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Anforderungen an Unterschrift unter notariellem Testament

OLG Köln – Az.: I-2 Wx 102/20 – Beschluss vom 18.05.2020

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. vom 10.01.2020 gegen den am 09.12.2019 erlassenen Beschluss des Amtsgerichts Bonn vom 06.12.2019 – 39 VI 517/16 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beteiligte zu 1. zu tragen.

Gründe

1.

In dem notariell beurkundeten Testament vom  09.08.2011 (UR Nr. 1xx/2011 des Notars A in  B) hatten sich die Erblasserin und ihr am 07.10.2015 vorverstorbener Ehemann C D wechselseitig zu Alleinerben und zu Erben des Letztversterbenden die Geschwister des Ehemannes eingesetzt, wobei die Schlusserbeneinsetzung für den Überlebenden als frei änderbar festgelegt wurde (Bl. 12 ff. Testamentsakte).

In dem notariell beurkundeten Testament vom 22.12.2015 (UR Nr. 7xx/2015 des Notars Dr. E in F) setzte die Erblasserin unter Bezugnahme auf den Änderungsvorbehalt in dem Ehegattentestament zu ihrem Alleinerben ihren Großcousin, den Beteiligten zu 2., ein (Bl. 34 f. Testamentsakte).

In notarieller Urkunde vom 06.09.2016 hat die Beteiligte zu 1., die Schwester des Ehemannes der Erblasserin, die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins beantragt, der sie und ihre beiden Brüder als Erben der Erblassers zu gleichen Teilen ausweist (Bl. 3 ff). Sie hat vorgebracht, das Einzeltestament der Erblasserin vom 22.12.2015 sei wegen Testierunfähigkeit unwirksam, auch sei die notarielle Niederschrift von der Erblasserin nicht vollständig unterschrieben worden.

Das Nachlassgericht hat eine Abschrift des Antrages dem Beteiligten zu 2. und den Brüdern der Beteiligten zu 1. mit dem Hinweis zugeleitet, sie könnten auf Antrag als Beteiligte hinzugezogen werden (Bl. 15). Der Beteiligte zu 2. ist dem Antrag entgegengetreten. Das Nachlassgericht hat zur Frage der Testierunfähigkeit Beweis erhoben durch Anhörung der Beteiligten, Vernehmung von Zeugen, Beiziehung von Arztunterlagen und die Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Durch den am 09.12.2019 erlassenen Beschluss vom 06.12.2019 hat der Nachlassrichter den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1. zurückgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, eine Testierunfähigkeit der Erblasserin habe nicht zur vollen Überzeugung des Gerichts festgestellt werden können (Bl. 404 ff.). Auch habe die Erblasserin eine den Anforderungen des § 13 BeurkG genügende Unterschrift geleistet.

Gegen den ihr am 12.12.2019 zu Händen ihrer Verfahrensbevollmächtigten zugestellten Beschluss wendet sich die Beteiligte zu 1. mit ihrer Beschwerde gemäß Schriftsatz vom 10.01.2020. Das entsprechende Telefaxschreiben ist vom Amtsgericht Bonn mit einem auf den 13.01.2020 datierten Stempel versehen worden (Bl. 433). Mit ihrer nachgereichten Beschwerdebegründung vom 03.03.2020, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 457 ff.) verfolgt die Beschwerdeführerin ihre Einwände gegen die Wirksamkeit des Einzeltestaments weiter. Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache zur Entscheidung dem Oberlandesgericht vorgelegt.

2.

a) Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt worden. Da der angefochtene Beschluss am 12.12.2019 zugestellt worden war, lief die Frist zur Einlegung der Beschwerde am 13.01.2020, einem Montag, ab. Aufgrund des vom Amtsgericht angebrachten Datumsstempels ist festzustellen, dass das Telefaxschreiben spätestens an diesem Tage eingegangen war. Es bedarf für den vorliegenden Fall daher keiner Prüfung, ob das in der Anwaltskanzlei mit dem Sendevermerk „10.01.2020 Fr 13:00“ versehene Telefax noch am 10.01.2020 bei dem Amtsgericht eingegangen war. Der bei den Akten befindliche Ausdruck Bl. 433 d.A. lässt nur noch eine Eingangszeit „13:08“ erkennen, das Datum ist abgerissen.

b) In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg; das Amtsgericht hat den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1. mit Recht zurückgewiesen. Denn Erbe der Erblasserin ist der Beteiligte zu 2. geworden. Das Einzeltestament vom 22.12.2015 ist wirksam.

Mit Recht hat das Amtsgericht eine Testierunfähigkeit der Erblasserin bei Testamentserrichtung verneint. Es hat hier die zutreffenden Grundsätze angewandt, wegen derer zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Begründung des angefochtenen Beschlusses verwiesen wird, und sich in zutreffender Würdigung einer erschöpfenden Beweisaufnahme nicht die Überzeugung zu bilden vermocht, dass die Erblasserin bei Errichtung des Testaments am 22.12.2015 testierunfähig war. Der Auffassung der Beschwerde, in der Gesamtschau könne man nur zu dem Ergebnis gelangen, dass die Erblasserin testierunfähig war, ist nicht zu folgen. Insoweit gilt der Grundsatz, dass die Testierfähigkeit die Regel und eine Testierunfähigkeit die Ausnahme ist, weshalb die Feststellungslast denjenigen Beteiligten trifft, der sich auf Testierunfähigkeit beruft. Lässt sich eine Testierunfähigkeit nicht mit hinreichender Gewissheit feststellen, ist davon auszugehen, dass der Erblasser testierfähig war. So ist es im Streitfall. Auf der Grundlage der durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere des Gutachtens unter Einbeziehung der Arztunterlagen sowie der Angaben der Beteiligten und Zeugen lässt sich in der Gesamtschau nicht mit ausreichender Gewissheit die Feststellung einer Testierunfähigkeit treffen. Verbleibende Zweifel in dieser Frage sind nicht geeignet, zu einem anderen Ergebnis zu gelangen. Eine weitere Beweisaufnahme ist nicht veranlasst. Ob, was die Beteiligte zu 1. durch Zeugen unter Beweis stellt, Behauptungen des Beteiligten zu 2. betreffend das Verhältnis zwischen der Erblasserin auf der einen sowie der Beteiligten zu 1. und deren Verwandten auf der anderen Seite unrichtig sind, ist für die Frage der Testierfähigkeit der Erblasserin ebenso unerheblich wie das unter Zeugenbeweis gestellte Vorbringen, die Erblasserin sei für die Beteiligte zu 1. und deren Brüder wegen des Beteiligten zu 2. nicht erreichbar gewesen. Auch wenn darin entsprechend dem Beschwerdevortrag ein Abhängigkeitsverhältnis zum Ausdruck käme, ließe dies jedenfalls nicht den Schluss zu, dass die Erblasserin, wie die Beschwerde vorbringt, „die Tragweite ihrer rechtlichen Handlung nicht mehr überblicken konnte“ und eine freie Willensbildung nicht mehr möglich war. Auch bedarf es nicht ergänzender Begutachtung. Das vom Amtsgericht eingeholte Gutachten ist in den entscheidungserheblichen Fragen erschöpfend.

