Ehemann scheitert mit Beschwerde gegen Verkauf von Ehewohnung
Das Oberlandesgericht Brandenburg hat entschieden, dass der Antragsteller keinen Anspruch auf Löschung der Eigentümereintragung gemäß § 1365 und 1366 Abs. 4 BGB hat. Der Verkauf eines 80%igen Miteigentumsanteils an einer Immobilie durch die Ehefrau des Antragstellers verstößt nicht gegen § 1365 BGB, da sie nicht über ihr gesamtes Vermögen verfügte. Die Einwände des Antragstellers bezüglich Sittenwidrigkeit und Drohung gemäß §§ 138 und 123 BGB waren nicht ausschlaggebend, da er nicht unmittelbar betroffen war.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Die zentralen Punkte aus dem Urteil:
- Zurückweisung der Beschwerde: Das Gericht wies die Beschwerde des Antragstellers gegen einen früheren Beschluss zurück.
- Kein Verstoß gegen § 1365 BGB: Die Veräußerung von 80% des Immobilienanteils durch die Ehefrau stellt keine Verfügung über das gesamte Vermögen dar.
- Wirtschaftliche Betrachtungsweise: Bei der Bewertung des veräußerten Vermögensanteils wird nur der objektive Wert berücksichtigt.
- Keine Berücksichtigung individueller Werte: Der persönliche Wert eines Vermögensgegenstandes für den verfügenden Ehegatten oder die Familie ist irrelevant.
- Unbegründete Beschwerde bezüglich Sittenwidrigkeit und Drohung: Der Antragsteller kann sich nicht auf §§ 138 und 123 BGB berufen, da er nicht unmittelbar betroffen ist.
- Getrennte Vermögensmassen im gesetzlichen Güterstand: Jeder Ehegatte kann über sein Vermögen verfügen.
- Keine Ansprüche gegen Vertragspartner des Ehegatten: Der Antragsteller kann keine Rechte im Namen seiner Ehefrau geltend machen.
- Keine Änderung im Miteigentumsanteil des Antragstellers: Die rechtlichen Verhältnisse des Antragstellers bleiben unverändert.
Übersicht
Rechtliche Aspekte der Immobilienveräußerung im Familienrecht
Im Zentrum des Familienrechts stehen oft komplexe Sachverhalte, die das Vermögen der Ehepartner betreffen. Ein besonders sensibler Bereich ist die Veräußerung von Immobilien, die im gemeinsamen Eigentum der Eheleute stehen. Hierbei spielt der § 1365 BGB eine wesentliche Rolle, der die Einwilligungsbedürftigkeit bei der Veräußerung wesentlicher Vermögensbestandteile regelt. Dieser Paragraph soll sicherstellen, dass ein Ehepartner nicht ohne Zustimmung des anderen über einen erheblichen Teil des gemeinsamen Vermögens verfügt. Die Regelungen sind insbesondere dann relevant, wenn es um die Übertragung eines bedeutenden Anteils einer Immobilie geht, der oft den Hauptteil des Familienvermögens ausmacht.
Der folgende Text befasst sich mit einem konkreten Fall, in dem die Veräußerung von 80 Prozent einer Immobilie zur Debatte steht. Dieser Fall wirft wichtige Fragen auf, wie etwa, inwieweit der Verkauf eines so großen Anteils der ehelichen Immobilie der Zustimmung beider Ehepartner bedarf. Die Entscheidungen in solchen Fällen können weitreichende Konsequenzen für das Familienvermögen und die Rechte jedes Ehepartners haben. Tauchen Sie ein in die faszinierende Welt des Familienrechts, um zu erfahren, wie das Gericht in diesem speziellen Fall geurteilt hat und welche Grundsätze dabei zur Anwendung kamen.
Streit um Immobilienveräußerung nach § 1365 BGB
Das Oberlandesgericht Brandenburg hatte einen Fall zu entscheiden, in dem es um die Einwilligungsbedürftigkeit bei der Veräußerung eines erheblichen Teils einer Immobilie gemäß § 1365 BGB ging. Im Kern drehte sich der Fall um einen Antragsteller, der gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Zossen vorging. Er und seine Ehefrau waren zu gleichen Teilen als Miteigentümer eines Grundstücks eingetragen, auf dem sich ihre Ehewohnung befand. Interessanterweise lebten die Ehepartner im gesetzlichen Güterstand, was bedeutet, dass jeder Ehegatte grundsätzlich über sein Vermögen frei verfügen kann.
