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Altrechtlicher Nutzungsanteil nicht veräußerbar: Isolierte Übertragung unwirksam

Ein Vater versuchte, einen im Grundbuch eingetragenen Anteil zu übertragen, doch der altrechtliche Nutzungsanteil war nicht veräußerbar. Jahrzehntelange fehlerhafte Grundbucheintragungen konnten die Übertragung nicht rechtskräftig machen, da das Recht an ein Stammgrundstück gebunden blieb.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 12 Wx 27/22 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt
  • Datum: 02. Januar 2023
  • Aktenzeichen: 12 Wx 27/22
  • Verfahren: Beschwerdeverfahren
  • Rechtsbereiche: Grundbuchrecht, Sachenrecht, Historisches Agrarrecht

  • Das Problem: Ein Vater wollte seinen im Grundbuch eingetragenen Anteil an einem Nutzgrundstück auf seinen Sohn übertragen. Das zuständige Grundbuchamt weigerte sich, die Umschreibung vorzunehmen. Es begründete die Ablehnung damit, dass die Rechte nicht übertragbar seien.
  • Die Rechtsfrage: Kann ein im Grundbuch verzeichneter „Miteigentumsanteil“ als eigenständiges Eigentum separat auf einen Dritten übertragen werden? Oder handelt es sich um einen nicht veräußerbaren Nutzungsanteil einer alten Gemeinschaft?
  • Die Antwort: Nein, die Beschwerde wurde zurückgewiesen. Der im Grundbuch verzeichnete Anteil ist kein frei veräußerbares Bruchteilseigentum. Er ist ein altrechtlicher Nutzungsanteil einer Separationsinteressengemeinschaft.
  • Die Bedeutung: Diese historischen Anteile sind untrennbar an die ursprünglichen Stammgrundstücke gebunden. Sie dürfen nicht losgelöst und separat wie normales Eigentum im Grundbuch übertragen werden.

Der Fall vor Gericht


Worum ging es in diesem Fall?

Es sollte ein einfaches Geschenk sein. Ein Vater überträgt seinem Sohn per Notarvertrag einen „Miteigentumsanteil“, der seit Jahren auf seinen Namen im Grundbuch eingetragen ist. Ein klarer Fall, dachten beide. Doch als der Antrag beim Grundbuchamt Salzwedel landete, zog die Behörde die Notbremse. Was folgte, war eine juristische Zeitreise in Preußisches Recht, die eine grundlegende Frage aufwarf: Kann man etwas verschenken, das einem zwar irgendwie gehört, über das man aber gar nicht allein verfügen darf?

Warum scheiterte die Übertragung trotz Notarvertrag und Grundbucheintrag?

Ein Sachbearbeiter prüft alte Nutzungsrechte auf einem Manuskript, um die Verkehrsfähigkeit des Miteigentumsanteils zu klären.
Historischer Grundbucheintrag verhinderte Schenkung isolierten Miteigentumsanteils. | Symbolbild: KI

Der Vater und sein Sohn gingen von einer simplen Logik aus. Im Grundbuch von J., Blatt 65, war der Vater als „Eigentümer“ eines Miteigentumsanteils verzeichnet. Für sie war dies ein klarer Fall von Bruchteilseigentum. Das kann man sich vorstellen wie eine Torte, von der einem ein bestimmtes Stück gehört. Über dieses Stück – diesen ideellen Anteil – kann man nach den Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 1008 ff. BGB) frei verfügen. Man kann es verkaufen, verschenken oder vererben. Der Notarvertrag, der die Übertragung nach §§ 873, 925 BGB regelt, schien nur noch eine Formsache zu sein.

Das Grundbuchamt und später das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt sahen das komplett anders. Sie blickten hinter den Wortlaut „Eigentümer“ und analysierten die historische Herkunft des Eintrags. Ihre Erkenntnis pulverisierte den Plan des Vaters: Bei dem eingetragenen Recht handelte es sich nicht um ein frei handelbares Tortenstück. Es war vielmehr die Mitgliedschaft in einem exklusiven Club – einer alten „Separationsinteressengemeinschaft“.

Was genau ist eine solche „Separationsinteressengemeinschaft“?

Dieses juristische Konstrukt stammt aus einer Zeit, als die Landwirtschaft anders organisiert war. Im 19. Jahrhundert wurden im Zuge von Agrarreformen große Gemeinschaftsflächen (Allmenden) aufgeteilt. Einige Flächen – etwa Wälder zur Holzgewinnung oder gemeinsame Wege – blieben als Restvermögen für eine bestimmte Gruppe von Berechtigten bestehen. Diese Berechtigten bildeten eine Interessengemeinschaft, eine sogenannte Gesamthandsgemeinschaft.

Der Unterschied zum Bruchteilseigentum ist fundamental. Bei der Torte (Bruchteilseigentum) gehört jedem sein eigenes Stück. Bei der Gesamthandsgemeinschaft gehört die gesamte Torte allen Mitgliedern gemeinsam. Niemand kann sein „Stück“ herausschneiden und es einem Dritten geben. Das Recht zur Nutzung der Torte – der sogenannte Nutzanteil – ist untrennbar an etwas anderes gekoppelt: das Eigentum an einem der ursprünglichen Bauernhöfe, den sogenannten „Stammgrundstücken“. Man kann seinen Nutzanteil am Gemeinschaftswald nicht isoliert verkaufen. Man kann nur den ganzen Hof verkaufen – und mit ihm geht dann auch das Nutzungsrecht über.

Das Gericht stellte fest, dass der Grundbucheintrag genau einen solchen, nicht eigenständig verkehrsfähigen Nutzanteil dokumentierte. Der Vermerk im Grundbuch verwies auf „gemeinschaftliche Rechte“, die einem alten Ackerhof zustanden. Das war der entscheidende Hinweis. Der Vater konnte diesen Anteil nicht isoliert auf seinen Sohn übertragen, weil er rechtlich an ein Stammgrundstück gekettet war.

Weshalb zählte das Argument der früheren problemlosen Übertragungen nicht?

Die Beteiligten hatten einen letzten Trumpf im Ärmel. Sie wiesen darauf hin, dass in der Vergangenheit ähnliche Anteile aus diesem Grundbuchblatt bereits ohne Probleme umgeschrieben worden waren. Ihr Argument: Was früher ging, muss auch heute noch gehen.

Das Oberlandesgericht ließ diesen Einwand nicht gelten. Die richterliche Begründung war kurz und unmissverständlich: Eine fehlerhafte Praxis in der Vergangenheit schafft kein Recht für die Zukunft. Nur weil das Grundbuchamt früher möglicherweise die wahre Rechtsnatur dieser Anteile übersehen hatte, war es nicht gezwungen, diesen Fehler zu wiederholen. Die Materielle Rechtslage – die Unübertragbarkeit des Anteils – wiegt schwerer als eine fehlerhafte Verwaltungspraxis. Das Gericht stellte sogar klar, dass die separate Buchung solcher Anteile auf einem eigenen Grundbuchblatt, losgelöst von den Stammgrundstücken, nach den alten preußischen Ausführungsvorschriften zur Grundbuchordnung unzulässig war.

Die Beschwerde des Vaters und des Sohnes wurde zurückgewiesen. Sie mussten die Kosten des Verfahrens tragen. Der Versuch, das Geschenk juristisch zu vollziehen, war an der unsichtbaren Kette der Rechtsgeschichte gescheitert.

Die Urteilslogik

Die Verfügbarkeit von Eigentumsrechten scheitert, wenn deren historische, materielle Rechtsnatur dem äußeren Anschein im Grundbuch widerspricht.

  • [Die wahre Natur des Eigentums]: Das Grundbuch dient lediglich der Dokumentation, während die Verkehrsfähigkeit eines eingetragenen Anteils stets durch die zugrundeliegende Rechtsform – insbesondere altrechtliche Bindungen – bestimmt wird.
  • [Unveräußerliche Gesamthandsberechtigung]: Nutzungsanteile, die aus historischen Agrarreformen (Separationsinteressengemeinschaften) resultieren, koppeln das Recht untrennbar an das Eigentum des ursprünglichen Stammgrundstücks und sind deshalb isoliert nicht übertragbar.
  • [Keine Rechtfertigung durch Präzedenzfälle]: Eine in der Vergangenheit fehlerhafte administrative Praxis schafft keine rechtliche Grundlage und verpflichtet Behörden nicht dazu, unzulässige Eintragungen oder Übertragungen in der Gegenwart zu wiederholen.