Das Testament wird auch dem Unterschriftserfordernis nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BeurkG gerecht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird „mit der Unterschrift … dokumentiert, daß sich die Beteiligten ihre Erklärungen zurechnen lassen und die Urkunde in ihrer körperlichen Form genehmigen; die Unterschrift dient damit als formelles Zeichen der Verantwortungsübernahme für Geltung und Gültigkeit des beurkundeten Rechtsgeschäfts und für die Echtheit des beurkundeten Willens der Beteiligten (Heinemann, ZNotP 2002, 223, 224). Denn die Urkunde enthält nicht etwa Erklärungen des Notars, die er aufgrund des ihm mitgeteilten Willens der Beteiligten abgibt, sondern die eigenen Willenserklärungen der Beteiligten. Die Identifizierbarkeit der Beteiligten ist indes nicht Sinn der Unterschrift; hierzu dient die nach § 10 BeurkG zu treffende Identitätsfeststellung (vgl. KG, NJW-RR 1996, 1414; Heinemann, aaO).“ Aufgrund dessen hat der Bundesgerichtshof in jenem Fall eine bloße Unterzeichnung mit dem Vornamen für nicht ausreichend erachtet, da sich der Unterzeichnung nur mit dem Vornamen nicht sicher entnehmen lässt, ob der Unterzeichner wirklich für die Echtheit des beurkundeten Willens und für die Geltung des beurkundeten Rechtsgeschäfts einstehen will. Im Streitfall hingegen hat die Erblasserin zumindest angesetzt, ihren Familiennamen „D“ zu schreiben, was in der Urkunde in dem „D“ und der anschließenden geschlängelten Linie seinen Niederschlag gefunden hat. Aufgrund der besonderen Umstände liegt die Annahme nahe, dass die Erblasserin damit nicht lediglich eine Paraphierung beabsichtigte, sondern eine volle Niederschrift ihres Familiennamens, was ihr indes vor dem Hintergrund ihrer Schwächung durch die schwere Erkrankung nach der glaubhaften Darstellung des Urkundsnotars nicht vollständig gelang. Die Voraussetzungen einer Schreibunfähigkeit nach § 25 BeurkG lagen damit noch nicht vor, denn die Erblasserin war noch schreibfähig, wenn auch mit einem Duktus, der durch ihre krankheitsbedingte Schwächung geprägt war. Eine Unwirksamkeit der Unterzeichnung ist damit auch nicht nach den Grundsätzen der Entscheidung OLG Stuttgart, NJW 2002, 145, anzunehmen. Danach ist eine Unterzeichnung (eines notariellen Kaufvertrage in jenem Fall) nicht ausreichend, wenn sie nicht zumindest den Versuch zum Ausdruck bringt, den Familiennamen auszuschreiben. Gerade ein solcher Versuch der Erblasserin liegt hier aber, wie ausgeführt, vor, weshalb hier offen bleiben kann, ob die vom OLG Stuttgart gestellten Anforderungen auf letztwillige Verfügungen zu übertragen sind (verneinend etwa Staudinger/Baumann, BGB, Neubearbeitung 2018, § 2232 Rz. 52).  Zu Unrecht nimmt die Beschwerde die Entscheidung OLG Düsseldorf FGPrax 2017, 267 für sich in Anspruch. Denn in jenem Fall hatte die Erblasserin der Initiale ihres Vornamens eine Kombination aus den ersten drei Buchstaben ihres Geburtsnamens und den letzten vier Buchstaben ihres Nachnamens hinzugefügt, also einen sie nicht kennzeichnenden Namen verwendet. So liegen die Dinge im vorliegenden Fall gerade nicht. Ohne Erfolg beruft sich die Beschwerde ferner auf Literaturstellen zu § 2247 BGB, wonach eine bloße Unterzeichnung mit dem Anfangsbuchstaben des Namens nicht genüge. Zum einen hat die Erblasserin, wie dargestellt, sich hier nicht auf die Abkürzung des Familiennamens mit dem Anfangsbuchstaben beschränken wollen und hat dies auch nicht getan. Zum anderen kommt der Unterschrift bei einem eigenhändigen Testament nach § 2247 BGB auch eine Identifizierungsfunktion zu, im Falle notarieller Beurkundung hingegen – weil hier die Identifizierung vom Notar gewährleistet wird – lediglich die einer Bekundung der Verantwortungsübernahme (BGH a.a.O.). An letzterem kann bei der Unterzeichnung des Testaments vom 22.12.2015 kein Zweifel bestehen.

c) Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Die Voraussetzungen  für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht erfüllt; die Entscheidung beruht auf einer Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls.

Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens:  400.000,– EUR

(entsprechend der Festsetzung des Amtsgerichts vom 01.06.2018; Erkenntnisse für eine abweichende Festsetzung liegen nicht vor)

3.

Der Senat hält es für angezeigt, das Amtsgericht Bonn darauf hinzuweisen, dass für eine sichere und richtige aktenkundige Dokumentierung des Eingangsdatums von Telefaxschreiben Sorge zu tragen ist. Eine solche kann darin bestehen, dass durch das Empfangsgerät eine Empfangskennung aufgedruckt wird. Im vorliegenden Fall ist indes das entsprechende Datum vom Ausdruck abgerissen. Sodann kann  das Eingangsdatum auch durch Aufstempeln dokumentiert werden. Dann indes muss das aufgestempelte Datum auch dem Datum entsprechen, an welchem das Telefaxschreiben vom Gerät des Gerichts empfangen worden ist. Dem Senat drängt sich hier die Vermutung auf, dass das Telefax bereits am 10.01.2020, einem Freitag, um 13.08 Uhr bei dem Amtsgericht eingegangen war und von einem Mitarbeiter dann erst am Montag mit dem Datumsstempel vom 13.01.2020 versehen wurde. Wann ein Mitarbeiter ein Telefaxschreiben dem Gerät entnimmt und/oder zur Kenntnis nimmt, ist für die Frage des Eingangs indes unerheblich, weshalb sich nicht erschließt, aus welchen Gründen bei dem Amtsgericht Bonn ein solcher Vorgang durch einen Stempel dokumentiert wird. So wie geschehen erweckt der Stempel den Anschein eines Eingangs bei Gericht am 13.01.2020. Sollte mit derartigen Stempeln ein anderer Vorgang als der Eingang bei Gericht dokumentiert werden, wäre zur Vermeidung von Unklarheiten ein Zusatz anzubringen, der Auskunft darüber gibt, welcher Vorgang denn an dem betreffenden Tag dokumentiert werden soll.

 

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