Hintergrund der rechtlichen Auseinandersetzung
Ausgangspunkt der Auseinandersetzung war ein notarieller Vertrag, den die Ehefrau des Antragstellers ohne sein Wissen abgeschlossen hatte. Sie übertrug ihren Miteigentumsanteil an dem Haus an die Antragsgegner – einen Sohn und einen Neffen eines Bekannten – im Austausch für die Freistellung von Darlehensverbindlichkeiten. Der Antragsteller argumentierte, dass dieser Vertrag wegen Verstoßes gegen § 1365 BGB nichtig sei, da seine Frau nahezu ihr gesamtes Vermögen veräußert hätte. Dieser Paragraph schreibt vor, dass ein Ehegatte für die Verfügung über sein Vermögen im Ganzen die Zustimmung des anderen benötigt.
Die juristische Komplexität des Falles
Die rechtliche Komplexität des Falles lag darin, dass der von der Ehefrau veräußerte Anteil von 80 Prozent ihres Miteigentumsanteils nach Ansicht des Gerichts nicht ihr gesamtes Vermögen im Sinne des § 1365 BGB darstellte. Die Bewertung erfolgte auf Basis des objektiven Werts unter Berücksichtigung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise. Dies bedeutete, dass trotz der Veräußerung eines erheblichen Anteils der Immobilie, die Ehefrau immer noch über Vermögen verfügte. Das Gericht berücksichtigte dabei nicht den „individuellen“ Wert des Vermögensgegenstandes für die Ehefrau oder die Familie.
Entscheidung des Oberlandesgerichts Brandenburg
Das Gericht wies die Beschwerde des Antragstellers zurück und entschied, dass kein Anspruch auf Löschung der Eigentümereintragung aus § 1365, 1366 Abs. 4 BGB bestünde. Weiterhin wurde festgestellt, dass der Antragsteller nicht aktivlegitimiert war, um Ansprüche aus der vermeintlichen Sittenwidrigkeit des Übertragungsvertrages geltend zu machen. Das Gericht betonte, dass der Antragsteller durch das Geschäft seiner Ehefrau nicht als Miteigentümer unmittelbar in seinen Rechten betroffen war. Diese Entscheidung beleuchtet die Feinheiten des Familienrechts, insbesondere im Hinblick auf Verfügungsrechte über gemeinsames Vermögen.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass dieses Urteil wichtige Aspekte des Familienrechts, insbesondere die Einwilligungsbedürftigkeit bei der Veräußerung wesentlicher Vermögensbestandteile unterstreicht. Es zeigt die Notwendigkeit einer sorgfältigen rechtlichen Bewertung in Fällen, in denen die Verfügungen eines Ehepartners das gemeinsame Vermögen betreffen.
✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
Was bedeutet Einwilligungsbedürftigkeit nach § 1365 BGB?
Die „Einwilligungsbedürftigkeit“ bezieht sich auf § 1365 BGB und betrifft Verfügungen über das Vermögen im Ganzen eines Ehegatten. Gemäß § 1365 Abs. 1 BGB kann ein Ehegatte nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten verpflichtet werden, über sein Vermögen im Ganzen zu verfügen. Hat er sich ohne Zustimmung des anderen Ehegatten verpflichtet, so kann er die Verpflichtung nur erfüllen, wenn der andere Ehegatte einwilligt.
Dieses Zustimmungserfordernis dient der Erhaltung der wirtschaftlichen Grundlagen der Ehe– und Familiengemeinschaft und dem Schutz des anderen Ehegatten an der Realisierung seiner künftigen Ausgleichsforderung. Die Einwilligung kann vor der Verfügung erfolgen (§ 1365 I 1 BGB) oder nach der Verfügung als Genehmigung (§ 1366 BGB). Wenn die Einwilligung des anderen Ehegatten ohne ausreichenden Grund verweigert wird oder dieser durch Krankheit oder Abwesenheit an der Abgabe einer Erklärung gehindert ist und mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist, kann das Familiengericht auf Antrag des Ehegatten die Zustimmung des anderen Ehegatten ersetzen (§ 1365 Abs. 2 BGB).
