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Abgrenzung anfechtbare Zwischenverfügung von nicht anfechtbarer Rechtsmeinungsäußerung

OLG Celle – Az.: 18 W 52/19 – Beschluss vom 19.08.2019

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen die als Zwischenverfügung bezeichnete Mitteilung der Rechtspflegerin des Amtsgerichts Diepholz – Grundbuchamt – vom 25. Juni 2019 wird als unzulässig verworfen.

Die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wird abgelehnt.

Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: 5.000 €

Gründe

I.

Zu Gunsten des Beteiligten zu 1 und der verstorbenen … ist auf dem im Grundbuch von Diepholz auf Bl. 4098 eingetragenen Grundstück Flurstück 4 der Beteiligten zu 4 ein Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle eingetragen. … ist von dem Beteiligten zu 1 und den Beteiligten zu 2 und 3 (Erbschein des Amtsgerichts Stadthagen vom 20. Mai 2019 – 10 VI 202/19) beerbt worden.

Der Beteiligte zu 1 beantragte unter Einreichung des Erbscheins die „Berichtigung des Grundbuchs“.

Mit Zwischenverfügung vom 25. Juni 2019 wies die Rechtspflegerin des Amtsgerichts Diepholz – Grundbuchamt – darauf hin, dass die Eintragung der Erben nicht erfolgen könne, da das Vorkaufsrecht als nicht vererblich und nicht übertragbar bestellt worden sei, daher sei der noch lebende Berechtigte nunmehr alleiniger Vorkaufsberechtigter. Der Beteiligte zu 1 sei als nur mittelbar Begünstigter jedoch nicht antragsberechtigt; die Teillöschung müsse vielmehr von der Grundstückseigentümerin beantragt werden.

Mit seiner Beschwerde, welcher die Rechtspflegerin nicht abgeholfen hat, verfolgt der Beteiligte zu 1 sein bisheriges Ziel mit der Maßgabe weiter, dass er nunmehr die Teillöschung erreichen möchte. Zudem beantragt er für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe.

II.

Das Rechtsmittel ist unstatthaft und war daher entsprechend § 68 Abs. 2 Satz 2 FamFG zu verwerfen; die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe war abzulehnen (§ 76 Abs. 1 FamFG, § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO entsprechend).

1. Eine Beschwerde ist statthaft, wenn sie gegen eine in der Sache entscheidende Maßnahme des Grundbuchamts gerichtet ist, durch die ein Verfahren insgesamt oder in einem Teilbereich abgeschlossen wird (vgl. Demharter, a. a. O., § 71 Rn 11; Budde in Bauer/Schaub, GBO, 4. Aufl., § 71 Rn 6). So liegt es hier nicht.

a) Anfechtbar sind allerdings Zwischenverfügungen i.S.v. § 18 GBO. Denn durch den Erlass einer Zwischenverfügung nach § 18 GBO sollen dem Antragsteller der Rang und die sonstigen Rechtswirkungen erhalten bleiben, die sich nach dem Eingang des Antrags richten und die durch die sofortige Zurückweisung verloren gingen. § 18 GBO bezieht sich daher nur auf die Beseitigung eines der Eintragung entgegenstehenden Hindernisses und ist nicht anwendbar, wenn der Mangel des Antrags – wie hier, bei fehlender Antragsberechtigung (vgl. Bauer in ders./Schaub, a. a. O., § 13 Rn. 41) – nicht mit rückwirkender Kraft geheilt werden kann (BGH, Beschluss vom 26. September 2013 – V ZB 152/12, juris Rn 6 m. w. N.).

b) Unanfechtbar sind demgegenüber – vorläufige – Meinungsäußerungen des Grundbuchamts (vgl. Budde in Bauer/Schaub, a. a. O., § 71 Rn 10). Bei einer auf eine Antragsrücknahme zielenden Meinungsäußerung des Grundbuchamts fehlt es an der für eine Zwischenverfügung typischerweise beabsichtigten Wahrung des Rangs des Antrags. Es handelt sich nicht um eine Entscheidung in dem vorstehend genannten Sinn, weil hiermit kein – teilweiser – Abschluss des Verfahrens beabsichtigt ist, sondern dieser nur angekündigt bzw. vorbereitet wird. Einer Meinungsäußerung fehlt gerade das für eine Entscheidung maßgebliche Merkmal der Verbindlichkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Februar 1980 – V ZB 28/78, juris Rn 11).

