Oberlandesgericht Naumburg – Az.: 12 Wx 55/19 – Beschluss vom 22.04.2020
Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Quedlinburg – Grundbuchamt – vom 1. April 2019 wird als unzulässig verworfen.
Der Beteiligte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Seit dem 28. Dezember 1900 ist die „Witwe des Gastwirts G. H. , I. H. , geb. Sch. “, als Eigentümerin der im Grundbuch des Amtsgerichts Quedlinburg von G. Blatt 1… (zuvor 4… ) eingetragenen Flurstücke … und … der Flur 1 sowie Flurstück … der Flur 7 eingetragen.
Mit Schriftsatz vom 26. Februar 2019 hat der Beteiligte gegenüber dem Grundbuchamt des Amtsgerichts Quedlinburg beantragt, das Nachlassgericht um Ermittlung der Erben der Eigentümerin zu ersuchen und das Grundbuch von Amts wegen nach § 82a GBO zu berichtigen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die als Eigentümerin eingetragene I. H. am 22. Juni 1926 verstorben sei. Wer ihr Rechtsnachfolger sei, sei unbekannt. Nach den Angaben von D. B. habe I. H. drei leibliche Kinder gehabt, darunter H. F. G. H. , verstorben am 8. Mai 1933. Dieser habe zwei Söhne hinterlassen, darunter G. G. H. , verstorben am 2. März 1968. Jener habe eine Tochter und seine Ehefrau G. S. P. L. K. H. , verstorben am 23. Januar 2000, hinterlassen. Sie habe zwei Söhne hinterlassen, darunter D. B. , verstorben am 2. Oktober 2008. Er selbst sei dessen Alleinerbe. Zum Nachweis hat der Beteiligte die beglaubigte Kopie einer Niederschrift des Amtsgerichts Bielefeld vom 16. Oktober 2008 über die Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen des D. B. sowie die beglaubigte Kopie eines Testaments des D. B. vom 11. Juli 2000 vorgelegt. Der Beteiligte macht geltend, dass das Grundbuch durch Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs unrichtig geworden sei. Das Berichtigungszwangsverfahren biete keine Aussicht auf Erfolg, da die einzelnen Erben und die zum Nachweis der Erbfolge erforderlichen Urkunden erst ermittelt werden müssten.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 1. April 2019 hat das Amtsgericht Quedlinburg die Anträge zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass eine Erbenermittlung seitens des Grundbuchamtes nicht vorgesehen sei. Der Beteiligte sei in der Pflicht, die erforderlichen Erbnachweise beizubringen. Die vorgelegte Verfügung von Todes wegen des D. B. sei unvollständig und als Erbnachweis nach I. H. auch nicht ausreichend. Eine Grundbuchberichtigung sei keine Handlung von Amts wegen, sondern erfolge nur auf Antrag und entsprechende Nachweise.
Hiergegen hat sich der Beteiligte mit Schriftsatz vom 23. Mai 2019 gewandt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass der angefochtene Beschluss fehlerhaft sei, weil das Ermessen nach § 82a Satz 2 GBO nicht ausgeübt worden sei. § 82a GBO setze keinen Nachweis der Antragsberechtigung voraus, regele vielmehr ein Tätigwerden des Grundbuchamts von Amts wegen. Er habe im Verfahren vor dem Amtsgericht Quedlinburg (GE-4… -2) die ihm möglichen Erbnachweise vorgelegt. Laut Schreiben des Amtsgerichts vom 8. Juli 2013 fehlten nur Erbnachweise nach I. H. und nach P. H. H. G. , dieser verstorben am 11. Juni 1940. Ihm sei es unmöglich, die nach § 352 FamFG für einen Erbschein erforderlichen Angaben zu den seit langem verstorbenen Erblassern lückenlos zu beweisen.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Verfügung vom 1. November 2019 nicht abgeholfen und das Verfahren dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur ergänzenden Begründung hat es ausgeführt, dass nach der Rechtsprechung eine Grundbuchberichtigung von Amts wegen gemäß § 82 GBO nur in Ausnahmefällen in Betracht komme und ein entsprechendes Verlangen auch nur einer Anregung gleichkomme. Grundsätzlich dürfe die Erbscheinsbeschaffung nicht dem Grundbuchamt auferlegt werden. Zur Erbenermittlung könne das Nachlassgericht in Anspruch genommen werden, allerdings sei das Ermittlungsergebnis nicht verbindlich wie ein Erbschein. Außerdem werde auf die in der Akte hinterlegten Rechercheunterlagen hingewiesen.
II.
Die Beschwerde des Beteiligten ist unzulässig.