Wie wird der Wert eines Vermögensgegenstandes im Kontext von § 1365 BGB beurteilt?
Der Begriff „Einwilligungsbedürftigkeit“ im Kontext des § 1365 BGB bezieht sich auf Verfügungen eines Ehegatten über sein Vermögen im Ganzen. Dies bedeutet, dass ein Ehegatte ohne die Zustimmung des anderen Ehegatten nicht über sein gesamtes Vermögen verfügen darf. Die Regelung dient dem Schutz des anderen Ehegatten und der Erhaltung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage der Familie.
Die Beurteilung des Wertes eines Vermögensgegenstandes im Kontext des § 1365 BGB hängt von verschiedenen Faktoren ab. Die Rechtsprechung und Literatur haben den Schutz des Ehepartners erweitert und fassen darunter auch Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände (etwa Immobilien oder Gesellschaftsanteile), wenn es sich hierbei um (nahezu) das ganze Vermögen handelt. Ein Richtwert liegt, je nach Vermögensgröße, zwischen 90 und 95% des Vermögens.
Bei kleineren Vermögen ist § 1365 BGB nicht anwendbar, wenn dem verfügenden Ehegatten 15 % seines ursprünglichen Gesamtvermögens verbleiben, bei größeren Vermögen schon bei einem Restvermögen von 10 %, was bei einem Gesamtvermögen von über 400.000,00 € angenommen wird.
Es ist irrelevant, ob der verfügende Ehepartner eine Gegenleistung erhält, die dem Wert des veräußerten Vermögensgegenstands entspricht. Es handelt sich bei § 1365 BGB um ein absolutes Veräußerungsverbot.
Die Einzeltheorie, die in der Rechtsprechung vorherrscht, besagt, dass eine Verfügung über das Vermögen im Ganzen auch dann vorliegt, wenn nur über einen einzelnen Vermögensgegenstand verfügt wird, dieser aber wirtschaftlich den wesentlichen Teil des Vermögens ausmacht. Bei kleineren Vermögen wird angenommen, dass nach der Verfügung weniger als 15 % des ursprünglichen Vermögens verbleiben.
Die Beurteilung des Wertes eines Vermögensgegenstandes im Kontext des § 1365 BGB ist daher eine komplexe Angelegenheit, die eine genaue Prüfung der individuellen Umstände erfordert.
Welche Rolle spielt die Nichtigkeit eines Vertrages gemäß § 138 BGB?
Die Nichtigkeit eines Vertrages gemäß § 138 BGB spielt eine entscheidende Rolle im deutschen Rechtssystem. Sie stellt sicher, dass Rechtsgeschäfte, die gegen die guten Sitten verstoßen oder als Wucher gelten, keine Rechtswirkung entfalten. Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Ein Beispiel für die Sittenwidrigkeit eines Vertrags ist der Wucher. Gemäß § 138 Abs. 2 BGB ist ein Vertrag nichtig, wenn der vereinbarte Preis um mehr als das Doppelte über dem Marktwert liegt und der Vertragspartner die Zwangslage des anderen ausnutzt.
Die Nichtigkeit bedeutet, dass ein Vertrag von Anfang an keine Rechtswirkung hat. Dies unterscheidet sich von der Anfechtbarkeit, bei der ein Vertrag grundsätzlich gültig ist, aber unter bestimmten Umständen rückwirkend aufgehoben werden kann. Bei der Nichtigkeit kommt ein Vertrag nicht zustande, da er von Anfang an keine Rechtswirkung hat.
Im Gegensatz zum Wucher nach § 138 Absatz 2 BGB ist bei einer Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 BGB) des Verpflichtungsgeschäftes nicht zugleich das Verfügungsgeschäft nichtig. Dies ergibt sich aus der vorwiegenden Wertneutralität von Verfügungsgeschäften, welche nur eine Änderung der Güterzuordnung herbeiführen. Selbstverständlich kann jedoch eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung nach den §§ 812 ff. BGB stattfinden (besonders zu beachten ist § 817 BGB).