c) Für die Abgrenzung zwischen bloßer Meinungsäußerung und anfechtbarer, wenn auch zu Unrecht ergangener Zwischenverfügung (vgl. dazu: Senat, Beschluss vom 4. Februar 2019 – 18 W 86/18), ist es unerheblich, in welches äußere Gewand die Mitteilung des Grundbuchamts gekleidet ist. Unabhängig davon, ob das Grundbuchamt seine Äußerung als Zwischenverfügung tituliert, kommt es nach dem Sinn und Zweck einer Zwischenverfügung entscheidend auf den Inhalt und die Zielrichtung der Äußerung an (Senat, Beschluss vom 15. März 2018 – 18 W 11/18, juris Rn. 12; OLG München, Beschluss vom 30. September 2011 – 34 Wx 356/11, juris Rn 6). Handelt es sich um die Mitteilung einer Rechtsauffassung des Grundbuchamts, die zur Begründung einer beabsichtigten Zurückweisung des Antrags erfolgt, liegt keine beschwerdefähige Entscheidung nach § 71 GBO vor (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2013 – V ZB 152/12, juris Rn 9; Beschluss vom 26. Juni 2014 – V ZB 1/12, juris Rn 9).

d) Nach dieser Maßgabe handelt es sich bei der Mitteilung des Grundbuchamts vom 25. Juni 2019 nicht um eine der Beschwerde zugängliche Entscheidung. Das Grundbuchamt hat mit diesem Schreiben dem Notar gegenüber seine Auffassung geäußert, dass allein ein Antrag auf „Teillöschung“ in Betracht komme, weil das Vorkaufsrecht nach Grundbuchlage nicht auf die Erben übergegangen sei. Der Antrag auf „teilweise Löschung“ könne indessen nur vom Grundstückseigentümer gestellt werden. Ferner hat es Gelegenheit zur Antragsrücknahme gegeben und die Zurückweisung angekündigt. Unerheblich ist, dass das Grundbuchamt eine Frist nach § 18 GBO gesetzt und eine Rechtsmittelbelehrung erteilt hat (vgl. Beschluss vom 15. März 2018, a. a. O. Rn. 13).

2. Die Beschwerde wäre nach dem Inhalt der Grundakten allerdings begründet, vorbehaltlich anderer Regelungen in der im Eintragungsvermerk in Bezug genommene Eintragungsbewilligung (vgl. § 874 Satz 1 BGB) vom 4. August 1975, die sich nicht in den laufenden Grundakten befindet.

Dem Beteiligten zu 1 fehlte nicht die Berechtigung, den verfahrenseinleitenden Antrag auf Teillöschung in Form der Grundbuchberichtigung nach § 22 GBO zu stellen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 GBO). Denn der Beteiligte ist entsprechend der materiellen Rechtslage der durch die begehrte Eintragung formell Begünstigte (vgl. dazu: Schäfer in Bauer/Schaub, a. a. O. § 13 Rn. 41 m. w. N.).

a) Nach dem Eintragungsvermerk ist nicht anzunehmen, dass mit dem Tod einer der beiden Vorkaufsberechtigten das Vorkaufsrecht erlöschen sollte. Es ist vielmehr nach dem Inhalt des Eintragungsvermerks vom Regelfall auszugehen, wonach es ich um ein zeitlich unbegrenztes subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht (§ 1094 Abs. 1 BGB) gehandelt hat, welches gemäß § 1098 Abs. 1 Satz 1, § 472 BGB nach dem Tod …, von dem Beteiligten zu 1 allein ausgeübt werden kann (vgl. § 1098 Abs. 1 Satz 1, § 473 BGB).

