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§ 10 BeurkG – Verpflichtung des Notars zur Feststellung der Beteiligten

Ein kostspieliger Immobilienkauf: Der Fall einer angefochtenen Notarkostenrechnung

In einer bemerkenswerten juristischen Auseinandersetzung ging es um einen Streit über Notarkosten, die im Zuge eines Grundstückskaufvertrages und dessen nachfolgender Aufhebung entstanden sind. Die spannende Geschichte spielt sich in Dessau-Roßlau ab, wo ein Kostenschuldner, nachdem er ein Wohngrundstück gekauft und später den Vertrag aufgehoben hatte, mit dem Notar über dessen Kostenabrechnungen in Konflikt geriet. Die strittigen Punkte betrafen die Identitätsprüfung der Veräußerin, eine ausstehende Notarrechnung der Veräußerin sowie den zeitlichen Abstand zwischen Vertragsentwurf und -beurkundung.

Direkt zum Urteil Az: 6 OH 8/21 springen.

Der Disput um die Notarkosten

Das Kernstück der Kontroverse bildeten zwei Kostenrechnungen des Notars: eine für die Beurkundung des ursprünglichen Kaufvertrages und eine für die Beurkundung der Vertragsaufhebung. Der Kostenschuldner erhob Einwände gegen diese Rechnungen, argumentierend, dass der Notar die Identität der Veräußerin nicht ausreichend geprüft habe und zudem eine frühere Rechnung der Veräußerin unbezahlt geblieben sei. Darüber hinaus wurde kritisiert, dass der Notar nicht den erforderlichen zeitlichen Abstand von zwei Wochen zwischen Vertragsentwurf und -beurkundung eingehalten habe.

Widerspruch gegen die Kostenrechnung

Die Hauptargumente des Kostenschuldners zielten auf die Ablehnung der Kostenrechnungen ab. Er behauptete, dass ein ausreichender Nachweis der Identität der Veräußerin fehle und dass er vom Notar nicht darauf hingewiesen wurde, dass die Veräußerin eine frühere Rechnung des Notars nicht beglichen hatte. Diese Punkte, so der Kostenschuldner, deuteten auf eine mögliche betrügerische Absicht der Veräußerin hin. Darüber hinaus kritisierte er den fehlenden zeitlichen Abstand zwischen der Erstellung des Vertragsentwurfes und der endgültigen Beurkundung.

Die Sicht des Gerichts

Nach Prüfung der Einwände des Kostenschuldners kam das Gericht jedoch zu dem Schluss, dass die Notarkosten rechtmäßig waren. Die Bedenken des Kostenschuldners gegen die Kostenberechnungen konnten nicht bestätigt werden. Die gerichtliche Entscheidung stellte fest, dass keine unrichtige Sachbehandlung seitens des Notars vorlag und dass alle Aktionen im Rahmen der gesetzlichen Normen durchgeführt wurden. Letztendlich wurden die Einwände des Kostenschuldners abgelehnt und die Notarkostenrechnungen bestätigt.


Das vorliegende Urteil

LG Dessau-Roßlau – Az.: 6 OH 8/21 – Beschluss vom 05.11.2021

Der Antrag des Kostenschuldners vom 18.06.2021 auf gerichtliche Entscheidung über die Kostenrechnungen des Notars … vom 26.05.2021 (UR 927/1021) und 01.06.2021 (UR 975/2021) wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Kostenschuldner wendet sich gegen die Kostenberechnungen des Notars … vom 26.05.2021 (6 OH 8/21) und 01.06.2021 (6 OH 9/21). Die Verfahren wurden durch Beschluss des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 05.07.2021 verbunden.

Mit notariell beurkundetem Grundstückskaufvertrag vom 26.05.2021 erwarb der Kostenschuldner von Frau … ein Wohngrundstück in …, OT …, zu einem Kaufpreis i.H.v. 17.000,00 €. Mit weiterem notariell beurkundetem Vertrag vom 01.06.2021 hoben die Parteien den Vertrag wieder auf.

Mit Kostenberechnung vom 26.05.2021 erhob der Notar Kosten i.H.v. 419,06 € für die Beurkundung des Grundstückskaufvertrages, mit Kostenberechnung vom 01.06.2021 Kosten i.H.v. 154,11 € für die Aufhebung desselben.

Mit Schreiben vom 18.06.2021 erhob der Kostenschuldner Einwendungen gegen diese Kostenberechnungen, die der Notar mit Schreiben vom 25.06.2021 dem Landgericht Dessau-Roßlau zur Entscheidung vorlegte.