Die Nichtigkeit eines Vertrages gemäß § 138 BGB ist daher ein wichtiges Instrument, um die Integrität des Rechtssystems zu wahren und die Parteien vor sittenwidrigen oder wucherischen Verträgen zu schützen.
Inwiefern ist die Anfechtung eines Vertrages nach § 123 BGB relevant?
Die Anfechtung eines Vertrages nach § 123 BGB ist relevant, wenn eine Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtliche Drohung herbeigeführt wurde. In solchen Fällen hat der Getäuschte oder Bedrohte das Recht, die Willenserklärung anzufechten.
Eine arglistige Täuschung im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn jemand bei einem anderen vorsätzlich einen Irrtum hervorruft, um ihn zur Abgabe einer Willenserklärung zu veranlassen. Die Täuschung kann durch Vorspiegelung falscher Tatsachen, aber auch durch einfaches Verschweigen einer Tatsache hervorgerufen werden. Eine Täuschung durch Unterlassen liegt allerdings nur dann vor, wenn eine Offenbarungspflicht hinsichtlich des verschwiegenen Umstands besteht.
Die Anfechtung einer Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung kann gemäß § 124 BGB nur binnen einer Jahresfrist erfolgen. Die Anfechtungsfrist beginnt im Falle der arglistigen Täuschung mit dem Zeitpunkt, in dem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt.
Die Anfechtung ist eine rechtsvernichtende Einwendung. Durch die Anfechtung ist das wirksam zustande gekommene Rechtsgeschäft, wie beispielsweise ein Kaufvertrag, von Anfang an als nichtig anzusehen. Das bedeutet, dass der Vertrag so zu behandeln ist, als hätten die Parteien diesen nie abgeschlossen.
Die Anfechtbarkeit eines Rechtsgeschäfts nach § 123 ist eine Sonderregel, die in ihrem Anwendungsbereich eine Nichtigkeit nach § 138 ausschließt.
Die Anfechtung eines Vertrages nach § 123 BGB ist daher ein wichtiges Instrument, um die Rechte von Vertragsparteien zu schützen, die durch Täuschung oder Drohung zu einer Willenserklärung veranlasst wurden.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 13 UF 199/20 – Beschluss vom 30.03.2023
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Zossen vom 1.12.2020 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 85.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich mit seinem Rechtsmittel gegen die Abweisung seines Antrags auf Löschung einer Eigentumsvormerkung.
Der Antragsteller und seine Ehefrau waren zu gleichen Teilen als Miteigentümer am Grundstück W… Straße …in B…-B… eingetragen. Auf dem Grundstück befindet sich die Ehewohnung, die die Eheleute mit den gemeinsamen Kindern bewohnen. Die Eheleute leben im gesetzlichen Güterstand. Die Immobilie ist finanziert. Seit 2009 zahlt der Antragsteller allein die monatlichen Raten in Höhe von 850 € an die kreditgebende Commerzbank. Die Ehefrau hat keine eigenen Einkünfte und kein weiteres Vermögen.
Im Zeitpunkt der Eheschließung des Antragstellers und seiner Frau waren beide türkische Staatsangehörige. Während der Ehe haben sie die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen.
Die Eheleute hatten sich im November 2018 vorübergehend voneinander getrennt, die Ehefrau ist mit zwei minderjährigen Kindern ausgezogen und lebte fortan von Sozialleistungen.
Vermittelt durch einen Bekannten, Herrn C…, der ihr im Zuge der Trennung von ihrem Mann zu einer Wohnmöglichkeit verholfen hatte, schloss die Ehefrau am 10.4.2019 ohne Kenntnis des Antragstellers einen notariellen Vertrag, mit dem sie ihren Miteigentumsanteil an dem Haus an die Antragsgegner, einen Sohn und einen Neffen des Bekannten, übertragen wollte. Am 8.11.2019 schlossen dieselben Vertragsparteien einen weiteren notariellen Vertrag, mit dem sie die Aufhebung des früheren Vertrags vereinbarten, sowie den Verkauf und die Übertragung eines Miteigentumsanteils von insgesamt 40/100 der verfahrensgegenständlichen Immobilie von der Ehefrau des Antragstellers an die Antragsgegner. Als Gegenleistung vereinbarten sie die Freistellung der Ehefrau von den Darlehensverbindlichkeiten bei der Commerzbank im Innenverhältnis durch die Antragsgegner.
