die korrekte Darstellung des Vereinszwecks. In diesem Fall erweckte die Satzung den Eindruck einer bereits anerkannten Gemeinnützigkeit, obwohl diese fehlte.
Dies ist problematisch, da potenzielle Spender darauf vertrauen, dass die Angaben im Vereinsregister zutreffend sind. Ob die Spende steuerlich absetzbar ist, hängt maßgeblich von der Gemeinnützigkeit des Vereins ab. Da die Satzung hier einen unzutreffenden Eindruck erweckte, wurde der Antrag auf Eintragung zu Recht zurückgewiesen.
Verein scheitert mit Beschwerde – Eintragung bleibt verwehrt
Das OLG Karlsruhe wies die Beschwerde des Vereins zurück und bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts. Der Verein kann somit nicht ins Vereinsregister eingetragen werden, solange die Satzung den unzutreffenden Eindruck einer bestehenden Gemeinnützigkeit erweckt. Auch die Frage nach der Zulässigkeit des Vereinsnamens war für die Entscheidung nicht relevant. Der Verein hat nunmehr die Möglichkeit, seine Satzung anzupassen und einen erneuten Antrag auf Eintragung zu stellen.
✔ FAQ zum Thema: Vereinsgründung und Gemeinnützigkeit
Was sind die grundlegenden Voraussetzungen für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit eines Vereins in Deutschland?
Um als gemeinnütziger Verein in Deutschland anerkannt zu werden, müssen folgende grundlegende Voraussetzungen erfüllt sein:
Die Satzung des Vereins muss bestimmte Anforderungen erfüllen. Sie muss den steuerbegünstigten Zweck des Vereins klar definieren und diesen Zweck den in § 52 Abgabenordnung (AO) aufgeführten gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken zuordnen. Außerdem muss die Satzung Regelungen zur ausschließlichen und unmittelbaren Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks, zur Selbstlosigkeit und zur Vermögensbindung enthalten.
Die tatsächliche Geschäftsführung des Vereins muss mit der Satzung und den gesetzlichen Vorgaben übereinstimmen. Der Verein darf keine anderen als die in der Satzung genannten steuerbegünstigten Zwecke verfolgen. Die Mittel müssen zeitnah für diese Zwecke verwendet werden. Eine Vermögensanhäufung ist nur im Rahmen der gesetzlichen Grenzen zulässig.
Das Verfahren zur Anerkennung läuft in der Regel so ab: Der Verein reicht seine Satzung beim zuständigen Finanzamt ein. Dieses prüft zunächst, ob die Satzung gemeinnützigkeitskonform ist und stellt ggf. die satzungsmäßigen Voraussetzungen fest. Nach Ablauf des ersten Jahres wird die tatsächliche Geschäftsführung überprüft. Sind beide Voraussetzungen erfüllt, erteilt das Finanzamt einen Freistellungsbescheid und die Gemeinnützigkeit ist anerkannt.
Wie lange dauert der Prozess der Eintragung eines Vereins ins Vereinsregister und welche Schritte sind involviert?
Der Prozess der Eintragung eines Vereins ins Vereinsregister kann einige Wochen in Anspruch nehmen und umfasst folgende Schritte:
- Notarielle Beglaubigung der Satzung: Die Unterschriften unter der Vereinssatzung müssen von einem Notar oder dem Ortsgericht beglaubigt werden.
- Anmeldung beim Vereinsregister: Der Vorstand muss in vertretungsberechtigter Zahl die Anmeldung zur Eintragung beim zuständigen Amtsgericht einreichen. Dazu sind die beglaubigte Satzung und das Gründungsprotokoll erforderlich.
- Prüfung durch das Amtsgericht: Das Amtsgericht prüft, ob die eingereichten Unterlagen vollständig und die Satzung ordnungsgemäß ist. Bei Mängeln wird zur Nachbesserung aufgefordert.