Gerichtliche Entscheidungen zwingen die Beteiligten dazu, die komplexe Kette der Rechtsgeschichte zu entschlüsseln, bevor sie über ein scheinbares Recht verfügen.


Experten Kommentar

Wer einen Miteigentumsanteil übertragen möchte, muss wissen: Nicht alles, was im Grundbuch steht, ist auch frei handelbares Bruchteilseigentum. Hier zeigt sich, dass hinter einem simplen Eintrag oft jahrhundertealte Rechtsgeschichte steckt, die eine isolierte Übertragung blockiert. Das Gericht zieht eine klare rote Linie und bestätigt: Wenn das Recht historisch an ein Stammgrundstück gebunden ist, bleibt es unverkehrsfähig, selbst wenn es auf einem separaten Blatt geführt wird. Der wichtigste Punkt ist dabei, dass selbst eine lange Kette fehlerhafter Umschreibungen durch das Grundbuchamt kein Recht für die Zukunft schafft. Die materielle Rechtslage entscheidet – und die erfordert bei alten Rechten eine gründliche historische Prüfung.


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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Warum scheitert die Übertragung meines im Grundbuch eingetragenen Miteigentumsanteils?

Der Verkauf oder die Schenkung scheitert, weil Ihr vermeintlicher Miteigentumsanteil materiell kein frei verfügbares Bruchteilseigentum ist. Obwohl das Grundbuch Sie als Eigentümer listet, handelt es sich tatsächlich um eine altrechtliche Gesamthandsberechtigung. Dieses Recht stammt oft aus historischen Agrarreformen und ist untrennbar an ein Stammgrundstück gebunden. Das Grundbuchamt hält die Transaktion auf, da Ihr scheinbar klares Eigentumsrecht nicht isoliert übertragbar ist.

Die Diskrepanz liegt in der Rechtsnatur des Anteils. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) erlaubt die freie Verfügung über ideelle Bruchteile. Ihr Anteil unterliegt aber häufig dem alten preußisches Recht und begründet die Mitgliedschaft in einer Interessengemeinschaft. Bei dieser Gesamthandsberechtigung gehört das gesamte Gemeinschaftsvermögen allen Mitgliedern gemeinsam. Sie besitzen daher keinen frei handelbaren Miteigentumsanteil im Sinne des BGB, sondern nur einen nicht isolierbaren Nutzungsanteil.

Die Folge dieser Bindung ist die fehlende Verkehrsfähigkeit des Anteils. Das Recht zur Nutzung ist fest an das Eigentum eines ursprünglichen Bauerhofs gekettet. Der Nutzungsanteil kann nicht als eigenständiger Vermögenswert übertragen werden, sondern geht nur dann an Dritte über, wenn das gesamte Stammgrundstück veräußert wird. Das Grundbuchamt ist verpflichtet, die Übertragung abzulehnen, da die Bezeichnung „Eigentümer“ im Grundbuch die wahre, alte Rechtsbindung verschleiert.

Um die wahre Rechtsnatur und den Ursprung des Anteils zu klären, fordern Sie beim zuständigen Grundbuchamt sofort die historische Grundakte und Urkundensammlung an.


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Was ist der Unterschied zwischen Bruchteilseigentum und altrechtlicher Gesamthandsberechtigung?

Der entscheidende Unterschied liegt in der Verfügungsfreiheit über den Anteil. Beim Bruchteilseigentum nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB, § 1008 ff.) gehört Ihnen Ihr ideeller Anteil allein, wie ein eigenes Stück einer Torte. Sie können dieses Stück frei verkaufen, belasten oder verschenken, da es ein frei handelbarer Vermögenswert ist. Die altrechtliche Gesamthandsberechtigung hingegen bindet das Eigentum an die gesamte Gemeinschaft und verhindert eine isolierte Übertragung des Nutzungsrechts.