Am 10.1.2020 wurde zugunsten der Antragsgegner eine Eigentumsübertragungsvormerkung im Grundbuch eingetragen. Am 11.5.2020 sind die Antragsgegner als Eigentümer eingetragen worden.
Die Ehegatten haben sich zwischenzeitlich versöhnt.
Der Antragsteller trägt vor, seine Ehefrau habe mit der Veräußerung des Teils ihres Miteigentumsanteils über nahezu ihr gesamtes Vermögen verfügt. Er meint, der Übertragungsvertrag sei wegen Verstoßes gegen § 1365 BGB nichtig. Das Grundbuch sei deshalb unrichtig und sein Löschungsanspruch gemäß § 894 BGB begründet.
Der Antragsteller hat beantragt, die Antragsgegner zu 1) und 2) zu verurteilen, die Löschung der im Grundbuch von B…-B…, Amtsgericht Neukölln, B. …, Flur …, Flurstück …, auf dem Anteil Ab. 1 Nr. 7.1 in Abt. II eingetragenen Eigentumsübertragungsvormerkung für
a) Bu… C…, geb. …1995,
b) Be… C…, geb. …2001, zu je 1/2
zu bewilligen.
Die Antragsgegner haben beantragt, den Antrag abzuweisen.
Die Antragsgegner sind der Auffassung gewesen, das Grundstücksgeschäft sei nicht zustimmungsbedürftig, da die Ehefrau nicht über ihr Vermögen als Ganzes verfügt habe.
Mit dem angefochtenen Beschluss, auf den der Senat zur Ergänzung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes Bezug nimmt, hat das Amtsgericht den Antrag des Antragstellers abgewiesen.
Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt er sein erstinstanzliches Anliegen weiter.
Er vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und ergänzt, dass seine Frau den Grundstücksanteil nur auf massiven Druck und Drohungen des Bekannten, Herrn C…, und vor dem Hintergrund von dessen Versprechen, den Anteil später wieder auf sie zurück zu übertragen, an dessen Sohn und dessen Neffen übertragen habe. Mit Schreiben vom 1.3.2021 an jeden der Antragsgegner habe die Ehefrau den Vertrag wegen Drohung gemäß § 123 BGB angefochten.
Das Grundstücksgeschäft sei gemäß § 1365 BGB unwirksam. Das Grundstück habe nahezu ihr gesamtes Vermögen ausgemacht, eine Gegenleistung habe sie nicht erlangt, er habe dem Geschäft nicht zugestimmt.
Der Übertragungsvertrag sei überdies gemäß § 138 BGB nichtig. Die Nichtigkeit sei von Amts wegen zu beachten und könne von jedermann geltend gemacht werden. Herr C… habe die wirtschaftliche Schwäche, geschäftliche Unerfahrenheit, persönliche Zwangslage und Täuschung der Ehefrau ausgenutzt. Eine werthaltige Gegenleistung habe sie nicht erlangt. Den Vertrag habe sie vor dem Unterzeichnungstermin nicht lesen können.
Im Hinblick auf die zwischenzeitlich erfolgte Eintragung der Antragsgegner als Miteigentümer beantragt der Antragsteller der Sache nach, den Beschluss des Amtsgerichts Zossen vom 1.12.2020 abzuändern und die Antragsgegner zu verpflichten, die Löschung der Eintragung in Abt. I Nr. 8.3 – Bu… C…, geb. am …1971, zu 2/10 und Abt. I Nr. 8.4 Be… C…, geb. am …2001, zu je 2/10 im Grundbuch von Bu…, Amtsgericht Neukölln, Bl. …, Flur …, Flurstück …, zu bewilligen.
Die Antragsgegner beantragen, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigen den angefochtenen Beschluss.