Gegen die Ablehnung der Einleitung eines angeregten Amtsverfahrens gemäß § 82a GBO ist zwar grundsätzlich die Beschwerde nach §§ 71 ff. GBO statthaft. Dabei ist aber nur beschwerdeberechtigt, wer zur Durchsetzung seiner Rechte auf die vorherige Grundbuchberichtigung angewiesen ist, diese aber nicht aus eigener Kraft durch einen Berichtigungsantrag gemäß § 22 GBO herbeiführen kann (z. B. Schneider, in: Meikel, GBO, 11. Aufl., Rdn. 13 zu § 82a GBO; Demharter, GBO, 31. Aufl., Rdn. 25 zu §§ 82 ff. GBO; Sternal, in: Keller/ Munzig, GBO, 8. Aufl., Rdn. 11 zu § 82a GBO, OLG Hamm, Beschluss vom 11. Oktober 1993, 15 W 194/93; OLG Jena 7. April 2014, 3 W 100/14; beide zitiert nach Juris). Das Amtsverfahren nach den §§ 82 ff. GBO hat nämlich nicht den Zweck, das Antragsverfahren zu verdrängen und einen Beteiligten der Verpflichtung zu entheben, die für die Grundbuchberichtigung im Antragsverfahren erforderlichen Anträge zu stellen und die notwendigen Unterlagen zu beschaffen (z. B. OLG Jena, Beschluss vom 15. April 1996, 6 W 488/95, zitiert nach Juris). Dabei ist ein Beschwerderecht zu verneinen für denjenigen, der die Erben des eingetragenen Eigentümers kennt und überdies selbst sowohl im Hinblick auf die Erbscheinserteilung als auch zur Durchführung der Grundbuchberichtigung antragsberechtigt ist (z. B. OLG Hamm, Beschluss vom 11. Oktober 1993, 15 W 194/93, zitiert nach Juris).
Nach diesen Grundsätzen ist der Beteiligte nicht zur Beschwerde berechtigt. Zwar könnte er, soweit seine Rechtsstellung als Erbeserbe nach der im Grundbuch als Eigentümer eingetragenen I. H. festgestellt werden kann, Rechte aus dem Eigentum an dem gegenständlichen Grundbesitz erst geltend machen, wenn das Grundbuch in dem von ihm verfolgten Sinne berichtigt würde.
Der Beteiligte ist aber nicht auf eine Grundbuchberichtigung von Amts wegen bzw. entsprechende Ermittlungen des Grundbuchamtes angewiesen, weil er grundsätzlich selbst den Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs, konkret durch den Nachweis der Erbfolge gemäß § 35 GBO mittels Erbscheinen oder vergleichbaren Dokumenten, erbringen kann. Zwar hat der Beteiligte bereits einmal mit Antrag vom 5. Mai 2009 im Ergebnis erfolglos ein umfangreiches Berichtigungsverfahren zu der Grundakte von G. Blatt 4… , in dem seinerzeit der verfahrensgegenständliche Grundbesitz eingetragen war, betrieben, an dessen Ende sein Antrag durch Beschluss des Amtsgerichts Quedlinburg vom 8. Juli 2013 zurückgewiesen worden ist. Obwohl es dem Beteiligten und dem Grundbuchamt sukzessive gelungen war, durch Ermittlungen bei der Verwaltungsgemeinschaft G. und bei den Nachlassgerichten der Amtsgerichte Quedlinburg, Bielefeld und Salzwedel diverse relevante Erbnachweise zu erhalten, war die erforderliche lückenlose Erbfolge nach der eingetragenen Eigentümerin I. H. mit den vorliegenden Dokumenten nicht nachweisbar. Am Ende fehlten Erbnachweise nach der am 22. Juni 1926 verstorbenen I. H. und nach dem am 11. Juni 1940 verstorbenen P. H. G. . Es obliegt aber dem Antragsteller des Berichtigungsverfahrens, zu den ihm nach seinem Vorbringen weithin namentlich bekannten voraussichtlichen Erben bzw. Erbgängen die erforderlichen Nachweise vorzulegen und hierfür entsprechende Erbscheine bei den zuständigen Nachlassgerichten zu beantragen. Für den Nachweis der Erbfolge hierfür gegebenenfalls – insbesondere für den Nachweis einer etwaigen gesetzlichen Erbfolge – notwendige Personenstandsurkunden wären von dem Beteiligten zu ermitteln gewesen. Ebenso hätten von dem Betroffenen intensive Ermittlungen im Kreise der ihm bekannten Erben betrieben werden müssen, um aussagekräftige Unterlagen über die familiären Zusammenhänge und mögliche Erbgänge zu erlangen. Tatsächlich hat der Beteiligte in der Zeit seit dem Beschluss vom 8. Juli 2013 nach Aktenlage aber keine Verfahren auf Erteilung der vorliegend noch erforderlichen Erbscheine betrieben. Ebenso wenig lässt sein Vorbringen erkennen, dass er auch nur die skizzierten Ermittlungen unternommen hat, mit deren Ergebnissen ein Erbscheinsverfahren erfolgreich betrieben werden könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 80, 84 FamFG. Der Geschäftswert ist nach § 79 Abs. 1 Satz 1 GNotKG festzusetzen und – mangels näherer Anhaltspunkte – nach § 36 Abs. 3 GNotKG zu bemessen. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor.