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Ablösungsrecht eines unberechtigten Besitzers bei Grundschulden

Rechtsstreit um Löschung einer Grundschuld: Ex-Ehepartner im Zwist um Immobilienbesicherung

Im Kern des Urteils des Landgerichts Landau (Pfalz) geht es um einen Rechtsstreit zwischen zwei geschiedenen Ehepartnern, die sich um die Löschung einer Grundschuld streiten. Die Klägerin, die Alleineigentümerin des betroffenen Grundstücks ist, fordert die Zustimmung des Beklagten zur Löschung der Grundschuld, die zu seinen Gunsten im Grundbuch eingetragen ist. Der Fall ist besonders kompliziert, da die Grundschuld ursprünglich zur Absicherung eines Darlehens diente, das die Klägerin aufgenommen hatte. Später wurde diese Grundschuld vom Beklagten übernommen, als er das Restdarlehen abgelöst hatte. Das Hauptproblem liegt in der Frage, ob die Übertragung der Grundschuld auf den Beklagten rechtmäßig war und ob die Klägerin einen Anspruch auf deren Löschung hat.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 O 33/12  >>>

Die Rolle des Darlehens und der Grundschuld

Die Klägerin hatte 2006 ein Darlehen in Höhe von 10.000 € aufgenommen, um eine Umschuldung vorzunehmen. Als Sicherheit bewilligte sie der Bank eine Grundschuld von 30.000 € auf ihr Grundstück. Später kündigte die Bank das Darlehen und forderte die Rückzahlung. Der Beklagte löste daraufhin das Restdarlehen ab und ließ sich die Grundschuld übertragen. Er ist seitdem im Grundbuch als Inhaber der Grundschuld eingetragen. Die Klägerin argumentiert, dass die Übertragung der Grundschuld auf den Beklagten unwirksam sei, da sie nicht zugestimmt habe und die Grundschuld anfänglich übersichert gewesen sei.

Rechtliche Einordnung der Grundschuldübertragung

Das Gericht stellte fest, dass die Grundschuldübertragung auf den Beklagten nicht rechtmäßig war. Es argumentierte, dass dem Beklagten kein Recht zur Ablösung gemäß § 268 Abs. 1 BGB zustand. Die Klägerin hatte einen Anspruch auf Zustimmung zur Löschung der Grundschuld, da durch die Zahlung des Beklagten eine sogenannte Eigentümergrundschuld entstanden war.

Gegenansprüche und weitere Komplexitäten

Die Klägerin behauptete auch, dass sie Gegenansprüche gegen eine bisher nicht titulierte persönliche Forderung des Beklagten im Zusammenhang mit der Ablösung des Darlehens aufrechnen könne. Der Beklagte hingegen argumentierte, dass die Ablösung der Verbindlichkeit der Abwendung der Zwangsvollstreckung gedient habe und daher rechtmäßig sei.

Das Urteil und seine Konsequenzen

Das Gericht entschied, dass die Klage in vollem Umfang begründet ist. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zustimmung zur Löschung der im Grundbuch eingetragenen Grundschuld. Dieses Urteil könnte als Präzedenzfall für ähnliche Fälle dienen, in denen die Übertragung von Grundschulden zwischen Ex-Ehepartnern oder anderen nahestehenden Personen strittig ist.


Das vorliegende Urteil

LG Landau (Pfalz) – Az.: 3 O 33/12 – Urteil vom 04.01.2013

1. Der Beklagte wird verurteilt, zu bewilligen, dass hinsichtlich des Grundstücks …., …, eingetragen im Grundbuch von …, Blatt …, in Abt. III Nr. 2 die zu seinen Gunsten eingetragene Grundschuld gelöscht wird.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4.300,00 € vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Zustimmung zur Löschung einer Grundschuld.

Die Parteien waren miteinander verheiratet und trugen den Ehenamen …. Die Ehe wurde durch Urteil des AG Kandel vom 28.11.2007, 1 F 115/06, geschieden. Die Klägerin heiratete erneut und trägt nun den Namen ihres zweiten Ehemannes. Der Beklagte nahm nach erneuter Heirat den Namen seiner Ehefrau an.

Die Klägerin ist Alleineigentümerin des Grundstückes in der … in …, dessen Wert sich auf 90.000,00 € beläuft.

Die Klägerin nahm 2006 ein Darlehen in Höhe von 10.000,00 € auf. Dieses führte die … unter der Kontonr. …. Es handelte sich hierbei um einen Umschuldungskredit. Der Zinssatz belief sich auf 11,75 p.a. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Kreditvertrag vom 13.03.2006 (Anlage K 25, Bl. 96 d.A.).