aa) Naheliegend ist angesichts der engen verwandtschaftlichen Beziehung des Beteiligten zu 1 und … eine gemeinschaftliche Berechtigung im Sinne von § 432 BGB, die sich am Grundstück – ggf. in gleichteiliger Bruchteilsgemeinschaft – fortgesetzt hätte. Dadurch, dass ein Vorkaufsrecht, das mehreren Berechtigten gemeinschaftlich zusteht, nach § 472 Satz 1 BGB nur im Ganzen, d. h. einheitlich ausgeübt werden kann, soll verhindert werden, dass der Vorkaufsverpflichtete bei nur teilweiser Ausübung des Vorkaufsrechts wider seinen Willen in eine Rechtsgemeinschaft mit einem oder mehreren der Vorkaufsberechtigten gezwungen wird (Herrler, RNotZ 2010, 249, 251). Der durch die Ausübung des Rechts entstehende Anspruch des sein Recht ausübenden Beteiligten zu 1 auf Auflassung erstreckt sich auf den Anteil …, für welche das Vorkaufsrecht erloschen ist (vgl. dazu: BGH, Beschluss vom 11. September 1997 – V ZB 11/97, NJW 1997, 3235, 3236; MünchKomm-BGB/Westermann, 7. Aufl., § 1094 Rn. 8; Herrler, RNotZ 2010, 249, 250).

bb) Da das Grundbuch weiterhin den verstorbenen ehemaligen Mitberechtigten ausweist, ist es insoweit unrichtig geworden und auf Antrag nach § 22 GBO zu berichtigen; die Veränderung im Kreis der Berechtigten stellt eine Inhaltsänderung dar (vgl. Herrler, a. a. O. S. 253). Denn das Erlöschen in der Person eines von mehreren Berechtigten führt lediglich zu einer Reduzierung der Anzahl der Vorkaufsberechtigten bei im Übrigen unverändertem Rechtsinhalt.

b) Ob die Beteiligte zu 4, als Eigentümerin des Grundstücks auf die Berichtigung antragen dürfte, wenngleich sich ihre Rechtsposition nach den vorstehenden Ausführungen im Grunde nicht veränderte, kann hier offenbleiben. Jedenfalls könnte der Beteiligte zu 1 als weiterer Mitberechtigter von den Erben … die Mitwirkung an der Berichtigung nach § 894 BGB verlangen. Zwar wäre der Beteiligte zu 1 auch zu Lebzeiten … nicht gehindert gewesen, das Vorkaufsrecht auch dann auszuüben, wenn … dies nicht getan hätte, mit der Folge der Anwachsung deren Berechtigung auf ihn (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 2009 – V ZR 157/08, NJW-RR 2009, 1172 Rn. 22). Nach dem Tod … ist der Beteiligte zu 1 jedoch alleiniger Inhaber des vormerkungsähnlichen, abgesicherten Zugriffs- und Gestaltungsrechts (vgl. zur dinglichen Wirkung: BeckOGK-BGB/Omlor, Stand 5/2019, § 1094 Rn. 7, 9).

3. Einer Entscheidung über die Kosten bedurfte es nicht. Die Pflicht, die Gerichtskosten des erfolglosen Beschwerdeverfahrens zu tragen, folgt bereits aus dem Gesetz (vgl. § 22 Abs. 1, § 25 Abs. 1 GNotKG); die Erstattung außergerichtlicher Aufwendungen kam nicht in Betracht, weil sich niemand in einem der Beschwerde entgegengesetzten Sinn am Beschwerdeverfahren beteiligt hat.

Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 79 Abs. 1, § 61 Abs. 1 i.V.m. § 36 Abs. 1, 3 GNotKG. Das Interesse an der Teillöschung bemisst der Senat mangels hinreichender Anhaltspunkte mit dem Regelwert.

Anlass, die Rechtsbeschwerde nach § 78 Abs. 2 GBO zuzulassen, hatte der Senat nicht.

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