- Eintragung ins Vereinsregister: Sind alle Voraussetzungen erfüllt, trägt das Amtsgericht den Verein ins Vereinsregister ein. Dies dauert nach Einreichung der vollständigen Unterlagen ca. 2-4 Wochen.
- Registerauszug: Nach der Eintragung erhält der Verein einen beglaubigten Registerauszug als Nachweis der Rechtsfähigkeit.
Die durchschnittliche Dauer des gesamten Prozesses von der Antragstellung bis zur Eintragung beträgt etwa 4-8 Wochen, kann aber je nach Amtsgericht und Vollständigkeit der Unterlagen variieren. Eine vorherige Prüfung der Satzung durch das Finanzamt zur Anerkennung der Gemeinnützigkeit kann den Ablauf zusätzlich verlängern.
Was passiert, wenn die Satzung eines Vereins von den Vorgaben des Finanzamtes abweicht?
Wenn die Satzung eines Vereins von den Vorgaben des Finanzamtes abweicht, kann dies erhebliche Konsequenzen für den Verein haben. Eine solche Diskrepanz kann dazu führen, dass das Finanzamt die Gemeinnützigkeit des Vereins nicht anerkennt. Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit ist für Vereine von großer Bedeutung, da sie steuerliche Vorteile mit sich bringt, wie beispielsweise Steuerbefreiungen und die Möglichkeit, Spendenbescheinigungen auszustellen, die für die Spender steuerlich absetzbar sind.
Entspricht die Satzung nicht den gemeinnützigkeitsrechtlichen Voraussetzungen, erlässt das Finanzamt einen negativen Feststellungsbescheid. Dies bedeutet, dass der Verein nicht als gemeinnützig anerkannt wird und somit keine steuerlichen Vorteile in Anspruch nehmen kann. Darüber hinaus kann der Verein ohne die Anerkennung der Gemeinnützigkeit auch das Vertrauen potenzieller Spender und Förderer verlieren, was die finanzielle Unterstützung des Vereins beeinträchtigen kann.
Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass die Satzung eines Vereins den gesetzlichen Vorgaben entspricht und alle erforderlichen Bestimmungen zur Gemeinnützigkeit enthält. Sollte das Finanzamt Mängel in der Satzung feststellen, ist der Verein verpflichtet, diese zu korrigieren und eine angepasste Satzung erneut zur Prüfung vorzulegen. Andernfalls riskiert der Verein, die Gemeinnützigkeit zu verlieren oder gar nicht erst zu erlangen.
Welche rechtlichen Folgen hat die fehlende Bescheinigung der Gemeinnützigkeit für die Eintragung eines Vereins ins Vereinsregister?
Die fehlende Bescheinigung der Gemeinnützigkeit hat keine direkten rechtlichen Folgen für die Eintragung eines Vereins ins Vereinsregister, da die Eintragung ins Vereinsregister und die Anerkennung der Gemeinnützigkeit zwei getrennte Verfahren sind. Die Eintragung eines Vereins ins Vereinsregister ist primär ein formaler Akt, der den Verein als juristische Person des privaten Rechts etabliert und ihm volle Rechtsfähigkeit verleiht. Diese Eintragung ist unabhängig von der steuerlichen Anerkennung der Gemeinnützigkeit.
Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit durch das Finanzamt ist ein separates Verfahren, das steuerliche Vorteile für den Verein mit sich bringt, wie die Befreiung von bestimmten Steuern und die Möglichkeit, Spendenbescheinigungen auszustellen. Eine Bescheinigung der Gemeinnützigkeit ist daher vor allem für die steuerliche Behandlung des Vereins relevant, nicht jedoch für die Eintragung ins Vereinsregister selbst.
Es ist jedoch zu beachten, dass die Anerkennung der Gemeinnützigkeit das öffentliche Ansehen und die Glaubwürdigkeit des Vereins stärken kann, was indirekt die Mitgliederakquise und die Spendeneinnahmen positiv beeinflussen kann. Fehlt die Bescheinigung der Gemeinnützigkeit, könnte dies die finanzielle Unterstützung durch Spenden und öffentliche Fördermittel beeinträchtigen, da Spender und Förderinstitutionen oft Wert auf den Nachweis der Gemeinnützigkeit legen.
Wie kann ein Verein gegen eine Ablehnung der Eintragung ins Vereinsregister rechtlich vorgehen?
Wenn ein Verein mit der Ablehnung seiner Eintragung ins Vereinsregister konfrontiert wird, stehen ihm rechtliche Schritte zur Verfügung, um gegen diese Entscheidung vorzugehen. Die Ablehnung der Eintragung kann verschiedene Gründe haben, beispielsweise die Nichterfüllung gesetzlicher Anforderungen oder einen Verstoß gegen das Grundgesetz. In solchen Fällen kann der Verein Beschwerde einlegen.
Die Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsgerichts ist der primäre Rechtsbehelf, der einem Verein zur Verfügung steht. Diese muss innerhalb einer bestimmten Frist eingereicht werden, die in der Ablehnungsentscheidung angegeben sein sollte. Die Beschwerde ist in der Regel beim übergeordneten Landgericht einzureichen, das die Entscheidung des Amtsgerichts überprüft.
Es ist wichtig, dass der Verein in der Beschwerde die Gründe darlegt, warum die Ablehnung der Eintragung unbegründet ist, und gegebenenfalls zusätzliche Unterlagen oder Beweise vorlegt, die die Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen belegen. In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, vor der Einreichung der Beschwerde rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen, um die Erfolgsaussichten zu erhöhen und die Beschwerde fachgerecht zu formulieren.
Sollte die Beschwerde beim Landgericht erfolglos bleiben, besteht unter Umständen die Möglichkeit, weitere Rechtsmittel einzulegen, abhängig von der spezifischen Rechtslage und den Gründen für die Ablehnung der Eintragung. Die genauen Verfahren und Rechtsmittel können je nach Einzelfall variieren, weshalb eine individuelle rechtliche Beratung in solchen Situationen besonders wertvoll ist.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 60 BGB: Dieser Paragraph regelt die Gründe für eine mögliche Zurückweisung der Anmeldung eines Vereins ins Vereinsregister. Im vorliegenden Fall wurde die Anmeldung zurückgewiesen, weil die Satzung des Vereins einen unzutreffenden Eindruck über die Gemeinnützigkeit erweckt, was gegen die zwingenden Vorschriften des Vereinsrechts verstößt.
- Abgabenordnung (AO), speziell § 52 AO: Die Abgabenordnung definiert, was unter gemeinnützigen Zwecken zu verstehen ist. Im vorliegenden Fall beruft sich die Satzung des Vereins auf diese Bestimmungen, um gemeinnützige Zwecke zu verfolgen, was für die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden und für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit essenziell ist.
- FamFG § 58 und § 11 RPflG: Diese Vorschriften sind relevant für die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts. Sie regeln das Beschwerdeverfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, zu denen auch die Registereintragungen zählen.
- ZPO §§ 166 ff., speziell § 172 Absatz 1 Satz 1 und § 175 Absatz 1: Die Zivilprozessordnung legt fest, wie Zustellungen im Rahmen gerichtlicher Verfahren zu erfolgen haben. Hier war die korrekte Zustellung des Beschlusses an den Verfahrensbevollmächtigten des Vereins strittig, was für die Fristwahrung zur Einlegung der Beschwerde entscheidend ist.
- § 10b Absatz 1 Satz 1 EStG: Dieser Paragraph regelt die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden an gemeinnützige Vereine. Die Frage, ob ein Verein als gemeinnützig anerkannt ist, beeinflusst direkt, ob Spenden an ihn steuerlich abgesetzt werden können, was im Fall des betroffenen Vereins eine Rolle spielt.
- § 347 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 AO und § 355 Absatz 1 Satz 1 AO: Diese Bestimmungen der Abgabenordnung regeln den Einspruch gegen steuerrechtliche Entscheidungen und die Einspruchsfrist. Relevant im Kontext, da der Verein eventuell Einspruch gegen die Nichtanerkennung der Gemeinnützigkeit durch das Finanzamt einlegen könnte.
➜ Das vorliegende Urteil vom OLG Karlsruhe
OLG Karlsruhe – Az.: 19 W 80/23 (Wx) – Beschluss vom 22.01.2024
1. Die sofortige Beschwerde des Vereins gegen den Beschluss des Amtsgerichts Mannheim – Registergericht – vom 13. September 2023 – 00 AR 2924/22 – wird zurückgewiesen.
2. Der Beteiligte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Gebührenstreitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR 5.000 festgesetzt.
Gründe
I.
Die in der Gründungsversammlung vom 20. Juli 2022 gewählte Vorsitzende und ihre zweite Stellvertreterin meldeten mit unterschriftsbeglaubigter Erklärung vom 19. August 2022 unter Beifügung von Gründungsprotokoll und Satzung den Verein zur Eintragung an. Die Satzung enthält in § 2 Absatz 1 den Hinweis, dass der Verein ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung verfolge. Eine finanzamtliche Bescheinigung über die (vorläufige) Anerkennung der Gemeinnützigkeit war nicht beigefügt.
Mit Schreiben vom 22. August 2022 beanstandete das Registergericht, dass es an einer vorläufigen Bescheinigung des Finanzamtes über die Gemeinnützigkeit fehle; ferner wurden eine Satzungsregelung in § 13 Absatz 3 zur Einberufung der Mitgliederversammlung auf Minderheitenantrag und der – das Existenzrecht Israels in Frage stellende – Vereinsname beanstandet. Der Verein teilte darauf hin mit Schreiben vom 21. Oktober 2022, dass er seinen Vereinsnamen beibehalten werde. Die Satzung sei in § 13 Absatz 3 geändert worden; hierzu wurde ein Protokoll „Orga Gruppe […]“ vom 16. Oktober 2022 beigefügt. An dieser Mitgliederversammlung nahmen 12 – nur mit ihrem Vornamen bezeichnete – Personen teil, unter denen jedenfalls nicht die in der Erstversammlung gewählte Vorsitzende war. Vom Finanzamt habe man bisher keine Rückmeldung erhalten, weshalb man die gerichtlichen Gebühren für die Eintragung selbst tragen werde. Das Amtsgericht wies hierzu mit Schreiben vom 26. Oktober 2022 darauf hin, dass die Mitgliederversammlung vom 16. Oktober 2022 nicht fristgerecht einberufen worden sei; die Regelungen in § 2 und § 15 der Satzung bedürften wegen der fehlenden Anerkennung der Gemeinnützigkeit der Änderung. Für den Verein meldete sich daraufhin deren Verfahrensbevollmächtigter, der mitteilte, eine Satzungsänderung zu der Frage der Gemeinnützigkeit sei nicht beabsichtigt; es sei die Entscheidung des Finanzamts abzuwarten. Es gebe keinen Grund, warum die Gemeinnützigkeit nicht zuerkannt werden könnte. Eingereicht wurde außerdem das Protokoll einer Mitgliederversammlung vom 12. Februar 2023; in dieser wurde erneut die Änderung von § 13 Absatz 3 der Satzung, nicht aber weiterer Satzungsbestimmungen beschlossen.