Der Kostenschuldner ist der Ansicht, dass der Notar die Identität der Veräußerin, welche sich lediglich durch einen kroatischen Reisepass legitimiert habe, nicht ausreichend geprüft habe. Auch sei er von dem Notar nicht darauf hingewiesen worden, dass die Veräußerin eine frühere Rechnung des Notars nicht beglichen habe. Diese Umstände stellten für ihn erstzunehmende Hinweise, welche auf eine mögliche betrügerische Absicht der Veräußerin hindeuteten, dar. Schließlich habe der Notar den gebotenen zeitlichen Abstand von zwei Wochen zwischen Vertragsentwurf und Vertragsbeurkundung nicht eingehalten.

Der Notar hält auch in Ansehung der erhobenen Einwendungen an seinen Kostenberechnungen fest. Die Kammer hat gem. § 128 Abs. 1 GNotKG die Ländernotarkasse und den Präsidenten des Landgerichts Dessau-Roßlau angehört. Auf die Stellungnahmen der Ländernotarkasse vom 14.09.2021 wird Bezug genommen. Der Präsident des Landgerichts Dessau-Roßlau hat von einer Stellungnahme abgesehen.

II.

Die Anträge sind nach §§ 127 Abs. 1 S. 1, 130 Abs. 3 S. 1 GNotKG i.V.m. § 23 FamFG statthaft und in der gesetzlich vorgesehenen Form und Frist gestellt worden.

In der Sache führen die Kostenbeschwerden des Kostenschuldners, der trotz der Verfahrenseinleitung durch den Notar gem. § 127 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GNotKG als Antragsteller gilt, nicht zu einer Abänderung der Kostenberechnungen vom 26.05.2021 und 01.06.2021.

Die Einwände des Kostenschuldners, mit denen er den Kostenanspruch jeweils dem Grunde nach angreift, haben keinen Erfolg; eine unrichtige Sachbehandlung i.S.v. § 21 Abs. 1 S. 1 GNotKG liegt nicht vor.

Nach § 21 Abs. 1 S. 1 GNotKG dürfen Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben werden. Eine unrichtige Behandlung liegt vor, wenn dem Notar ein offen zu Tage tretender Verstoß gegen eindeutige gesetzliche Normen oder ein offensichtliches Versehen unterlaufen ist, wobei dem Notar aufgrund seiner Unabhängigkeit ein weiter Ermessensspielraum bei der Beurteilung der zur Auswahl stehenden Gestaltungsmöglichkeiten zukommt (vgl. BeckOK KostR/Diehn GNotKG § 21 Rn. 12-13).

Ein solch evidenter Fehler ist vorliegend nicht ersichtlich.

Der Notar ist seiner Pflicht aus § 10 BeurkG, sich Gewissheit über die Person der Beteiligten zu 2) zu verschaffen, hinreichend nachgekommen. Auf welche Weise sich der Notar diese Gewissheit verschafft, steht in seinem Ermessen, weshalb es als ausreichend erachtet werden kann, dass sich die Beteiligte zu 2) ausweislich der Niederschriften durch Vorlage ihres Reisepasses der Bundesrepublik Serbien ausgewiesen hat.

Auch der Einwand des Kostenschuldners, der Notar habe ihn auf eine offene Rechnung der Beteiligten zu 2) nicht ausreichend hingewiesen, greift nicht durch. Zum einen hat der Notar eine solch offene Rechnung nicht bestätigt, zum anderen könnte selbst bei Vorliegen dieses Sachverhalts daraus nicht ohne Weiteres und ohne Vorhandensein sonstiger Anhaltspunkte auf unlautere Absichten der Beteiligten zu 2) gegenüber dem Kostenschuldner geschlossen werden, vor denen der Notar diesen hätte warnen müssen.

Schließlich kann sich der Kostenschuldner auch nicht auf eine Verletzung der zweiwöchigen Wartefrist gem. § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG berufen. Hiernach soll der Notar im Rahmen von Verbraucherverträgen darauf hinwirken, dass der Verbraucher ausreichend Gelegenheit erhält, sich vorab mit dem Gegenstand der Beurkundung auseinanderzusetzen. Dabei soll dem Verbraucher zwei Wochen vor der Beurkundung eines Grundstückskaufvertrages (§ 311b BGB) der beabsichtigte Vertragstext vom beurkundenden Notar zur Verfügung gestellt werden. Ein Verbrauchervertrag, also ein Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (§ 310 Abs. 3 BGB) liegt indes nicht vor, da es sich bei beiden Kaufvertragsparteien um Verbraucher (§ 13 BGB) handelt und keine der Parteien als Unternehmer (§ 14 BGB) zu qualifizieren ist – so auch beurkundet auf S. 8 des Grundstückskaufvertrages vom 26.05.2021 -, sodass die Zweiwochenfrist gem. § 17 Abs. 2a S. 2 BeurkG gerade keine Anwendung findet.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Eine Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten gem. §§ 130 Abs. 3 GNotKG, 81 Abs. 1 FamFG ist nicht veranlasst.

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