Die Klägerin bewilligte der … eine Grundschuld in Höhe von 30.000,00 € zuzüglich 15 % Zinsen jährlich ab 07.02.2006 und 5 % Nebenleistung, die in das Grundbuch von …, Bl. …, Abt. III Nr. 2 eintragen wurde. Die Klägerin unterwarf sich zudem der sofortigen Zwangsvollstreckung. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Grundschuldbestellungsurkunde vom 06.02.2006 (Anlage K24, Bl. 91 ff. d.A.).

Am 29.12.2006 kündigte die … das Darlehen. Der Kontostand belief sich zu diesem Zeitpunkt auf 10.431,99 €. Mit Schreiben vom 12.03.2007 forderte die … die Klägerin zur Rückzahlung eines Betrages von 11.453,73 € auf. Dieser enthielt Rechtsanwaltsgebühren des RA … in Höhe von 683,80 € netto zuzügl. Umsatzsteuer. Die … setzte eine Zahlungsfrist bis 22.03.2007. Durch die Kündigung reduzierte sich der Zinssatz auf 5 % über dem Basiszinssatz.

Der Beklagte löste das Restdarlehen ab, nachdem die … einen Antrag auf Zwangsvollstreckung gestellt hatte und das Zwangsversteigerungsverfahren eingeleitet worden war, und ließ sich die Grundschuld mit Abtretungsurkunde vom 01.04.2009 übertragen. Am 29.07.2009 wurde die Abtretung in das Grundbuch eingetragen. Der Beklagte ist nach wie vor als Inhaber der Grundschuld im Grundbuch eingetragen.

Durch Urteil vom 15.10.2009 durch das Landgericht Landau in der Pfalz, Az. 4 O 116/09 wurde der Beklagte verpflichtet, das streitgegenständliche Grundstück zu räumen und an die Klägerin herauszugeben mit der Begründung, dass dem Beklagten kein Recht zum Besitz zustünde.

Die Klägerin vertritt die Rechtsauffassung, die Übertragung der Grundschuld auf den Beklagten sei bereits deshalb unwirksam, weil die … nicht die Zustimmung der Klägerin eingeholt habe. Der Bestellungsvertrag habe zwar aller Wahrscheinlichkeit nach kein Abtretungsverbot enthalten. Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung sei jedoch anzunehmen, dass die Klägerin einer Abtretung einer um das zweifache übersicherten Grundschuld mit Vollstreckungsunterwerfung an den Beklagten als den in Trennung lebenden Ehemann nicht zugestimmt hätte. Der … sei bekannt gewesen, dass die Eheleute in Trennung lebten, sodass für sie erkennbar gewesen sei, dass der Beklagte die vollstreckbare Ausfertigung der Grundschuld nur wolle, um die Vollstreckung in das Gebäude zu betreiben. Dem Beklagten habe zudem kein Ablöserecht gem. § 268 BGB zugestanden.

Die Grundschuld sei wegen anfänglicher Übersicherung unwirksam. Selbst bei dem hohen Darlehenszins von 14 % sei ein Sicherungsbedürfnis über mehr als 10.000,00 € nicht gegeben, da die Klägerin hohe Tilgungsraten zu tragen gehabt habe und die … bei Ratenrückstand sofort hätte kündigen können. Die Kreditlinie habe 10.000,00 € betragen. Verfügungen über diese Kreditlinie seien nicht zugelassen gewesen, nachdem die Klägerin 2005 ihr Gewerbe aufgegeben und kein beleihbares Einkommen gehabt habe. Zum Zeitpunkt der Bewilligung habe die … der Klägerin nur die zunächst auf 30.11.2007 befristete Umschuldung eines bereits bestehenden Darlehens zugestanden. Für die … habe festgestanden, dass das Konto abgewickelt werden würde und dass die Klägerin keinen weiteren Kredit mehr erhalten werde. Die Höhe der Sicherheit habe sich nur auf den Nennbetrag des Darlehens zuzüglich einmaliger Nebenleistung und dinglicher Zinsen erstrecken dürfen. Die … habe sich als weitere Sicherheit Ansprüche der Klägerin auf Arbeitseinkommen abtreten lassen.

Die Klägerin habe zumindest einen Anspruch auf Teilfreigabe der Grundschuld über 18.000,00 € zuzüglich Zinsen.