Mit Beschluss vom 13. September 2023 wies das Registergericht den Eintragungsantrag zurück. Die Satzung sei zu beanstanden, weil sie auf eine – tatsächlich weder vorläufig noch endgültig bestätigte – Gemeinnützigkeit Bezug nehme. Ferner verweise die Satzung noch auf das Datum einer nicht formgerecht abgehaltenen Mitgliederversammlung. Entsprechende Monierungen seien ohne Erfolg geblieben. Die Entscheidung wurde am 13. September 2023 an den Verein gegen Postzustellungsurkunde und gegen Empfangsbekenntnis an deren Verfahrensbevollmächtigten herausgegeben. Ein Empfangsbekenntnis des Verfahrensbevollmächtigten ist nicht zu den Akten gelangt; die Zustellung an den Verein ist ausweislich der Zustellungsurkunde am 15. September 2023 erfolgt. Gegen diese Entscheidung richtet sich die am 16. Oktober 2023 durch den Verfahrensbevollmächtigten eingereichte Beschwerde; eine – zunächst angekündigte – Begründung des Rechtsmittels ist nicht erfolgt. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Die Beschwerde sei verspätet eingelegt. Zwar sei mangels Empfangsbekenntnis nicht bekannt, wann dem Verfahrensbevollmächtigten der Beschluss zugestellt worden sei. Da jedoch die Anschrift des Vereins mit derjenigen des Anwalts übereinstimme, sei davon auszugehen, dass dieser den Beschluss – wie in der Zustellungsurkunde des Vereins angegeben – am 15. September 2023 erhalten habe. In der Sache sei die Beschwerde nicht begründet, weil die Regelungen zum Vereinszweck und zum Datum der satzungsändernden Mitgliederversammlung nicht geändert worden seien.
Während des Beschwerdeverfahrens hat das Finanzamt M. mitgeteilt, dass der Antrag auf Anerkennung der Gemeinnützigkeit am 14. Dezember 2023 zurückgewiesen worden sei. Der hierzu angehörte Verein hat keine Stellungnahme abgegeben.
II.
Die nach § 58 FamFG in Verbindung mit § 11 RPflG zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.
A.
1. Es ist allerdings – entgegen der vom Amtsgericht vertretenen Auffassung – von einer fristgerechten Beschwerdeeinlegung auszugehen. Der angefochtene Beschluss war, da er dem erklärten Willen der Beteiligten nicht entsprach, gemäß § 41 Absatz 1 Satz 2 FamFG zuzustellen, wobei sich die Zustellung gemäß § 15 Absatz 2 Satz 1 FamFG nach den §§ 166 ff. ZPO richtet. Das hat zur Folge, dass die Zustellung in einem anhängigen Verfahren an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten zu erfolgen hat, § 172 Absatz 1 Satz 1 ZPO. Die Zustellung an Prozessbevollmächtigte erfolgt grundsätzlich gegen Empfangsbekenntnis, § 175 Absatz 1 ZPO. Ein solches Empfangsbekenntnis ist hier nicht abgegeben worden; das Amtsgericht hätte daher – da auch eine Anmahnung des Empfangsbekenntnisses erfolglos geblieben ist – eine Zustellung an den Verfahrensbevollmächtigten gegen Zustellungsurkunde bewirken müssen. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Anschriftenidentität zwischen Verein und Verfahrensbevollmächtigten die Annahme rechtfertigt, dass diesem die an ihn gerichtete Sendung an demselben Tage zugegangen ist, was zwar nicht fernliegt, aber wegen möglicher Störungen im Postlauf keineswegs zwingend erscheint. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH genügt für die Wirksamkeit einer in dieser Form vorgenommenen Zustellung jedenfalls nicht der tatsächliche Zugang des Schriftstücks. Hinzukommen muss vielmehr die Äußerung des Willens, das zur Empfangnahme angebotene Schriftstück dem Angebot entsprechend als zugestellt entgegenzunehmen (BGH NJW 2011, 3581 Rn. 16). Dass ein solcher Empfangswille hier (bereits) am 15. September 2023 vorlag, ist nicht festgestellt.
2. Dass die Beschwerde weder in der Rechtsmittelschrift selbst noch später mit Gründen versehen ist, steht der Zulässigkeit nicht entgegen. Zwar sieht § 65 Absatz 1 FamFG vor, dass die Beschwerde mit Gründen versehen werden soll; bei ihrem Fehlen darf sie indes nicht (allein) aus diesem Grunde verworfen werden (BeckOK FamFG/Obermann, 48. Ed. 1.11.2023, FamFG § 65 Rn. 2 m. w. N.).