Der Senat entscheidet, seiner Ankündigung (Bl. 139R) folgend, ohne erneute mündliche Verhandlung. Das Amtsgericht hat in der Sache mündlich verhandelt. Die Beteiligten haben zur Sache und zu ihren Rechtsansichten umfassend schriftlich vorgetragen. Es ist nicht ersichtlich, zu welchen weiteren, besseren Erkenntnismöglichkeiten eine weitere mündliche Verhandlung führen sollte.
II.
Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Löschung der Eigentümereintragung aus § 1365, 1366 Abs. 4 BGB.
a) Die Vorschrift des § 1365 BGB ist gemäß Art. 14 EGBGB i. V. m. Art. 26 Abs. 1 a) der Verordnung (EU) 2016/1103 des Rates vom 24. Juni 2016 zur Durchführung einer verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen des ehelichen Güterstands (im Folgenden: Verordnung (EU) 2016/1103) anzuwenden. Während die Eheschließungsvoraussetzungen gemäß Art. 13 EGBGB an die Staatsangehörigkeit der Verlobten anknüpfen, richten sich gemäß Art. 229 § 47 Abs. 1 EGBGB die allgemeinen Wirkungen der Ehe bis einschließlich 28.1.2019 nach Art. 14 EGBGB in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung. Hieraus folgt im Gegenschluss, dass ab dem 29.1.2019 Art. 14 in der jetzt gültigen, neuen Fassung auch auf Ehen anwendbar ist, die vor dem Stichtag geschlossen wurden (vgl. MüKoBGB/Looschelders, 8. Aufl. 2021, EGBGB Art. 229 § 47 Rn. 2).
Nach Art. 14 EGBGB i. V. m. Art. 26 Abs. 1 a) Verordnung (EU) 2016/1103 unterliegt der eheliche Güterstand dem Recht des Staates, in dem die Ehegatten nach der Eheschließung ihren ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die Vorschriften knüpfen also nicht an die Staatsangehörigkeit der Ehegatten im Zeitpunkt ihrer Eheschließung an. Damit ist insoweit deutsches Recht anzuwenden.
b) Das Amtsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der zwischen der Ehefrau und den Antragsgegnern geschlossene Vertrag kein gemäß § 1365 BGB zustimmungsbedürftiges Rechtsgeschäft ist.
Nach § 1365 BGB sind grundsätzlich nur solche Rechtsgeschäfte einwilligungsbedürftig, durch die sich ein Ehegatte zur Verfügung über sein Vermögen im Ganzen verpflichtet. Danach sind auch Rechtsgeschäfte über Einzelgegenstände/Einzelstücke zustimmungsbedürftig, wenn sie das ganze oder nahezu das ganze Vermögen ausmachen (vgl. BGH in NJW 1989, 475; Grüneberg/, BGB 82. A., § 1365 Rn. 6). Dies ist nach allgemeiner Auffassung bei Vermögen von – wie hier – bis zu 250.000 € der Fall, wenn der Ehegatte über 85 % seines Aktivvermögens verfügt. Es zählt allein der objektive Wert aufgrund einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise (vgl. BGH FamRZ 2012, 116), wobei der Wert einer Gegenleistung außer Betracht bleibt. Der Wert des Übertragenen ist, wie auch der Wert des restlichen Vermögens, um die bereits auf dem Gegenstand ruhenden (valutierenden) Belastungen zu verringern (vgl. BGH FamRZ 1980, 765).
Nach diesem Maßstab stellt der von der Ehefrau veräußerte Anteil von 80 Prozent ihres mit einem noch valutierenden Grundpfandrecht belasteten Miteigentumsanteils nicht ihr gesamtes Vermögen im Sinne des § 1365 BGB dar. Denn bei der maßgebenden wirtschaftlichen Betrachtung verbleiben ihr noch 20 Prozent ihres Vermögens.
c) Ein „individueller“ Wert, den ein Vermögensgegenstand gerade in der Hand des verfügenden Ehegatten oder für dessen Familie hat, kann nicht berücksichtigt werden (vgl. BGH NJW 1996, 1740; FamRZ 1980, 765; NJW 1991, 1739). Dies würde in die Beurteilung erhebliche Unsicherheiten hineintragen und vielfach gar nicht überzeugend möglich sein. Die Vorschrift des § 1365 BGB verlangt aber eine möglichst sichere Abgrenzung der von dem Zustimmungserfordernis erfassten Fälle, um Unklarheiten über die Wirksamkeit von Verfügungen, wenn sie schon nicht völlig ausgeschlossen werden können, wenigstens in engen Grenzen zu halten.
Vor diesem Hintergrund vermag die Argumentation des Antragstellers, der der Ehefrau verbliebene Anteil an dem Grundstück sei „wirtschaftlich nicht vertretbar“ und stelle „keinen eigenen Beitrag zur wirtschaftlichen Grundlage der Familie dar“, weil die Ehefrau an ihrem einzigen Vermögensgegenstand nur noch einen Bruchteil an Wert behalten habe, sei „das bei ihr verbleibende Vermögen anders zu bewerten, nämlich wirtschaftlich wertlos, als wenn sie noch einen weiteren, außerhalb des Grundstücks liegenden Vermögenswert inne hätte“ (Bl. 63), seinem Rechtsmittel nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn der der Ehefrau verbliebene Miteigentumsanteil ist sowohl wirtschaftlich verwertbar als auch werthaltig – im Falle einer Grundstücksveräußerung oder Teilungsversteigerung etwa entfiele auch auf diesen Teil ein dem Bruchteil genau entsprechender Erlösanteil. Auch die Behauptung, der verbliebene Anteil stelle „keinen eigenen Beitrag zur wirtschaftlichen Grundlage der Familie dar“ (Bl. 63), rechtfertigt keine andere Bewertung, zumal es hierauf bei der wirtschaftlichen Bewertung des veräußerten Vermögenswertes nicht ankommt. Auch tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Umstand, dass es sich bei dem Grundstücksanteil um den einzigen von der Ehefrau gehaltenen Vermögensgegenstand gehandelt hat, zu einer geringeren wirtschaftlichen Bewertung des verbliebenen Anteils führen könnte, teilt der Antragsteller nicht mit und sind auch nicht ersichtlich.
2. Soweit sich der Antragsteller auf die Unwirksamkeit des Übertragungsvertrages vom 8.11.2019 gemäß § 138 BGB und die Nichtigkeit infolge einer Anfechtung gemäß § 123 BGB wegen Drohung beruft, vermag auch dies seinem Rechtsmittel nicht zum Erfolg zu verhelfen. Es kommt im hier zu beurteilenden Verhältnis zwischen dem Antragsteller und den Antragsgegnern nicht darauf an, ob der zwischen der Ehefrau und den Antragsgegnern geschlossene Vertrag aus Gründen der Sittenwidrigkeit unwirksam oder infolge wirksamer Anfechtung nichtig ist. Denn der Antragsteller wäre für sich hieraus ergebende Ansprüche nicht aktivlegitimiert. Die Ehefrau hat über einen Teil allein ihres Miteigentumsanteils verfügt. Der dem Antragsteller gehörende Bruchteil ist davon unberührt geblieben.
Grundsätzlich ist zwar die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts von Amts wegen zu berücksichtigen, so dass es nicht einmal ihrer Geltendmachung bedarf (vgl. BHG NJW 1981, 1439). Auf die Nichtigkeit kann sich grundsätzlich jedermann berufen (auch ein am Geschäft nicht beteiligter Dritter) (BGHZ 60, 102 (105) = NJW 1973, 465; BGHZ 27, 172 (180) = NJW 1958, 989), soweit er ein anerkennenswertes Interesse an der Feststellung der Ungültigkeit des Geschäfts hat, etwa weil es ihn benachteiligt (BeckOK BGB/Wendtland, 65. Ed. 1.2.2023, § 138 BGB Rn. 30).