Durch die Zahlung des Beklagten, die mit ihr nicht abgestimmt gewesen sei, sei die Grundschuld getilgt, sodass eine Eigentümergrundschuld entstanden sei. Der Sicherungszweck sei durch Bezahlung der Schuld der … weggefallen. Daher habe die Klägerin einen Anspruch auf Rückgewähr der Grundschuld. Ihr stünde die Einrede gem. §§ 1192, 1169 BGB zu, durch welche die Geltendmachung der Grundschuld ausgeschlossen sei.

Der Beklagte sei auch deshalb zur Zustimmung zur Löschung der Grundschuld verpflichtet, weil sie, die Klägerin, mit Gegenansprüchen gegen eine bisher nicht titulierte persönliche Forderung des Beklagtes im Zusammenhang mit der Ablösung des Darlehens aufrechne.

Die Klägerin beantragt:

Der Beklagte wird verurteilt, gegenüber dem Grundbuchamt des Amtsgerichts Kandel folgende Erklärung abzugeben: „Ich stimme der Löschung der Grundschuld in Abt. III Nr. 2 des im Grundbuch von …, Bl. … eingetragenen Grundstücks Abt. I, lfd. Nr. 4 zu.“

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, offensichtlich habe es zwischen der Klägerin und der … weitere Absprachen gegeben, dass zwischen der Höhe der Darlehens und der Höhe der zur Sicherheit bestellten Grundschuld ein Spielraum für weitere Kreditrahmen bestehen sollte.

Der Beklagte vertritt die Rechtsauffassung, die Ablösung der Verbindlichkeit habe gem. § 268 BGB der Abwendung der Zwangsvollstreckung gedient. Das Schicksal der Verbindlichkeit bestimme sich daher nach §§ 268, 412, 401 BGB. Die Grundschuld sichere nunmehr den aufgrund Rechtsübergang geschuldeten Betrag in Höhe von 12.000,00 €, der Forderung aus dem Urteil des OLG Karlsruhe von 26.000,00 € sowie die vom Familiengericht Bruchsal geltend gemacht Forderung in Höhe von 115.000,00 €. Eine Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 268 BGB auf den berechtigten Besitzer sei sinnwidrig, weil der Streit über die Berechtigung des Besitzes auf das Verhältnis des die Zwangsvollstreckung betreibenden Gläubigers und des Schuldners verlagert werde. Der Gläubiger habe außer der äußeren Tatsache des Besitzes keine weiteren Erkenntnismöglichkeiten. Er wäre zudem gezwungen, sich gegen seine schützenswerten Interessen zu stellen, während Interessen des Schuldners nicht berührt würden.

Soweit ursprünglich mit der Klageschrift angekündigt worden ist, zu beantragen, die Zwangsvollstreckung des Beklagten aus dem Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Bruchsal vom 18.02.2011, 3 F 375/08, für unzulässig zu erklären, ist der Rechtsstreit diesbezüglich mit Beschluss vom 08.06.2012 abgetrennt und an das Amtsgericht Bruchsal verwiesen worden.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zustimmung zur Löschung der im Grundbuch eingetragenen Grundschuld.

1.

Soweit der Beklagte auf die Grundschuld eine Zahlung erbracht hat, ist in dieser Höhe eine Eigentümergrundschuld entstanden. Die Klägerin hat gegen den Beklagten insoweit einen Anspruch auf Zustimmung zur Löschung der Grundschuld.

a)

Die Grundschuld ist in dieser Höhe nicht gem. § 268 Abs. 3 Satz 1 BGB auf den Beklagten übergegangen, weil ihm kein Recht zur Ablösung gem. § 268 Abs. 1 BGB zustand.

Nach der Vorschrift des § 268 BGB ist jeder, der Gefahr läuft, durch die Zwangsvollstreckung des Gläubigers ein Recht an dem dem Schuldner gehörenden Gegenstand zu verlieren, berechtigt, den Gläubiger zu befriedigten. Gem. § 268 Abs. 1 Satz 2 BGB steht das gleiche Recht dem Besitzer einer Sache zu, wenn er Gefahr läuft, durch die Zwangsvollstreckung den Besitz zu verlieren. Nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung, der sich das Gericht anschließt, ist diese Vorschrift dahin gehend zu verstehen, dass allein dem berechtigten Besitzer ein Ablösungsrecht mit den Folgen des § 268 Abs. 3 BGB zusteht (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 268 Rn. 4; MünchKomm-Krüger, BGB, 6. Aufl., § 268 Rn. 2; Staudinger-Bittner, BGB, 2009, § 268 Rn. 8):

Der Wortlaut der Vorschrift sieht eine solche Beschränkung nicht ausdrücklich vor, denn § 268 Abs. 1 Satz 2 BGB spricht nur allgemein von Besitz.