Bei der Gesamthandsberechtigung, wie sie oft in historischen Separationsinteressengemeinschaften auftritt, gehört die gesamte Sache allen Mitgliedern gemeinsam. Niemand kann seinen Anteil isoliert veräußern. Die Verfügung ist nur möglich, wenn alle Mitglieder zustimmen oder wenn das gesamte gemeinschaftliche Vermögen liquidiert wird. Dieses Konstrukt stellt sicher, dass der Nutzungsanteil untrennbar mit der Mitgliedschaft in dieser exklusiven Gemeinschaft verbunden bleibt.

Besonders kompliziert wird es durch die altrechtliche Fesselung. Das isolierte Nutzungsrecht ist historisch an das Eigentum eines ursprünglichen Hofes gekettet, das sogenannte Stammgrundstück. Diese Bindung macht den vermeintlichen Miteigentumsanteil materiell zu einem nicht frei übertragbaren Nutzungsanteil. Obwohl Sie im Grundbuch als Miteigentümer verzeichnet sind, kann diese Eintragung die tatsächliche Unübertragbarkeit verschleiern.

Überprüfen Sie in Ihrer Grundbuchakte, ob Ihr Anteil auf „gemeinschaftliche Rechte“ verweist, denn dies ist der stärkste Hinweis auf eine nicht frei verfügbare Gesamthandsberechtigung.


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Wie kann ich altrechtliche Nutzungsanteile aus einer Interessengemeinschaft auflösen oder übertragbar machen?

Die isolierte Veräußerung altrechtlicher Nutzungsanteile ist fast immer unmöglich, solange die historische Interessengemeinschaft fortbesteht. Ihr Anteil ist juristisch an ein sogenanntes Stammgrundstück gekettet und darf nicht separat verkauft oder verschenkt werden. Eine Übertragbarkeit erreichen Sie nur, indem Sie entweder das gekoppelte Stammgrundstück mitverkaufen oder die gesamte Gemeinschaft formal liquidieren lassen.

Der einfachste und schnellste Weg zur Übertragung ist der sogenannte Kettenverkauf: Verkaufen Sie das gesamte Stammgrundstück, geht der Nutzungsanteil automatisch als Zubehör auf den neuen Eigentümer über. Wollen Sie hingegen nur den Anteil selbst liquidieren, müssen Sie die gesamte Interessengemeinschaft auflösen. Dieses langwierige gerichtliche Verfahren zielt darauf ab, das gemeinschaftliche Vermögen in frei veräußerbares Bruchteilseigentum umzuwandeln.

Alternativ können die Mitglieder einen Rechtsformwechsel versuchen, um die altrechtliche Gesamthandsgemeinschaft in eine flexible moderne Rechtsform, etwa eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, umzuwandeln. Dieser Prozess erfordert jedoch zwingend die notarielle Zustimmung aller Mitglieder. Vermeiden Sie den Versuch, den Nutzungsanteil isoliert zu verkaufen oder zu verschenken, da das Grundbuchamt den Antrag ablehnen muss und Sie unnötige Notar- und Gerichtskosten tragen.

Kontaktieren Sie dringend die anderen Mitglieder der Interessengemeinschaft, um eine gemeinsame Einigung über die Auflösung oder eine Änderung der Teilungsordnung zu erzielen.


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Was tun, wenn ein fehlerhafter Grundbucheintrag die Übertragung meines Anteils verhindert?

Die Ablehnung der Übertragung durch das Grundbuchamt müssen Sie akzeptieren, da die materielle Rechtslage schwerer wiegt als der fehlerhafte Eintrag. Eine frühere, falsche Praxis des Amtes schafft kein Recht für die Zukunft. Das Grundbuchamt ist verpflichtet, materielle Rechtsfehler zu korrigieren, sobald es diese erkennt. Verlassen Sie sich deshalb nicht auf das Argument, dass Übertragungen früher problemlos funktionierten.

Das Gericht prüft stets die wahre Rechtsnatur des Eigentums, unabhängig davon, wie der Anteil historisch im Grundbuch gebucht wurde. Nur weil ein Fehler, wie die isolierte Buchung eines Nutzungsanteils, früher geduldet wurde, zwingt das die Behörde nicht zur Wiederholung. Die materielle Rechtslage besagt, dass der Anteil rechtlich an ein Stammgrundstück gekettet und somit unübertragbar ist.

Der Versuch, die Übertragung allein mit dem Argument der fehlerhaften Verwaltungspraxis zu erzwingen, ist mit einem hohen Kostenrisiko verbunden. Oberlandesgerichte weisen Beschwerden, die nur auf vergangene Duldung pochen, in der Regel zurück. Gerichte stellen oft fest, dass die separate Buchung solcher Anteile bereits nach den alten preußischen Vorschriften unzulässig war. Juristisch betrachtet war der Eintrag somit von Anfang an fehlerhaft.

Verlangen Sie vom Grundbuchamt eine schriftliche, detaillierte Begründung für die Ablehnung und fordern Sie Akteneinsicht, um deren Argumentation präzise zu verstehen.


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Welche Dokumente oder Prüfungen brauche ich, um die Verkehrsfähigkeit von Miteigentumsanteilen zu klären?

Um die tatsächliche Verkehrsfähigkeit eines vermeintlichen Miteigentumsanteils festzustellen, reicht der Blick in den aktuellen Grundbuchauszug nicht aus. Sie müssen die historische Herkunft des Eintrags zwingend überprüfen, da die juristische Falle oft in altrechtlichen Bindungen liegt. Entscheidend ist die Analyse der Grundakten auf Verweise zu Separationsurkunden, Teilungsverträgen oder alten preußischen Ausführungsvorschriften.

Der Schlüssel zur Klärung liegt in der historischen Grundakte, welche das wichtigste Dokument darstellt. Prüfen Sie diese Akte auf Vermerke über „gemeinschaftliche Rechte“ oder konkrete Verweise auf Agrarreformen des 19. Jahrhunderts (Separation). Solche Hinweise deuten darauf hin, dass es sich nicht um frei verfügbares Bruchteilseigentum handelt. Stattdessen existiert möglicherweise eine untrennbare Koppelung an ein spezifisches Stammgrundstück, wodurch der Anteil nicht isoliert übertragbar ist.

Achten Sie besonders auf spezifische Bezeichnungen, die auf die Existenz einer Separationsinteressengemeinschaft oder eine andere Form der Gesamthandsgemeinschaft hindeuten. Verlassen Sie sich bei der Due Diligence niemals allein auf die Bezeichnung „Eigentümer eines Miteigentumsanteils“ im aktuellen Grundbuchblatt. Diese Formulierung kann die tatsächliche, altrechtliche Bindung stark vereinfachen und verfälschen. Die gesamte Kette des Eigentumserwerbs muss lückenlos nachvollziehbar sein.

Beauftragen Sie vor dem Notartermin Experten damit, die Grundakte gezielt auf Hinweise zu preußischem Recht oder historischen Teilungsordnungen zu untersuchen.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Bruchteilseigentum

Bruchteilseigentum beschreibt im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) die Situation, in der mehreren Personen ein und dieselbe Sache nach ideellen Anteilen gehört, die jeder frei veräußern kann.
Das Gesetz erlaubt jedem Miteigentümer, über seinen abstrakten Anteil (juristisch gesehen ein „Stück der Torte“) ohne die Zustimmung der anderen zu verfügen, was die Handelbarkeit des Vermögenswerts sicherstellt.

Beispiel: Obwohl der Vater im vorliegenden Fall meinte, er besäße ein frei übertragbares Bruchteilseigentum, stellte das Grundbuchamt fest, dass die wahre, alte Rechtsnatur die isolierte Schenkung untersagte.

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Gesamthandsgemeinschaft

Eine Gesamthandsgemeinschaft ist ein altrechtliches juristisches Konstrukt, bei dem ein Vermögen nicht nach einzelnen Stücken aufgeteilt ist, sondern allen Mitgliedern gemeinsam und ungeteilt gehört.
Der grundlegende Zweck dieser Rechtsform liegt darin, dass kein einzelnes Mitglied über seinen Anteil isoliert verfügen darf; die Verfügungsbefugnis betrifft immer nur die gesamte Gemeinschaft.

Beispiel: Weil der Vater nur Mitglied einer Separationsinteressengemeinschaft war, die als Gesamthandsgemeinschaft organisiert ist, konnte er den Nutzungsanteil nicht ohne Zustimmung der anderen Berechtigten auf seinen Sohn übertragen.

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Materielle Rechtslage

Die Materielle Rechtslage meint die tatsächliche und inhaltliche Rechtslage eines Sachverhalts, ungeachtet dessen, wie dieser Sachverhalt formal oder möglicherweise fehlerhaft in Registern wie dem Grundbuch eingetragen ist.
Gerichte müssen stets die wahre Rechtsnatur eines Rechtsverhältnisses prüfen, da eine fehlerhafte Verwaltungspraxis oder ein unrichtiger Registereintrag die wirkliche Gesetzeslage nicht außer Kraft setzen kann.

Beispiel: Das Oberlandesgericht betonte, dass die Materielle Rechtslage – die Unübertragbarkeit des Anteils – schwerer wiegt als die Behauptung des Vaters, frühere fehlerhafte Übertragungen hätten ein Gewohnheitsrecht geschaffen.

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Preußisches Recht

Preußisches Recht bezeichnet historische Gesetze und Verordnungen, die vor Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) im Jahr 1900 galten und heute noch die Rechtsnatur altrechtlicher Vermögenswerte wie Separationsflächen bestimmen.
Speziell bei Grundstücken und Gemeinschaftsrechten in Ostdeutschland muss man auf das Preußische Recht zurückgreifen, um die ursprünglichen Verfügungsbeschränkungen und die Bindung an Stammgrundstücke zu verstehen.

Beispiel: Im Streitfall musste das Gericht die historischen Ausführungsvorschriften zur Grundbuchordnung nach altem Preußischem Recht analysieren, um die wahre, nicht verkehrsfähige Natur des Anteils zu bestimmen.

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Separationsinteressengemeinschaft

Diese Separationsinteressengemeinschaft ist eine spezielle, altrechtliche Gesamthandsgemeinschaft, die im 19. Jahrhundert im Zuge von Agrarreformen zur Verwaltung von gemeinschaftlichen Restflächen (Allmenden) gegründet wurde.
Diese historische Rechtsform stellt sicher, dass die Nutzungsrechte an den verbliebenen Gemeinschaftsflächen untrennbar an das Eigentum der ursprünglichen Bauernhöfe (Stammgrundstücke) gekettet bleiben und nicht isoliert verkauft werden können.

Beispiel: Die Mitgliedschaft in dieser Separationsinteressengemeinschaft verhinderte die freie Schenkung des vermeintlichen Miteigentumsanteils, da dieser Anteil rechtlich nur als Nutzungsrecht an das Stammgrundstück gebunden war.

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Stammgrundstück

Als Stammgrundstück bezeichnet man in altrechtlichen Gemeinschaften den ursprünglichen Bauernhof oder Acker, an dessen Eigentum das Nutzungsrecht am Gemeinschaftsvermögen untrennbar gekoppelt ist.
Das Gesetz garantiert, dass die Gemeinschaftsrechte nur mit der Veräußerung des Stammgrundstücks übergehen; diese strikte Bindung verhindert, dass Nutzungsrechte beliebig an Außenstehende verkauft werden.

Beispiel: Da der Vater das Stammgrundstück nicht mitverkauft oder verschenkt hat, konnte der Nutzungsanteil am Gemeinschaftswald juristisch nicht isoliert auf den Sohn übertragen werden, weil die Kette der Rechtsgeschichte dies untersagte.

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Verkehrsfähigkeit

Verkehrsfähigkeit beschreibt die juristische Eigenschaft eines Vermögenswerts, frei handelbar zu sein, was bedeutet, dass er verkauft, verschenkt oder beliehen werden kann, ohne dass gesetzliche Bindungen dies verhindern.
Ist ein Recht nicht verkehrsfähig – wie im vorliegenden Fall die altrechtlichen Nutzungsanteile –, muss das Grundbuchamt die Übertragung ablehnen, um die Rechtsordnung zu wahren und unzulässige Einträge zu vermeiden.

Beispiel: Das Gericht stellte fest, dass die Nutzungsrechte des Vaters keine eigenständig verkehrsfähigen Bruchteile darstellten, da sie untrennbar an das historische Stammgrundstück gebunden waren.

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Das vorliegende Urteil


Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt – Az.: 12 Wx 27/22 – Beschluss vom 02.01.2023


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