B.
In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Das Amtsgericht hat die Anmeldung nach § 60 BGB zu Recht zurückgewiesen,
1. Eine Vereinsanmeldung kann zurückgewiesen werden, wenn die in §§ 56 bis 59 BGB genannten Bestimmungen verletzt sind oder andere Vorschriften des zwingenden öffentlichen oder privaten Vereinsrechts verletzt sind. Alle Rechtsverhältnisse des Vereins müssen in der Satzung ohne Gesetzesverstoß geregelt sein. Es kommt nicht darauf an, ob die verletzte Vorschrift eine Soll- oder Mussvorschrift ist. (D. U. Otto in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 60 BGB, Rn. 2).
2. Zu den in § 57 Absatz 1 geregelten Mindestanforderungen an die Vereinssatzung gehört es, dass diese den Vereinszweck wiedergibt. Die Vorschrift dient – neben der Ermöglichung der Vereinsaufsicht – auch dem Verkehrsschutz (MüKoBGB/Leuschner, 9. Auflage, BGB § 57 Rn. 1). Wer daher von dem in § 79 Absatz 1 BGB einschränkungslos gewährten Recht auf Einsicht in das Vereinsregister und die eingereichten Unterlagen Gebrauch macht, muss aus der Satzung ein zutreffendes Bild von den Verhältnissen des Vereins gewinnen können. Dazu gehört für potentielle Spender auch die Information, ob ein Verein gemeinnützige Zwecke verfolgt und dies von der zuständigen Finanzbehörde anerkannt ist; hiervon hängt nämlich ab, ob die Spende nach § 10b Absatz 1 Satz 1 EStG steuermindernd geltend gemacht werden kann. Hier enthält die Satzung des Vereins zwar nicht die ausdrückliche Behauptung, dass die Gemeinnützigkeit des Vereins vom Finanzamt anerkannt worden sei. Der in § 2 enthaltene Hinweis, dass der Verein ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung verfolge, erweckt aber den Eindruck einer solchen Anerkennung und ist daher geeignet, bei Dritten einen entsprechenden Eindruck einer Anerkennung zu erwecken. Eine solche ist aber tatsächlich nicht erfolgt; der entsprechende Antrag ist – wie das Finanzamt mitgeteilt hat – zurückgewiesen worden. Dass gegen den entsprechenden Bescheid Einspruch (§ 347 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 AO) eingelegt worden ist oder dies noch innerhalb der Einspruchsfrist (§ 355 Absatz 1 Satz 1 AO) beabsichtigt sei, hat der zu der Mitteilung des Finanzamts angehörte Verein nicht geltend gemacht. Unabhängig davon kann die Eintragung des Vereins jedenfalls nicht erfolgen, solange über einen etwaigen Widerspruch nicht im Sinne des Vereins entschieden ist.
3. Es kann daher offenbleiben, ob das Gebot zutreffender Darstellung der Verhältnisse auch – wie vom Amtsgericht angenommen – deshalb verletzt ist, weil die Satzung das Datum der (wirksamen) Beschlussfassung über die Satzungsänderung falsch angibt.
3. Ob darüber hinaus – wie im ursprünglichen Beanstandungsschreiben des Registergerichts ausgeführt – der Name des Vereins unzulässig ist, bedarf vor diesem Hintergrund ebenfalls keiner Vertiefung.
III.
1. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 84 FamFG.
2. Als Beschwerdewert wird, da genügende anderweitige Anhaltspunkte nicht vorhanden sind, der Regelwert des § 36 Absatz 3 GNotKG angenommen (vgl. zur Anwendbarkeit dieser Vorschrift bei Vereinsregisteranmeldungen Korintenberg/Bormann, 22. Aufl. 2022, GNotKG § 36 Rn. 102a).
3. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 70 Absatz 2 FamFG) liegen nicht vor, insbesondere wirft die Rechtssache keine grundsätzlichen oder der Rechtsfortbildung zugänglichen Fragen auf.