Aus Sinn und Zweck der Vorschrift des § 268 ZPO erschließt sich jedoch, dass nur einem berechtigten Besitzer die besonderen Rechte aus § 268 Abs. 3 BGB zukommen sollen. Aus § 268 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt sich, dass nur derjenige, dem ein Recht an dem Gegenstand, in den die Zwangsvollstreckung betrieben wird, zur Ablösung berechtigt ist. Hieraus wird die Intention des Gesetzgebers deutlich, dass nicht jedem beliebigen Dritten die Möglichkeit eröffnet werden soll, sich durch Ablösung eine günstige und so weitreichende Rechtsposition infolge gesetzlichen Übergangs der Forderung zu verschaffen. Daraus ergibt sich, dass auch dem Besitzer, dem ein Ablöserecht zugestanden wird, ein Recht zum Besitz zustehen muss. Derjenige, der zur Herausgabe des Gegenstandes verpflichtet ist, soll sich nicht über § 268 BGB eine so starke Rechtsposition sichern können, die er als Druckmittel gegenüber einem Herausgabeanspruch des Eigentümers einsetzen könnte. Die Erstreckung des § 268 BGB auf einen unberechtigten Besitzer würde zu dem widersinnigen Ergebnis führen, dass sich derjenige Dritte, der sich zuvor widerrechtlich in den Besitz der Sache gebracht hat, beispielsweise durch eine unerlaubte Handlung, faktisch ein Recht an der Sache verschafft. Die Position eines unberechtigten Besitzers ist im Rahmen der Zwangsvollstreckung nicht schutzwürdig, da er zu diesem Zeitpunkt zur Herausgabe des Gegenstandes verpflichtet ist. Der Streit über die Berechtigung des Besitzes wird auch nicht auf das Verhältnis zwischen Sicherungsnehmer und leistendem Dritten übertragen. Für den Fall, dass die Voraussetzungen des § 268 BGB nicht vorliegen, greift zugunsten des Sicherungsnehmers § 267 BGB ein. Er ist auch an einen Widerspruch des Schuldners nicht gebunden (Palandt-Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 267 Rn. 5), denn dieser eröffnet dem Gläubiger lediglich ein Ablehnungsrecht, verpflichtet ihn hierzu jedoch nicht. Der Streit über die Frage des Rechts zum Besitz stellt sich somit weiterhin allein im Verhältnis Eigentümer – leistender Besitzer.

Zum Zeitpunkt der Zahlung des Beklagten an die … war der Beklagte unstreitig nicht zum Besitz berechtigt, weshalb er auch durch Urteil des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 29.10.2009 zur Herausgabe des Grundstückes verurteilt wurde. Im Ergebnis ist die Grundschuld daher nicht gem. § 268 Abs. 3 ZPO auf den Beklagten übergegangen.

b)

Gem. § 1191 BGB iVm. § 1192 Abs. 1a BGB kann die Klägerin dem Beklagten Einreden gegen die Grundschuld entgegenhalten, die ihr auch gegen die … zustünden. Durch die Zahlung des Beklagten ist in Ermangelung der Anwendbarkeit des § 268 BGB gem. § 1142 BGB eine Eigentümergrundschuld entstanden (vgl. MünchKomm-Eickmann, 5. Aufl., § 1191 Rn. 108), sodass die Klägerin von der … Rückübertragung bzw. Zustimmung zur Löschung der Grundschuld in Höhe des geleisteten Betrages hätte verlangen können. Nach der Abtretung der Grundschuld steht der Klägerin dieser Anspruch nunmehr auch gegen den Erwerber der Grundschuld, dem Beklagten, zu.

2.

Soweit über den gezahlten Betrag hinaus eine Grundschuld besteht, ist diese ebenfalls gem. §§ 1191, 1192 Abs. 1a BGB iVm. mit dem Sicherungsvertrag zurückzugewähren, sodass insoweit ebenfalls ein Anspruch auf Löschung im Grundbuch besteht.

a)

Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, ob die Bestellung der Grundschuld wegen der – unstreitig – anfänglichen Übersicherung sittenwidrig war. Soweit zum Zeitpunkt der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen der nunmehr endgültig feststehenden Forderung der …in Höhe von 11.453,73 € eine Übersicherung vorgelegen hat, hatte die Klägerin ab diesem Zeitpunkt gegen die … einen Anspruch auf Rückübertragung des überschießenden Teils der Grundschuld aus dem Sicherungsvertrag, da sich aus der Sicherungsabrede nicht ergibt, dass eine dauerhafte Übersicherung auch für den Fall der Verwertungsreife gewollt war.