An letzterem fehlt es hier. Der Antragsteller kann kein in seiner Person vorhandenes und von der Rechtsordnung anerkanntes Interesse an der Feststellung der Ungültigkeit des Geschäfts geltend machen. Im hier zu beurteilenden Falls tritt er nicht als gewillkürter Prozessstandschafter seiner Ehefrau auf, sondern macht Rechte im eigenen Namen geltend. Der Erfolg seines Antrags käme hingegen nicht ihm persönlich, sondern unmittelbar lediglich seiner Ehefrau zugute, die durch die Löschung der Eintragung der Antragsgegner als Eigentümer wieder als Eigentümerin eines Miteigentumsanteils von 1/2 ausgewiesen wäre, während sich im Hinblick auf den Miteigentumsanteil des Antragstellers keine Änderung ergeben würde.
Der Umstand, dass sich grundsätzlich jedermann auf die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts berufen kann, hat nicht zur Folge, dass ein am Abschluss des sittenwidrigen Rechtsgeschäfts Unbeteiligter – wie vorliegend der Antragsteller – Ansprüche eines Dritten, namentlich eines von dem Geschäft unmittelbar Betroffenen, im eigenen Namen geltend machen könnte. Genau dies beabsichtigt aber vorliegend der Antragsteller mit der Geltendmachung einer aus der Sittenwidrigkeit resultierenden Nichtigkeit des Übertragungsvertrags und der Unrichtigkeit der Eintragung als der Antragsgegner als Eigentümer. Denn dem Antragsteller selbst ist dadurch, dass seine Ehefrau über 80 Prozent ihres Vermögens verfügt hat, unmittelbar kein Schaden an seinen eigenen Rechtsgütern entstanden. Die Eheleute leben im gesetzlichen Güterstand, das heißt, ihre Vermögensmassen sind getrennt, § 1363 Abs. 2 BGB. Die Berechtigungsverhältnisse an dem in die Ehe mitgebrachten Vermögen ändern sich nicht, das während der Ehezeit hinzuerworbene Vermögen ist allein dem erwerbenden Ehegatten zugeordnet, § 1363 Abs. 2 S. 1 BGB. Konsequent kann jeder Ehegatte über sein Vermögen frei verfügen und es selbst verwalten (vgl. § 1364 BGB). Beschränkungen der Rechtsmacht ergeben sich lediglich aus den §§ 1365, 1369 BGB. Hierbei handelt es sich um Verfügungsverbote, nicht aber um eine Einschränkung der Berechtigung an dem jeweiligen Vermögensgegenstand (BeckOGK/Szalai, 1.2.2023, § 1363 BGB Rn. 13). Jenseits hiervon stehen einem Ehegatten mangels Betroffenheit in eigenen Rechten keine Ansprüche gegen Vertragspartner seines verfügenden Ehegatten zu.
Der Antragsteller ist durch das Geschäft seiner Ehefrau auch nicht als Miteigentümer unmittelbar in seinen Rechten betroffen. Denn ein Interesse des Miteigentümers daran, dass gegen seinen Willen keine weiteren (anderen) Miteigentümer in die Bruchteilsgemeinschaft eintreten, ist gesetzlich nicht geschützt.
Auch das Revokationsrecht des § 1368 BGB ermöglicht dem übergangenen Ehepartner des Verfügenden bei Fehlen seiner Zustimmung nur, die sich aus dem Fehlen seiner Zustimmung resultierende Unwirksamkeit des gemäß § 1365 BGB zustimmungsbedürftigen Geschäfts im eigenen Namen gegen den Vertragspartner seines Ehegatten geltend zu machen (vgl. Erman/Budzikiewiecz, BGB, 16. A., § 1368 BGB Rn. 6). Es setzt voraus, dass dem verfügenden Ehegatten aus seiner – gerade gemäß § 1365 oder § 1369 BGB – unwirksamen Verfügung Rechte gegen seinen Vertragspartner erwachsen sind. Es verleiht ihm aber nicht darüber hinaus auch das Recht, sonstige Fehler des zustimmungsbedürftigen Rechtsgeschäfts im eigenen Namen geltend zu machen, wenn er sich – wie hier – nicht auf seine eigene Mitberechtigung an dem Verfügungsgegenstand berufen kann.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 113 Abs. 1 FamFG, 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zum Verfahrenswert beruht auf §§ 55 Abs. 2, 40, 42 Abs. 2 FamGKG.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor, § 70 Abs. 2 FamFG.