Die Sicherungsabrede ist gem. §§ 133, 157 BGB auszulegen. Der Umstand, dass von Anfang an die Grundschuld nur zu einem Teil valutiert war, ist kein hinreichendes Indiz dafür, dass die Parteien es auch für die Zukunft hierbei belassen wollten, weil die Anlässe für eine Übersicherung mannigfaltig sind (vgl. hierzu BGH, Urteil v. 08.12.1989, Az. V ZR 53/88, zit. nach juris). Bei der Auslegung der Sicherungsabrede ist zu berücksichtigen, dass im Fall der Verwertungsreife das Fortbestehen der Übersicherung den Sicherungsgeber nunmehr nicht nur an der Nutzung des Grundvermögens zu Kreditzwecken hindert, sondern zugleich ein Eingriff in Substanz und Wert des Eigentums, der im Fall der Zwangsversteigerung zum ungerechtfertigten Verlust führen kann und im ungünstigsten Fall, wenn der Erlös nicht oder gerade zur Befriedigung des Gläubigers reicht, den Rückgewähranspruch vollständig gegenstandslos werden lässt (vgl. BGH, a.a.O.). Zwar ist nach Eintritt der Verwertungsreife ein Interesse nicht völlig ausgeschlossen, dass der Gläubiger aus dem nicht valutierten Teil der Grundschuld die Zwangsvollstreckung betreibt. Ohne konkrete Hinweise auf eine solch außergewöhnliche Interessenlage bleibt kein Raum für eine Auslegung der Zweckabrede, welche dazu führen würde, dass der Sicherungsgeber die Zwangsvollstreckung aus dem endgültig unvalutierten Grundschuldteilen dulden muss (BGH, a.a.O.). Solche Umstände sind weder der Sicherungsabrede noch dem Vortrag der Parteien im vorliegenden Fall zu entnehmen, sodass nicht davon ausgegangen werden kann, dass eine dauerhafte Übersicherung auch im Fall der Verwertungsreife zwischen den Parteien gewollt war.

Die Klägerin hatte somit ab Eintritt der Verwertungsreife einen Anspruch auf Rückgewähr bzw. Löschung hinsichtlich des nicht valutierten Teils der Grundschuld, den sie nunmehr dem Beklagten entgegenhalten kann. Eine Neuvalutierung der Grundschuld, die nunmehr die Forderung des Beklagten gegen die Klägerin auf Zahlung des an die … geleisteten Betrages sowie die Forderungen aus dem Urteil des OLG Karlsruhe über 26.000,00 € sowie des Amtsgerichts – Familiengericht – Bruchsal in Höhe von 115.000,00 € umfassen sollte, hat nicht stattgefunden, da es insoweit an einer hierfür erforderlichen Sicherungsvereinbarung zwischen den Parteien des Rechtsstreits fehlt.

3.

Der Beklagte kann dem Anspruch der Klägerin kein Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 BGB entgegenhalten.

Gem. § 273 Abs. 1 BGB kann der Schuldner, der aus dem selben rechtlichen Verhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger hat, die geschuldete Leistung bis zur Bewirkung der ihm gebührenden Leistung verweigern, sofern nicht aus dem Schuldverhältnis sich ein anderes ergibt. Gegenüber einem aus der Sicherungsabrede folgenden Anspruch auf Rückgewähr einer Grundschuld wegen Wegfalls des Sicherungszweckes kann kein Zurückbehaltungsrecht wegen einer einer durch die Grundschuld nicht gesicherten Forderung geltend gemacht werden, da sich aus der Sicherungsabrede ein anderes ergibt. Zwischen Sicherungsnehmer und Sicherungsgeber wurde der Sicherungszweck auf bestimmte Forderungen der … beschränkt. Dieser kann nicht durch die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts gegenüber dem Anspruch auf Rückgewähr oder Löschung der Grundschuld faktisch auf andere Forderungen, die von der Sicherungsabrede nicht erfasst werden, ausgedehnt werden (BGH, Beschluss v. 09.05.2000, Az. XI ZR 299/99, zit. nach juris). Von der zwischen der Klägerin und der … getroffenen Sicherungsabrede waren nur die Ansprüche der … aus dem Darlehensvertrag erfasst, nicht jedoch mögliche Ansprüche aus Bereicherungsrecht eines Dritten, der ohne Ablöserecht auf die Grundschuld Zahlungen leistet.

4.

Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 BGB.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 30.000,00 € festgesetzt.

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